Gibt es eine Alternative zur Verfolgung und Kriminalisierung von Drogenkonsumenten? Mit dieser Fragestellung haben Jörg Rostek und Jonas Dessouky vom unabhängigen Fachschaftenforum der Universität Münster Hubert Wimber, den münsteraner Polizeipräsidenten, und Dr. Wolfgang Schneider, den Geschäftsführer von Indro e.V. (Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit und rationaler Drogenpolitik e.V.) und Mitglied im Schildower Kreis, interviewt.
Wimber zieht in dem Interview eine Parallele zur Alkoholprohibition in den USA und fordert klar eine Legalisierung mit “Drogenläden” in denen “einschlägige Substanzen” verkauft werden. Konkret sagte er: “[…] So dass eigentlich rationale Drogenpolitik zu dem Ergebnis kommen muss, dass Repression kontraproduktiv ist, nichts bringt und in sofern wäre das Ende der Diskussion um die Legalisierung in der Tat ein Drogenladen, in dem die einschlägigen Substanzen unter staatlicher Lizensierung unter Kontrolle und staatlicher Distribution verkauft werden; mit dem entsprechenden Beratungsangebot, was die Suchtpotenziale der jeweiligen Wirkstoffe angeht.”
Auch auf unsere Petition “Cannabiskonsumenten entkriminalisieren” geht Wimber ein und nennt ihre Ziele “ein erster Schritt”. O-Ton Wimber: “[…] Ein bescheidener Schritt, aber ich denke Politik muss auch mit kleinen Schritten vorangehen. Für die Polizei würde das bedeuten, dass wir letztlich weniger Personalstunden im Bereich der Rauschgift- und Drogenkriminalität aufwenden müssten. Das ist aus der Perspektive eines Polizeipräsident natürlich auch ein Aspekt. Es macht keinen Sinn, Personalressourcen, die auch bei der Polizei ein knapper Faktor sind, für Bereiche zu verwenden, wo es erkennbar nichts bewirkt. Würde die Petition umgesetzt, wäre das ein erster Schritt hin zu einem rationalen Umgang mit Cannabisprodukten.”
Das gesamte sehr lesenswerte Interview inklusive Abschnitten als mp3 zum Anhören findet ihr hier.
Polizeipräsident Hubert Wimber ist drogenpolitisch kein Unbekannter, Anfang 2010 war er bereits wegen seines Antwortbriefs an den Deutschen Hanfverband in den Medien. Dr. Wolfgang Schneider, Vorstand des Landesverbandes akzept e.V. und Mitglied im Schildower Kreis sowie die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Nordrhein-Westfalen verteidigten Ende 2010 die (Wieder-)Anhebung der “geringen Menge” durch die rot-grüne Landesregierung. Der GdP ging diese Anhebung nicht weit genug, ihr Landesvorsitzender Frank Richter forderte von der Politik ein “Ermessensspielraum bei der Drogenbekämpfung”. Anfang 2011 diskutierte die GdP auf einem Kongress über “Neue Wege in der Drogenpolitik”. Frank Richter ist inzwischen stellvertretender Bundesvorsitzender der GdP, der heutige Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut forderte bereits 2002 als Vizevorsitzender den legalen Verkauf von Cannabis in Apotheken. Prohibitionskritische Stimmen aus der Polizei gab es schon zuvor, der Dortmunder Polizeipräsident Wolfgang Schulz forderte bereits 1992 die Legalisierung und der Stuttgarter Polizeipräsident Volker Haas im Jahr 1994.
- Polizeipräsident will Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten, Meldung des DHV vom 28.1.2010
- Polizeipräsident Wimber sorgt für Wirbel, DHV-Cannabis-Blog vom 4.2.2010
- NRW: Akzept und Polizeigewerkschaft pro Entkriminalisierung, Newsletter des DHV November 2010
- GdP-NRW: Polizei braucht Ermessensspielraum bei der Drogenbekämpfung, Pressemitteilung vom 6.10.2010
- Gewerkschaft der Polizei diskutiert erneut über Drogenpolitik, Meldung des DHV vom 24.2.2011
- Polizeigewerkschaft diskutiert Cannabisverkauf in Apotheken [09.03.2002], Meldung auf Cannabislegal
- Das Böse aus der Büchse, Der Spiegel vom 17.8.1992
- Drogen – So fördern wir die Mafia, Der Spiegel vom 24.01.1994
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