Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen! Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge” (anderer illegaler Drogen), beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.
Aufgrund eines sehr vollen Terminkalenders die letzten Monate und der allgemeinen Urlaubszeit im Sommer, war es uns leider nicht möglich, unsere Wahlprüfsteine rechtzeitig zu versenden. Daher lassen wir bei der Wahlanalyse zur sächsischen Landtagswahl 2024 nur das Wahlprogramm und die parlamentarischen Aktivitäten bzw. das Regierungshandeln in die Bewertung einfließen.
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Was bisher geschah & Wahlprognose
Das Bundesland Sachsen wird seit 2019 von einer Koalition von CDU, SPD und Grünen regiert. Den Ministerpräsidenten stellt mit Michael Kretschmer die CDU. Bei der Abstimmung im Bundesrat zum CanG kam es zum Eklat. Ministerpräsident Kretschmer versuchte trotz gegenteiliger Aussagen seiner Koalitionspartner die sächsischen Stimmen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses abzugeben und dem wurde sofort im Bundesratsplenum von SPD Gesundheitsministerin Petra Köpping öffentlich widersprochen. Dadurch enthielt sich Sachsen bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses.Drogenpolitisch erscheint Sachsen aus zweierlei Hinsicht interessant. 420.000 Erwachsene weisen in Sachsen (4 Millionen Einwohner) einen problematischen Alkoholkonsum auf. Damit liegt Sachsen (leicht) über dem Bundesdurchschnitt. Außerdem ist der Gebrauch von Methamphetamin in Sachsen stärker verbreitet als im Bundesdurchschnitt. Eine Erklärung für dieses Phänomen dürfte die Grenze zu Tschechien darstellen, das als Produktionsland für diese Substanz bekannt ist.
Ansonsten ist noch erwähnenswert, dass (mit Demecan) einer der größten deutschen Medizinalcannabisproduzenten in Sachsen beheimatet ist.
Ein klares Bekenntnis zur Entkriminalisierung von Cannabis und sinnvolle allgemeine drogenpolitische Punkte. Schade ist, dass Anbauvereinigungen oder Modellprojekte nicht thematisiert wurden. Beim Thema Drug-Checking war die SPD zudem bisher negativ in Form ihrer Gesundheitsministerin Petra Köpping aufgefallen, die die Genehmigung für ein Projekt in Leipzig verwehrte. Die SPD hat zwar (ebenfalls wieder in Person von Petra Köpping) m Bundesrat die angestrebte Blockade des CanG durch CDU-Ministerpräsident Kretschmer verhindert, aber erst nachdem Lauterbach zugesagt hatte, das CanG durch eine Protokollnotiz an den Bundesrat zu verschärfen. Insgesamt kann man sein Kreuz gerade noch bei der SPD machen.
Eine klare Ablehnung der Cannabis-Entkriminalisierung, wenig Substanzielles zur Drogenpolitik und zudem der Versuch, die Verabschiedung des CanG im Bundesrat aktiv zu verhindern! Alle Menschen, denen Cannabis oder eine moderne Drogenpolitik am Herzen liegt, sollten auf keinen Fall die CDU wählen!
Die sächsischen Grünen können mit einem starken Programm punkten, in dem sich neben einem Bekenntnis zur Cannabislegalisierung weitere moderne Aspekte wie der Ausbau von Drug-Checking und Konsumräumen finden. Im Parlament waren die Grünen als Teil der sächsischen Landesregierung (Justiz, Umwelt/Landwirtschaft) ressortbedingt drogenpolitisch nicht sehr aktiv. Negativ ist Justizministerin Katja Meier zu erwähnen, die den Vorschlag des ebenfalls grünen Justizministers Limbach aus NRW unterstützte, das CanG in den Vermittlungsausschuss zu schicken, um die Amnestieregelung für sechs Monate aufzuschieben.
Aufgrund des guten Programms und des Versprechens, sich für eine Modellregion in Sachsen einzusetzen, sprechen wir trotzdem eine Wahlempfehlung für die sächsischen Grünen aus.
Die Linke in Sachsen überzeugt mit einem starken Programm inklusive klarem Bekenntnis zur Legalisierung. Mit der Forderung nach einer Entkriminalisierung aller Drogen beweist sie zudem Weitsicht. Im Gegensatz zu den Grünen haben sie verstanden, dass es nicht nur um Hilfe für “Abhängige” geht, sondern auch um Gesundheitsschutz für Konsumenten. Die Forderung nach einer Landesverordnung zum kommunalen Betrieb von Drug-Checking und Drogenkonsumräumen, adressiert konkrete Probleme in Sachsen (Drug-Checking Leipzig wartet auf Genehmigung). Parlamentarisch hat sich die Linke zudem vor allem in Form ihrer drogenpolitischen Sprecherin Juliane Nagel sehr aktiv gezeigt! Daher sind die Linken in Sachsen auch unser “Testsieger” der Landtagswahl.
Das BSW hat ein schwaches Programm und keine bisherige drogenpolitische Arbeit vorzuweisen, da es erstmals zur Wahl antritt. Die Positionen des BSW in der Drogenpolitik sind relativ unklar, trotz vagen Äußerungen auf Bundesebene, dass man die Entkriminalisierung von Cannabis begrüße. Für Drogenpolitik scheint kein Interesse in der Partei vorhanden zu sein. Daher würden wir allen Menschen, die dieses Thema als wichtig erachten, von der Wahl des BSW abraten.
Programmatisch ist die AfD dünn aufgestellt und es bleibt unklar, was genau die eigene Position ist. Im Landtag fiel die AfD Fraktion zudem mit dem Antrag “Cannabislegalisierung stoppen” (Drs 7/15871) auf. In diesem stellte sie fest, dass die “seit Jahren geführte Debatte um die Legalisierung von Cannabis zu Rauschzwecken […] eine gefährliche Verharmlosung der Droge” darstelle. Daher forderte man die Landesregierung auf, das Gesetzesvorhaben im Bundesrat zu torpedieren und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ansonsten viele kleine Anfragen mit dem Ziel der Skandalisierung von Drogengebrauch. Zusammenfassend können wir allen Hanffreunden nur empfehlen, bei der Wahl einen großen Bogen um die AfD zu machen!
Die Linke ist eindeutiger Testsieger der Wahlanalyse für Sachsen und kann sowohl programmatisch mit einer modernen Drogenpolitik als auch mit parlamentarischer Arbeit punkten.
Auf Platz zwei folgen die Grünen, deren Programm zwar inhaltlich gut ist, aber unter dem Niveau der Linken bleibt. Die Haltung der grünen Justizministerin zum Vermittlungsausschuss trübt das Bild allerdings. Trotzdem noch eine Wahlempfehlung von uns.
Die SPD positioniert sich grundsätzlich pro Entkriminalisierung und hat ein anständiges drogenpolitisches Programm. Der Kuhhandel im Bundesrat, der zwar die Zustimmung Sachsens zum Vermittlungsausschuss verhinderte, aber zur Verschärfung des CanG führte, ist zumindest ambivalent. Die Ablehnung des Drug-Checking-Projekts in Leipzig durch die SPD-Gesundheitsministerin hingegen ist eindeutig negativ! Daher auch nur eine sehr eingeschränkte Wahlempfehlung von uns.
Beim BSW weiss man nicht, für welche drogenpolitischen Inhalte es steht. Das Thema ist anscheinend nicht interessant. Daher auch keine Wahlempfehlung.
CDU und AfD haben sich eindeutig gegen Cannabis positioniert und vertreten weiterhin den klassischen Ansatz der Prohibition. Auf keinen Fall wählen!
Sagt den Parteien eure Meinung!
Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!
Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:
LINKE, Grüne, SPD: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten fünf Jahre auch voranbringen!”
AfD, BSW, CDU: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”
Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen:
- CDU: www.cdu-sachsen.de/kontakt
- SPD:
- BÜNDNIS 90/ GRÜNE:
- BSW: bsw-vg-sachsen.de/kontakt/
- DIE LINKE:
- AfD: