Wahlanalyse zur Bundestagswahl 2017

Wahlanalyse zur Bundestagswahl 2017

Vorbemerkung

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht. Die Drogenpolitik einer Partei ist ein Maßstab dafür, wie viel Selbstbestimmung dem Einzelnen von staatlicher Seite eingeräumt wird oder auch nicht.

Wer sich generell über die Bundestagswahl informieren möchte, dem legen wir zur Übersicht die Seite der Bundeszentrale für politische Bildung und den Wikipedia Artikel zur Bundestagswahl 2017 nahe.

Auch der Wahl-O-Mat gibt eine gute Orientierung über die Positionen der verschiedenen Parteien. Das Thema Cannabis ist unter These 32 aufgegriffen worden. Am Schluss gibt es auch eine Übersicht der Positionen der Parteien zu allen aufgestellten Thesen. 

Für diejenigen, für die Drogenpolitik eine wahlentscheidene Frage ist, haben wir diese Wahlanalyse erstellt, aus der man sich ein umfassendes Bild über die Aktivitäten und Positionen der Parteien machen kann.

Wir konzentrieren uns in dieser Analyse auf Parteien, die in der letzten Legislaturperiode im Bundestag waren oder gute Chancen auf einen Einzug ins Parlament haben. Die Piraten sind nochmal dabei, da sie zumindest bis vor Kurzem in vielen Landtagen vertreten waren und drogenpolitisch gut aufgestellt sind. Einen Hinweis auf die Haltung der vielen kleinen “sonstigen” Parteien gibt unser Artikel über deren Antworten zum Wahl-O-Mat.

1. Ausgangslage

2. Parlamentarische Aktivitäten der Parteien

3. Wahlprognosen und mögliche Koalitionen

4. Wahlprogramme der Parteien

5. Wahlprüfsteine

6. Zusammenfassung nach Parteien

7. Fazit

8. Sagt den Parteien eure Meinung!

1. Ausgangslage

Die Bundestagswahl 2017 ist die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag und soll am 24. September 2017 stattfinden. Nach den derzeitigen Umfragen könnten nach dieser Wahl erstmalig 6 Parteien ins Parlament einziehen: CDU/CSU, SPD, Grüne, LINKE, FDP und zum ersten Mal die AfD. Mit 6 Parteien im Bundestag wird die Regierungsbildung noch schwerer und die Fortführung der Großen Koalition das wahrscheinlichste Szenario. CDU/CSU und SPD haben in der Vergangenheit sehr standhaft auf der Prohibitionspolitik verharrt. Dies lässt wenig Raum für Hoffnung auf Veränderung, sollte es zu einer Wiederauflage der großen Koalition kommen.

Bei der Bundestagswahl 2013 verpasste die FDP den Einzug in den 18. Deutschen Bundestag, weswegen die schwarz-gelbe Koalition nicht fortgesetzt werden konnte. Die SPD konnte zum Schluss noch etwas zulegen, für die gewünschte rot-grüne Mehrheit reichte es allerdings nicht. Eine knappe rot-rot-grüne Mehrheit wäre im Bundestag möglich gewesen, die SPD entschied sich aber für den Gang in die Große Koalition mit der CDU. Die Grünen büßten ein paar Prozentpunkte ein und die LINKE wurde die drittstärkste Fraktion im Bundestag und damit Oppositionsführer. Die AfD verpasste mit 4,7% im Jahr ihrer Gründung nur knapp den Einzug in den Bundestag. 

Wer regiert seit 2013?

Die Große Koalition wird angeführt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) , das für Drogenpolitik zuständige Gesundheitsministerium wird von Hermann Gröhe (CDU) geleitet. Das Kabinett Merkel III wurde am 17. Dezember 2013 vereidigt. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hat sich durch mangelnde Sachkenntnis und Zirkelschlüsse besonders unbeliebt bei Hanffreunden und sonstigen Psychonauten gemacht. Die Reaktionen auf sie in der hanfaffinen Szene reichen von Unverständnis, Wut bis hin zu allgemeiner Belustigung. So viel Aufmerksamkeit hat wahrscheinlich noch kein Politiker auf diesem Posten bekommen. Ihre Facebookseite hat sie am Anfang ihrer Amtszeit klammheimlich gelöscht, nachdem rege Kritik aus der Community an ihrer Arbeit aufkam. Sie sieht sich auch verfolgt von der “bösen Hanflobby” und schiebt uns als Legalisierungsbefürworter immer wieder die Schuld für “Misstände” zu. Frau Mortler muss sich aufgrund getroffener Aussagen, welche sie auf Basis einer dubiosen Faktenlage traf, den Vorwurf der Verbreitung von Fake News gefallen lassen. Andererseits hat die Position der Drogenbeauftragten wenig Entscheidungskompetenzen und wird klassischerweise, mit nur einer Ausnahme, in der Regel mit Personen mit wenig Fachkenntnissen besetzt. Die Entscheidungskompetenz im drogenpolitischen Bereich liegt am Ende bei dem Gesundheitsminister.

Die Opposition

Die Opposition besteht derzeit aus Grünen und Linken, denen eine ca. 80%-Mehrheit der Großen Koalition gegenüber steht. Da die Mehrheitsverhältnisse auch über die Redezeit im Bundestag bestimmen, hatte die Opposition in dieser Legislaturperiode insgesamt nur wenig Redezeit und die Debatten waren größtenteils sehr einseitig. Dennoch hat vor allem DIE LINKE-Fraktion als Opposisionsführer sehr engagierte Oppositionsarbeit geleistet und die Grünen haben mit dem Cannabis-Kontrollgesetz eine Grundlage für künftige Legalisierungs-Debatten gelegt. 

Der GroKo Koalitionsvertrag

Zum Thema Drogenpolitik war nicht viel zu lesen im Koaltionsvertrag zwischen Union und SPD. Die Stichworte “Drogen”, “Cannabis”, “Rausch” oder “Prävention” im Zusammenhang mit Drogenpolitik tauchen in dem Vertrag überhaupt nicht auf. Eine drogenpolitische Agenda hatte sich diese Regierung nicht gesetzt. Gefunden haben wir nur dieses: 

“Rocker-Clubs bieten einen Deckmantel für vielfältige Formen der Schwerkriminalität, wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte. Dieser organisierten Kriminalität kann durch den Entzug der Privilegien des Vereinsrechts entgegengetreten werden. Wir werden dazu das Vereinsrecht verschärfen, die Verbotsfolgen bei Rockergruppierungen verstärken und bei Verboten jegliche Neugründung in den betroffenen Städten und Kreisen ausschließen. Die Kennzeichen verbotener Rockergruppen dürfen von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht weiter genutzt werden.”
S. 104
 

Die GroKo setzt den ersten Meilenstein zur Legalisierung

Um so mehr erfreute es uns, dass diese Regierung das Gesetz zu Cannabis als Medizin verabschiedete. Das am 10. März 2017 in Kraft getretende Gesetz, welches die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ermöglichen soll, ist ohne Zweifel ein Meilenstein auf dem Weg zur vollständigen Legalisierung.

Dass die Große Koalition den Weg zum neuen Gesetz zu Cannabis als Medizin nicht aus Überzeugung frei machte, sondern sich von den Gerichten genötigt sah, welche Patienten den Eigenanbau genehmigten, zeigt sich vor allem in der praktischen Umsetzung. Obwohl schon sehr lange darüber diskutiert wurde, kam das Gesetz relativ zügig als klar wurde, dass die Gerichte andernfalls den Eigenanbau für Patienen normalisieren würden. Allerdings wurde die Umsetzung des Gesetzes kaum vorbereitet. Die Große Koalition handelte aus der so entstandenen Notwendigkeit, die Umsetzung des Gesetzes wurde allerdings nicht mit der nötigen Verantwortung für das Wohl der Patienten vorbereitet und begleitet.

In der Praxis hat sich das Gesetz bislang nicht bewährt. Zu viele Patienten bekommen keine Kostenerstattung von den Krankenkassen. Zu wenige Ärzte sind bereit, Cannabis als Medizin zu verschreiben. Die Apotheken haben Lieferengpässe und Patienten müssen wochenlang auf ihre verschriebene Medizin warten. Zudem sind die Apothekenpreise für Cannabis explodiert, so dass sich Patienten medizinisches Cannabis ohne Kostenerstattung kaum leisten können. Da sind schnelle Nachbesserungen dringend erforderlich. Ob diese von der Großen Koalition noch geleistet werden, ist jetzt kurz vor der Wahl unwahrscheinllich. 

Normalisierung im Umgang mit Cannabis

Nichtsdestotrotz wird der Umstand, dass Cannabis als Medizin nun auch auf Kosten der Krankenkassen verordnet werden kann, in den kommenden Jahren vermutlich zu einem Bewusstseinswandel in der Bevölkerung beitragen. Immer mehr Menschen werden sich über die Möglichkeit einer Therapie mit Cannabis informieren können. Je mehr Menschen offen Cannabis als Medizin zu sich nehmen und mit ihrem Umfeld über die Vorzüge der Medizinalfpflanze sprechen, desto mehr werden die Vorurteile in den Köpfen der Menschen, die über Jahrzehnte von Politik und Medien gepflegt worden sind, aufgelöst.

Zustimmung zur Legalisierung 

Auch die Entwicklungen auf internationaler Ebene werden den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Kannada wird nächstes Jahr den legalen Verkauf von Cannabis als erstes G7-Land starten. Das dürfte viel Bewegung in die Diskussion auf internationaler Ebene bringen und auch die wirtschaftlichen Vorzüge der Legalisierung immer erkennbarer werden lassen. Unser französischer Nachbar erwägt auch eine vollständige Entkriminalisierung von Cannabis für den Eigenbedarf.

Dennoch wird es hauptsächlich darauf ankommen, ob die Zustimmung zur Legalisierung in der Mehrheit der Bevölkerung vorhanden ist. Bei Cannabis als Medizin lagen die Umfragewerte vor der Legalisierung bei  90%. Für die Legalisierung als Genussmittel sind die Mehrheiten noch nicht vorhanden. Nach der Legalisierung in Colorado 2015 stiegen die Umfragewerte in Deutschland auf 42% und eine Civey Umfrage in diesem Jahr sah die Zustimmung schon bei 49%. Allerdings haben die klassischen Meinungsforschungsinstitute eher ein Rückgang auf 35% gemessen. 

Die Medienberichterstattung ist in den letzten Jahren durchaus positiver und intensiver geworden. Dennoch gibt es noch eine Menge zu tun für uns, bis wir in Deutschland satte Mehrheiten für die Legalisierung haben. 

Legalisierung im Wahlkampf kaum Thema

Union und der SPD feiern sich für das Cannabis als Medizingesetz und scheinen zu erwarten, dass sie damit erst mal Ruhe vor dieser Debatte haben. Das “Eigenanbau-Verhinderungs-Gesetz” sollte den Druck rausnehmen. Im Wahlkampf spielt das Thema derzeit keine Rolle.

Grüne, Linke und Piraten haben sich erwartungsgemäß die Legalisierung von Cannabis ins Programm geschrieben. Auch die FDP hat sich dieses Jahr in die Reihe der Legalisierungsbeführworter eingereiht. Allerdings scheint das Thema Legalisierung für die meisten Politiker kein wahlentscheidendes Thema zu sein. Vermutlich ist es das für viele Wähler auch nicht.

Schwerpunkte in diesem Wahlkampf sind eher Themen wie Rente, Sicherheit, soziale Gerechtigkeit, Arbeit und Pflege. Laut einer Civey Umfrage sind “Soziale Gerechtigkeit” und “Innere Sicherheit” auch die wichtigsten Themen für die Wähler. Dennoch hat sich in dieser Wahlperiode eindrucksvoll gezeigt, dass, wenn die Stimmung richtig und die Konstellation günstig ist, die Kanzlerin auch mal schnell Dinge umsetzt, von denen sie vor der Wahl gesagt hat: “Mit mir wird es das nicht geben.” Als Beispiel sei hier die “Ehe für Alle” angeführt. Ein paar Stimmen zur Legalisierung im Kontext zur Wahl gibt es dennoch.

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2. Parlamentarische Aktivitäten der Parteien

Während der gesamten Legislaturperiode tat sich vor allem die Franktion DIE LINKE durch eine breitgefächerte und intensive drogenpolitische Oppositionsarbeit hervor, das Paradestück kam jedoch von den Grünen.

Im Jahr 2014 nahm die Diskussion um Cannabis wieder Fahrt auf, bereits im Januar 2014 fragte die LINKE-Fraktion nach Anträgen auf Ausnahmegenehmigungen zur medizinischen Verwendung von Cannabis (18/002 S.41) und Lieferengpässen bei Medizinalhanf (18/004 S.74). Hinzu kamen zwei kleine Anfragen, eine zu Medikamenten zur Raucherentwöhnung (18/279) und eine zum Rauschmittelkonsum und -prävention bei der Bundeswehr (18/245). Druck aufbauen war offenkundig das Ziel, es folgten weitere schriftliche Fragen zu Alkohol oder Tabak als Einstiegsdroge (18/015), Drogenkonsumenten mit Cannabis als Einstiegsdroge (18/013) und so genannten Legal Highs (18/1244).

Am 4. Juni 2014 folgte dann ein gemeinsamer Antrag der beiden Oppositionsfraktionen, der die Resolution des Schildower Kreises aufnahm und die Überprüfung von beabsichtigten und unbeabsichtigten Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts forderte (18/1613). Nach einer 25 minütigen Debatte im Plenum wurde der Antrag an den Gesundheitsauschuss überwiesen. Die LINKE-Fraktion ließ an dem Punkt aber nicht locker und schob noch eine kleine Anfrage zu dem Thema nach (18/2937). Aus der Antwort der Bundesregierung wird die noch vorhandene Haltung beider Volksparteien deutlich:

“Der Schutz der Gesellschaft, vor allem von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, macht es aus Sicht der Bundesregierung unverzichtbar, den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln unter Strafe zu stellen und für den unerlaubten Umgang mit nicht geringen Mengen von Betäubungsmitteln einen erhöhten Strafrahmen vorzusehen. Diese Politik stärkt den Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland.”

Weitere kleine Anfragen folgten unmittelbar noch zur Legalität von Legal Highs (18/2550) und Drogentests der Arbeitsagenturen (18/2696). Über das Jahr verteilt folgten weitere schriftliche Anfragen der LINKE-Fraktion: Zu Strafbarkeitslücken durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu neuen psychoaktiven Substanzen (18/034), dem therapeutisches Potential von LSD (18/011), der Telekommunikationsüberwachung von Personen mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (18/020), der Position der Bundesregierung zur Publikation der WHO bezüglich der Entkriminalisierung des Drogenkonsums (18/029), der Anwendung von Drogenschnelltests durch die Bundespolizei (18/027), der Änderung der Rechtslage bei der Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß §35 des Betäubungsmittelgesetzes (18/023) und der prohibitiven Drogenpolitik in der EU (18/006). Die LINKE-Fraktion hat hier 2014 in Hinblick auf Cannabis-Politik ein ordentliches Stück Oppositionsarbeit abgeliefert. Von den anderen Fraktionen kam hingegen nichts.

Im Folgejahr 2015 stieg auch die GRÜNEN-Fraktion mit eigenen Beiträgen in die Cannabispolitik ein. Zunächst war es aber wieder die LINKE-Fraktion, die mit schriftlichen Fragen den Druck auch die Bundesregierung aufrecht erhielt: hier zu nennen ist die Anfrage nach Ausnahmegenehmigungen gemäß dem Betäubungsmittelgesetz für die medizinische Verwendung von Cannabis in Deutschland (18/036), die Anfrage über die Wirkung von Cannabis als Ursache für den gestiegenen Anteil der Behandlung von Cannabisabhängigen in Suchtberatungs- und Behandlungseinrichtungen (18/040), die Anfrage zur regionalen Legalisierung von Cannabis in den USA und Auswirkungen auf Deutschland (18/041) und die Möglichkeiten des straffreien Cannabiskonsums (18/045). Ebenfalls folgte eine kleine Anfrage zu angekündigten Erleichterungen bei der Behandlung mit Cannabis als Medizin (18/4539). Die aktive Linie vom vorangegangenen Jahr wurde also weiter verfolgt.

Am 4. März 2015 dann der Paukenschlag: Die GRÜNEN-Fraktion stellt ihren Gesetzentwurf zur Regulierung von Cannabis (18/042) vor, das sogenannte Cannabiskontrollgesetz. Deutschlandweit berichteten alle Medien über dieses Ereignis und sorgten so für breites Interesse bei der Bevölkerung. Das Medienecho hielt eine Weile an, denn der Entwurf wurde in vielen Institutionen kontrovers diskutiert. Von diesem Punkt an nahm das öffentliche Interesse stetig zu, was die Bundesregierung weiter unter Druck setzte. Der Antrag der GRÜNEN-Fraktion wurde nach der Diskussion im Plenum am 20. März zur weiteren Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen. Alle DHV-Inhalte zum Cannabiskontrollgesetz findest du hier.

Die LINKE-Fraktion setzte gleich mit schriftlichen Fragen zu Steuereinnahmen durch Einkommensteuernachzahlungen aufgrund des Betreibens illegaler Cannabisplantagen seit dem Jahr 2008 (18/052) nach und erkundigte sich im selben Fragenpapier auch nach der Dunkelziffer an möglichen Steuereinnahmen durch Einkommensteuernachzahlungen aufgrund des Betreibens illegaler Cannabisplantagen. Die GRÜNEN-Fraktion, nun motiviert durch die starken Reaktionen aus Medien und Bevölkerung, stellten im Juli eine kleine Anfrage zum Thema Drogenhandel im Rahmen von Lebensmittelimporten (18/055), denn auch die Bekämpfung von internationaler Kriminalität war Ziel des Cannabiskontrollgesetzes. In einer schriftlichen Anfrage erkundigte sich die GRÜNEN-Fraktion auch nach der Aussage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu Aufklärungsgesprächen und Informationen zur Nutzung von Cannabis (18/064).

Die LINKE-Fraktion verfolgte weiter ihre breitgefächerte Kontrollarbeit mit schriftlichen Fragen zur Zusammenführung der Daten der Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis mit den Daten der Medizinal-Cannabisblüten importierenden Firmen (18/056), der Inkenntnissetzung der Vollzugsbeamten der Bundespolizei bzw. Landespolizei über die bestimmten Bedingungen hinsichtlich des Konsums von Cannabis zu medizinischen Zwecken (18/057), zur nachermittelten Gesamtbedarfsmenge an medizinischem Cannabis für die Hochrechnung des potenziellen Bedarfs in den Jahren 2014 und 2015 (18/058) und der Verschiebung der Gesetzesinitiative zur Kostenübernahme von Cannabisarzneien durch die Krankenkassen auf das Jahr 2016 (18/058).

Am 14. Oktober 2015 folgte dann der Antrag der LINKEN-Fraktion, den “Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend gewährleisten” (18/6361). Mit dem Antrag sollte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern, Cannabis von der Anlage I in die Anlage III des BtMG zu verschieben und die Herstellung, Verschreibung und die Kostenübernahme von Cannabis durch die Krankenkassen zu regeln. Der Antrag wurde in den Gesundheitsausschuss überwiesen.

Mit Frage nach Anträgen auf Ausnahmegenehmigungen nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes zur medizinischen Verwendung von Cannabis vom Dezember 2015 (18/069) wird schon die Orientierung für das kommende Jahr angezeigt.

Rückblickend war das Jahr 2015 für die zukünftigen Eereignisse wegweisend und wird durch den Gesetzesentwurf der GRÜNEN-Fraktion wohl auch in der Zukunft noch öfter eine Rolle spielen.

Die Drogenpolitik der Bundesregierung rückte 2016 immer weiter in den Fokus der Öffentlichkeit und wurde zunehmend kritisiert. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Arbeit der Opposition Früchte trägt. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, dass es einen Gesetzesentwurf zu Cannabis als Medizin geben wird, die GRÜNE-Fraktion hakte direkt ein und fragten nach einem konkreten Datum dafür (18/072).

Von der LINKEN-Fraktion kam dazu die Frage nach möglichen Engpässen bei der Versorgung von Patienten mit Cannabis-Medikamenten (18/074) und welche Maßnahmen gegen eine mögliche Unterversorgung mit Cannabis-Medikamenten getroffen werden. Ein wichtiges Thema sind aber auch nach wie vor Legal Highs: Die LINKEN-Fraktion erkundigte sich nach der Aufnahme neuer Substanzen in die Anlage des Betäubungsmittelgesetzes (18/073). Der LINKEN-Fraktion ging es hierbei aber auch um Gerechtigkeit, so zum Beispiel bei der Frage nach positiven Drogentests bei der Bundespolizei ohne erfolgte Suspendierung seit 2009 (18/081). Desweiteren fragte die Fraktion nach Todesfällen nach einer Opiateinnahme seit 2009 (18/080). Das Thema Kontrolle von personenbezogenen Daten kam aber auch nicht zu kurz. So auch bei der Frage zu Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung und der zur medizinischen Verwendung von Cannabis und einer Einverständniserklärung zur Übersendung therapiebezogener Daten an die Bundesopiumstelle (18/080). Ziel dieser Frage war es heraus zu finden, ob die erhobenen Daten auch tatsächlich für die Forschung zur Wirksamkeit von Cannabis als Medizin verwendet werden.

Am 18 März fand im Gesundheitsausschuss eine Expertenanhörung zum Cannabiskontrollgesetz statt, bei der auch unser Geschäftsführer Georg Wurth eine Stellungnahme abgab.

Die kleine Anfrage der LINKEN zur Position der Bundesregierung bei der Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum weltweiten Drogenproblem (UNGASS) (18/081) hatte noch mal einen besonderen Stellenwert, denn sie zwang die Bundesregierung zu einer mehr oder weniger klaren Positionierung und gab im Ergebnis reichlich Raum für Kritik. Der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele von der GRÜNEN-Fraktion nutzte diese Steilvorlage auch direkt, um die Bundesregierung nach der Rechtfertigung ihrer Politik der Ungleichbehandlung der Drogen Alkohol, Cannabis und Zigaretten zu fragen (18/083).

Die LINKE-Fraktion stellte einen Antrag für eine zeitgemäße Antwort auf neue psychoaktive Substanzen (18/084) und forderte damit Modellprojekte zur regulierten Abgabe bereits gut erforschter illegalisierter Substanzen, Öffnung internationaler Verträge zur Evaluierung und Erforschung von liberalen Regulierungsmodellen sowie Förderung schadensminimierender Maßnahmen wie Drug-Checking, Drogenkonsumräume und Spritzentausch.

Im Weiteren erfragte die LINKE-Fraktion die Bearbeitungszeit eines Antrags beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur medizinischen Verwendung von Cannabis (18/083), denn es häuften sich Meldungen über lange Bearbeitungszeiten. Harald Terpe von der GRÜNEN-Fraktion erfragte nochmal genau, auf welche skandinavischen Länder und welche konkreten drogenpolitischen Regelungen des jeweiligen Landes sich Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, in seiner Aussage bezüglich der Legalisierung von Cannabis bezog, als er gegenüber APOTHEKE ADHOC sagte, dass „[v]iele Länder in Skandinavien, zum Teil auch in Holland, […] alles andere als glücklich über den Weg [sind], den sie damals eingeschlagen haben“ (18/089). Terpe wollte von der Bundesregierung wissen, wie die Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenversicherungen bzgl. der Wirksamkeit von Cannabis und einer möglichen Kostenerstattung verlaufen und ob die Möglichkeit des Eigenanbaus von Cannabis im Falle einer Nichterstattung der Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen möglich sei (18/091).

Von der LINKE-Fraktion kam Anfang September die kleine Anfrage zu medizinischem Cannabis in Deutschland (18/9622). Nachdem seit der Ankündigung eines Gesetzentwurfs lange nichts passiert war, drängte die LINKE-Fraktion nun die Bundesregierung doch endlich mit einem Entwurf aufzuwarten, da die schwerkranke Menschen, welche auf Cannabis als Medizin angewiesen sind, nicht ewig warten konnten. Die bisherige Situation sei für betroffene Patienten besonders finanziell mit einer sehr hohen Belastung verbunden, die Versorgung mit qualitativ hochwertigem Cannabis sei auch nicht sichergestellt.

Am 28. Juni 2016 legte die Bundesregierung endlich ihren lange angekündigten Gesetzesentwurf zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften im Bundestag vor (18/8965).

Am 21.09.2016 tagte der Gesundheitsausschuss öffentlich über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften (18/089) und den 2015 eingereichten Antrag der LINKE-Franktion, den Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend zu gewährleisten (18/063). Bei dieser Anhörung war auch Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband als Redner geladen. Der Gesundheitsauschuss stimmte nach einer Überarbeitung des Gesetzes dem Entwurf der Bundesregierung einstimmig zu. Der Antrag der LINKE-Fraktion wurde von den Regierungsparteien abgelehnt und dies in einer Beschlussempfehlung zurück ans Plenum überwiesen (18/10902)

Bis zum Ende des Jahres wartete die LINKE-Fraktion noch mit vier schriftlichen Fragen auf. Darunter die Frage nach Amtshilfegesuchen durch die Bundesländer zum Einsatz der Fliegerstaffeln der Bundespolizei bei der Bekämpfung von Drogendelikten (18/101), die Frage nach der Beschlussgrundlage für die Erstellung und Veröffentlichung des Drogen- und Suchtberichts der Bundesregierung (18/102), die internen Prüfvorgänge zur rechtswidrigen Datenspeicherung beim Zollkriminalamt seit Bestehen der „Falldatei Rauschgift“ (18/106) und eine Frage zu Ausnahmegenehmigungen zur medizinischen Verwendung von Cannabis (18/107). Bei dieser Frage ging es vor allem um die Rechstsicherheit für Cannabispatienten.

Eine etwas größere Bedeutung kann jedoch den kleinen Anfragen zugesprochen werden, welche die vorangegangenen schriftlichen Fragen nochmal vertieften und damit den Druck auf die Bundesregierung erhöhen sollten.
Hier zu nennen ist die Anfrage zur Bekämpfung von Cannabisplantagen durch Fliegerstaffeln der Bundespolizei (18/9925), bei der es vor allem um die Unverhältnismaßigkeit zwischen Ausgaben und Zweck ging. Bei der anderen kleinen Anfrage zur rechtswidrigen Speicherung von personenbezogenen Daten in der Falldatei Rauschgift (18/10590) war der Fokus auf den Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger gerichtet.

Zusammenfassend kann für das Jahr 2016 wirklich von einer weiteren Steigerung der drogenpolitischen Oppositionsarbeit gesprochen werden. Die Fraktionen von LINKE und GRÜNE haben den eingeschlagenen Weg konsequent fortgeführt, die Diskussion hat sich sich weiter versachlicht und an Quantität und Qualität zugelegt.

Im folgenden Abschnitt widmen wir uns dem letzten Jahr dieser Legislaturperiode. Wichtig zu bedenken: Es ist Wahljahr. Alle Aktionen der Parteien sind, mit Blick auf den Wahlkampf, daher mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten.

Am 19. Januar wurde über das Cannabis als Medizin Gesetz abgestimmt. Dieses Gesetz ist ein Meilenstein, denn das Ergebnis war einstimmig. Selten waren sich die Fraktionen so einig.

Wie gewohnt legte die LINKE-Fraktion vor: Sie hinterfragte die Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Cannabis-Verordnungen gemäß § 106 ff. des Fünften Sozialgesetzbuchs (18/112) und den Stellenwert eines Lagebilds vom illegalen Drogenmarkt in der Falldatei Rauschgift (18/110). Darüberhinaus stellte sie die ökonomisch interessante Frage nach der Gesamtbedarfsmenge an medizinischem Cannabis für das zweite Halbjahr 2015 und 2016 (18/113), die passend mit der kleinen Anfrage zu abgegebenen Mengen an Cannabisblüten (18/12651) fett unterstrichen wurde.

Am 10.März 2017 war es dann endlich soweit: Mit der langersehnten Veröffentlichung des Cannabis als Medizin Gesetzes im Bundesgesetzblatt wurde das Gesetz rechtsgültig.

Doch auch abseits des Medizingesetzes setzten die Fraktionen der LINKEN und GRÜNEN ihre politische Arbeit fort: Die LINKE-Fraktion stellte noch im gleichen Monat den Antrag zur Entkriminalisierung von Drogenkonsumierenden (18/11610) und forderte damit eine bundeseinheitliche Geringe-Menge-Regelung für alle illegalisierte Substanzen von zehn Tagesdosen und für Cannabis von 15 Gramm und drei Pflanzen zum Eigenbedarf mit dem Ziel, dass grundsätzlich von Strafverfolgung bei Erwerb und Besitz abgesehen wird. Zudem forderte die Fraktion Änderungen der Fahrerlaubnisverordnung, die Einführung wissenschaftlich fundierter Grenzwerte, den Wegfall des Führerscheinverlusts aufgrund des alleinigen Besitzes von Cannabis oder anderen Drogen, Cannabis-Modellprojekte in Kompetenz der Länder und Informationen zu rechtswidrig gespeicherten Personen in der Falldatei Rauschgift. Äußerst umtriebig und konsequent, was die Fraktion der LINKEN da hervorbrachte. Auch hierzu gab es eine sehenswerte Debatte im Bundestag. 

Aber auch die GRÜNE-Fraktion war aktiv und fragte die Bundesregierung, wie viele gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten eine ärztliche Verordnung für medizinisches Cannabis seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften erhalten hätten und in wie vielen Fällen der Antrag auf Kostenerstattung von den gesetzlichen Krankenkassen abgelehnt wurde (18/122).

Die Linke erkundigte sich ebenfalls zum Thema mit einer weiteren kleinen Anfrage nach Cannabismedizin und Straßenverkehr (18/11701) Ein Thema, welches auch der Deutsche Hanfverband in seiner “Klarer Kopf-Klare Regeln!” Kampagne aufgreift. Wie schon in der gesamten Legislaturperiode scheint die LINKE-Fraktion sehr am Wohl der mündigen Bürgerinnen und Bürger interessiert und stellte daher weitere kleine Anfragen. Hier zu nennen: Die Anfrage nach der psychischen Wirkungen von Weihrauch, dem Import des Naloxon-haltigen Arzneimittels „Nalscue Nasenspray“ bei Verschreibungen an opiatabhängige Menschen zur Notfallbehandlung bei Opiatvergiftungen (18/119) und dem Unterstützungsanspruch von Kindern suchtkranker Eltern (18/120). Last but not least ist hier auch die kleine Anfrage der LINKE-Fraktion zur Preisentwicklung und ärztlichen Betreuung bei Cannabismedizin zu nennen (18/12232).

Am 2. Juni 2017 wurde in zweiter und dritter Lesung der Entwurf zum Cannabiskontrollgesetz der GRÜNEN abgelehnt. Die Initiative wurde von allen Seiten gelobt, es wurde allerdings auch sehr bemängelt, dass nach der ersten Lesung und der angebrachten Kritik keine Nachbesserungen am Entwurf vorgenommen wurden. Burkhard Blienert von der SPD stellte sich noch einmal demonstrativ hinter die Grünen und griff den Koalitionspartner für seine starre Haltung in der Drogenpolitik an. Eine Positionierung, die sich leider nicht im Wahlprogramm der SPD wiederfinden lässt.

Die LINKE-Fraktion stellte noch sechs weitere schriftliche Fragen: Zum personellen Aufwand des Zolls für seine Aufgaben (18/127), zum Vorrang der Vorschrift zur Versorgung Schwerkranker mit Cannabis nach § 31 SGB V vor allgemeineren Regelungen, zur Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit der Cannabisverordnung (18/130) und zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften im Bezug auf Beamte der Bundespolizei, welche cannabishaltige Medikamente einnehmen. Desweiteren stellte die Fraktion Anfragen zur Aufforderung zur Abgabe der Ausnahmegenehmigung für die medizinische Verwendung von Cannabis und noch mal zu Lieferengpässen bei medizinischen Cannabisblüten (18/132).

Schriftliche Fragen kamen auch von der SPD-Fraktion: Sie versuchte die Bewilligungspraxis der gesetzlichen Krankenkassen für Cannabis als Medizin und Preisentwicklung von Cannabisblüten seit Januar 2017 zu beleuchten und die Position der Bundesregierung zu cannabiskritischen Ärzten bzw. Krankenkassen Lieferengpässe bei Cannabisblüten zu erfragen (18/133).

Nicht zu vergessen sei hier die letzte Anfrage der LINKEN-Fraktion anlässlich der Veröffentlichung des Drogen- und Suchtberichts 2017 (18/133)

In punkto Cannabis waren das sehr interessante, in Hinblick auf frühere Regierungen sogar ausgesprochen erfolgreiche vier Jahre. Diese Regierung hat eindrucksvoll gezeigt, dass jede Stimme zählt und eine gut aufgestellte Opposition durchaus viel bewegen kann! Die Fraktionen von GRÜNEN und LINKEN haben hier eine hervorragende Leistung erbracht, auch wenn sich mit Fug und Recht behaupten lässt, dass die LINKE einen Löwenanteil daran hat. Der gescheiterte und trotzdem sehr erfolgreiche Gesetzentwurf zum Cannabiskontrollgesetz fällt allein den GRÜNEN zu.

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3. Wahlprognosen und mögliche Koalitionen

In den Wahlumfragen bis zum 04.09.2017 kommt die Union auf 36,5-40%, die SPD auf 22-24%, Bündnis 90/Die Grünen kommen auf 6,5 – 8%, die FDP auf 8-10%, die LINKE auf 8-10% und die AfD auf 7-11%. Die Piratenpartei wird in den meisten Umfragen nicht mehr berücksichtigt und unter Sonstige aufgeführt. Gemeinsam kommen alle sonstigen Parteien, die zur Wahl stehen, auf 4-6%.

Rechnerisch möglich sind nach diesen Prognosen eine Große Koalition (CDU/CSU und SPD) oder eine Jamaika-Koalition (CDU/CSU, FDP und Grüne). Unter Umständen könnte eine Regierungsmehrheit mit Union und Grünen oder Union und FDP zustande kommen. Für eine Koalition, in der SPD-Kandidat Martin Schulz zum Bundeskanzler gewählt wird, müsste die SPD noch einige Prozentpunkte aufholen. Derzeit ist weder eine Ampel-Koalition (SPD, FDP, Grüne) noch eine R2G-Koalition (SPD, LINKE, GRÜNE) rechnerisch möglich.

Aller Voraussicht nach werden wir also eine weitere Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Wahl erleben. Sowohl aus Reihen der SPD wie auch der CDU wurde im Laufe des Jahres mehrmals die Fortführung einer Großen Koalition abgelehnt. Sollte es der Kanzlerin nach der Wahl nicht gelingen, eine Koalition mit FDP und/oder Grünen zu schmieden, wird aber vermutlich nichts anderes möglich sein. Eine Koalition mit der AfD haben alle jetzt im Bundestag vertretenen Parteien abgelehnt.

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4. Wahlprogramme der Parteien

BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Zukunft wird aus Mut gemacht

4. Für eine Drogenpolitik, die auf Prävention, Jugendschutz und Selbstbestimmung setzt

Der Krieg gegen Drogen ist gescheitert. Kriminalisierung und Repression sind keine erfolgreichen Mittel gegen den Missbrauch von Drogen. Viele Menschen leiden unter den Folgen dieser Politik. Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik und setzen dabei auf Prävention, Hilfe, Schadensminderung, Entkriminalisierung und Forschung. Ziel ist es, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu achten und gesundheitliche Risiken zu minimieren. Wir fordern langfristig eine an den tatsächlichen gesundheitlichen Risiken orientierte Regulierung von Drogen. Zudem soll intensiver auf die Gefahren von Tabak und Alkohol hingewiesen werden. Werbung für Nikotin lehnen wir ab. Die Kriminalisierung von Drogenkonsument*innen muss beendet werden. Wer abhängig ist, braucht Hilfe und keine Strafverfolgung. Wir wollen die zielgruppenspezifischen und niederschwelligen Angebote in der Drogen und Suchthilfe stärken. Gefährdungen wollen wir durch risikominimierende Maßnahmen, wie Spritzentauschprogramme, Drogenkonsumräume und Substanzanalysen (Drug Checking), entgegentreten. Dazu gehört auch die menschenwürdige Behandlung von Schwerstabhängigen auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Die ideologiegeleitete Verbotstradition des Konsums von Cannabis verursacht mehr Probleme, als sie bekämpft. Statt sinnfreier Strafverfolgung, die zudem viele Millionen Euro kostet, setzen wir auf Prävention für Kinder und Jugendliche, eine Stärkung der Suchthilfe für Abhängige und eine strenge Regulierung von Cannabis für Erwachsene. Unser Cannabiskontrollgesetz weist den Weg, wie individuelle Freiheit für Erwachsene und strikter Jugendschutz in eine ausgewogene Balance gebracht werden können. Wir wollen einen Jugendschutz mit strengen Kontrollen, mehr Prävention und die Vermeidung von Gesundheitsrisiken für erwachsene Konsumenten durch Regulierung und Kontrolle der Qualität.
(S.125)

Eines der drei Schlüsselprojekte in dem Kapitel:

Klare Regeln schaffen statt kriminalisieren – Cannabiskontrollgesetz einführen

Für Anbau, Handel und Abgabe von Cannabis wollen wir ein klar geregeltes und kontrolliertes System schaffen. Dabei greifen – im Gegensatz zu heute – Verbraucher*innen- und Jugendschutz sowie Suchtprävention. Inhaltsstoffe sollen zukünftig überwacht und Altersbeschränkungen eingehalten werden. Der Verkauf von Cannabis soll unter strenger Wahrung des Jugendschutzes durch lizenzierte und geschulte private Verkäufer*innen erfolgen. So trocknen wir den Schwarzmarkt aus. Das entlastet Strafverfolgungsbehörden von zeitraubenden, kostspieligen und ineffektiven Massenverfahren. Therapie-, Präventions- und Hilfsangebote wollen wir bedarfsgerecht ausbauen. Auch dafür wollen wir Erträge aus der Cannabissteuer einsetzen.

SPD

Die SPD betitelt ihr Wahlprogramm mit der Überschrift: “ES IST ZEIT FÜR MEHR GERECHTIGKEIT – ZUKUNFT SICHERN, EUROPA STÄRKEN”. Das Thema Drogenpolitik wird allerdings völlig ausgeklammert. Eine Stichwortsuche im Programm hat ergeben: 

Drogen – null Treffer
Cannabis – null Treffer
Rausch, Rauschgift- null Treffer
Gesundheitskapitel – keine Suchtprävention
Sucht – kein Treffer
Kriminalität – Auch nichts zu Drogen, obwohl auch das Darknet erwähnt wird

CDU/CSU

Regierungsprogramm 2017 – 2021: Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben (CDU)

Sicherheit und Stabilität sind Voraussetzung für jede Art von gutem Leben und wirtschaftlichen Erfolg. CDU und CSU sind die Parteien der inneren Sicherheit. Nur ein handlungsfähiger Staat kann für Freiheit und Sicherheit sorgen. Wir stehen hinter der Arbeit von Polizei, Nachrichtendiensten, Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr. Wir stehen zu unserer Verantwortung im Rahmen von UNO, NATO und EU. Wir sind Teil der internationalen Allianz im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus, Organisierte Kriminalität, Drogenhandel und gegen neue Bedrohungen im Internet. Wir bekämpfen Fluchtursachen und tragen durch Entwicklungspolitik und zivile Krisenprävention dazu bei, dass Menschen in ihrer Heimat Zukunfts- und Bleibeperspektiven haben. (S. 6)

Wir werden den Fahndungsdruck in der Drogen- und Straßenkriminalität weiter erhöhen: Durch verdeckte operative Maßnahmen, regelmäßige Kontrollen, offene Polizeipräsenz, beschleunigte Abschiebung von Straftätern mit ausländischem Hintergrund sowie gezielte Aufenthaltsverbote und deren Durchsetzung. (s. 61)

Cannabis – kein Treffer
Sucht, Suchtprävention – kein Treffer
Rausch/Rauschgift – kein Treffer

DER BAYERNPLAN – KLAR FÜR UNSER LAND (CSU)

Drogenkriminalität und Drogenkonsum bekämpfen.
Wir bleiben dabei: Null Toleranz gegen Drogen. Wir sagen Nein zur Legalisierung von Cannabis. Drogen-Kontrollen im Grenzgebiet müssen verstärkt werden. Gegen Drogenschmuggler gehen wir entschieden vor. Noch mehr als bisher wollen wir über die Gefahren von Drogen aufklären.

Die LINKE

SOZIAL. GERECHT. FRIEDEN FÜR ALLE.

Staatliches Handeln soll sich an der Verhältnismäßigkeit orientieren: Wir wollen das Strafrecht wieder enger an die Verfolgung von Straftaten gegen Leib, Leben und
die sexuelle Selbstbestimmung binden. Die Polizei soll von der Verfolgung von Bagatelldelikten wie illegale Einreise, Schwarzfahren, Drogengenuss entlastet werden. So wird sie besser für Bürgerinnen und Bürger ansprechbar. (S. 114)

Schluss mit der Kriminalisierung der Drogen

DIE LINKE setzt sich für einen Paradigmenwechsel ein: weg von der Strafverfolgung, hin zu Prävention, Beratung und Hilfe. Wir sehen es nicht als Aufgabe der Politik an, Menschen zu erziehen, sondern ihnen eine informierte und risikobewusste Konsumentscheidung, ähnlich wie bei Tabak und Alkohol, zu ermöglichen. Wir wollen den Wunsch nach Rausch nicht moralisch werten; er ist ein Bestandteil der Kultur. 

Mit dem Verbot von Drogen werden die Risiken für Konsumierende und Gesellschaft nicht wirksam reduziert. Es verhindert weder den Drogenhandel noch senkt es wirksam den Konsum. Die Gesundheitsgefährdung durch Streckmittel, die Finanzierung der Mafia, Beschaffungskriminalität, sozialer Abstieg von Abhängigen, Begleiterkrankungen wie HIV/AIDS und Hepatitis – viele drogenbezogene Probleme werden mehr durch die Repression verursacht als durch die Drogen selbst. Zugleich bindet die Repression große finanzielle Mittel: Mehrere Milliarden Euro werden für die Strafverfolgung ausgegeben, für Hilfe und Prävention nur ein Bruchteil davon. Abhängigkeit ist ein alltägliches Phänomen. Abhängig sein kann man nicht nur von illegalen oder legalen Substanzen, Tabak oder Alkohol, sondern z. B. auch von Glücksspiel, Arbeit, Essen. Sie hat vielfältige soziale und psychologische Ursachen und sollte – wie andere Erkrankungen auch – nicht als Versagen einzelner Menschen interpretiert werden.

Substitutionstherapie muss allen Opiatabhängigen offen stehen. Bisherige politische Vorgaben in Gesetzen und Verordnungen behindern eine gute Substitutionstherapie. Sie gehören gestrichen.
DIE LINKE fordert eine unabhängige wissenschaftliche Überprüfung, ob die bisherige repressive Drogenpolitik ihre Ziele erreicht und welche Nebenwirkungen sie entfaltet hat.
Wir wollen die Kriminalisierung von Konsumierenden beenden. Dafür sollen für häufig gebrauchte Drogen bundeseinheitliche Höchstmengen festgelegt werden, bei deren Besitz keine Strafverfolgung erfolgt. So werden Mittel frei, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen sowie Hilfe und Prävention zu stärken. 

Wir wollen für Cannabis eine legale und vorrangig nichtkommerzielle Bezugsmöglichkeit schaffen und den Besitz sowie Anbau zum eigenen Bedarf erlauben. Das Bundesbetäubungmittelrecht soll so geändert werden, dass Bundesländer eigenständig über wissenschaftliche Modellprojekte zur regulierten Abgabe von Cannabis entscheiden können. Im Vordergrund muss stehen: Schaden reduzieren und Leben retten. Deshalb wollen wir Möglichkeiten schaffen, unter sicheren und hygienischen Bedingungen und unter Aufsicht zu konsumieren. Die Drogen sollen auf Verschnitt und
schädliche Wirkungen getestet werden können (drug checking). 

Wir wollen die Regelungen zu Drogen im Straßenverkehr anpassen. Für alle Drogen werden Grenzwerte für die Blutkonzentration festgelegt, bei denen eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit ausgeschlossen werden kann. Dabei soll das Nüchternheitsgebot nicht angetastet werden.

Werbung und Sponsoring für Tabak- und Alkoholprodukte in der Öffentlichkeit wollen wir verbieten. Wir wollen den Nichtraucherschutz weiter ausbauen. Wir wollen die Gefahren der Spielsucht
verringern. Für gastronomische Einrichtungen wollen wir ein Automatenverbot. (S.120/121)

FDP

Schauen wir nicht länger zu. Programm der freien Demokraten zur Bundestagswahl 2017

Im Gesundheitskapitel:

Kontrollierte Freigabe von Cannabis
Wir Freie Demokraten fordern eine kontrollierte Freigabe von Cannabis. Schätzungen zufolge konsumieren rund vier Millionen Menschen in Deutschland Cannabis. Damit werden unzählige Menschen kriminalisiert und immense Ressourcen bei der Polizei gebunden, die etwa bei der Verfolgung von Einbrüchen besser eingesetzt wären. Das Verbot von Cannabis erleichtert durch den illegalen Kontakt zu Dealern erst recht den Einstieg zu härteren Drogen. Wir setzen uns dafür ein, den Besitz und Konsum für volljährige Personen zu erlauben. Denn nur mit einem kontrollierten Verkauf in lizenzierten Geschäften kann die Qualität kontrolliert und so die Weitergabe von verunreinigten Substanzen verhindert sowie der Jugendschutz gewährleistet werden. Wenn Cannabis dabei ähnlich wie Zigaretten besteuert wird, können jährlich bis zu einer Milliarde Euro zusätzlich eingenommen werden. Dieses zusätzliche Geld soll für Prävention, Suchtbehandlung und Beratung eingesetzt werden. (S. 49)

Im Sicherheitskapitel:

Sicherheitsbehörden von Nebensächlichkeiten entlasten
Wir Freie Demokraten wollen die Sicherheitsbehörden von Nebensächlichkeiten entlasten. Ihre Tätigkeit unterziehen wir einer umfassenden Aufgabenkritik. So muss insbesondere die Polizei den nötigen Freiraum für ihre zentralen Aufgaben bekommen – den Schutz von Leib, Leben und Eigentum der Bürgerinnen und Bürger. An vielen Stellen der Polizeiarbeit ist Entbürokratisierung und Entlastung möglich: Man könnte den Bluttest bei unfallfreien Fahrten unter Alkoholeinfluss abschaffen, Cannabis kontrolliert freigeben oder bei Ruhestörungen, Verkehrsunfällen ohne Verletzten, der Begleitung von Schwertransporten und dem Objektschutz die Zuständigkeit auf andere Behörden verlagern.
Alle diese Wege wollen wir prüfen. Gleiches gilt für die sogenannten „Victimless Crimes“, also Straftaten ohne Geschädigten. Hier ist zu klären, ob eine Strafverfolgung überhaupt notwendig ist.
Zudem werden wir das ständig wachsende Verwaltungs- und Wirtschaftsstrafrecht in den Blick nehmen. Dieser Trend ist zu stoppen und möglichst umzukehren. (S. 40)

PIRATENPARTEI

Drogen- und Suchtpolitik (S. 77)

Neustart: Drogen- und Suchtpolitik

Wir PIRATEN streben die Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Gruppen an, die sich vorurteilsfrei mit dem Konsum von psychotropen Substanzen und dessen Folgen auseinandersetzen. Gemeinsam werden wir eine Politik betreiben, die riskantem Drogengebrauch durch Prävention entgegenwirkt sowie Risiko-Konsumenten und Schwerstabhängigen durch Therapieangebote hilft. Der Gesetzgeber darf nur dort eingreifen, wo die Schutzrechte anderer berührt sind. Er soll einen effizienten Jugend- und Verbraucherschutz sicherstellen und das organisierte Verbrechen eindämmen.

Mündigkeit braucht Bildung – Prävention ist die Grundlage

Das Ziel unserer Drogen- und Suchtpolitik ist eine selbstverantwortliche und sozialverträgliche Genusskultur. Wir wollen Menschen aller Altersgruppen zu einem achtsamen Umgang mit psychotropen Substanzen und einem selbstbestimmten Konsum befähigen. Um Wirkungen und mögliche Gefahren besser einschätzen zu können, bedarf es einer kompetenten Aufklärung, die so früh wie möglich beginnen soll. Sie muss auch die Fähigkeit vermitteln, mit den unterschiedlichen, gebräuchlichen Drogen umzugehen. Wir glauben, dass die Stärkung von sozialer Kompetenz und Selbstbewusstsein eine wichtige Grundlage für wirksame Prävention ist.

Nachhaltige Prävention fängt in der Schule an

Die Maßnahmen zur Suchtprävention an Schulen und der Ausbildungsstand der Lehrkräfte sind unzureichend. Pilotprojekte haben gezeigt, wie nachhaltig eine gute Prävention bereits ab dem Grundschulalter wirkt. Auf der Basis der dort gesammelten Erfahrungen ist ein bundesweites Aufklärungskonzept und sachgerechtes, undogmatisches Lehrmaterial für einen fundierten Unterricht zu entwickeln. Externe Fachreferenten sollen besonders in der Sekundarstufe das Wissen bei Lehrern und Schülern vertiefen. Vorurteile werden so durch Wissen überwunden. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen die Schüler wie selbstverständlich in ihr soziales Umfeld.

Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Die umfassende Aufklärung über Drogen, ihren Gebrauch und mögliche Folgen darf sich nicht auf die Schule beschränken, sondern muss sich an die ganze Gesellschaft richten. Ärzte, Krankenhäuser, Bürgerämter, Sozialdienststellen, Jugendzentren und ähnliche Einrichtungen sollen geeignete Informationsmaterialien bereithalten und Ansprechmöglichkeiten bieten.
Präventionsprogramme sind zielgruppengerecht zu gestalten. Der Einsatz von Streetworkern und Sozialarbeitern ist auszubauen, vor allem in bisher unterversorgten Kleinstädten und ländlichen Gebieten – unter besonderer Berücksichtigung des Suchtstoffes Alkohol. Es ist dringend notwendig, die Mittel für niederschwellige Hilfsangebote in der Suchthilfe deutlich aufzustocken. Die präventive Arbeit wird dabei stoffliche und nicht stoffgebundene Süchte gleichberechtigt einschließen.

Keine Werbung für Drogen

Die einseitig positive Darstellung von suchterzeugenden Substanzen zu vermeiden, ist ein wesentlicher Aspekt von Prävention. Wir fordern daher ein ausnahmsloses Werbe- und Sponsoringverbot für Produkte, die psychotrope Substanzen in einer Konzentration enthalten, die geeignet ist, Abhängigkeiten zu erzeugen.

Verbraucherschutz – auch für Drogenkonsumenten

Das Wissen um Wirkstoff und Beimengungen ist Grundlage risikoarmen Drogengebrauchs. Umfassende, bedarfsgerechte Möglichkeiten zum Drugchecking sollen vor Ort ermöglicht werden.
Wir PIRATEN fordern die Einrichtung einer bundesweiten Online-Meldestelle für problematische Substanzen zur Risiko- und Schadensminimierung für Drogenkonsumenten. Diese Meldestelle erfasst schädliche Streckmittel, ungewöhnlich hohe Dosierungen oder Reinheitsgrade sowie den Verkauf von Substanzen unter falschem Namen. Als ersten Schritt werden wir die Resultate kriminaltechnischer Untersuchungen von beschlagnahmten Drogen für Jedermann verfügbar machen.
Konsumbegleitende Programme und Hilfsangebote bei problematischem Konsum müssen ausgeweitet werden. Therapiemöglichkeiten sind so früh wie möglich anzubieten, nicht erst bei bestehender Abhängigkeit oder bei bereits eingetretenen Folgeerkrankungen. Sie dürfen nicht ausschließlich auf Abstinenz ausgerichtet sein. Wir fordern ein bundesweites Angebot von Drogenkonsumräumen als weiteres wichtiges Element der Schadensverhütung und -minderung.

Diamorphinprogramme ermöglichen – nicht verhindern

Für Diamorphinbehandlungen werden dringend mehr Vergabestellen benötigt. Die Umsetzung von Diamorphin-Programmen muss erleichtert werden, damit mehr Betroffene Zugang erhalten, auch solche mit weniger schädlichen Konsummustern. Bei der Durchführung gilt es, neben Injektion auch Inhalation und orale Einnahme zuzulassen und eine intensive psychosoziale Betreuung für die Teilnehmenden bereitzustellen. Gegebenenfalls ist in weitergehende Therapieangebote überzuleiten. Neben den Ärzten sind auch medizinisches Personal, Therapeuten und Mitarbeiter der sozialen Dienste zur fachbezogenen Weiterbildung zu verpflichten.

Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern

Cannabinoidhaltige Medikamente sollen anderen verkehrsfähigen Medikamenten gleichgestellt werden. Es liegt dabei im Ermessen des behandelnden Arztes, ob dabei der Echtstoff zum Einsatz kommen soll. Die Kosten sind von den Krankenkassen zu tragen.

Entkriminalisierung der Konsumenten

Der private Umgang mit psychotropen Substanzen muss komplett entkriminalisiert werden. Anbau und Herstellung für den Eigenbedarf dürfen nicht bestraft werden.
Wir PIRATEN fordern als Sofortmaßnahme einen bundeseinheitlich geregelten Richtwert von 30 Gramm für den duldbaren Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum für Volljährige, um zumindest die Kriminalisierung der Cannabis-Konsumenten zu beenden und die Behörden zu entlasten.

Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes

Wir fordern eine Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes, in der die erfassten, psychotropen Substanzen neu bewertet werden: Nur wenn eine Fremdgefährdung realistisch nicht ausgeschlossen werden kann, dürfen die Freiheitsrechte des Einzelnen eingeschränkt werden.

Informationelle Selbstbestimmung stärken

Die informationelle Selbstbestimmung ist auch im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik zu gewährleisten:
Auf drogenkonsumbezogene Daten aus ergebnislos gebliebenen polizeilichen Ermittlungen müssen umgehend wieder gelöscht werden. Register über Drogenkonsum dürfen nicht geführt werden.
Allgemeine und verdachtsunabhängige Drogentests am Arbeitsplatz lehnen wir PIRATEN ab. Sie sind auf gefährliche Berufe und Tätigkeiten zu begrenzen.

Keine Willkür beim Führerscheinentzug

Die Gefährdung des Straßenverkehrs unter Einfluss von Rauschmitteln kann nicht geduldet werden. Aber die automatische und pauschale Sanktionierung des Konsums von Drogen und Medikamenten durch die Führerscheinbehörde nehmen wir nicht hin:
Als Kriterium für den Entzug der Fahrerlaubnis müssen wissenschaftlich abgesicherte Grenzwerte für Wirkstoffkonzentrationen festgelegt werden, die eine akute Fahruntüchtigkeit nachvollziehbar definieren. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum und dem Führen des Kraftfahrzeuges vorliegen. Allein die Vermutung oder die Feststellung, dass eine Person Drogen oder Medikamente konsumiert oder konsumiert hat, lässt keine Rückschlüsse auf die aktuelle Fahrtüchtigkeit zu und rechtfertigt keinen vorbeugenden Entzug der Fahrerlaubnis.

Keine Einschränkungen für e-Zigaretten

Der derzeit freie Handel und Gebrauch liquidverdampfender E-Zigaretten soll nicht über den Jugendschutz hinaus eingeschränkt werden. Stattdessen fordern wir die weitergehende Schaffung von Qualitätsstandards für Produktion und Handel von E-Zigaretten und Liquids. E-Zigaretten ins Nichtraucherschutzgesetz aufzunehmen, oder eine Besteuerung nach dem Tabaksteuergesetz lehnen wir hingegen ab.

Umwandlung der Tabaksteuer

Tabak und Nikotin müssen in die allgemeine Drogenaufklärung und Suchtprävention integriert werden, um den Tabak aus der Wahrnehmung als „Alltagsdroge“ herauszuführen und sein Gefahrenpotenzial deutlich zu machen. Damit wird die Grundlage für eine verantwortungsvolle Selbstbestimmung im Umgang mit Tabak gelegt. Öffentliche Tabakwerbung ist unvereinbar mit diesen Zielen. Daher streben wir PIRATEN ein allgemeines Werbeverbot für Tabak an. Wir fordern die Umwandlung der Tabaksteuer in eine zweckgebundene Abgabe. Diese ist für Aufklärung, Suchtprävention und suchtbezogene Forschung, Entzugs- und Entwöhnungsbehandlungen und als Beitrag zu den Folgekosten im Gesundheitsbereich zu verwenden.

Alkoholwerbung unterbinden und Deklarationspflicht verbessern

Das vom Alkohol ausgehende Suchtpotenzial wird im gesellschaftlichen Alltag nur unzureichend wahrgenommen. Dem sollte durch verstärkte Einbeziehung des Alkohols in die allgemeine Drogenaufklärung und Suchtprävention entgegengewirkt werden. Wir PIRATEN wenden uns gegen Werbung für alkoholische Getränke, alkoholhaltige Getränke und als frei verkäufliche Arzneimittel deklarierte, hochprozentige Alkoholika. Alle diese Produkte sind geeignet, Abhängigkeiten hervorzurufen. Bei allen zum Verzehr geeigneten alkoholhaltigen Produkten ist deutlich lesbar und gut sichtbar auf der Vorderseite der Verpackung anzugeben, wie viel Alkohol das Produkt enthält. Jeder enthaltene Alkohol muss angegeben werden. Vorhandene Lücken in der Deklarationspflicht sind zu schließen. Bei alkoholischen und alkoholhaltigen Getränken muss deutlich sichtbar auf das Suchtpotenzial hingewiesen werden. In der Gastronomie sollen mehrere alkoholfreie Getränke angeboten werden, die günstiger sind als das billigste alkoholische Getränk.

Lizenzierte Fachabgabestellen – jetzt einführen

Wir fordern Modellversuche für lizenzierte Fachabgabestellen. In diesen erfolgt der Verkauf von Tabak, Liquids für e-Zigaretten, Spirituosen und anderen psychotropen Substanzen. Jugendliche haben dort keinen Zutritt. Qualifiziertes Personal soll Beratung zu verantwortungsvollem Gebrauch und möglichen Gefährdungspotenzialen anbieten. Wie alle Genussmittel, müssen die angebotenen Substanzen dem Verbraucherschutz unterliegen und einer regelmäßigen Qualitätskontrolle unterzogen werden. Die Produkte dürfen nicht künstlich verteuert werden, damit ein Bezug über den Schwarzmarkt keine Alternative darstellt. Perspektivisch soll es möglich sein, derzeit illegale psychotrope Substanzen auch legal anzubauen oder herzustellen.

AfD

Programm für Deutschland
 

4.1 Wirksame Bekämpfung der Ausländerkriminalität

Der erhebliche Anteil von Ausländern gerade bei der Gewalt- und Drogenkriminalität führt derzeit viel zu selten zu ausländerrechtlichen Maßnahmen. Insbesondere können sich ausländische Kriminelle sehr häufig auf Abschiebungshindernisse berufen und sind auf diese Weise von Abschiebung verschont.

Wir fordern daher:

  • Erleichterung der Ausweisung, insbesondere die Wiedereinführung der zwingenden Ausweisung auch schon bei geringfügiger Kriminalität Verhängung der Ausweisung bereits durch die Strafgerichte. Ermöglichung der Unterbringung nicht abschiebbarer Krimineller im Ausland aufgrund bilateraler Vereinbarungen mit geeigneten Staaten.

Die Einbürgerung Krimineller ist zuverlässig zu verhindern durch:

  • Verhinderung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch bloße Geburt in Deutschland, weil hierdurch u.a. Angehörige krimineller Clans automatisch zu deutschen Staatsbürgern werden können
  • Abschaffung des einklagbaren Anspruchs auf Einbürgerung Verschärfung der Ausschlussgründe für Einbürgerung bei Kriminalität

In folgenden Fällen soll eine Rücknahme der Einbürgerung erfolgen:

  • bei erheblicher Kriminalität innerhalb von zehn Jahren nach erfolgter Einbürgerung
  • bei Mitwirkung in Terrororganisationen (z.B. IS)
  • bei Zugehörigkeit zu kriminellen Clans und zwar auch dann, wenn die Rücknahme der Einbürgerung zur Staatenlosigkeit führt (S. 23)

12.12 Keine Freigabe von Cannabis

Eine weitere Freigabe von Drogen bzw. suchtgefährdenden Substanzen ist nicht nur in der Folge kostenintensiv, sondern auch medizinisch schädlich. Ersatzpräparate wie THC stehen für Cannabis bereits jetzt zur Verfügung. Es ist zu befürchten, dass durch eine Freigabe von Cannabis der Drogenmissbrauch und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme zunehmen. Die AfD lehnt deshalb die Freigabe von Cannabis ab. (S. 63)

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5. Wahlprüfsteine

Wir haben wie immer Wahlprüfsteine an Parteien mit Aussicht auf den Einzug in den Bundestag verschickt. Aufgrund ihres besonderen Engagements in drogenpolitischen Fragen in den Landtagen haben wir der Piratenpartei ebenfalls Wahlprüfsteine geschickt. Außer von der AfD haben wir von allen Parteien eine Antwort erhalten. 

Die Antworten sind in chronologischer Eingangsfolge aufgelistet. Aus Darstellungsgründen sind die Wahlprüfsteine auf eigenen Seiten eingepflegt: 

Antworten von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Antworten von Die LINKE

Antworten von CDU/CSU

Antworten von der PIRATENPARTEI

Antworten von der SPD

Antworten von der FDP

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6. Zusammenfassung nach Parteien

CDU 

Die CDU der Kanzlerin Merkel hat schon einige Wendungen gemacht. In Sachen Drogenpolitik bleiben Sie aber – zumindest nach außen – eindeutig bei einem Prohibitionskurs. Die Kanzlerin selber sagte vor kurzem, dass mit ihr eine Legalisierung nicht zu machen sei. Dass man Cannabis als Medizin freigegeben hat, wird nun immer nach vorne geschoben, dabei soll es nach Meinung der CDU aber bleiben. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dr. Joachim Pfeiffer, hatte mitten in der Legislaturperiode mit dem wirtschaftspolitischen Sprecher der GRÜNEN, Dieter Janecek, ein Papier zur Legalisierung aus wirtschaftlichen Gründen veröffentlicht. Dafür hat er von der Partei und Fraktionspitze aber eine Abfuhr erhalten. Hinter verschlossenen Türen traut sich der eine oder die andere Abgeordnete aber bereits anders über das Thema zu reden.

In ihrem Parteiprogramm verspricht uns die CDU:

“Wir werden den Fahndungsdruck in der Drogen- und Straßenkriminalität weiter erhöhen: Durch verdeckte operative Maßnahmen, regelmäßige Kontrollen, offene Polizeipräsenz, beschleunigte Abschiebung von Straftätern mit ausländischem Hintergrund sowie gezielte Aufenthaltsverbote und deren Durchsetzung. (s. 61)

Damit profiliert sie sich wie gewohnt als eine “Law and Order” Partei. In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine macht die CDU ganz deutlich, dass sie an dem Ziel eines “suchtfreien Lebens” als oberste Priorität in der Drogenpolitik festhält und beharrt weiterhin hartnäckig auf der These, dass eine “Freigabe” von Cannabis den Konsum und somit das Suchtpotential erhöhen würde.

Die Geringe Menge möchte die CDU gerne bundeseinheitlich regeln und die Grenze für diese Menge nach unten senken. Dies wird damit begründet, dass die meisten Länder eher 6 Gramm als Grenze haben und nur wenige 12-15 Gramm als Grenze gewählt hätten. Eine generelle Einstellung der Verfahren bei Geringen Mengen oder einer Abschaffung der Strafbarkeit an sich lehnt die CDU ab, ebenso wie Modellprojekte und den Eigenanbau von Cannabispflanzen. Auch für Patienten soll es nach der CDU kein Recht auf Eigenanbau geben. Um dieses zu verhindern haben sie schließlich die Krankenkassenkostenerstattung im Cannabis als Medizin Gesetz vorgesehen.

Bezüglich des Führescheinrechts haben wir von der CDU eine nahezu differenzierte Antwort erhalten. Am Schluss aber mag die CDU die Ungerechtigkeit und Unverhältnismäßigkeit nicht erkennen. Es ist ok so wie es ist, weil es sich aus ihrer Sicht bewährt hat.

Mit dieser Frage hat sich auch das internationale Projekt DRUID befasst. Während es bei der Bekämpfung von Alkohol im Straßenverkehr allein um den Wirkstoff „Ethanol“ geht, dessen Wirkungsweise weitgehend erforscht und bekannt ist, handelt es sich bei Drogen um eine Vielzahl von Mitteln und Substanzen mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Fahrleistungen. Diese Auswirkungen werden von einer Vielzahl von Faktoren, wie zum Beispiel Konsumgewohnheiten und Konsumform, beeinflusst und hängen nicht allein von der festgestellten Substanzmenge im Blut ab. Vor diesem Hintergrund wurde mit § 24a Absatz 2 StVG ein umfassendes bußgeldbewehrtes Drogenverbot in das Straßenverkehrsgesetz eingeführt, das auf die Bestimmung von Gefahrengrenzwerten, wie sie beim Alkohol mit der 0,5-Promille-Regelung besteht, verzichtet. Diese Bestimmung ist vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 21. Dezember 2004, 1 BvR 2652/03) auch jedenfalls für THC-Konzentrationen für verfassungsgemäß erklärt worden, die es als möglich erscheinen lassen, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Damit ist eine THC-Konzentration deutlich oberhalb des Nullwerts vorausgesetzt, erst recht für Maßnahmen der dauerhaften Führerscheinentziehung. Diese verhältnismäßige Konzeption hat sich aus unserer Sicht bewährt. Deshalb können wir eine unangemessene Benachteiligung von Cannabiskonsumenten bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten nicht erkennen.

Die CDU/CSU hat wenig bis kein Vertrauen in die Mündigkeit der deutschen Bevölkerung, das Gegenteil scheint der Fall. Wer kifft ist selber schuld wenn die Justiz hart durchgreift. Harte Repression ist für die CDU/CSU der einzig sinnvolle Umgang mit Cannabis und diesem offen gegenüberstehenden Menschen.
Das Cannabis-als-Medizin-Gesetz scheint das höchstmögliche Zugeständnis und eine absolute Gnadentat der CDU/CSU Fraktion zu sein, obwohl rückblickend auch das in der vorangegangen Legislaturperiode noch fast völlig unmöglich schien. Dies wiederum lässt die Hoffnung, dass bei ausreichend großem öffentlichen Interesse ein Umdenken, auch unter Angela Merkel, möglich ist.

CSU

Die CSU hat wert darauf gelegt, in ihrem “Bayernplan”, einer Art eigenem Anhang zum gemeinsamen CDU/CSU-Wahlprogramm, noch einmal ganz klar Null-Toleranz anzusagen und einer Legalisierung von Cannabis ganz klar abzusagen. Die Frontfrauen der CDU/CSU-Fraktion im Krieg gegen Drogenkonsumenten, Marlene Mortler und Emmi Zeulner, kommen beide aus der CSU. Unsere klare Ansage für Hanffreunde: unwählbar!

SPD

Die SPD äußert sich in ihrem Wahlprogramm nicht zu drogenpolitischen Fragen, weder aus sicherheits-, noch aus gesundheitspolitischer Perspektive.

In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine positioniert sich die SPD eindeutig gegen eine Legalisierung von Cannabis. Sie kann sich höchstens mit einer Entkriminalisierung von “Süchtigen” anfreunden, damit der “Lebensweg von jungen Menschen nicht verbaut wird”. Die SPD begründet dies damit, dass oberstes Ziel die Reduzierung von Suchterkrankungen sei. Eine Legalisierung würde dem entgegen stehen. Es seien 13.000 Menschen pro Jahr, die sich wegen einer Abhängigkeit mit Cannabidoiden an Suchttherapieeinrichtungen wenden würden. Dabei lässt die SPD aber außen vor, dass unter diesen 13.000 die Mehrheit wegen synthetischer Cannabinoiden in Behandlung ist.

Dass es noch keine bundesweit einheitliche Regelung für die Geringe Menge gibt, schiebt die SPD der CDU auf Länderebene in die Schuhe. Von der Sinnhaftigkeit von Drugchecking-Angeboten ist die SPD auch nicht überzeugt. 

Die Geisteshaltung der SPD in Bezug auf Cannabiskonsumenten zeigt sich allerdings eindeutig in der Führerscheinfrage:

“Die unterschiedliche Behandlung des Konsums einer legalen und einer illegalen Droge bei der Beurteilung der Teilnahme am Straßenverkehr geschieht nicht grundlos. Bei dem Entzug der Fahrerlaubnis geht es um die Frage der Zuverlässigkeit. Diese ist bei mehrfachem Verstoß gegen Strafgesetze nicht mehr gegeben. Wer regelmäßig eine illegale Droge konsumiert, beweist dadurch eine grundsätzliche Unzuverlässigkeit, die auch den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigen kann. Allerdings wird bei der Beurteilung sehr wohl differenziert zwischen einmaligem, gelegentlichem und regelmäßigem Konsum sowie Konsum in Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen oder eben ohne solchen. Dies ist aus unserer Sicht verhältnismäßig.”

Ansonsten verweist die SPD auf das Cannabis als Medizin Gesetz als besondere Leistung und sieht keinen weiteren Bedarf an weitergehenden Veränderungen.

Anders als bei der CDU findet innerhalb der SPD allerdings mittlerweile eine ernsthafte parteiinterne Diskussion über die Legalisierung von Cannabis statt. Mehrere Landesverbände der SPD fordern die Legalisierung, ebenso der zuständige drogenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Burkhard Blienert, und weitere Abgeordnete.

BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Die GRÜNEN haben in dieser Legislaturperiode ein 68 Seiten umfassendes Gesetz zur Legalisierung und Regulierung von Cannabis eingebracht. Eine solche Initiative hat der Bundestag bislang noch nicht gesehen. Mit diesem Gesetz haben die GRÜNEN die Möglichkeit geschaffen, konkret über die Details eines regulierten Cannabismarktes zu diskutieren. Darüber hinaus haben sie noch einige andere Initiativen eingebracht und Initiativen der LINKEN-Fraktion auch meistens unterstüzt.

In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine bekennen sich die Grünen eindeutig zur Beendigung der Kriminalisierung von Drogenkonsumenten als Säule der Drogenpolitik und wollen die anderen Säulen dafür stärker ausbauen. Für eine vollständige Legalisierung haben die Grünen in dieser Wahlperiode das Cannabis-Kontroll-Gesetz (CannKG) eingebracht. Bis zur vollständigen Legalisierung können sich die Grünen aber auch Schritte zur Entkriminalisierung von Konsumenten vorstellen:

“Als erste Schritte zum Ziel wären auch eine Entkriminalisierung der Cannabiskonsumenten denkbar durch Herausnahme der konsumnahmen Tatbestandsalternativen (Besitz, Erwerb) aus § 29 BtMG sowie ein zwingendes Absehen von der Strafverfolgung für konsumnahe Tatbestandsalternativen in § 31a BtMG.”

Gefordert wird auch das Recht auf individuellen und gemeinschaftlichen Eigenanbau, welches auch Gegenstand des CannKG ist. Für Drugchecking und kommunale Modellprojekte soll nach den Grünen auf Bundesebene eine rechtliche Verankerung geschaffen werden.

In Sachen Führerscheinrecht gibt es auch eine klare Ansage:

“Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen auch dann ihre Fahrerlaubnis verlieren können bzw. ihre Fahreignung überprüft werden kann, wenn sie zwar Drogen besitzen aber gar nicht unter Einfluss von Drogen ein Fahrzeug geführt haben. Diese Ungerechtigkeit wollen wir beenden. Im Entwurf unseres Cannabiskontrollgesetzes ist daher vorgesehen, die Regelungen zur Fahreignung an die anderer psychoaktiver Substanzen wie Alkohol anzupassen. Der bloße Gebrauch von Cannabis darf nicht mehr zu Zweifeln an der Fahreignung führen. Zugleich wollen wir die Grenzwerte für den Nachweis von Cannabis im Blutserum an neuere wissenschaftliche Erkenntnisse anpassen.”

Insgesamt wollen die Grünen den Kurs, den sie mit dem CannKG eingegangen sind, fortführen. Im Wahlprogramm sind dazu allgemeine Aussagen enthalten. Sie argumentieren aus einer liberalen, die Selbstbestimmung des Individuums achtenden Position heraus:

“Ziel ist es, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu achten und gesundheitliche Risiken zu minimieren. Wir fordern langfristig eine an den tatsächlichen gesundheitlichen Risiken orientierte Regulierung von Drogen.”

Das Thema es auch in die “Grünen Schlüsselprojekte” geschafft:

“Klare Regeln schaffen statt kriminalisieren – Cannabiskontrollgesetz einführen
Für Anbau, Handel und Abgabe von Cannabis wollen wir ein klar geregeltes und kontrolliertes System schaffen. Dabei greifen – im Gegensatz zu heute – Verbraucher*innen- und Jugendschutz sowie  Suchtprävention. Inhaltsstoffe sollen zukünftig überwacht und Altersbeschränkungen eingehalten werden. Der Verkauf von Cannabis soll unter strenger Wahrung des Jugendschutzes durch lizenzierte und geschulte private Verkäufer*innen erfolgen. So trocknen wir den Schwarzmarkt aus. Das entlastet Strafverfolgungsbehörden von zeitraubenden, kostspieligenund ineffektiven Massenverfahren. Therapie-, Präventions- und Hilfsangebote wollen wir bedarfsgerecht ausbauen. Auch dafür wollen wir Erträge aus der Cannabissteuer einsetzen.”

Das lässt hoffen, dass die Grünen das Thema bei Koalitionsverhandlungen nicht all zu leicht unter den Tisch fallen lassen werden.

DIE LINKE

Die Linke hat ein ausführliches drogenpolitisches Programm in ihrem Wahlprogramm aufgenommen. Staatliches Handeln soll sich an der Verhältnismäßigkeit orientieren:

“Wir wollen das Strafrecht wieder enger an die Verfolgung von Straftaten gegen Leib, Leben und die sexuelle Selbstbestimmung binden.”

Konkret wird eine Überprüfung der bisherigen Drogenpolitik und ihren Nebenwirkungen gefordert, die Entkriminalisierung aller Drogenkonsumenten. Für Cannabis will die Partei “eine legale und vorranging nichtkommerzielle Bezugsmöglichkeit schaffen und den Besitz sowie Anbau zum eigenen Bedarf erlauben.” Dabei geht es der LINKEN um Drogenmündigkeit und die Ermöglichung von risikobewussten Entscheidungen.

“Wir sehen es nicht als Aufgabe der Politik an, Menschen zu erziehen, sondern ihnen eine informierte und risikobewusste Konsumentscheidung, ähnlich wie bei Tabak und Alkohol, zu ermöglichen. Wir wollen den Wunsch nach Rausch nicht moralisch werten; er ist ein Bestandteil der Kultur.”

Die Linke setzt sich für ein nicht-kommerzielles Legalisierungsmodell ein, ohne konkret Cannabis Social Clubs im Programm zu erwähnen. Auch das Führerscheinthema hat es ins Wahlprogramm geschafft:

“Wir wollen die Regelungen zu Drogen im Straßenverkehr anpassen. Für alle Drogen werden Grenzwerte für die Blutkonzentration festgelegt, bei denen eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit ausgeschlossen werden kann. Dabei soll das Nüchternheitsgebot nicht angetastet werden. Allerdings würde diese Forderung bei THC darauf hinauslaufen, dass der Grenzwert bestehen bleibt, denn genau das war die Diskussion, dass nur bei dem jetzt geltenden Grenzwert eine Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit wissenschaftlich und für alle absolut ausgeschlossen werden kann. Dennoch sind auch die allermeisten Konsumenten auch bei höheren Konzentrationen THC frei von Einschränkungen auf die Fahrtauglichkeit, nur kann das nicht wissenschaftlich ausgeschlossen werden. Ebensowenig wie es bei Alkohol zwischen 0,3 und 0,5 Promille ausgeschlossen werden kann, dass eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit besteht, jedoch wird hier ein Restrisiko toleriert.”

Die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sind bei der LINKEN ausführlich und fachkompetent. Sie sprechen sich eindeutig für die Einführung von Drugchecking-Angeboten aus. Hierfür hat sich die Partei auch schon in dieser Legislaturperiode über Anträge stark gemacht. Die Verteilung auf die vier Säulen der Drogenpolitik möchte die LINKE umkehren. Statt 80% der Mittel für die Strafverfolgung zu verwenden, sollen hierfür künftig nur noch 20 % gezielt für die Bekämpfung von Drogenkartellen verwendet und der Rest in Prävention und Schadensminimierung gesteckt werden. Der Eigenbedarf soll komplett entkriminalisiert werden und es soll zu einer bundeseinheitlichen Einstellungspraxis für Geringe Mengen (auch für andere Drogen) kommen. Der Eigenanbau und das genossenschaftliche Anbauen in Cannabis Social Clubs möchte die LINKE ermöglichen. Auch Patienten sollen das Recht auf Eigenanbau bekommen.

Die Frage zum Führerscheinrecht wird ähnlich beantwortet wie im Wahlprogramm:

“Die bisherigen Regelungen sind unverhältnismäßig und ungeeignet die Verkehrssicherheit herzustellen. Den Fahrerlaubnisentzug aufgrund von Drogenkonsum ohne unmittelbare Teilnahme am Straßenverkehr lehnen wir konsequent ab. Wir wollen für alle Substanzen wissenschaftlich fundierte Grenzwerte festlegen, bei denen eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit ausgeschlossen werden kann. Auch wollen wir die Regelung beenden, dass bei Besitz einer Droge ein ärztliches Gutachten angeordnet werden kann.”

Und weiter:

“DIE LINKE möchte ebenso einen Antrag zur Reform der Fahrerlaubnisverordnung einbringen, wonach der Entzug der Fahrerlaubnis nicht allein aufgrund des festgestellten Konsums einer illegalen Droge, sondern erst bei einer diagnostizierten Abhängigkeitserkrankung, einem Drogengebrauch in riskanten Situationen oder nach einer wiederholten „Drogenfahrt“ gemäß §24a StVG (fehlendes Trennungsvermögen zwischen Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr) erfolgen kann.”

Die Auflistung aller parlamentarischer Aktivitäten, die wir von der LINKEN zusammen mit den Wahlprüfsteinen überreicht bekamen, ist beeindruckend. Wie oben auch schon exemplarisch aufgeführt, hat die LINKE von der Oppositionsbank aus am meisten Aktivität gezeigt. Der drogenpolitische Sprecher der Fraktion der LINKEN, Frank Tempel, ist der profilierteste und kompetenteste Drogenpolitiker im Deutschen Bundestag.

Die komplett Legalisierung möchte die LINKE vorrangig durch Cannabis Social Clubs realisiert sehen, würde sich aber im Falle vorliegender Mehrheiten auch einem anderen Modell nicht versperren, welches sie auch als Verbesserung gegenüber der Verbotspolitik bewertet.

FDP

Die FDP ist seit kurzem auch auf Legalisierungskurs umgeschwenkt. Wider Erwarten hat das Thema sogar Einzug in das Wahlprogramm erhalten und Spitzenkandidat Christian Lindner äußert sich gekonnt zu dem Thema.

Laut des FDP-Wahlprogramms ist die Hauptmotivation hinter einer Cannabis-Legalisierung die Entlastung der Polizei und die zusätzlich zu erwartenden Steuereinnahmen. Das Thema Cannabis hat ein eigenes kleines Kapitel, wird aber auch im Sicherheitskapitel beim Thema Drogenkontrollen im Straßenverkehr erneut aufgegriffen.

“So muss insbesondere die Polizei den nötigen Freiraum für ihre zentralen Aufgaben bekommen – den Schutz von Leib, Leben und Eigentum der Bürgerinnen und Bürger. An vielen Stellen der Polizeiarbeit ist Entbürokratisierung und Entlastung möglich: Man könnte den Bluttest bei unfallfreien Fahrten unter Alkoholeinfluss abschaffen, Cannabis kontrolliert freigeben oder bei Ruhestörungen, Verkehrsunfällen ohne Verletzten, der Begleitung von Schwertransporten und dem Objektschutz die Zuständigkeit auf andere Behörden verlagern.”

Verwunderlich für eine liberale Partei ist aber, dass das Thema nicht aus der Perspektive der Mündigkeit und Freiheit der Bürger beleuchtet wird. Grüne und LINKE argumentieren hier eher aus emanzipatorischen Positionen heraus, während die FDP eher systemisch und wirtschaftlich argumentiert.

In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine kommt das Wort “Freiheit” zumindest schon in der Einstiegsfrage vor: 

“Durch die Kriminalisierung des Cannabiskonsums werden unzählige Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt, abhängige Nutzer alleine gelassen oder mit Strafen belegt, die sie erst recht in der Drogenszene versinken lassen, und die Ressourcen der Polizei in großem Ausmaß zur Verfolgung von (Klein-)Konsumentinnen und Konsumenten gebunden.”

Der Schwerpunkt liegt jedoch auch hier auf den wirtschaftlichem Nutzen der Legalisierung. Bei den Fragen nach Entkriminalisierung und Geringer Menge verweist die FDP aber auf den Wunsch nach einer Gesamtlegalisierung und positionieren sich nicht eindeutig zu möglichen Zwischenschritten: ”Statt den illegalen Konsum von Cannabis durch eine weitergehende Nicht-Verfolgung auszuweiten, setzen wir uns dafür ein, den legalen Konsum und Besitz für Volljährige zu ermöglichen”, heißt es im Wahlprogramm. Beim Thema Eigenanbau wollen sie sich noch nicht festlegen: “Wir Freie Demokraten halten grundsätzlich den Bezug von Cannabis aus qualitätsgesicherten Quellen für sinnvoll. Eine Ausweitung des Eigenanbaus muss daher genau untersucht werden.” Auch beim Thema Drugchecking ist die FDP eher skeptisch und verweist wieder auf den Wunsch einer vollständigen Legalisierung mit Qualitätskontrollen.

Eine fundierte und differenzierte Antwort haben wir von der FDP auf die Führerscheinfrage bekommen:

“Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde richtet sich nach § 3 i.V.m. §§ 11-14 der Fahrterlaubnisverordnung (FeV). Wie insbesondere die §§ 13 und 14 FeV zeigen, kann die Verwaltungsbehörde sowohl bei tatsächlichen Eignungszweifeln aufgrund von Alkoholproblematik als auch bei entsprechenden Eignungszweifeln aufgrund einer Betäubungsmittelproblematik unter anderem die Beibringung eines medizinischen oder eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens anordnen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Alkohol- und Betäubungsmittelproblematik nicht. Bedeutsam ist der Unterschied allerdings bei der strafrechtlichen Sanktionierung. Während die Rechtsprechung seit Jahrzehnten von gefestigten Grenzwerten für die Blutalkoholkonzentration ausgeht und daran die individuelle Fahrtüchtigkeit bemisst, fehlte es bisher weitgehend an entsprechenden Grenzwerten für Cannabis. Bereits der Konsum geringster Mengen kann unter Umständen – bei Hinzutreten weiterer Indizien – zur Annahme einer Fahruntüchtigkeit führen; nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) soll jedenfalls bei einem Blut-THC-Wert von 1,0 ng/ml auch ohne weitere Indizien auf Intoxikation ein sorgfaltspflichtwidriges und damit ordnungswidriges Verhalten vorliegen (BGH, Beschluss vom 14.02.2017 – 4 StR 422/15). Für uns Freie Demokraten gilt es zu prüfen, ob wir die teilweise Ungleichbehandlung in Zukunft auflösen sollten. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls einheitliche Werte für die verwaltungsbehördliche Anwendung rechtsverbindlich festzulegen, um in diesem Bereich Rechtssicherheit zu schaffen und die Kosumentinnen und Kosumenten von Tetrahydrocannabinol (THC) nicht gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten von Alkohol schlechter zu stellen.”

Für eine Legalisierung sieht die FDP ein ähnliches Modell wie die Grünen vor, allerdings soll die staatliche Cannabisagentur das Monopol für den Vertrieb der Blüten an lizenzierten Fachgeschäften behalten. Staatliche Monopole sind eine durchaus interessante Forderung einer wirtschaftsliberalen Partei. Womöglich ist das als eine in die Richtung der CDU ausgestreckten Hand zu verstehen.

Da die FDP im letzten Bundestag nicht vertreten war, konnten auch keine drogenpolitischen Initiativen im Parlament angestoßen werden.

PIRATENPARTEI

Die PIRATEN haben das ausführlichste und überzeugendste drogenpolitische Programm vorgelegt:

“Das Ziel unserer Drogen- und Suchtpolitik ist eine selbstverantwortliche und sozialverträgliche Genusskultur. Wir wollen Menschen aller Altersgruppen zu einem achtsamen Umgang mit psychotropen Substanzen und einem selbstbestimmten Konsum befähigen. Um Wirkungen und mögliche Gefahren besser einschätzen zu können, bedarf es einer kompetenten Aufklärung, die so früh wie möglich beginnen soll. Sie muss auch die Fähigkeit vermitteln, mit den unterschiedlichen, gebräuchlichen Drogen umzugehen. Wir glauben, dass die Stärkung von sozialer Kompetenz und Selbstbewusstsein eine wichtige Grundlage für wirksame Prävention ist.”

Prävention ist auch keine leere Floskel bei den PIRATEN, sondern eine einigermaßen ausformulierte Strategie. Ebenso ausformuliert sind die Positionen zu Verbraucherschutz. Für die Entkriminalisierung des Eigenbedarfs fordern sie die Anhebung der Geringen Menge Cannabis auf 30 Gramm.

Das Thema Führerscheinrecht wird auch im Wahlprogramm behandelt:

“Die Gefährdung des Straßenverkehrs unter Einfluss von Rauschmitteln kann nicht geduldet werden. Aber die automatische und pauschale Sanktionierung des Konsums von Drogen und Medikamenten durch die Führerscheinbehörde nehmen wir nicht hin: Als Kriterium für den Entzug der Fahrerlaubnis müssen wissenschaftlich abgesicherte Grenzwerte für Wirkstoffkonzentrationen festgelegt werden, die eine akute Fahruntüchtigkeit nachvollziehbar definieren. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum und dem Führen des Kraftfahrzeuges vorliegen.
Allein die Vermutung oder die Feststellung, dass eine Person Drogen oder Medikamente konsumiert oder konsumiert hat, lässt keine Rückschlüsse auf die aktuelle Fahrtüchtigkeit zu und rechtfertigt keinen vorbeugenden Entzug der Fahrerlaubnis”

Auch die Wahlprüfsteine wurden von den PIRATEN ausführlich und kompetent beantwortet. Ähnlich wie bei GRÜNEN und LINKEN positionieren sich die PIRATEN auf der Grundlage von Freiheit und Mündigkeit: “Die derzeitige nicht faktenbasierte Bevormundung Erwachsener beim verantwortungsvollen Umgang mit Rausch- und Genussmitteln widerspricht der Grundüberzeugung der PIRATEN und unserem Verständnis einer mündigen und freiheitlichen Gesellschaft.”

Wie die LINKE fordern die PIRATEN auch die Ermöglichung von Cannabis Social Clubs sowie die sofortige Einführung von Drugchecking-Angeboten. PIRATEN befürworten wie Grüne, Linke und FDP die kommunalen Modellversuche zur legalen Abgabe von Cannabis, kritisieren aber zurecht:

“Leider können im Zuge der kommunalen Modellprojekte die vielen Vorteile einer flächendeckenden Liberalisierung des Handels mit Hanf nicht evaluiert werden, da die Teilnehmerzahlen solcher Projekte begrenzt sind. Das Austrocknen des Schwarzmarktes bleibt aus, der Ausbau des Jugendschutzes bleibt ebenfalls auf der Strecke und ein umfänglicher Verbraucherschutz sowie die Entlastung der Behörden und Justiz kann damit nur in einem sehr begrenzten Umfang gewährleistet werden. Das geltende Betäubungsmittelgesetz setzt zudem viele juristische Hürden, die es zu lösen gilt und die mit hohen Kosten verbunden sind.”

In der Führerscheinfrage treffen sie auch ähnliche Aussagen wie im Parteiprogramm:

“Der willkürliche Führerscheinentzug wegen teilweise tagelang vergangenen Cannabiskonsums muss abgeschafft werden. Bei der Feststellung der Fahruntauglichkeit wegen Cannabiskonsums sind die gleichen streng wissenschaftlichen Anforderungen zu erfüllen, wie sie bei Alkohol und anderen Substanzen schon lange üblich sind. Dazu ist es erforderlich, endlich einen wissenschaftlich festgelegten Grenzwert zu definieren. Dieser Grenzwert muss mit einer tatsächlichen Einschränkung zur Teilnahme am Straßenverkehr begründet sein. Ein Entzug des Führerscheins aufgrund des Besitzes von Cannabis und die damit oftmals verbundene Doppelbestrafung lehnen wir ab!”

AfD

Die AfD hat in ihrem Wahlprogramm das Thema Drogen zunächst im Zusammenhang mit Ausländerkriminalität stehen. Sie fordert die Erleichterung der Ausweisung auch bei Kleinkriminellen.

In einem kleinen Absatz positioniert sie sich aber eindeutig gegen eine Cannabislegalisierung:

“12.12 Keine Freigabe von Cannabis

Eine weitere Freigabe von Drogen bzw. suchtgefährdenden Substanzen ist nicht nur in der Folge kostenintensiv, sondern auch medizinisch schädlich. Ersatzpräparate wie THC stehen
für Cannabis bereits jetzt zur Verfügung. Es ist zu befürchten, dass durch eine Freigabe von Cannabis der Drogenmissbrauch und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme
zunehmen. Die AfD lehnt deshalb die Freigabe von Cannabis ab. (S. 63)”

Unsere Wahlprüfsteine wurden von der AfD nicht beantwortet. Im Bundestag war die Partei auch bislang nicht vertreten, so dass auch keine drogenpolitischen Initiativen vorliegen.

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7. Fazit 

Von einer Fortführung der Großen Koalition unter Angela Merkel können wir keinen großen Fortschritt erwarten. Eine Nachbesserung des Gesetzes für Cannabis als Medizin kann erreicht werden, eine weitere Entkriminalisierung von Konsumenten jedoch vermutlich nicht. CDU/CSU und SPD positionieren sich hier konservativ, loben sich für das bereits Erreichte und sehen keinen weiteren Veränderungsbedarf. Für Hanffreunde, die ihre Stimme für eine bessere Cannabispolitik abgeben wollen, sind die beiden Volksparteien keine gute Wahloption.

Das gilt auch für die AfD, die sich klar in ihrem Programm gegen eine Legalisierung ausspricht.

Die GRÜNEN haben mit dem Cannabis-Kontroll-Gesetz zum ersten Mal einen konkreten Gesetzesentwurf eingebracht. Aus der Opposition heraus war es aber absehbar, dass es von der Regierung nicht angenommen würde. Dennoch hat die GRÜNE-Fraktion damit Taten und nicht nur Worte gezeigt und damit ein gutes Stück Glaubwürdigkeit wieder erlangt. Wir gehen davon aus, dass sie dieses Gesetz bei Koalitionsverhandlungen durchaus ins Spiel bringen werden. Das Wahlprogramm und die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sind solide. Die Grünen haben sich jedenfalls auf Bundesebene in den letzten vier Jahren für das Thema stark gemacht und sind eine gute Wahl für Hanffreunde.

Die gründlichste und umfassende Oppositionsarbeit hat jedoch die LINKE gemacht: 4 Anträge, 20 kleine und 1 große Anfrage sowie 64 schriftliche Fragen haben die Regierung ordentlich auf Trab gehalten. Frank Tempel, der drogenpolitische Sprecher der LINKEN, hat sich mit viel Fachkompetenz und Engagement profiliert. Auch die Linken haben ein gutes Wahlprogramm und vernünftige Antworten auf unsere Wahlprüfsteine geliefert und sind damit ebenfalls eine gute Option für Legalisierungsbefürworter.

Die FDP ist während ihrer Abwesenheit im Parlament auf Legalisierungskurs umgeschwenkt, ihr Spitzenkandidat äußert sich einigermaßen kompetent zum Thema. Aufgrund der parlamentarischen Abwesenheit der FDP können wir nicht beurteilen, wie ernst und kompetent sich eine FDP-Fraktion künftig für das Thema einsetzen wird. Im Gegensatz zur LINKEN könnte die FDP aber möglicherweise in Regierungsverantwortung kommen. Die Chancen, dass dieses Thema bei Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU nicht unter den Tisch fallen, ist womöglich höher, wenn statt Schwarz/Gelb eine Jamaika-Koalition verhandelt wird. Wer auf gar keinen Fall die GRÜNEN, die LINKEN oder eine der vielen kleinen Parteien wählen möchte, kann als Hanffreund darauf hoffen, dass die FDP das Thema ernst nimmt.

Die PIRATEN haben das ausführlichste Programm und kompetente Drogenpolitiker in ihren Reihen. Auf Landesebene, vor allem in NRW, haben sie gezeigt, dass sie sehr gute Oppositionsarbeit in Sachen Drogenpolitik leisten können. Höchstwahrscheinlich aber werden sie sich weiterhin in außerparlamentarische Opposition für das Thema stark machen müssen. Wem es egal ist, ob “die eigene Stimme im Bundestag landet”, wählt mit den Piraten zumindest keine völlig unerfahrene Partei.

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8. Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!
Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Dreizeiler wie:

LINKE, Piraten, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

SPD, CDU: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Bundestagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Hier die passenden Email-Adressen der Parteizentralen:

CDU: 

SPD: 

Grüne: 

LINKE: 

FDP: 

Piraten: 

AfD:

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