Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.
Programm
Das Wahlprogramm der sächsischen Grünen ist vergleichsweise überzeugend. Es ist zwar viel von Sucht und Abhängigkeit die Rede und nie von Konsumenten, aber es werden trotzdem die richtigen Schlüsse gezogen. Im Fokus steht der Einsatz für eine humane und aufgeklärte Drogenpolitik. In puncto Cannabis will man sich zukünftig dafür einsetzen, dass auch eine sächsische Kommune Teil eines Modellprojekts zur Cannabisabgabe wird. Angebote von Drogenkonsumräumen sollen ausgebaut und Modellprojekte zum Drug-Checking gefördert werden. Neben der Stärkung von Angeboten der Suchthilfe und Suchtprävention, sollen auch Weiterbildungsmaßnahmen für Polizisten erfolgen, sowie das Angebot von stationären Therapieplätzen für Methamphetamin-Abhängige ausgebaut werden. Weiterhin wird ein umfassendes Werbeverbot für Alkohol und Nikotin auf öffentlichen Plätzen gefordert. Leider keine Aussage zu Anbauvereinigungen in Sachsen.
Auszug aus dem Wahlprogramm
“Weil die Legalisierung von Cannabis der Kriminalitätsprävention dient, setzen wir uns dafür ein, dass auch eine sächsische Kommune Modellregion für die kontrollierte Abgabe von Cannabis im Rahmen des entsprechenden Vorhabens des Bundes wird.”
S. 112
“Defizite in der Bildungsgerechtigkeit führen vor allem auch im Bereich Gesundheitsbildung zu großen Unterschieden im Gesundheitszustand der Sächsinnen und Sachsen. Deswegen ist es essentiell, das Wissen um die Prävention von Depression und Suizid, Drogenmissbrauch und Diabetes, Zahnverlust, Stress und Burnout sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen in den sächsischen Lehrplänen aller weiterführenden Schulen stärker zu verankern.” S. 38
“Drogen- und Suchtpolitik modernisieren
Wir setzen uns für eine humane und aufgeklärte Drogen- und Suchtpolitik in Sachsen ein. Unser Ziel ist es, Suchtkranken schnell, unkompliziert und stigmatisierungsfrei zu helfen. Wir setzen auf wirksame Prävention, konsequenten Kinder- und Jugendschutz sowie auf Hilfe statt Strafe.
Wir unterstützen Angebote zur Schadensminderung, um die gesundheitlichen Risiken zu reduzieren. Wir wollen die Einrichtungen der Suchtprävention und Suchthilfe weiter stärken. Eine bedarfsgerechte Ausstattung der Suchtkrankenhilfe wollen wir in allen Regionen Sachsens gewährleisten, insbesondere für betroffene Jugendliche und Kinder und ihre Angehörigen.
Die Resozialisierung im Justizvollzug soll durch eine Erhöhung der Zahl psychologischer, medizinischer und therapeutischer Fachkräfte gestärkt werden. Wir setzen uns für mehr stationäre Therapieplätze für Crystal-Abhängige ein, insbesondere für Eltern mit Kind und in den Justizvollzugsanstalten. Die Polizei muss in Sucht- und Drogenprävention besser aus- und fortgebildet und sowohl personell als auch technisch entsprechend den Anforderungen ausgestattet werden. Um den Kinder- und Jugendschutz zu stärken, setzen wir uns für ein umfassendes Werbeverbot für Alkohol und Nikotin an öffentlichen Plätzen ein.
Wir setzen uns für die Erweiterung von Angeboten der Drogenkonsumräume als wirkungsvolle Ergänzung des bestehenden Suchthilfesystems ein. Wir unterstützen Modellprojekte zu (mobilem) „Drug-Checking“ in Sachsen, um Schadensminimierung und den Gesundheitsschutz zu fördern sowie das Bewusstsein für die Risiken des Drogenkonsums zu stärken.” S. 57
Die sächsischen Grünen können mit einem starken Programm punkten, in dem sich neben einem Bekenntnis zur Cannabislegalisierung weitere moderne Aspekte wie der Ausbau von Drug-Checking und Konsumräumen finden. Im Parlament waren die Grünen als Teil der sächsischen Landesregierung (Justiz, Umwelt/Landwirtschaft) ressortbedingt drogenpolitisch nicht sehr aktiv. Negativ ist Justizministerin Katja Meier zu erwähnen, die den Vorschlag des ebenfalls grünen Justizministers Limbach aus NRW unterstützte, das CanG in den Vermittlungsausschuss zu schicken, um die Amnestieregelung für sechs Monate aufzuschieben.
Aufgrund des guten Programms und des Versprechens, sich für eine Modellregion in Sachsen einzusetzen, sprechen wir trotzdem eine Wahlempfehlung für die sächsischen Grünen aus.
Antworten auf Wahlprüfsteine
Die Pläne der Ampel begrüßen die hessischen Grünen und versprechen Unterstützung bei der Umsetzung von kommunalen Modellprojekten. Auf unsere Frage nach Drug-Checking antwortet man per copy&paste aus dem Wahlprogramm, so dass man Zustimmung und Förderung von Drugchecking nur erahnen kann. Die Antworten auf unsere Fragen zum Thema Straßenverkehr verwundern. Die Verantwortung wird an den deutschen Bundestag weitergereicht, selbst will man anscheinend inhaltlich keine Stellung beziehen. Ebenso fraglich fällt die Antwort bezüglich der Meldung von Besitzdelikten an die Führerscheinstellen aus: “Da der Besitz von Cannabis in Zukunft legal ist, ist eine Meldung an die Führerscheinstelle nur dann erforderlich, wenn es einen Bezug zum Straßenverkehr gibt.” Dass die hessischen Grünen die Frage, ob sie eine vollständige Legalisierung befürworten, nur die Pläne der Bundesregierung loben, die eben keine flächendeckende Legalisierung mehr beinhalten, könnte man wohlwollend als redaktionelle Ungenauigkeit wahrnehmen…
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Frage 1
Wie stehen Sie zu den Plänen der Bundesregierung, den Besitz geringer Mengen Cannabis (lt. Gesetzentwurf 25g) und den privaten Anbau einiger Cannabispflanzen für den Eigenkonsum zu erlauben sowie Cannabis- Anbauvereine einzuführen?
Antwort
Mit der Legalisierung von Cannabis macht die Ampel endlich Schluss mit der gescheiterten Drogenpolitik der letzten Jahrzehnte und setzt auf Vernunft statt Kriminalisierung. Der in der Bevölkerung längst stattfindende Konsum wird sinnvoll reguliert, der Schwarzmarkt wird eingedämmt und damit der Schutz von Kindern und Jugendlichen gestärkt. Wir befürworten und unterstützen daher die Legalisierungspläne auf Bundesebene. Dies gilt auch für den privaten Anbau. Wer zu Hause ein paar wenige Pflanzen zum Eigenkonsum anbaut und dabei sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang dazu haben, soll dies rechtssicher tun können. Gleichzeitig unterstützen wir die geplante Stärkung der Präventionsangebote.
Frage 2:
In einem weiteren Gesetzesvorhaben ist geplant, kommunale, wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, die die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforschen sollen. Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?
Antwort
Wir unterstützen den Vorschlag der Bundesregierung durch Modellprojekte die Auswirkungen der kommerziellen Lieferketten auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Wir begrüßen es, dass sich bereits hessische Kommunen auf den Weg gemacht haben, Modellregion für die Cannabis-Legalisierung zu werden, ermutigen weitere zu diesem Schritt und werden sie dabei unterstützen.
Frage 3
Vor Kurzem wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland? Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?
Antwort
Grundsatz unserer Drogenpolitik ist die Aufklärung, der selbstbestimmte Umgang mit Drogen und die Prävention von Suchterkrankungen. Die Kriminalisierung von Drogenabhängigen hat ihre Ziele nicht erreicht. Deswegen setzen wir auf eine moderne Drogenpolitik, die über Risiken aufklärt, einen zuverlässigen Jugendschutz stärkt und Konsumierende nicht unter Generalverdacht stellt. Suchtkranke Menschen brauchen Hilfe, um wieder gesund zu werden. Statt wegzusehen oder Drogensüchtige zu stigmatisieren, muss es vielmehr darum gehen, den Betroffenen einen Weg aus der Sucht aufzuzeigen und sie dabei zu begleiten. Hierfür braucht es sowohl individuelle Hilfestellung durch eine akzeptierende Drogenhilfe als auch strukturelle Maßnahmen für Quartiere mit aktiver Drogenszene, wie sie sich insbesondere in Großstädten finden. Wir unterstützen den Ausbau von Therapie- und Substitutionsmöglichkeiten, die Einrichtung von Drogenkonsumräumen und Streetwork-Angebote. Mit Maßnahmen wie dem „Drug-Checking“ kann der Gelegenheitskonsum sicherer gemacht werden, weshalb auch eine finanzielle Förderung aus öffentlichen Mitteln in Frage kommt.
Frage 4
Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?
Antwort
Dies muss vom deutschen Bundestag entschieden werden.
Frage 5
Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?
Antwort
Das Land Hessen folgt der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 2 Absatz 12 Satz 1 StVG, wonach die Polizei verpflichtet ist, Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Da der Besitz von Cannabis in Zukunft legal ist, ist eine Meldung an die Führerscheinstelle nur dann erforderlich, wenn es einen Bezug zum Straßenverkehr gibt.
Frage 6
–
Frage 7
Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Antwort
Wir setzen uns für eine moderne Drogenpolitik ein, die über Risiken aufklärt, einen zuverlässigen Jugendschutz stärkt und Konsumierende nicht unter Generalverdacht stellt. Wir legen einen Schwerpunkt auf Aufklärung, Prävention von Suchterkrankung und den selbstbestimmten Umgang mit Drogen. Suchtkranke Menschen brauchen Hilfe, um wieder gesund zu werden. Statt wegzusehen oder Drogensüchtige zu stigmatisieren, muss es vielmehr darum gehen, den Betroffenen einen Weg aus der Sucht aufzuzeigen und sie auf diesem zu begleiten. Hierfür braucht es sowohl individuelle Hilfestellung durch eine akzeptierende Drogenhilfe als auch strukturelle Maßnahmen für Quartiere mit aktiver Drogenszene, wie sie sich insbesondere in Großstädten finden. Wir unterstützen den Ausbau von Therapie- und Substitutionsmöglichkeiten, die Einrichtung von Drogenkonsumräumen und Streetwork-Angebote. Einen weiteren Schwerpunkt setzen wir auf Aufklärung und Suchtprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – auch in Bezug auf nicht substanzbezogene Abhängigkeiten wie Spielsucht. Die dafür notwendige Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugend- und Suchthilfe wollen wir stärken.
Frage 8
Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes wie z.B. in Kanada?
Antwort
Wir unterstützen die vernunftgeleitete und zeitgemäße Drogenpolitik, die die Grünen in der
Bundesregierung nach jahrelangem Ringen endlich voranbringen.
Bisherige parlamentarische Aktivität
Hier verweisen die Grünen auf ihre Tätigkeit in der Landesregierung, in deren Rahmen sie “eine Vielzahl von Suchthilfeangeboten finanziert” und zudem “die vereinbarten Punkte aus dem Koalitionsvertrag unabhängig von einzelnen Initiativen umgesetzt” hätten. Konkret genannt werden die Erhöhung der Mittel für die Suchtprävention und 900.000 Euro für Hilfsangebote im Bahnhofsviertel.
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Wir als Teil der Landesregierung haben in der aktuellen Legislaturperiode eine Vielzahl von Suchthilfeangeboten finanziert. Aufgrund der Regierungsbeteiligung haben wir keine expliziten Anträge gestellt, sondern die vereinbarten Punkte aus dem Koalitionsvertrag unabhängig von einzelnen Initiativen umgesetzt. Das Ministerium für Soziales und Integration fördert im Rahmen der kommunalisierten Landesmittel die landesweit bei unterschiedlichen freien Trägern angesiedelten regionalen Fachstellen für Suchtprävention ebenso wie die Koordinierungsstelle Suchtprävention bei der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) e.V. Die Fachstellen für Suchtprävention sind mit hauptamtlichen Fachkräften besetzt, deren Aufgaben ausschließlich im Bereich Suchtprävention liegen. Mit den aktuell 28 Fachstellen für Suchtprävention ist eine flächendeckende Versorgung aller kreisfreien Städte beziehungsweise Landkreise gewährleistet. Die Mittel dafür wurden für die Jahre 2023/24 zusätzlich erhöht. Seit vielen Jahren wird beispielsweise ebenso die Substitutions- und Heroinambulanz Frankfurt, der Drogennotruf des Vereins BASIS e. V. und die Plätze der Einrichtung Fleckenbühl in Niederrad gefördert. Dieses Jahr ist das Land auf grüne Initiative hin in die Hilfen der Frankfurter Drogenpolitik eingestiegen. Die Nutzer*innen der Frankfurter Drogenhilfe kommen zu 56% aus dem Umland, daher sind wir unserer überregionalen Verantwortung nachgekommen und haben mit über 900.000 Euro die Hilfsangebote für Drogenkranke im Frankfurter Bahnhofsviertel unterstützt. Mit den Geldern sollen die aufsuchende Sozialarbeit im Bahnhofsviertel, die Unterstützung der Humanitären Substitution für Nicht-Versicherte und die Erweiterung der Öffnungszeiten des Angebots Nachtcafé oder weiterer Schutzräume finanziert werden. Der Haushaltsantrag läuft unter der Drucksache 20/10036.