Wahlanalyse zur Landtagswahl in Brandenburg am 22.09.2024

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen! Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge” (anderer illegaler Drogen), beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.

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Was bisher geschah & Wahlprognose

Das Bundesland Brandenburg wird seit 2019 von einer Koalition von SPD, CDU und Grünen regiert. Den Ministerpräsidenten stellt mit Dietmar Woidke die SPD. Bei der Abstimmung im Bundesrat zum CanG stimmte Brandenburgs Ministerpräsident trotz anders lautender Abstimmung mit dem grünen Koalitionspartner für die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Daraufhin warfen die Grünen dem Ministerpräsidenten öffentlich  einen Wortbruch vor.Drogenpolitisch erscheint Brandenburg in zweierlei Hinsicht interessant. Nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern liegt Brandenburg laut Alkoholatlas 2022 auf Platz drei der Bundesländer beim Anteil der männlichen Bevölkerung mit problematischem Alkoholkonsum (20,1%). Damit liegt es deutlich über dem Bundesdurchschnitt (16.1%). Außerdem ist der Gebrauch von Methamphetamin vor allem im südlichen Brandenburg stärker verbreitet als im Bundesdurchschnitt. Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte die Nähe zu Tschechien darstellen, das als Produktionsland für diese Substanz bekannt ist. Die Suchthilfestatistik Brandenburg 2021 weist folgende Substanzen als häufigste Hauptdiagnosen aus: 61,4 %  Alkohol, 14,9% Cannabinoide, 8,1% Stimulanzien (ohne Kokain).

Aktuelle Wahlprognosen findet ihr hier.

Keine drogenpolitischen Inhalte im Wahlprogramm, wenige konkrete Antworten auf unsere Wahlprüfsteine. Weder eine positive Bewertung, noch eine klare Ablehnung lässt sich aus den Antworten der SPD ablesen. Scheinbar eine Partei ohne klare eigene drogenpolitische Vorstellungen. Zudem hielt sich der brandenburgische Ministerpräsident Woidke (SPD) nicht an die Absprache mit dem Koalitionspartner (Grünen) und stimmte für die Anrufung des Vermittlungsausschusses bezüglich des CanG im Bundesrat. Eindeutig keine Wahlempfehlung! 

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Die CDU ist die politische Vertreterin der Prohibition in Deutschland. Drogenpolitisch ist die Partei in der Vergangenheit beheimatet und verfolgt einen klassischen “Law & Order”-Ansatz, nach dem der Gebrauchende illegaler Drogen mittels Strafverfolgung verfolgt werden soll. Sämtliche Liberalisierungen in Bezug auf Cannabis werden rigoros abgelehnt. Die Forderung nach einem attraktiven Glücksspielangebot in Brandenburg verdeutlicht eindrucksvoll die drogenpolitische Schizophrenie dieser Partei. Bloß nicht wählen! 

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Keine drogenpolitischen Aspekte im Wahlprogramm und die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine können auch nicht gänzlich überzeugen. Immerhin sind die Brandenburger Grünen generell für die Legalisierung von Cannabis sowie eine moderne Drogenpolitik und versprechen, sich zukünftig für Modellprojekte und Drug-Checking-Angebote einzusetzen. Ansonsten verdeutlichen die Antworten jedoch leider wenig Sachkenntnis oder Interesse für das Thema. Das kennt man von anderen Grünen Landesverbänden normalerweise anders. Insgesamt reicht es nur für eine eingeschränkte Wahlempfehlung.

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Die Brandenburger Linke überzeugt sowohl mit dem Wahlprogramm als auch in ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine. Sie steht für eine moderne Drogenpolitik, die weitreichende Forderungen wie die Entkriminalisierung aller Drogengebrauchenden beinhaltet und sich so bei anderen Parteien nicht finden lassen. In Bezug auf Cannabis können die Antworten der Linken auf unsere Wahlprüfsteine komplett überzeugen und machen so die recht spärliche Thematisierung im Wahlprogramm wieder wett. Die Linke hat verstanden, dass das CanG nur ein erster Anfang sein kann und eine echte Legalisierung das Ziel sein muss. Klare Wahlempfehlung und unser Testsieger in Brandenburg.

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Das BSW bleibt drogenpolitisch die große Unbekannte. Die Partei liefert wieder keine Inhalte und scheint sich nicht für diesen Themenkomplex zu interessieren. Allen Menschen, denen eine moderne Drogenpolitik ernsthaft am Herzen liegt, können wir nur abraten, diese Partei zu wählen.

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Unterirdisches Programm, das vor populistischen Aussagen nur so strotzt. Die AfD versucht in guter alter “Refer Madness” – Manier Cannabisnutzer als potentielle Triebtäter und Kriminelle darzustellen. Antworten auf unsere Wahlprüfsteine blieben aus. Macht einen großen Bogen um diese Partei!

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Das Wahlprogramm von BVB und FW in Brandenburg weist keine drogenpolitischen Inhalte auf. In der Beantwortung unserer Wahlprüfsteine zeigt sich eine eher positive Bewertung der erfolgten Entkriminalisierung und keine generelle Ablehnung einer zukünftigen Legalisierung. Insgesamt scheint man jedoch unsicher zu sein und möchte zunächst vorsichtig und restriktiv agieren. Der häufige Verweis darauf, dass es sich bei Drogenpolitik um ein Bundesthema handle, könnte ein Hinweis darauf sein, dass man sich bei dem Thema nicht wirklich zu Hause fühlt. BVB und FW sind damit sicher keine Vertreter einer modernen Drogenpolitik, aber auch keine Verfechter einer strikten Prohibition. Wenn das restliche Wahlprogramm überzeugt, könnte man als Hanffreund noch sein Kreuz bei BVB und FW machen. Eingeschränkte Wahlempfehlung von uns.

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Die brandenburgische FDP kann mit einem guten drogenpolitischen Wahlprogramm punkten. Auch die Antworten auf Wahlprüfsteine waren mit einer Ausnahme solide. Die FDP bekennt sich klar zum Ziel einer vollständigen Legalisierung von Cannabis, möchte Modellprojekte sowie Drug-Checking voranbringen und setzt insgesamt auf eine moderne wissenschaftsbasierte Drogenpolitik. Hanffreunde und drogenpolitisch progressiv denkende Menschen können hier ihr Kreuz machen. Eindeutige Wahlempfehlung.

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Die Linke ist eindeutiger Testsieger unserer Wahlanalyse und kann sowohl programmatisch, als auch mit den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine vollends überzeugen. Auch in der politischen Praxis konnten die Linke, die umfangreichsten Initiativen in der letzten Legislaturperiode vorweisen.   

Auf Platz zwei folgt die FDP. Die Liberalen bieten drogenpolitisch, vor allem in Bezug auf Cannabis, ein starkes Programm und liefern mit einer kleinen Ausnahme auch sehr überzeugende Antworten auf unsere Fragen. Eindeutige Wahlempfehlung!

Mit deutlichem Abstand landen auf dem dritten Platz die Grünen. Programmatisch ganz schwach aufgestellt ohne jegliche drogenpolitische Inhalte, können Sie zumindest bei den Wahlprüfsteinen wieder ein wenig Boden gutmachen. Daher noch eine eingeschränkte Wahlempfehlung von uns.

SPD und das Bündnis von Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen und Freien Wählern sind weder Fisch noch Fleisch. Beide haben keine drogenpolitischen Inhalte in den jeweiligen Wahlprogrammen und messen dem Thema offensichtlich keine allzu große Bedeutung bei. In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine lässt sich zumindest erkennen, dass beide die erfolgte Entkriminalisierung und mögliche weitere Schritte keinesfalls grundsätzlich ablehnen. Über eigene drogenpolitische Ideen und Konzepte verfügen Sie jedoch nicht. Kann man notfalls wählen.

Beim BSW weiß man nicht, für welche drogenpolitischen Inhalte es steht. Drogenpolitik findet im Wahlprogramm nicht statt und eine Antwort auf unsere Wahlprüfsteine gab es ebenfalls nicht.  Das Thema ist anscheinend nicht interessant. Daher auch keine Wahlempfehlung. 

CDU und AfD positionieren sich eindeutig gegen Cannabis und eine moderne Drogenpolitik. Beide vertreten weiterhin den klassischen Ansatz der Prohibition und sehen die erfolgte Entkriminalisierung als Fehler an. Auf keinen Fall wählen!

Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:

LINKE, Grüne, FDP: „Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten fünf Jahre auch voranbringen!“

SPD, BVB & FW, BSW: „Ich finde es schade, dass Sie nichts zum Thema Drogenpolitik anbieten und würde mir zukünftig eine eindeutige und progressive Positionierung von Ihnen wünschen.“

AfD, CDU: „Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.“

Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: