Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.
Programm
Die CDU verfolgt in ihrem Wahlprogramm einen klaren Law and Order- Kurs. Alle Drogendelikte sollen konsequent geahndet und Drogengebrauchende auf den Weg der Abstinenz gebracht werden. Cannabis wird nicht gesondert erwähnt. Zudem plant die CDU ein Alkohol- und Drogenkonsumverbot rund um den Hauptbahnhof und die Verdrängung der dortigen Szene.
Der Verfolgungsdruck beim Drogenhandel soll gesteigert werden. In diesem Zusammenhang werden auch rassistische Stereotype bemüht, indem auf Clan Kriminalität hingewiesen und eine konsequente und zügige Abschiebepraxis als Ziel formuliert wird.
Die Abstinenz wird als oberstes Ziel definiert und die Drogenhilfe soll in staatlicher Hand neu organisiert werden. Klinische stationäre Entzugsplätze sollen dazu ausgebaut werden.
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Auszug aus dem Wahlprogramm
Bahnhofsvorstadt für die Menschen als Tor zu Stadt gewinnen Schnittstelle(n): Mobilität, Sicherheit, Gesundheit, Arbeit und Soziales
“Der Bremer Hauptbahnhof ist ein zentraler Verkehrsknotenpunkt, der täglich von tausenden Pendlern, Touristen, Kindern und Jugendlichen genutzt wird. Leider sind der Bahnhof und die Bahnhofsvorstadt zunehmend durch menschliches Elend, insbesondere durch drogen- und alkoholkranke Menschen, Kriminalität und soziale Härten geprägt. […] Um den Bremer Bahnhofsbereich wieder zur Visitenkarte Bremens und einem echten Eingangstor zu einer Stadt mit Aufenthaltsqualität zu machen, werden wir im Bereich des Bahnhofumfeldes ein generelles Alkohol- und Drogenkonsumverbot sowie ein Alkoholverkaufsverbot einführen. Um das Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken, werden wir das offensive Betteln am Hauptbahnhof verbieten.” S.39
Null-Toleranz Strategie gegen Clan Kriminalität – Schnittstelle(n): Sicherheit & Lebenswerte Städte
“Verstärkte Ermittlungen im Bereich Geldwäsche, Steuerbetrug, Korruption und Drogenhandel durchzuführen,” S. 53
Eine Drogenpolitik, die Betroffenen wirklich hilft – Schnittstelle(n): Lebenswerte Städte, Soziales, Gesundheit
“Wir stellen den Gesundheits- und Jugendschutz in den Mittelpunkt der Drogenpolitik, und lassen Betroffene und ihre Angehörigen mit den Problemen nicht allein. Wir werden die Aufklärung verstärken und Beratungs-, Hilfs- und Therapieangebote weiter ausbauen. Durch konzentrierte und kontinuierlich durchgeführte Schwerpunktmaßnahmen werden wir die Aufdeckung und Zerschlagung der Dealerstrukturen verfolgen und mit konsequenter Ahndung aller Drogendelikte den florierenden Betäubungsmittelhandel insbesondere im Bahnhofsumfeld bekämpfen.” S. 53
Zügige Strafverfahren als reale Konsequenz
“Zudem wollen wir generell verstärkte Ermittlungen im Bereich Geldwäsche, Steuerbetrug, Korruption und Drogenhandel durchführen und die Vermögensabschöpfung intensivieren. Straffällige und vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer werden wir konsequent in ihre Heimatländer zurückführen”. S. 55
Drogenausstiegsräume statt Drogenkonsumraum – Schnittstelle(n): Gesundheit, Sicherheit, Arbeit und Soziales
“Wir wollen suchtkranken Menschen eine echte Perspektive bieten. Auch diese Form von Krankheit gehört nicht auf die Straße, sie gehört in die Obhut diagnostischer und therapeutischer Medizin. Dabei steht der Entzug im Mittelpunkt aller Hilfsangebote. Raus aus der Abhängigkeit, rein in ein gesundes und selbstbestimmtes Leben. Ein Drogenkonsumraum kann hierzu bestenfalls eine Durchlaufstation sein: über sicheren Konsum auf Zeit, Substitution, Beratung und Überführung in den klinischen Entzug. Staatlich geförderten Konsum auf Dauer und damit Verbleib in Sucht und Beschaffungskriminalität lehnen wir ab. Wir werden das gesamte Drogenhilfesystem im Land Bremen einer externen fachlichen Evaluation unterziehen, Provisorien nicht länger teuer finanzieren. Das Geld ist besser angelegt in zusätzlichen Substitutions- und Entzugsplätzen, klinisch stationär gebunden und ausgestattet mit medizinischem Fachpersonal. Die gesundheitspolitischen Ziele sind hierbei eng an die Person gebunden und abzustimmen mit Erfordernissen sozialtherapeutischer Unterstützung. Das Drogenhilfesystem gehört in staatliche behördliche Hand, nicht in Trägerzuständigkeit. Wir wollen das System der Drogen- und Alkoholsuchthilfe über feste Stellen für qualifizierte Fachkräfte in den Gesundheitsämtern andocken.
Wir werden:
● die Substitutionsangebote für Drogenkranke in einem gebotenen Mindestabstand vom Bahnhofsumfeld und dem Drogenkonsumraum neu organisieren,
● einen festen und integrierten Drogenkonsumraum im Innenstadtbereich schnellstmöglich in der zweiten Jahreshälfte 2023 eröffnen,
● die Eröffnung eines weiteren Drogenkonsumraums in Bremen-Nord prüfen,
● die Unterstützungsangebote für Drogenabhängige und Obdachlose rund um den Bremer Hauptbahnhof konsequent neu justieren und alle Hilfsangebote zentriert etablieren.” S. 98f
Antworten auf Wahlprüfsteine
In der Beantwortung unserer Wahlprüfsteine verdeutlicht die Bremer CDU ihre radikale Ablehnung einer neuen Cannabispolitik und begründet ihre Position absolut unwissenschaftlich. Eine Legalisierung lehnt man mit Verweis auf die widerlegte Einstiegsdrogen-Theorie ab, Modellversuche ebenso, Drugchecking wird als Maßnahme zur Verharmlosung des Drogenkonsums gesehen, die Ungleichbehandlung von Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr soll aufrecht erhalten und Besitzdelikte bei der Führerscheinstelle gemeldet werden. Insgesamt ist die Drogenpolitik der Bremer CDU im Denken der 80er Jahre stehen geblieben und blendet die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte aus!
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Frage 1
Die Bundesregierung plant den Cannabismarkt zu regulieren. Dieser Prozess dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?
Antwort
Entgegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, das 1994 in seiner „Cannabis-Entscheidung“ ausführte, dass die Länder verpflichtet sind, für eine wesentlich einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen, hat die rot-rot-grüne Regierung in Bremen bereits 2020 für eine Anhebung der „Nicht geringen Menge“ in Bremen auf 15 Gramm gesorgt. In keinem Fall soll diese Grenze noch weiter angehoben werden, eher sollte aus unserer Sicht eine Anpassung zurück zu den 6 Gramm, stattfinden. Eine bundeseinheitliche Vorgehensweise ist dabei anzustreben.
Frage 2:
Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftl. oder öffentl. Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuche für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?
Antwort
Die Bremer CDU lehnt einen solchen Modellversuch zum legalen Verkauf von Cannabis weiterhin ab.
Frage 3
Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?
Antwort
Wir sehen in der Qualitätskontrolle von Substanzen wie Cannabis – bis zur Umsetzung der Regulierung des Cannabis Marktes – kein anzustrebendes Ziel. Viel mehr warnen wir weiterhin vor dem Konsum illegaler und psychoaktiver Drogen und wollen den Ausstieg aus der Drogensucht fördern. Maßnahmen, die den Konsum unmittelbar fördern oder indirekt verharmlosen, lehnen wir ab. Wir werden die Aufklärung verstärken und Beratungs-, Hilfs- und Therapieangebote weiter ausbauen.
Frage 4
Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert)als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?
Antwort
Nein, gerade im Straßenverkehr würde die Legalisierung von Cannabis zu einem erhöhten Aufkommen von Fahrten unter Drogeneinfluss führen und demzufolge auch potenziell zu mehr Verkehrsunfällen. Eine kanadische Studie aus 2021 hat in diesem Zusammenhang gezeigt, dass sich die Verkehrsunfälle unter Einfluss von Drogen seit der dortigen Legalisierung von Cannabis um 30% gesteigert haben. Das wiederum würde einen erhöhten Bedarf an Verkehrskontrollen durch die Polizei nach sich ziehen, mehr Verkehrsunfallaufnahmen etc., somit also zu einem noch größeren Personalbedarf bei der Polizei, wobei die rot-rot-grüne Regierung in Bremen sich von der Legalisierung eigentlich die Entlastung der Ermittlungsbehörden verspricht. Zudem hat laut der kanadischen Studie auch die Zahl der Cannabiskonsumenten von 14 auf 17 Prozent zugenommen.
Frage 5
Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?
Antwort
Eine Meldung der Polizei an die Führerscheinstelle führt noch nicht zu einem Fahrverbot oder dem Entzug der Fahrerlaubnis, daher halten wir diese für unschädlich.
Frage 6
Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)
Antwort
Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat folgende Initiativen (ohne Fragen in der Fragestunde) in der laufenden Legislaturperiode der Bremischen Bürgerschaft auf den Weg gebracht:
• Kleine Anfrage der Fraktion mit dem Titel „Bestrebungen zur kontrollierten Abgabe von Cannabis im Land Bremen“ (Drs. 20/1267) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/3xYH5fn
• Antrag mit dem Titel „Rot-Grün-Rot kapituliert vor den Problemen am Bremer Hauptbahnhof – Drogenhandel bekämpfen, Drogenkonsumraum schaffen, öffentlichen Raum wieder nutzbar machen“ (Drs. 20/800 S) https://bit.ly/3ZbeMX6
• Große Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion „Zwischen Angstraum und Freiraum – werden die gesundheitspolitischen Ziele des Senats durch einen Drogenkonsumraum als “Public-Health-Maßnahme” in der Stadt Bremen erreicht?“ (Drs. 20/752S) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/3Y7016m
• Antrag mit dem Titel „Alkohol- und Drogenkonsum am Bremer Hauptbahnhof“ (Drs. 20/647S) https://bit.ly/3Zn8Cmg
• Kleine Anfrage mit dem Titel „Wird der steigende THC-Gehalt in Cannabis zur Gefahr für Konsumenten?“ (Drs. 20/450) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/41pJi0S
• Kleine Anfrage mit dem Titel „Cannabis und illegale Betäubungsmittel im schulischen Umfeld des Landes Bremen: Konsum, Sanktion und Prävention“ (Drs. 20/57S) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/3Iz7V2J
Frage 7
Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Antwort
Die Planung von parlamentarischen Initiativen in der 21. Legislaturperiode obliegt allein den am 14. Mai zu wählenden Abgeordneten und der von diesen dann zu bildenden CDU-Bürgerschaftsfraktion. Der CDU Landesverband wird hierzu keine Vorgaben oder Planungen erstellen.
Frage 8
Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?
Antwort
Nein, die Bremer CDU würde im Bundesrat gegen die Legalisierung von Cannabis stimmen. Wir halten Cannabis weiterhin für eine gefährliche Einstiegsdroge und sprechen uns lediglich für die Verwendung im medizinischen Kontext aus.
Bisherige parlamentarische Aktivität
Die drogenpolitischen Aktivitäten der Bremer CDU umfassen drei kleine und eine große parlamentarische Anfragen sowie zwei Anträge. Die drei kleinen Anfragen thematisierten alle Cannabis (im Kontext Schule, Entwicklung THC-Gehalt, Positionierung des Bremer Senats zur geplanten Legalisierung). Die große Anfrage zweifelte die gesundheitspolitischen Erfolge von Drogenkonsumräumen in Bremen an. Ein Antrag forderte die Schaffung einer Drogen- und Alkoholverbotszone um den Hauptbahnhof. Der andere Antrag verlangte ein strikteres Vorgehen gegen den Drogenhandel am Hauptbahnhof sowie die Zentralisierung der Drogenhilfe an einem Ort. Beide Forderungen finden sich auch im neuen Wahlprogramm wieder.
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• Kleine Anfrage der Fraktion mit dem Titel „Bestrebungen zur kontrollierten Abgabe von Cannabis im Land Bremen“ (Drs. 20/1267) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/3xYH5fn
• Antrag mit dem Titel „Rot-Grün-Rot kapituliert vor den Problemen am Bremer Hauptbahnhof – Drogenhandel bekämpfen, Drogenkonsumraum schaffen, öffentlichen Raum wieder nutzbar machen“ (Drs. 20/800 S) https://bit.ly/3ZbeMX6
• Große Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion „Zwischen Angstraum und Freiraum – werden die gesundheitspolitischen Ziele des Senats durch einen Drogenkonsumraum als “Public-Health-Maßnahme” in der Stadt Bremen erreicht?“ (Drs. 20/752S) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/3Y7016m
• Antrag mit dem Titel „Alkohol- und Drogenkonsum am Bremer Hauptbahnhof“ (Drs. 20/647S) https://bit.ly/3Zn8Cmg
• Kleine Anfrage mit dem Titel „Wird der steigende THC-Gehalt in Cannabis zur Gefahr für Konsumenten?“ (Drs. 20/450) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/41pJi0S
• Kleine Anfrage mit dem Titel „Cannabis und illegale Betäubungsmittel im schulischen Umfeld des Landes Bremen: Konsum, Sanktion und Prävention“ (Drs. 20/57S) Frage und Antwort des Senats: https://bit.ly/3Iz7V2J
Die Drogenpolitik der Bremer CDU verkennt den aktuellen Stand der Wissenschaft und ist hauptsächlich strafrechtlich orientiert. Drogengebrauchende sollen entweder marginalisiert und verdrängt oder zur Abstinenz gebracht werden. Der strikte “law and order”-Kurs gegen Händler ist unterschwellig mit rassistischen Vorurteilen gespickt. Wahrscheinlich versucht man so die AFD-Wähler in Bremen abzuholen, nachdem die AFD aufgrund langwieriger interner Querelen nicht an der Wahl teilnehmen wird. Wir können jedem Hanffreund nur empfehlen, die CDU nicht zu wählen!