Die Grünen (BTW 2025)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Das Wahlprogramm der Grünen ist ebenfalls recht knapp gehalten in Bezug auf drogenpolitische Inhalte, insbesondere im Vergleich zum Wahlprogramm von 2021. Im Vergleich fällt auf, dass die Grünen diesmal auf diverse wichtige Stichworte wie “Modellprojekte” verzichtet haben. Positiv hervorzuheben ist, dass „sich die Regulierung von Drogen an den tatsächlichen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Risiken orientieren” soll. Allerdings fehlen konkrete Schlussfolgerungen daraus. Stattdessen ist von einer „Bekämpfung der Drogenkriminalität“ die Rede und man will Kriminalpolizei und Zoll stärken, um den „organisierten Handel und die dahinterstehenden Strukturen“ zu bekämpfen. Klassischer “war on drugs”.
Für viele Hanffreunde das Wichtigste: Die Grünen verfolgen weiterhin das Ziel einer Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften und wollen sich insbesondere auf europäischer Ebene dafür einsetzen. 

Ebenfalls positiv ist der Ausbau von Angeboten der Schadensminimierung wie „aufsuchende Sozialarbeit, Substanzanalysen, Aufklärungsmaßnahmen sowie Substitutions- und Diamorphinprogramme“. Einen Bonuspunkt gibt es für die Förderung von Nutzhanf.

Auszug aus dem Wahlprogramm

„Mit dem Cannabisgesetz haben wir Bürgerrechte sowie den Schutz von Gesundheit, Jugend und Verbraucher*innen in der Drogenpolitik in den Mittelpunkt gestellt. Unsere Drogenpolitik setzt auf Vernunft und Hilfe statt auf Kriminalisierung. Grundsätzlich soll sich die Regulierung von Drogen an den tatsächlichen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Risiken orientieren. An dem Ziel des Verkaufs von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften halten wir weiter fest und setzen uns auf europäischer und internationaler Ebene dafür ein, auch um damit den Schwarzmarkt und die Organisierte Kriminalität weiter einzudämmen. Die Bekämpfung der Drogenkriminalität muss sich auf den organisierten Handel und die dahinterstehenden Strukturen der Organisierten Kriminalität fokussieren, dafür werden wir die Kriminalpolizei und den Zoll entsprechend stärken. Gleichzeitig wollen wir die Angebote für Prävention, Therapie und den Gesundheitsschutz auch bei legalen Suchtmitteln ausbauen und Menschen unterstützen, damit sie gar nicht erst abhängig werden oder ihnen besser geholfen werden kann, wenn sie suchtkrank sind. Hierzu wollen wir prüfen, wie sich – insbesondere in der Suchtberatung – bundesweit ein Mindestangebot sicherstellen lässt. Dazu gehören auch aufsuchende Sozialarbeit, Substanzanalysen, Aufklärungsmaßnahmen sowie Substitutions- und Diamorphinprogramme. Die wissenschaftliche Forschung wollen wir fördern. Den gesundheitsschädlichen Einfluss von Glücksspiel und süchtig machenden digitalen Angeboten – insbesondere auf Kinder und Jugendliche – möchten wir stärker in den Blick nehmen und wirksame Maßnahmen dagegen ergreifen.“ S.96

„Für einen verstärkten Einsatz gegen Organisierte Kriminalität

Der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist für uns ein Schwerpunkt. Kriminelle Gruppen bedrohen Menschen mit Gewalt und verursachen in Deutschland wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Ihre Auswirkungen sind weltweit zu spüren und zersetzen auch durch Gewalt und Korruption ganze Staaten. Eine wesentliche Triebfeder für die Organisierte Kriminalität sind der illegale Drogenhandel sowie der Menschenhandel und die Zwangsprostitution. Der Schaden für die Gesellschaft ist enorm, wenn kriminelle Gruppierungen legale Wirtschaftsbereiche wie zum Beispiel die Bauwirtschaft oder den Immobilienhandel unterwandern und so Preise in die Höhe getrieben werden. Um dem entgegenzutreten, stärken wir die zuständigen kriminalpolizeilichen Bereiche des BKA, der Bundespolizei sowie des Zolls. Wir verbessern die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern mit der Einrichtung eines Gemeinsamen Zentrums Organisierte Kriminalität auf gesetzlicher Grundlage. Wir wollen, dass die Sicherheitsbehörden so aufgestellt werden, dass sie einen stärkeren Fokus auf Strukturermittlungsverfahren legen können. Die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Organisierten Kriminalität wollen wir stärken. Auch internationale Kooperationen werden wir stärken, zum Beispiel durch gemeinsame Ermittlungen oder den Einsatz von Kontaktbeamt*innen in anderen Staaten. Die Kompetenzen der EUStA wollen wir auf die grenzüberschreitende Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ausweiten. Wir wollen, dass Organisierte Kriminalität härter bestraft wird. Deswegen wollen wir den Straftatbestand der kriminellen Vereinigung weiterentwickeln, damit er ein scharfes und zielgenaues Instrument wird. Ein nachhaltiges Vorgehen gegen kriminelle Aktivitäten kann nur in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und durch eine stärkere politische Befassung gelingen und muss auf Prävention und Aufklärung setzen. Deshalb setzen wir uns für den Aufbau einer unabhängigen zivilgesellschaftlichen Beobachtungsstelle für Organisierte Kriminalität ein.“ S. 134f

„Für eine vorausschauende Gesundheitspolitik

Nach dem Grundsatz der Verhältnisprävention wollen wir Produzenten von gesundheitsschädlichen Produkten wie Tabak und Alkohol stärker an den enormen Folgekosten am Gesundheitssystem beteiligen und die Werbung für diese Produkte stärker regulieren. Dabei setzen wir uns auch für einen starken Nichtraucher*innenschutz ein, unter anderem durch die Einführung von einheitlichen, neutralen Verpackungen ohne Markenlogos.“ S. 95

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die Antworten der Grünen auf unsere Wahlprüfsteine sind in Bezug auf Cannabis grundsätzlich positiv. Im Detail oder wenn es über das Thema Cannabis hinausgeht, können die Antworten jedoch nicht immer überzeugen. Das CanG sieht man als großen Erfolg und (europarechtskonforme) Fachgeschäfte werden weiterhin angestrebt.  Auf die Frage nach möglichen Änderungen weicht man jedoch aus und verweist auf die Verteidigung des Erreichten in nächster Zeit. Modellprojekte befürworten die Grünen – etwaige Obergrenzen für die Teilnahme müssten sich an den wissenschaftlichen Forschungszielen orientieren. Ebenso positiv sieht man einen regulierten Handel in Fachgeschäften, verweist aber gleichzeitig auf notwendigen Einklang mit EU-Richtlinien.
Die neuen verkehrsrechtlichen Regelungen sehen die Grünen durchweg positiv und haben anscheinend keinen Änderungsbedarf. 

Auch Drug-Checking bewerten sie positiv und heben die Schaffung der rechtlichen Grundlagen in der letzten Legislaturperiode hervor. Die mangelnde Umsetzung in den Ländern ist bei den Grünen bekannt und wird bedauert. Auf Bundesebene aktiv werden wollen die Grünen aber anscheinend nicht, während die SPD hierzu weitere Initiativen ankündigt, falls beim Drugchecking weiterhin Steillstand herrscht.Komplett enttäuschend ist die Antwort auf unsere Frage zur Entkriminalisierung aller Drogenkonsumenten. Mehr als “Unsere Drogenpolitik setzt auf Vernunft und Hilfe statt auf Kriminalisierung” ist den Grünen auch auf Nachfrage nicht zu entlocken. Stattdessen geht es in der Antwort um die Stärkung von Kriminalpolizei und Zoll sowie die Prävention bzgl. “Suchtmitteln” und die Hilfe für “Suchtkranke”. 

Weiterlesen

1. Wie beurteilen Sie das von der Ampel-Regierung umgesetzte Cannabisgesetz, nach dem nun der legale Besitz und Eigenanbau von Cannabis sowie Anbauvereine möglich sind?

Das Cannabisgesetz ist ein großer Erfolg für unsere Drogenpolitik. Wir gehen damit einen bedeutenden Schritt zu einer humanen und gesundheitsorientierten Drogenpolitik, die den Jugend- und Gesundheitsschutz verbessert und die Selbstbestimmung von Erwachsenen erhöht. So haben wir den Grundstein auf dem Weg zu weiteren Schritten, wie lizensierten Fachgeschäften, gelegt.

2. Welche Änderungen am geltenden Cannabisgesetz schlagen Sie vor? Nennen Sie ggf. die wichtigsten Punkte.

Bei der Wahl am 23. Februar entscheidet sich, ob die mit dem Cannabisgesetz erreichte, wichtige Errungenschaft einer humanen Drogenpolitik erhalten bleibt. Daher ist unser wichtigstes Anliegen, dieses Gesetz gegen die Verfechter*innen einer repressiven Drogenpolitik zu schützen. Nur wenn dies gelingt, kann die zweite Säule mit einer regulierten Abgabemöglichkeit für Erwachsene in Fachgeschäften erfolgen.

3. Befürworten Sie wissenschaftliche, regional und zeitlich begrenzte Modellprojekte zur kommerziellen Produktion und Abgabe von Cannabis z.B. in Fachgeschäften für Erwachsene, wie sie z.B. derzeit in der Schweiz laufen? Halten Sie eine Obergrenze für die Teilnehmerzahl für erforderlich?

Gut regulierte wissenschaftliche Modellprojekte befürworten wir. Inwieweit im Einzelfall eine Obergrenze notwendig ist, muss von den wissenschaftlichen Zielsetzungen des jeweiligen Forschungsprojektes abhängig gemacht werden.

4. Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes mit Fachgeschäften wie z.B. in Kanada? Halten Sie dies für EU-Recht-konform?

Gut regulierte Fachgeschäfte sehen wir positiv, um den Schwarzmarkt noch weiter zurückzudrängen. Entscheidend ist, dass die Regelungen so gestaltet werden, dass sie im Einklang mit den Vorgaben des EU-Rechts stehen und dadurch eine rechtssichere Umsetzung gewährleisten.

5. Wie beurteilen Sie die aktuellen Regelungen im Verkehrsrecht bzgl. Cannabis (Grenzwert, MPU, Sanktionen etc)? Welche Änderungen schlagen Sie ggf. vor?

Die neuen Regelungen im Straßenverkehrsrecht sehen wir positiv. Wer unter Einfluss von Drogen steht, darf weiterhin nicht am Straßenverkehr teilnehmen. Durch die aktuelle Regelung werden erstmals der zeitnahe Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Zusammenhang gesetzt. Der Grenzwert wurde, wie von einer unabhängigen Expert*innengruppe vorgeschlagen, auf 3,5 ng/ml THC Blutserum festgesetzt und orientiert sich an der Promillegrenze von 0,2 % Alkohol. Der gelegentliche Konsum von Cannabis führt nicht mehr pauschal zur Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). Einer Kriminalisierung durch die Hintertür von Millionen Konsumierenden wird so der Riegel vorgeschoben.

6. Trotz der kürzlich beschlossenen gesetzlichen Grundlage für Drug Checking Modellprojekte gibt es bisher kaum Angebote. Wie beurteilen Sie Drug Checking grundsätzlich? Wie möchten Sie ggf. Drug Checking in der Praxis fördern/realisieren?

Durch Drug-Checking (Substanzanalyse) können die gesundheitlichen Schäden des Drogengebrauchs verringert werden. Wir bewerten dies positiv und haben uns für die Ermöglichung von Drug-Checking eingesetzt. Bundesseitig haben wir den Bundesländern rechtssicher ermöglicht, Drug-Checking anzubieten. Leider setzen nicht alle Bundesländer die dafür notwendige Rechtsverordnung um. Dadurch steht ein wichtiges Element des Schutzes der Konsumierenden und der Schadensminimierung nicht einheitlich in ganz Deutschland zur Verfügung.

7. Sind Sie für die Entkriminalisierung aller Drogenkonsumenten (z.B. durch die Einstellung von Strafverfahren bei bundeseinheitlich geringen Mengen oder eine Herabstufung zur OWI)?

Mit dem Cannabisgesetz haben wir den Schutz von Gesundheit, Jugend und Verbraucher*innen in der Drogenpolitik in den Mittelpunkt gestellt. Auch auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns dafür ein, den Schwarzmarkt und die Organisierte Kriminalität weiter einzudämmen. Die Bekämpfung der Drogenkriminalität muss sich auf den organisierten Handel und die dahinterstehenden Strukturen der organisierten Kriminalität fokussieren, dafür werden wir die Kriminalpolizei und den Zoll entsprechend stärken. Gleichzeitig wollen wir die Angebote für Prävention, Therapie und den Gesundheitsschutz auch bei legalen Suchtmitteln ausbauen und Menschen unterstützen, damit sie gar nicht erst abhängig werden oder ihnen besser geholfen werden kann, wenn sie suchtkrank sind. Unsere Drogenpolitik setzt auf Vernunft und Hilfe statt auf Kriminalisierung. Diesen Wechsel in der Drogenpolitik, der die Befähigung zum eigenverantwortlichen Umgang mit Risiken in den Mittelpunkt stellt, wollen wir fortführen.

8. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!) Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Mit dem Cannabisgesetz konnten wir eine grundlegende Reform der Cannabispolitik auch gegen den erbitterten Widerstand anderer Parteien erreichen. Die seit Jahrzehnten geforderte Modernisierung des Straßenverkehrsrechts haben wir umgesetzt und die millionenfache Kriminalisierung von Cannabiskonsumierenden durch die Hintertür des Fahrerlaubnisrechts beendet. Außerdem haben wir die betäubungsmittelrechtlichen Hürden für das Drug-Checking abgeschafft und Hilfen für schwer Abhängige in Drogenkonsumräumen ermöglicht.

Durch weitere Maßnahmen tragen wir zu einer gesundheitsorientierten Drogenpolitik bei, welche Prävention in den Mittelpunkt stellt, Kinder und Jugendliche schützt und sich für die Schadensminimierung von Konsumierenden einsetzt. Zusätzlich setzen wir uns dafür ein, Regelungen für lizenzierte Fachgeschäfte zu schaffen, den Schwarzmarkt und die Organisierte Kriminalität weiter zurückzudrängen und gleichzeitig die Prävention zu stärken.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Die Grünen verweisen auf die Entkriminalisierung, Änderungen im Straßenverkehrsrecht und die gesetzliche Grundlage für Drug-Checking. Bei der Abstimmung zum CanG gab es keine Gegenstimme aus der Fraktion der Grünen. Doch auch bei den Grünen gab es überraschende Widerstände. Sie hätten das CanG als traditionelle Legalize-Partei mit ihren Beteiligungen an Landesregierungen völlig problemlos und ohne große Diskussionen sicher durch den Bundesrat bringen können. Stattdessen kamen plötzlich von grünen Justizministern und Landesverbänden die Forderung, im Bundesrat den Vermittlungsausschuss anzurufen und damit das Gesetz mindestens zu verzögern, wenn nicht gar zu verhindern. Erst nach massiven Protesten u.a. durch unsere E-Mail-Aktionen wurde das Gesetz knapp im Bundesrat bestätigt. Auch der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat erst nach langen Protesten mit großer Verspätung die Verordnung veröffentlicht, mit der die zuständige Behörde für Cannabisforschung und -modellprojekte bestimmt wurde.

Aus den Antworten in den WPS:

Mit dem Cannabisgesetz konnten wir eine grundlegende Reform der Cannabispolitik auch gegen den erbitterten Widerstand anderer Parteien erreichen. Die seit Jahrzehnten geforderte Modernisierung des Straßenverkehrsrechts haben wir umgesetzt und die millionenfache Kriminalisierung von Cannabiskonsumierenden durch die Hintertür des Fahrerlaubnisrechts beendet. Außerdem haben wir die betäubungsmittelrechtlichen Hürden für das Drug-Checking abgeschafft und Hilfen für schwer Abhängige in Drogenkonsumräumen ermöglicht.

Das knappe Wahlprogramm der Grünen ist okay: Klares Bekenntnis zum CanG und zum Ziel der Legalisierung. Auch die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine überzeugen in Bezug auf Cannabis großteils. Der neue “Law and Order”-Einschlag in Bezug auf andere derzeit illegale Drogen verwundert jedoch etwas. Das ist ein Rückschritt im Vergleich zu früheren Wahlprogrammen der Grünen. Als Teil der Ampel-Koalition haben sie mit der Entkriminalisierung der Cannabiskonsumenten und der gesetzlichen Grundlage für Drug-Checking beachtliche Erfolge erzielt. Zusammenfassend geben wir Hanffreunden auch für die Grünen eine Wahlempfehlung.