Die Grünen (Saarland 2022)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

In ihrem Landtagswahlprogramm bezeichnen Bündnis 90/Die Grünen Saarland einen neuen Umgang mit Cannabis als “besonderes Anliegen”. Als kurzfristige Maßnahme auf Landesebene benennen sie die landesweite Heraufsetzung der Geringen Menge nach §31 a BTMG  nach dem Vorbild Bremens (Kann-Bestimmung bis 15 Gramm, grundsätzliche Soll/Ist-Einstellung bis 10 Gramm). Bundesweit wollen sie ein Cannabiskontrollgesetz mit einer kontrollierten Abgabe und eine “Vereinfachung und Ausweitung der medizinischen Nutzung”. Sie sehen die Drogenpolitik der Großen Koalition als gescheitert an und wollen stattdessen, dass das Saarland Vorreiter für eine Sucht- und Drogenpolitik auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen wird.

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Auszug aus dem Programm

“Für eine Drogenpolitik, die sich am Menschen und an wissenschaftlicher Erkenntnis orientiert: Die Sucht- und Drogenpolitik der letzten Jahre, insbesondere der sogenannten großen Koalitionen in Bund und Land ist gescheitert. Freiheit und Eigenverantwortung kommen in ihr genauso kurz wie der Schutz unserer Jugend und die Unterstützung von Süchtigen und Menschen in akuten persönlichen Krisen. Als Bündnis 90 / Die Grünen Saarland setzen wir uns für eine Sucht- und Drogenpolitik ein, die die Bedürfnisse von Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Ergebnisse und Fortschritte wissenschaftlicher Erkenntnis zum Maßstab unserer Politik machen. Im Bund setzt grüne Politik die richtigen Akzente, jetzt muss das Saarland Vorreiterin werden. Ein besonderes Anliegen ist für uns ein neuer Umgang mit Cannabis. Dazu muss die Landesregierung ihre Mitwirkungsrechte an der Bundesgesetzgebung nutzen, um endlich konkrete Verbesserungen für Cannabiskonsument*innen zu erzielen.

Wir fordern:

• Ein Cannabiskontrollgesetz

• Eine kontrollierte Abgabe von Cannabis

• Vereinfachung und Ausweitung der medizinischen Nutzung

• Kurzfristig die „Geringe Menge“ für Cannabis nach dem Vorbild Bremens auf 15 Gramm zu setzen”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die Grünen im Saarland befürworten eine schnelle, vorläufige Entkriminalisierung im Sinne von §31a und halten es für denkbar im BTMG ein “zwingendes Absehen von der Strafverfolgung” bei Besitz, Eigenanbau und Erwerb einer Eigenbedarfsmenge aufzunehmen. Sie wollen sich für einen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe beim BfArM einsetzen, falls die Legalisierung im Bund scheitert. Die Ausgestaltung der Legalisierung wünschen sie sich in Form einer Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene durch lizenzierte Fachgeschäfte, welche strengen Auflagen unterliegen sollen und wollen dieses Vorhaben auch im Bundesrat unterstützen. Sie befürworten eine Änderung des BTMG zur rechtlichen Absicherung und Ermöglichung von Drug-Checking-Projekten und eine Anpassung im Führerscheinrecht, die Cannabiskonsumenten nicht mehr benachteiligt. Die Meldungen der Polizei an die Führerscheinstellen halten sie dabei ebenfalls nicht für zielführend. Zudem befürworten sie eine Neuevaluierung des THC-Grenzwertes im Führerscheinrecht anhand wissenschaftlicher Kriterien. Privaten Eigenanbau befürworten sie.

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Frage 1

Die Bundesregierung  plant den Cannabismarkt zu regulieren. Dieser Prozess dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?

Antwort

Wir unterstützen die Forderung nach einer vorläufigen Entkriminalisierung und die konsequente Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften in Fällen, in den §31a BtMG Anwendung findet. Als Zwischenschritt wäre denkbar, ein zwingendes Absehen von der Strafverfolgung für Besitz und Erwerb zum Eigenkonsum sowie den Anbau einer geringen Menge in das Betäubungsmittelgesetz aufzunehmen.

Frage 2

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftl. oder öffentl. Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuchen für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?

Antwort

Wir GRÜNE befürworten einen Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Volljährige und werden uns dafür einsetzen, dass ein solcher Modellversuch für das Saarland bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zuständiger Behörde beantragt wird.

Frage 3

Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?

Antwort

In der Drogenpolitik möchten wir GRÜNE den Schwerpunkt auf Risiko- und Schadenminimierung, anstatt auf Repression und Sanktion legen. Daher befürworten wir Substanzanalysen wie Drug Checking und unterstützen die Anpassung des Betäubungsmittelrechts, um Rechtssicherheit für solche Angebote zu schaffen.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von  Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

Ja. Die Teilnahme am Straßenverkehr unter berauschenden Substanzen ist aus Sicherheitsgründen zu Recht verboten. Dass Cannabisnutzer*innen stärker bestraft werden als Alkoholkonsumenten lehnen wir GRÜNE jedoch strikt ab. Daher fordern wir eine rechtliche Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum und unterstützen die Einführung klarer Regelungen für die Teilnahme am Straßenverkehr. Die aktuelle Rechtslage hinsichtlich des Grenzwertes von einem Nanogramm THC pro Milliliter Blut muss wissenschaftlich evaluiert und dementsprechend gesetzlich angepasst werden.

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig  von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Im Saarland sind uns keine Fälle bekannt, bei denen der reine Besitz von Cannabis ohne einen Bezug zum Straßenverkehr, zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt hat. Aus unserer Sicht ist diese Praxis nicht zielführend und Ausdruck einer überkommenen Drogenpolitik. Das Verkehrsrecht darf nicht zum Ersatzstrafrecht von Canabisnutzer*innen missbraucht werden.

Frage 6

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)

Antwort

Leider war Bündnis 90/Die Grünen in der aktuellen Legislaturperiode nicht im saarländischen Landtag vertreten.

Frage 7

Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Wir GRÜNE wollen einen drogenpolitischen Paradigmenwechsel und setzen auf Prävention, Hilfe, Schadensminderung, Entkriminalisierung und Forschung. Ziel ist es, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu achten und Gesundheitsrisiken zu minimieren. Wir fordern langfristig eine an den tatsächlichen Gesundheitsrisiken orientierte Drogen-Regulierung. Zudem soll stärker auf die Gefahr von Tabak, Alkohol, Glücksspiel und Social-Media- bzw. Computersucht hingewiesen werden.

Frage 8

Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?

Antwort

Wir GRÜNE sind der Auffassung, dass durch einen regulierten Markt mit der Möglichkeit zur legalen Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene in lizenzierten Cannabisfachgeschäften. Diese Cannabisgeschäfte unterliegen strengen Auflagen, insbesondere zum Jugendschutz. Wir unterstützen daher das Vorhaben der Bundesregierung Cannabis für Erwachsene zu legalisieren und werden uns dafür einsetzen, dass das Saarland im Bundesrat für den Gesetzesentwurf stimmen wird.

Wir Grüne befürworten die Legalisierung des privaten Eigenanbaus zu privaten Zwecken. Die gewerbliche Erzeugung von Cannabisprodukten muss dabei jedoch rechtlich reguliert und staatlich lizensiert erfolgen.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Da die Grünen in der vergangen Legislaturperiode nicht im Landtag vertreten waren, konnten sie auch nicht parlamentarisch aktiv werden.

Die Saarländer Grünen sind Legalizer und haben erkannt, dass die Prohibition gescheitert ist. Das Landtagswahlprogramm beinhaltet einen eigenen Abschnitt zu Sucht- und Drogenpolitik mit Fokus auf einen neuen Umgang mit Cannabis. Sie fordern auf Bundesebene eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene in lizenzierten Fachgeschäften laut dem Cannabis-Kontrollgesetz der Grünen sowie die vereinfachte Nutzung von medizinischem Cannabis. Sie wollen sich “dafür einsetzen, dass das Saarland im Bundesrat für den Gesetzesentwurf” zur Legalisierung stimmt. In Ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine wird deutlich, dass sie auch in den Punkten Eigenanbau, Führerschein und Drug-Checking auf progressive Politik setzen und Nachbesserungsbedarf erkennen, diese Punkte fehlen jedoch im Wahlprogramm. Es enthält dafür die Forderung nach einer vorläufigen, schnellen Entkriminalisierung. Dies notfalls zunächst auf Landesebene in Form einer kurzfristigen Heraufsetzung der „Geringen Menge“ auf bis zu 15 Gramm. Sollte die Legalisierung auf Bundesebene ins Stocken geraten, wollen sich die Grünen im Saarland für ein Modellprojekt zur Cannabisabgabe einsetzen. Im Landtag waren sie in der vergangenen Legislaturperiode nicht vertreten und konnten daher auch keine parlamentarischen Initiativen auf den Weg bringen.