

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Wir betrachten hier in erster Linie die größeren Parteien, wobei wir in diesem Wahlcheck zur Bundestagswahl 2025 erstmals auch Antworten auf unsere Wahlprüfsteine von kleineren Parteien angenommen haben und veröffentlichen. Erkundigt euch bei Interesse ggf. auch über kleinere Parteien, die wir hier nicht erwähnen. Informiert euch und geht wählen!
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Was bisher geschah & Wahlumfragen
Die Ampelregierung trat 2021 mit dem Versprechen einer vollständigen Legalisierung von Cannabis durch kontrollierte Abgabe an Erwachsene in lizenzierten Geschäften an. Dieses im Koalitionsvertrag selbstgesteckte Ziel konnte sie allerdings nicht verwirklichen. Stattdessen wurde mit dem Cannabisgesetz (CanG) eine umfassende Entkriminalisierung samt privatem und gemeinschaftlichem Eigenanbau verabschiedet. Auch wenn das Ziel der Legalisierung verpasst wurde, stellt die Entkriminalisierung einen bedeutenden Schritt in Richtung einer neuen Drogenpolitik dar. Deutschland steht seit dem 01.04.2024 zusammen mit Malta an der Spitze der fortschrittlichen Länder in Europa bezüglich Cannabis. Trotz aller Kritik am CanG und den drei Ampel-Fraktionen sei hier einmal gesagt, dass SPD, Grüne und FDP nach Jahrzehnten zunehmender Repression gegen Hanffreunde nun erstmals einen wesentlichen Schritt nach vorn gegangen sind. Auch für uns beim DHV war das nach mehr als zwei Jahrzehnten zäher Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit ein Meilenstein auf dem Weg zur Legalisierung von Cannabis.
Das CanG wurde von allen drei Ampel-Parteien mitgetragen und gegen Widerstände in den eigenen Reihen sowie von CDU/CSU und AfD im Bundestag durchgebracht. Vor allem die CDU/CSU kündigte bereits kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes an, die Entkriminalisierung von Cannabis wieder rückgängig machen zu wollen.
Im November 2024 kam es zum Bruch der Ampel-Koalition und es wurden vorgezogene Neuwahlen für den 23. Februar 2025 festgesetzt. Neben den derzeit bestimmenden Themen Migration, Wirtschaft und Ukraine-Krieg haben vor allem die CDU und insbesondere die CSU die Rückabwicklung des CanG zum Wahlkampfthema gemacht.
In den aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl führt die CDU/CSU mit knapp 30% vor der AfD mit um die 20%. Damit sind die beiden aktuell stärksten Parteien gegen die Entkriminalisierung von Cannabis. Da die Union eine Koalition mit der AfD ausschließt, wird diese mögliche Mehrheit im Bundestag gegen das Cannabisgesetz wahrscheinlich nicht zum Zuge kommen. Stattdessen wird allgemein mit einer unionsgeführten Regierung unter Beteiligung mindestens einer der bisherigen Ampelparteien gerechnet, von denen wir erwarten, dass sie Rückschritte verhindern. SPD und Grüne liegen jeweils bei um die 15%. Die FDP steht nur bei 4% und muss damit um den Wiedereinzug in den Bundestag fürchten. Auch Linke und BSW stehen bei 5% und sind nicht sicher im neuen Bundestag.
Aktuelle Wahlumfragen findet ihr hier.

Die SPD hat ein kurzes Programm inklusive Bekenntnis zum Ziel der Legalisierung, leider etwas durchwachsene Antworten auf unsere Wahlprüfsteine und einen beratungsresistenten Gesundheitsminister. Insgesamt steht die SPD aber für eine progressive Drogenpolitik und hat letztes Jahr als Teil der Ampel einen Neustart in der deutschen Drogenpolitik auf den Weg gebracht, auch wenn Teile der Partei damit merklich fremdeln. Das Erreichte wird verteidigt, weitere Fortschritte wird die SPD aber wohl nur sehr vorsichtig und langsam angehen. Der Umgang mit anderen illegalen Drogen spielt für die SPD offenbar keine große Rolle. Als Hanffreund kann man durchaus sein Kreuz bei der SPD machen.

CDU und CSU sind Verbotsparteien und stehen für eine bevormundende, strafende Drogenpolitik, deren Scheitern in den letzten Jahrzehnten eindrucksvoll vor Augen geführt wurde. Man will sämtliche Fortschritte der Ampel in Bezug auf Cannabis zurücknehmen, die totale Prohibition wieder einführen und somit der organisierten Kriminalität ihre Umsätze sichern. Die Unionsparteien sind sogar deutlich radikalere Verfechter der staatlichen Verfolgung harmloser Hanffreunde als die AfD. Finger weg von dieser Partei!

Das knappe Wahlprogramm der Grünen ist okay: Klares Bekenntnis zum CanG und zum Ziel der Legalisierung. Auch die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine überzeugen in Bezug auf Cannabis großteils. Der neue “Law and Order”-Einschlag in Bezug auf andere derzeit illegale Drogen verwundert jedoch etwas. Das ist ein Rückschritt im Vergleich zu früheren Wahlprogrammen der Grünen. Als Teil der Ampel-Koalition haben sie mit der Entkriminalisierung der Cannabiskonsumenten und der gesetzlichen Grundlage für Drug-Checking beachtliche Erfolge erzielt. Zusammenfassend geben wir Hanffreunden auch für die Grünen eine Wahlempfehlung.

Die Linke ist eindeutiger Testsieger unseres Wahlchecks zur Bundestagwahl 2025. Sie kann mit dem umfangreichsten und progressivsten drogenpolitischen Wahlprogramm punkten und weiß auch bei den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine vollends zu überzeugen. Die Linken sind auch die einzige Partei, die detaillierte Kritik am CanG und entsprechende Änderungswünsche liefert. In den letzten Jahren war man aus der Opposition heraus drogenpolitisch sehr aktiv und hat die Ampel das ein oder andere Mal angetrieben. Jedem Menschen, dem das Thema Drogenpolitik am Herzen liegt, und allen Hanffreunden können wir die Wahl der Linken empfehlen!

Das BSW interessiert sich offensichtlich nicht für Drogenpolitik. Weder gab es eine Positionierung im Wahlprogramm, noch wurde auf unsere Wahlprüfsteine geantwortet. Somit bleibt die Partei weiterhin in drogenpolitischer Sicht eine große Unbekannte. Allen, die sich ernsthaft für dieses Thema interessieren oder denen eine klare Haltung zur Entkriminalisierung von Cannabis wichtig ist, raten wir daher von der Wahl des BSW ab.

Die AfD sieht Menschen, die Cannabis zu Genusszwecken nutzen, als krank an und möchte sie zur dauerhaften Abstinenz therapieren. Zudem zieht sie rassistische Verbindungen zwischen Drogen-, Gewalt- und Sexualdelikten, die so auch schon vor Jahrzehnten Teil von Harry Anslingers Propaganda waren. Eine Partei, die Cannabiskonsumenten wieder verfolgen möchte, kann keine Option für Hanffreunde sein. Macht einen großen Bogen um die AfD!
Erstmals geben wir bei unserem Wahlcheck auch kleineren Parteien, die Möglichkeit sich zu präsentieren. Hier findet ihr unkommentiert die relevanten Ausschnitte aus den Wahlprogramm und die uns zugesandten Antworten auf unseren Wahlprüfsteine.


Obwohl oder gerade weil die drei Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP mit dem CanG zwar ihr Ziel der Legalisierung nicht erreicht, aber doch einen großen Fortschritt erzielt haben, erscheinen ihre Forderungen im aktuellen Wahlkampf arg zurückhaltend. Sie definieren allesamt keinen detaillierten Verbesserungsbedarf am Cannabisgesetz und scheinen es mit weiteren Schritten nicht arg eilig zu haben. Immerhin ist es ihr eigenes Gesetz, das sie im Wahlkampf eher schönreden als kritisieren wollen. Echte Legalize-Parteien sind sie trotzdem. Sie haben bewiesen, dass es einen Unterschied macht, wählen zu gehen. Wir können von allen drei Ampel-Parteien erwarten, dass sie das CanG gegen die Verbotsparteien verteidigen werden. Alle drei Parteien haben allerdings durch unnötige Widerstände ihrer zuständigen Minister und Landesverbände keinen tadellosen Eindruck hinterlassen. Die vierte Legalize-Partei im Bundestag war in der Opposition und ist nun nicht den Zwängen ausgesetzt, das CanG verteidigen zu müssen: Die Linken können, auch befreit von den zaudernden Wagenknecht-Fans, richtig durchstarten und klare Kante ansagen.
Die Linke ist mit dem besten Programm und überzeugenden Antworten der eindeutige Sieger des Wahlchecks und unsere klare Wahlempfehlung. Sie ist die einzige Partei, die konkreten Änderungsbedarf am CanG benennt. Im Bundestag hat die Linke mit Anträgen die Ampel angetrieben und so gezeigt, dass nicht nur gute Regierungsparteien wichtig sind, sondern auch Druck aus der Opposition hilfreich ist.
Die drei Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP liegen relativ gleichauf. Alle drei bekennen sich klar zu “ihrem” CanG und wollen weiterhin eine Legalisierung über den Zwischenschritt Modellprojekte verwirklichen. Drug-Checking finden alle sinnvoll, jedoch kündigt nur die SPD an, dies ggfs. auch vom Bund fördern zu wollen. Hinsichtlich einer Entkriminalisierung aller Drogenkonsumenten halten sich alle drei mit konkreten Aussagen zurück. Die Programme von Grünen und SPD sind inhaltlich breiter aufgestellt als das der FDP. Alle drei Parteien können Hanffreunde beruhigt wählen.
Das BSW bleibt drogenpolitisch weiterhin die große Unbekannte. Im Programm finden sich keine Inhalte zu diesem Thema und auf unsere Wahlprüfsteine haben wir leider eine Absage erhalten. Allen, die sich ernsthaft für Drogenpolitik interessieren oder denen eine klare Haltung zur Entkriminalisierung von Cannabis wichtig ist, raten wir daher von der Wahl des BSW ab.
CDU und AfD positionieren sich klar als Gegner von Cannabis. Beide Parteien wollen die Entkriminalisierung rückgängig machen und Cannabiskonsumenten wieder verfolgen. Sowohl CDU und AfD sind klare Verfechter einer generellen Prohibition von Drogen (außer Alkohol) und stehen somit für die Rückkehr zu einer gescheiterten menschenverachtenden Drogenpolitik. Auf keinen Fall wählen!

Sagt den Parteien eure Meinung!
Wir haben für euch auf unserer Kampagnenseite zur Bundestagswahl 25 alle Infos zusammengetragen, um noch vor der Wahl die Direktkandidaten eures Wahlkreises zu kontaktieren und ihnen klarzumachen, wie wichtig das Thema ist. Ihr findet auf der Seite auch vorformulierte E-Mails, die ihr mit wenigen Klicks abschicken könnt.
Nach der Wahl solltet ihr zusätzlich den Parteizentralen eine kurze Nachricht schicken:
LINKE, Grüne, SPD, FDP: „Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen, und erwarte von Ihnen, dass Sie sich in den nächsten vier Jahren für eine echte Legalisierung mit Fachgeschäften für Erwachsene einsetzen.”
BSW: „Ich finde es schade, dass Sie nichts zum Thema Drogenpolitik anbieten und würde mir zukünftig eine eindeutige und progressive Positionierung von Ihnen wünschen.“
AfD, CDU: „Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Bundestagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.“
Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen:
- SPD: https://www.spd.de/site/kontakt
- BÜNDNIS 90/ GRÜNE:
- FDP:
- CDU:
- AfD:
- DIE LINKE:
- BSW:
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