Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.
Programm
Die Linke punktet sofort mit der Forderung nach einer echten Legalisierung von Cannabis samt Fachgeschäften. Begleitend zur erfolgten Entkriminalisierung von Cannabis sollen entsprechende Angebote der Suchthilfe sowie Präventionsangebote insbesondere für Jugendliche und Kinder ausgebaut werden. Für den Betrieb von Drug-Checking-Projekten und Drogenkonsumräumen soll eine Landesverordnung erlassen werden, damit Kommunen selbstständig entscheiden können, ob sie entsprechende Angebote einrichten wollen. Der Besitz geringer Mengen von illegalen Drogen soll zukünftig eingestellt werden können und eine bundeseinheitliche Geringe-Menge-Regelung angestrebt werden. Perspektivisch setzt man sich für die Entkriminalisierung des Besitzes aller Drogen ein. Außerdem sollen Präventionsarbeit und Suchthilfe bei Alkohol und Tabak sowie Substitutionsangebote für Opioidabhängige (auch in Haftanstalten) ausgebaut werden. Umfangreiches und starkes Programm!
Auszug aus dem Wahlprogramm
“Nach der Entkriminalisierung von Cannabis durch den Bundesgesetzgeber wollen wir entsprechende Kapazitäten der Suchthilfe ausbauen und spezielle Präventionsangebote insbesondere für Kinder und Jugendliche schaffen. Darüber hinaus stehen wir für eine tatsächliche Legalisierung von Cannabis statt bloßer Entkriminalisierung ein: Um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten und den Schwarzmarkt wirksam auszutrocknen, muss geprüftes Cannabis für den Eigengebrauch an lizensierten Verkaufsstellen erwerbbar sein. Konsumierende sollten nicht allein auf den aufwändigen Eigenanbau oder Anbauvereinigungen angewiesen sein” S. 38
“Drogen und Suchthilfe
Im staatlichen Umgang mit Drogen gilt für uns der Grundsatz: Gesundheitsschutz statt Kriminalisierung. Menschen mit Suchterkrankungen dürfen nicht stigmatisiert werden! Wir setzen uns dafür ein, die Suchthilfe auszubauen und Präventionsarbeit tabufrei zu betreiben. Der Besitz illegalisierter Substanzen sollte nicht länger kriminalisiert werden. Drug-Checking hat sich bereits international und in anderen Bundesländern als erfolgreiches Instrument einer schadensminimierenden Präventionsarbeit erwiesen. Substitutionstherapie muss allen Opioidkonsumierenden offenstehen. Der Zugang und die Behandlung müssen vereinfacht werden, vor allem auch in Haftanstalten. Dazu brauchen wir mehr Substitutionsärzt:innen. Die seit vielen Jahren bundesrechtlich legalisierten Konsumräume haben in unzähligen Notfällen Leben gerettet.
Wir wollen eine Landesverordnung erlassen, die für den Betrieb dieser Einrichtungen nötig ist, und den Kommunen die Entscheidungshoheit darüber geben, ob sie diese Räume einrichten wollen.
Süchte sind keine Straftaten. Überzogene Strafverfolgung stärkt die organisierte Kriminalität, behindert eine glaubwürdige Präventionsarbeit, erhöht die Hürden für die Drogen- und Suchthilfe und verhindert jeden Jugend- und Verbraucher:innenschutz. Repression werden wir daher zurückfahren und unnötige Härte bei Bagatelldelikten beenden. Stattdessen wollen wir die bestehenden Regelungen zum Umgang mit dem Besitz geringer Mengen illegalisierter Substanzen erweitern. Statt Konsumierende zu kriminalisieren, sollten nach dem Vorbild zahlreicher anderer Bundesländer zukünftig Strafverfahren aufgrund des Besitzes geringer Mengen von illegalisierten Substanzen eingestellt werden können. Außerdem wirken wir auf eine bundesweite Vereinheitlichung hin. Wir werden kommunale Beratungsstellen einrichten, deren Auftrag in einer ganzheitlichen Fürsorge besteht, die harte und aufwändige Strafprozesse überflüssig macht. Für uns gilt dabei zwingend der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei allen Verwaltungsakten, repressiven Maßnahmen und politischen Entscheidungen. Da Konsum allein keine Straftat ist und wir Repressionsmaßnahmen in diesem Kontext für ungeeignet halten, streben wir perspektivisch die Entkriminalisierung jeglicher Drogen an.
Die tödlichsten Drogen in Deutschland sind weiterhin die legalen und gesellschaftlich akzeptierten Drogen wie Alkohol und Tabakprodukte. In Sachsen gibt es zudem einen vergleichsweise starken Konsum von Crystal Meth. Auch im Bereich von Alkohol und Tabakprodukten wollen wir die Prävention und Suchthilfe stärken und Kampagnen für einen verantwortungsbewussten Umgang auf den Weg bringen.” S. 50f
“Wir fordern, dass die in den Strafvollzugsgesetzen des Freistaates Sachsen vorgegebene opferorientierte Vollzugsgestaltung umgesetzt wird. Wir wollen dafür sorgen, dass Gefangene öfter als bisher Opferempathie-Trainings absolvieren, sich an einem Opfer-Täter-Ausgleich im Vollzug beteiligen, ihre Opfer entschädigen und für die Gesellschaft gemeinnützig tätig werden. Wir wollen Therapie- und Behandlungsangebote in den Justizvollzugsanstalten, insbesondere Suchttherapie-Stationen, in Zusammenarbeit mit freien Trägern ausbauen. Gleichzeitig benötigen wir angemessene Nachsorgeangebote. Zu diesem Zweck sind im Strafvollzug ausreichend niederschwellige Sucht- und Drogenberatungen sowie adäquate Substitutionsbehandlungen erforderlich.” S. 82f
Die Linke in Sachsen überzeugt mit einem starken Programm inklusive klarem Bekenntnis zur Legalisierung. Mit der Forderung nach einer Entkriminalisierung aller Drogen beweist sie zudem Weitsicht. Im Gegensatz zu den Grünen haben sie verstanden, dass es nicht nur um Hilfe für “Abhängige” geht, sondern auch um Gesundheitsschutz für Konsumenten. Die Forderung nach einer Landesverordnung zum kommunalen Betrieb von Drug-Checking und Drogenkonsumräumen, adressiert konkrete Probleme in Sachsen (Drug-Checking Leipzig wartet auf Genehmigung). Parlamentarisch hat sich die Linke zudem vor allem in Form ihrer drogenpolitischen Sprecherin Juliane Nagel sehr aktiv gezeigt! Daher sind die Linken in Sachsen auch unser “Testsieger” der Landtagswahl.
Bisherige parlamentarische Aktivität
Die hessische Linke brachte verschiedene drogenpolitische Anträge in der letzten Legislaturperiode ein. Neben zwei Anträgen zum Nichtraucherschutz bzw. zur Versorgung von Drogen gebrauchenden Menschen in hessischen JVAs wurden auch drei Anträge zum Thema Cannabis eingebracht. Diese thematisierten Missstände bei der Versorgung mit Medizinalcannabis bzw. forderten die hessische Landesregierung kurz nach Bildung der Ampelkoalition auf Bundesebene auf, den damaligen Plan zur Legalisierung von Cannabis zu unterstützen sowie Maßnahme zur sofortigen Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten zu treffen (Heraufsetzen der Geringen Menge-Regelung, Absehen von Strafe bei Eigenanbau).
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Unsere Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag hat sich mit drei Anträgen im Themenbereich Cannabis in der laufenden Wahlperiode positioniert: Mit einem Berichtsantrag zu Medizinalcannabis haben wir auf die in diesem Bereich bestehenden Probleme hingewiesen (Drs. 20/1014). Mit unserem Antrag „Cannabisprodukte zum Eigenverbrauch ermöglichen“ (Drs. 20/2725) zielten wir insbesondere auf eine Anhebung der sog. geringen Menge in Hessen und die Unterstützung von Modellprojekten in Hessen. Unser dritter Antrag „Legalisierung von Cannabis als Genussmittel vorbereiten – staatliche Stellen von unnötigem Aufwand entlasten“ (Drs. 20/6981) warb mit Blick auf die angekündigte Entkriminalisierung durch die Ampel für vorbereitende Maßnahmen. Darüber hinaus haben wir im Rahmen der Überarbeitung des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes mit einem Änderungsantrag (Drs. 20/6623) für eine Stärkung des Gesundheitsschutzes von Beschäftigten und Kindern und Jugendlichen insbesondere vor den Gefahren des Passsivrauchens geworben. Auch haben wir die Situation von suchtmittelabhängigen Menschen im Justizvollzug (Drs. 20/705) zum Thema gemacht. Sämtliche Initiativen wurden durch die Koalition aus CDU und Bündnis 90 / Die Grünen abgelehnt.
Antworten auf Wahlprüfsteine
In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine nutzt die Linke die Chance, all die Leerstellen des Wahlprogramms zu füllen. Sie unterstützt die Vorhaben der Ampelregierung und verweist auf einen zurückliegenden Antrag für ein Modellprojekt in Wiesbaden, an dem man beteiligt war. Zurecht wird daran erinnert, dass die Anbauclubs schon immer das bevorzugte Modell der Linken waren. Eine vollständige Legalisierung von Cannabis befürwortet man genauso wie die Etablierung von Drug-Checking in Hessen. Bezüglich unserer Führerscheinfragen zeigt die Linke klare Kante und fordert ein Ende der Diskriminierung von Cannabiskonsumenten im Straßenverkehrsrecht und die Einstellung der Meldungen von Besitzdelikten bei der Führerscheinbehörde. In der nächsten Legislaturperiode will man die Prävention und Suchthilfe maßgeblich stärken, mit Spritzenautomaten oder Spritzenaustauschprogrammen auch in JVAs neue Wege gehen und Modellprojekte in Hessen begleiten.
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Frage 1
Wie stehen Sie zu den Plänen der Bundesregierung, den Besitz geringer Mengen Cannabis (lt. Gesetzentwurf 25g) und den privaten Anbau einiger Cannabispflanzen für den Eigenkonsum zu erlauben sowie Cannabis- Anbauvereine einzuführen?
Antwort
DIE LINKE. Hessen unterstützt die vorgeschlagenen Maßnahmen als wichtige Schritte der Entkriminalisierung und Legalisierung von Cannabis. DIE LINKE favorisiert schon lange das Modell der Cannabis Social Clubs und begrüßt, dass dieses im aktuellen Gesetzesvorhaben abgebildet ist.
Frage 2:
In einem weiteren Gesetzesvorhaben ist geplant, kommunale, wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, die die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforschen sollen. Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?
Antwort
DIE LINKE. Hessen unterstützt die vorgeschlagenen Modellprojekte und befürwortet eine Einrichtung auch in Hessen. Dies haben wir auch bereits in einem Antrag im Jahr 2020 deutlich gemacht (s. Frage 6). Kommunen mit LINKER Regierungsbeteiligung wie die Landeshauptstadt Wiesbaden haben bereits Anträge beschlossen, die auf die Bewerbung als Modellregionen abzielen.
Frage 3
Vor Kurzem wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland? Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?
Antwort
Ja, DIE LINKE. Hessen befürwortet die Einführung von Drug Checking-Angeboten in Hessen und wir sind auch gewillt diese zukünftig mit Landesmitteln zu fördern.
Frage 4
Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?
Antwort
Ja, die diskriminierende Gesetzeslage in diesem Bereich muss umgehend angegangen werden. Bereits 2020 hatte unsere LINKE-Bundestagsfraktion erstmalig eine Anhörung zu diesem Thema im Deutschen Bundestag durchgesetzt. Spätestens zu den geplanten Entkriminalisierungsvorhaben muss auch diese Frage zwingend gelöst werden.
Frage 5
Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?
Antwort
Diese Praxis halten wir für juristisch höchst fragwürdig und setzen uns für die umgehende Beendigung ein.
Frage 6
–
Frage 7
Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Antwort
DIE LINKE. Hessen wird weiterhin eine Stimme für Liberalisierung und Entkriminalisierung bei gleichzeitiger Stärkung der Suchtprävention, insbesondere im Bereich von Kindern und
Jugendlichen, und Gesundheitsschutz sein. Perspektivisch setzen wir uns für eine Regulierung des Drogenmarktes unter staatlicher Kontrolle ein, wobei nicht die Frage von Legalität oder Illegalisierung im Mittelpunkt stehen sollte, sondern passende Beratung und gegebenenfalls Hilfe. Dabei müssen die vielfältigen Ursachen von Drogenmissbrauch und Sucht in den Blick genommen werden statt vorrangig auf Kriminalisierung und Verbote zu setzen. In der kommenden Wahlperiode wollen wir die Umsetzung der Cannabisentkriminalisierung erfolgreich in Hessen vorantreiben, die Prävention, Suchthilfe und Substitutionsprogramme maßgeblich stärken und beispielsweise auch in den Justizvollzugsanstalten mit Spritzenautomaten oder Spritzenaustauschprogrammen neue Zugänge wählen. Für das Frankfurter Bahnhofsviertel werden wir der Zunahme repressiver Sicherheitsmaßnahmen durch einen neuen Anlauf für einen finanziell gut ausgestatteten Frankfurter Weg entgegentreten.
Frage 8
Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes wie z.B. in Kanada?
Antwort
DIE LINKE. Hessen unterstützt die vollständige Legalisierung von Cannabis unter Beachtung des Gesundheits- und Jugendschutzes und dem Ausbau suchtpräventiver Maßnahmen.