Wahlanalyse zur Landtagswahl im Saarland am 27.03.2022

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen! . Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge”, beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.

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Was bisher geschah

Das Saarland wurde seit 2017 von einer Schwarz-Roten Koalition regiert, zunächst unter Kramp-Karrenbauer, die 2018 durch Tobias Hans (ebenfalls CDU) als Ministerpräsidentin der GroKo abgelöst wurde. In der Opposition finden sich lediglich die  Linken und erstmalig die AfD. Grüne, FDP und drogenpolitisch aktive Piratenpartei scheiterten damals knapp an der 5-Prozent-Hürde. Im derzeitigen Koalitionsvertrag von CDU und SPD findet man zu den Themen Cannabis, Suchtberatung, Drogen- und Gesundheitsprävention nur einen einzigen Satz: 

“Wir werden Drogenmissbrauch weiterhin bekämpfen und dabei auch unsere Maßnahmen zur Tabak- und Alkoholprävention gezielt ergänzen. Dabei ist uns das Wohl der Kinder von Suchtkranken besonders wichtig.”

Suchtgefährdung wird nur im Rahmen von Kinder- und Jugendmedienschutz genannt. Eine vernünftige Sucht- und Drogenpolitik gibt es im Saarland im Grunde nicht, man fährt hier eher den bereits bekannten Kurs der GroKo. Bereits bei der letzten Landtagswahl 2017 fiel das Fazit der DHV-Wahlanalyse sehr nüchtern aus. Derzeit gilt im Saarland die Verordnung, dass nach § 31a BtMG von der Strafverfolgung in der Regel abgesehen wird, wenn sich die Tat auf eine Bruttomenge von nicht mehr als 6 Gramm Cannabis bezieht. Initiativen, diese Menge anzuheben, gab es in den vergangenen Jahren leider nicht.

Wahlprognose

Laut der aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen ist einer Fortsetzung der Großen Koalition möglich, denn sowohl die SPD mit etwa 38 Prozent als auch die CDU mit 29 Prozent liegen beide recht weit vorne. Allerdings hat die SPD die CDU in den Umfragewerten damit überholt. Auch Grüne und FDP haben an Zuspruch gewonnen und dieses Mal Chancen, die 5-Prozent-Hürde zu überwinden, sie liegen beide bei jeweils rund 6 Prozent. Damit wäre auch eine Ampelkoalition möglich. Knapp werden könnte es für die Linke, die derzeit bei nur 5 Prozent liegt. Zumindest rein rechnerisch wäre dann auch Rot-Rot-Grün verhandelbar.

Die SPD Saar erwähnt in ihrem Wahlprogramm nur sehr knapp das Thema Drogen und Suchtprävention. Es gab in der vergangenen Legislatur keinerlei drogenpolitische Initiativen und es sind auch keine drogenpolitischen Initiativen geplant, jedoch sollen Angebote für Suchtkranke ausgebaut werden. In den Antworten auf die Wahlprüfsteine zeigt sie sich offen gegenüber Modellprojekten, Drug-Checking Programme werden befürwortet. Eigenanbau müsse nach Ansicht der Saarländer Sozialdemokraten zunächst in der bundesweiten Debatte zur Legalisierung geprüft werden. Die Problematik rund um Cannabis und Führerscheinrecht wird überhaupt nicht beachtet. Eine frühzeitige Entkriminalisierung der Konsumenten plant die SPD nicht. Einem bundesweiten regulierten Cannabismarkt steht die SPD jedoch grundsätzlich nicht im Wege und würde entsprechende Gesetzgebungsinitiativen im Bundesrat unterstützen.

Insgesamt sind die Aussagen der SPD eher durchwachsen, daher kann es nur eine eingeschränkte Empfehlung zur Wahl geben, wenn man neben einem legalen Cannabismarkt auch wichtige Punkte wie Führerscheinrecht und Eigenanbau berücksichtigt sehen möchte.

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Die Saarländer Grünen sind Legalizer und haben erkannt, dass die Prohibition gescheitert ist. Das Landtagswahlprogramm beinhaltet einen eigenen Abschnitt zu Sucht- und Drogenpolitik mit Fokus auf einen neuen Umgang mit Cannabis. Sie fordern auf Bundesebene eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene in lizenzierten Fachgeschäften laut dem Cannabis-Kontrollgesetz der Grünen sowie die vereinfachte Nutzung von medizinischem Cannabis. Sie wollen sich “dafür einsetzen, dass das Saarland im Bundesrat für den Gesetzesentwurf” zur Legalisierung stimmt. In Ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine wird deutlich, dass sie auch in den Punkten Eigenanbau, Führerschein und Drug-Checking auf progressive Politik setzen und Nachbesserungsbedarf erkennen, diese Punkte fehlen jedoch im Wahlprogramm. Es enthält dafür die Forderung nach einer vorläufigen, schnellen Entkriminalisierung. Dies notfalls zunächst auf Landesebene in Form einer kurzfristigen Heraufsetzung der „Geringen Menge“ auf bis zu 15 Gramm. Sollte die Legalisierung auf Bundesebene ins Stocken geraten, wollen sich die Grünen im Saarland für ein Modellprojekt zur Cannabisabgabe einsetzen. Im Landtag waren sie in der vergangenen Legislaturperiode nicht vertreten und konnten daher auch keine parlamentarischen Initiativen auf den Weg bringen.

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In den vergangenen Jahren gab es keine Landtagsfraktion der FDP, daher hat sie keine Initiativen auf Landesebene eingebracht. Das Wahlprogramm beinhaltet einen kurzen Abschnitt, in dem festgehalten wird, dass man die Einführung einer legalen Abgabe durch lizenzierte Verkaufsstellen fordert und die Einnahmen in Suchtprävention fließen sollen. Auf Nachfrage äußern die Liberalen, dass sie auch Drug-Checking grundsätzlich begrüßenswert fänden. Ob beim Thema Führerschein Verbesserungen geplant seien, hänge von der Bundesregierung ab. Eigene drogenpolitische Initiativen sind vorerst nicht geplant und auch keine vorläufige Entkriminalisierung durch eine landesweite Heraufsetzung der “Geringen Menge”. Geplante Gesetzentwürfe der Bundesregierung würden sie im Bundesrat mittragen. Insgesamt sind die Antworten der Freien Demokraten im Saarland eher enttäuschend und auch der Abschnitt im Wahlprogramm sehr knapp gehalten.

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Die Saarländer CDU lehnt die Legalisierung “illegaler Drogen” ab. Geplant ist laut ihrem Wahlprogramm, spezielle Wohnangebote und Beschäftigungsangebote für Suchtkranke und Substituierte zu schaffen und Subtitutionszentren einzurichten. Drug-Checking-Modelle erkennt sie als wichtiges Instrument zur Harm Reduction an und plant ein entsprechendes Projekt. Insbesondere da die CDU klar kommuniziert, dass sie Gesetzesinitiativen zur Legalisierung im Bundesrat ablehnen würde, ist von einer Wahl abzuraten.

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Die Linke im Saarland enttäuscht. In fünf Jahren Oppositionsarbeit im Landtag hat sie im Bereich der Drogenpolitik gerade einmal zwei Anfragen und einen Antrag auf Drug-Checking-Modelle gestellt. Das war leider auch schon das einzig Positive, was sich über die Saarländer Linke berichten lässt. Auf unsere Wahlprüfsteine gab es trotz Nachfragen keine einzige Rückmeldung. Das “Positionspapier” zur Landtagswahl enthält kein einziges Wort zu einem drogenpolitischen Thema. Daher kann es hier auch keine Wahlempfehlung geben.

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Die AfD ist keine Wahloption für alle, die sich einen sachlichen Umgang zum Thema Drogenpolitik wünschen.  Antworten auf die Wahlprüfsteine gab es keine. Das Wahlprogramm beinhaltet nichts zu den Themen Sucht- oder Drogenpolitik. Es gab keine sinnvollen drogenpolitischen parlamentarischen Initiativen, lediglich zwei Anfragen zu einem vermeintlichen “Hot Spot” für Drogen und Kriminalität.

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Insgesamt kann für die Parteien im Saarland nur ein sehr ernüchterndes Fazit gezogen werden. Drogenpolitik scheint man dort allgemein in den letzten Jahren der Großen Koalition nicht auf dem Schirm gehabt zu haben.

Einzig die Grünen haben sich bei ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine mit Detailfragen zur Legalisierung auseinandergesetzt, wie etwa die THC-Grenzwerte im Straßenverkehr. Positiv ist die im Wahlprogramm festgeschriebene Forderung nach einer Legalisierung und einer vorläufigen Entkriminalisierung.

SPD und FDP stehen den Legalisierungsbestrebungen auf Bundesebene offen gegenüber, planen aber keine eigenen drogenpolitischen Initiativen. Obwohl die SPD in Regierungsverantwortung war, gab es von ihr auch in den letzten fünf Jahren keine drogenpolitischen Initiativen. Bei der Beantwortung der Wahlprüfsteine nutzt die SPD einen ähnlichen Narrativ wie ihr Koalitionspartner, die CDU, und betrachtet Drogenpolitik aus dem einseitigen Blickwinkel der Suchtkrankenhilfe im Zusammenhang mit Obdachlosigkeit. Die zahlreichen Probleme der Prohibition wie die Stigmatisierung und Verfolgung unschuldiger Konsumenten, die keine problematischen Konsummuster entwickeln, werden schlichtweg ignoriert.

Bemerkenswert ist, dass die Saarländer CDU ein Drug-Checking-Modellprojekt auf den Weg bringen will und für CDU-Verhältnisse relativ gute, detaillierte Vorstellungen im Bereich der Suchtkrankenversorgung hat. Allerdings lehnt die CDU die Legalisierung von Cannabis vehement ab und würde dementsprechend ein Gesetz zur Legalisierung im Bundesrat ablehnen. Deshalb muss von der Wahl der CDU im Saarland dringend abgeraten werden.

AfD und Linke hielten es offenbar nicht für nötig, auf unsere Wahlprüfsteine zu antworten. Einzig positiver Aspekt, war ein Antrag der Linken auf ein Drug-Checking-Modellprojekt. Beide Parteien haben nicht einmal ein drogenpolitisches Programm und können auch keine Wahlempfehlung erhalten.

Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:

SPD, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten fünf Jahre auch voranbringen!”

Linke: “Ich hätte Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, habe aber wegen fehlender, wichtiger drogenpolitischer Inhalte davon Abstand genommen.”

CDU, AfD: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: