Wahlanalyse zur Landtagswahl in Bremen am 14.05.2023

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Auf KandidierendenCheck.de könnt ihr schauen, mit welchem Kandidaten ihr am meisten übereinstimmt. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen! Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge”, beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.

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Was bisher geschah & Wahlprognose

Schon die Rot-Grüne Koalition von 2015 bis 2019 hatte sich einiges vorgenommen, unter anderem die Entkriminalisierung der Konsumenten durch Heraufsetzung der “Geringen-Menge” Cannabis, bis zu der die Strafverfahren eingestellt werden können. Das war dann trotzt starker Bemühungen der Grünen leider zunächst an der SPD unter Carsten Sieling gescheitert. In der neuen Koalition von SPD, Grünen und Linken seit 2019 gab die SPD jedoch ihren Widerstand auf, so dass die Geringe Menge auf das liberale Berliner Niveau angehoben werden konnte (10-15g). Auch eine Bundesratsinitiative für die rechtliche Klarstellung kommunaler Cannabis-Modellprojekte brachte Bremen auf den Weg, die allerdings keine Mehrheit fand. Andere Pläne der Koalition wie die Entkriminalisierung von 4 Hanfpflanzen zum Eigenanbau und Verbesserungen im Führerscheinrecht scheiterten ebenfalls.

Im bundesweiten Vergleich gehörte Bremen damit trotzdem zu den liberalsten Bundesländern. Konkrete Verbesserungen wurden umgesetzt bzw. wurden zumindest ernsthafte Initiativen auf Bundesebene gestartet. Das können insbesondere Grüne und Linke als Erfolg verbuchen. Die SPD hat zuletzt immerhin mitgemacht.

Welche Koalition in Bremen als nächstes ans Ruder kommen wird, bleibt spannend. Laut aktuellen Umfragen könnte es zu einem Machtwechsel und einer CDU-geführten Regierung kommen. Wählen gehen könnte sich lohnen.

Umfragen: https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/bremen.htm

Das Wahlprogramm der Bremer SPD enttäuscht. Es enthält keine positiven Aussagen zu Cannabis und scheint der law-and-order-CDU etwas entgegensetzen zu wollen. Erst die Wahlprüfsteine offenbaren eine fortschrittliche Haltung der Sozialdemokraten – mit einem klaren Bekenntnis zur Legalisierung inklusive Eigenanbau, einer Angleichung von Cannabis und Alkohol im Führerscheinrecht und der Ankündigung einer weiteren Modellprojekt-Initiative, falls die Legalisierung scheitern sollte. Dass wir der SPD diese Positionen erst auf Anfrage entlocken konnten, führt zu einer eingeschränkten Wahlempfehlung. 

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Was sich die Bremer Grünen politisch vorgenommen haben, klingt gut und ambitioniert. In Bezug auf Cannabis sind alle Positionen sehr vernünftig: Legalisierung als politisches Ziel verfolgen, Konsumenten bis dahin entkriminalisieren und das Führerscheinrecht allgemein anpassen. Auch der Ausbau niederschwelliger Aufklärung und Hilfe für Drogengebrauchende aller Art ist zu begrüßen. Insgesamt wirkt das drogenpolitische Programm fortschrittlich und auf der Höhe der Zeit. Hanffreunde können hier ihr Kreuz machen!

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Die Drogenpolitik der Bremer CDU verkennt den aktuellen Stand der Wissenschaft und ist hauptsächlich strafrechtlich orientiert. Drogengebrauchende sollen entweder marginalisiert und verdrängt  oder zur Abstinenz gebracht werden. Der strikte “law and order”-Kurs gegen Händler ist unterschwellig mit rassistischen Vorurteilen gespickt. Wahrscheinlich versucht man so die AFD-Wähler in Bremen abzuholen, nachdem die AFD aufgrund langwieriger interner Querelen nicht an der Wahl teilnehmen wird. Wir können jedem Hanffreund nur empfehlen, die CDU nicht zu wählen!

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Die Linken haben ein sehr fortschrittliches Wahlprogramm abgeliefert. Man bekennt sich klar zur Cannabislegalisierung und will Bremen zum Vorreiter eines neuen Umgangs mit Cannabis machen. Auch die restlichen drogenpolitischen Forderungen sind weitreichend und sehr fortschrittlich. Spektakulärstes Beispiel ist sicherlich das geplante Modellprojekt zur Abgabe von Crack. Klare Wahlempfehlung!

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Das Wahlprogramm der FDP bietet leider wenig bezüglich Cannabis. Die weiteren drogenpolitischen Programmpunkte sind überwiegend positiv, mit Ausnahme der Forderung, den Verfolgungsdruck für den Handel um den Hauptbahnhof zu erhöhen.
Bei den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine findet sich ein klares Bekenntnis zu einer modernen Cannabispolitik. Aber das Herumlavieren bei der Festsetzung eines konkreten THC-Grenzwertes ist anscheinend deutschlandweite Parteilinie und trübt den ansonsten soliden Eindruck deutlich. Daher nur eingeschränkte Wahlempfehlung.

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Die AfD konnte sich intern nicht auf eine Wahlliste einigen und wurde daher vom Landeswahlleiter von der Wahl ausgeschlossen.

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Bei der CDU müssen wir ganz klar vor der Wahl warnen! Sowohl das Wahlprogramm als auch die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine erinnern an einen schlimmen Ausflug in die 80er Jahre. Die CDU will die Cannabislegalisierung verhindern, an der Ersatzstrafe Führerscheinrecht festhalten und predigt Abstinenz als einzige Option im Umgang mit allen Drogen außer Alkohol und Tabak. In Abwesenheit der AfD werden zudem rassistische Klischees bedient, um am rechten Rand nach Wählern zu fischen. Finger weg, Hanffreunde!

Für die SPD können wir nur eine eingeschränkte Wahlempfehlung geben. Das politische Handeln in der letzten Amtszeit war zwar in Bezug auf Cannabis durchaus positiv. Allerdings wurde die SPD vor allem von ihren Koalitionspartnern in die richtige Richtung “gebeten”. Das aktuelle Wahlprogramm enttäuscht mit “law and order”-Ansätzen und einer Forderung zur Verschärfung des Verkehrsrechts im Bereich Drogen. Die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine waren dagegen positiv und relativieren einige Aussagen des Wahlprogramms. Weder Fisch, noch Fleisch. Könnte man wählen.

Die FDP hat ein drogenpolitisch modernes Wahlprogramm, das jedoch an einzelnen Stellen etwas vage bleibt. Zum Beispiel begrüßt man Drug-Checking, will dies nach liberaler Logik allerdings privat finanzieren lassen. Für welche Investoren dies interessant sein sollte, bleibt fraglich. Die Antworten zu unseren Wahlprüfsteinen waren größtenteils sehr positiv und verdeutlichen ein klares Bekenntnis zu einer modernen Cannabispolitik. Allerdings beginnt beim Thema THC-Grenzwerte der Eiertanz. Dieses nervige Verhalten kennen Hanffreunde bereits vom FDP-Verkehrsminister Wissing. Daher ebenfalls nur eine eingeschränkte Wahlempfehlung.

Die Grünen überzeugen sowohl beim Wahlprogramm als auch bei den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine. Es ist ein klares Bestreben in Richtung einer modernen Drogenpolitik zu erkennen, die auf Aufklärung, Mündigkeit und niederschwellige Hilfsangebote setzt. Das spiegelt sich auch beim Thema Cannabis wider: Legalisierung als klares Ziel verfolgen, Konsumenten bis dahin entkriminalisieren, faire Führerscheinregelung auf den Weg bringen. Hier können Hanffreunde beruhigt ihr Kreuz machen!

Eine klare Wahlempfehlung kann man auch für die Linke aussprechen. Das sehr fortschrittliche Wahlprogramm gefällt und beinhaltet radikale und mutige Schritte wie die Abgabe von Crack in Modellprojekten oder die Etablierung einer “Geringe-Menge”-Regelung für alle Drogen. Auch in Bezug auf Cannabis lesen sich sowohl das Wahlprogramm als auch die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sehr gut. Die Linke wartet als einzige Partei mit einem konkreten THC-Grenzwert auf. Das nennt man in Bremen wohl “Butter bei die Fische”.  Die Bremer Linke könnt ihr wählen!

Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:

LINKE, SPD, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

CDU: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Bürgerschaftswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: