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Malta: Wie man Cannabis Social Clubs nicht reguliert!

Nachdem bereits in der letzten Woche erste Details der zukünftigen Regeln für Cannabis Social Clubs (CSCs) in Malta in den Medien kursierten, veröffentlichte die maltesische Regulierungsbehörde ARUC (Authority for the Responsible Use of Cannabis) eine Vorabinformation zu den Richtlinien, die noch im Februar veröffentlicht werden sollen.

Die zukünftigen CSCs in Malta werden unter der Bezeichnung “Cannabis Harm Reduction Associations” (CHRA) firmieren. Diese Bezeichnung ist bereits ein Fingerzeig für die folgenden Bestimmungen, die scheinbar Schadensminimierung im Umgang mit Cannabis durch Überregulierung  und  Unterbindung des sozialen Aspekts eines CSCs erreichen möchten. 

Die CHRAs sollen nicht gewinnorientiert arbeiten und als einzigen Zweck den Anbau und die Abgabe von Cannabis an ihre Mitglieder verfolgen. Die maximale Mitgliederzahl eines CHRAs beträgt 500 Personen. Mitglieder dürfen Personen ab 18 Jahren mit Wohnsitz in Malta sein. Die Mitgliedschaft ist auf einen Verein beschränkt.
Gründungsmitglieder und Mitglieder, die besondere Funktionen innerhalb der Vereinigung innehaben, müssen mindestens 5 Jahre in Malta registriert sein. Der “key officer”, also Geschäftsführer des CHRA, muss zudem “entsprechend qualifiziert sein oder über mindestens 5 Jahre Managementerfahrung verfügen” und durch die ARUC genehmigt werden. Diese unklare Beschreibung lässt willkürliche Ablehnungen von hauptverantwortlichen Personen durch die Behörde befürchten. Ob es überhaupt Menschen gibt, die diesen Job freiwillig übernehmen werden, ist ohnehin fraglich. Denn diesem Geschäftsführer wird die Verantwortung auferlegt, alle Aktivitäten des Vereins persönlich zu beaufsichtigen. Das klingt nach bedrohlichen Konsequenzen, falls diese verantwortliche Person eine Verfehlung anderer übersieht.

Es dürfen ausschließlich Blüten produziert und abgegeben werden. Andere weiterverarbeitete Produkte wie Edibles oder Extrakte sind streng verboten und werden dem Schwarzmarkt überlassen. Der Anbau muss vom Samen bis zur Ernte durch die CHRA erfolgen. Pflanzen, Pflanzenteile oder Cannabisblüten dürfen durch die CHRA nicht von Dritten bezogen werden. Eventuelle Ernteausfälle könnten so nicht durch Zukäufe kompensiert werden. Der Austausch besonderer Genetiken mittels Stecklingen zwischen verschiedenen Vereinen wird legal unmöglich.

Der Konsum vor Ort wird nicht gestattet. Dadurch wird es in Malta weiterhin nur möglich sein, in privaten Wohnungen und Häusern Cannabis zu konsumieren. Der soziale Aspekt eines CSC wird mit all seinen gesundheitspolitischen Vorteilen konterkariert. Werbung für die CHRAs, egal ob online oder offline, ist streng verboten.

Der Kultivierungsbereich und der Ausgabebereich für die Blüten müssen örtlich getrennt sein. Beide Immobilien müssen bei der ARUC registriert und genehmigt werden. Sie dürfen von außen nicht erkennbar oder einsichtig sein. Ein Mindestabstand von 250 m von Schulen oder Jugendeinrichtungen ist für beide Bereiche einzuhalten.
Technische und organisatorische Standards für die Gestaltung der Räumlichkeiten, die Anbaumethoden (!), die Testverfahren und Verpackungen der Produkte werden durch die ARUC bekannt gegeben. Ein Abweichen von diesen Standards beim Anbau ist nur nach ausdrücklicher Genehmigung durch die ARUC möglich! Etwaige Baugenehmigungen für die entsprechenden Immobilien sind gesondert einzuholen.

Ein Businessplan für die ersten drei Jahre muss mit der Bewerbung um eine Lizenz abgegeben werden. Die Anmeldegebühr für die Bewerbung beträgt 1000 €. Zusätzlich fällt eine jährliche Lizenzgebühr an, die nach Mitgliederzahl gestaffelt ist. Über deren genaue Höhe macht die ARUC bisher keine Angaben. In den Medien kursierte eine Lizenzgebühr in Höhe von 8.750 €  für die kleinste Vereinsgröße bis maximal 50 Mitglieder.

Die Statuten sehen einen geschäftsführenden Vorstand von mindestens drei Personen und die Besetzung von sechs Verantwortungsbereichen wie “Growing”, “Sicherheit” oder “Abgabe an die Vereinsmitglieder” vor.  Die für diese Bereiche verantwortlichen Personen können vom Vorstand bestimmt werden, die Vorstandsmitglieder können aber auch selbst Verantwortungsbereiche übernehmen. Nur die Produkttestung muss von einer vom Verein unabhänigigen Person besetzt werden. Eine Person kann mehrere Positionen besetzen, dies bedarf allerdings einer Erlaubnis seitens der ARUC, die darüber nach eigenem Ermessen entscheiden kann. Für die Besetzung aller notwendigen Posten sind also mindestens vier, maximal neun Personen erforderlich. Die Hauptverantwortlichen, Angestellten und Gründungsmitglieder müssen Schulungen zu “harm reduction”-Methoden absolvieren. Die CHRAs müssen “Mechanismen der harm reduction” übernehmen. Wie genau diese aussehen, bleibt unklar. 
Alle Ausgaben der CHRA wie Gehaltskosten, Gebühren und Dienstleistungen müssen auf einem üblichen Niveau sein. Finanzberichte müssen regelmäßig an die ARUC übersandt werden. Es werden strenge Überprüfungen zur Bekämpfung von Geldwäsche angekündigt.

Die strengen Regularien, die die ARUC für CSCs präsentiert, könnten fast die Vermutung aufkommen lassen, dass eine erfolgreiche Versorgung der Bevölkerung mittels CSCs in Malta politisch nicht gewünscht ist. Einige Formulierungen erwecken den Anschein, dass die Cannabis Community noch immer unter Generalverdacht gestellt und Cannabiskonsum als unerwünscht betrachtet wird.
Das Konzept eines Cannabis Social Clubs ohne soziale Komponente, dafür mit überbordender Regulierung und extrem begrenztem Angebot, ist zum Scheitern verurteilt. Denn die administrativen, finanziellen und rechtlichen Hürden sind so groß, dass das Ergebnis den Aufwand kaum rechtfertigt. Wenn sich der deutsche Gesetzgeber also anschauen möchte, wie man CSCs nicht reguliert, kann man nur einen Blick nach Malta empfehlen! 

Der DHV wirbt schon seit vielen Jahren für die Idee der Cannabis Social Clubs. 2012 gab es dazu eine Anhörung im Bundestag, zu der DHV-Sprecher Georg Wurth schriftlich und persönlich als Sachverständiger Stellung genommen hat. CSCs gehörten auch zu den vier wichtigsten Forderungen an die Ampel-Regierung, die wir vor einem Jahr präsentiert hatten, lange vor den ausführlichen DHV-Eckpunkten, in denen sich die CSCs ebenfalls wiederfinden. Georg Wurth ist auch aktuell als Sachverständiger in einige interne Beratungsprozesse der Regierung zum Legalize-Gesetz eingebunden, wo er bereits genau vor solchen Entwicklungen wie in Malta gewarnt und allgemein dafür geworben hat, für Eigenanbau und CSCs nicht die gleichen strengen Kriterien anzuwenden wie für große kommerzielle Produktionsstätten der Cannabiskonzerne. “Keep it simple” muss die Devise sein, sonst werden die CSCs von Bürokratie und Vorschriften erstickt. Wir werben auch für die Einbindung des Dachverbands der Cannabis Social Clubs Deutschland (CSCD) bei der Gestaltung des künftigen Regelwerks.


Kommentare

6 Antworten zu „Malta: Wie man Cannabis Social Clubs nicht reguliert!“

  1. PeterWolf

    Malta
    In der maltesischen Presse stand aber, dass jede Person über 18 Jahren Mitglied in diesen Vereinen werden kann, auch ohne maltesischen Wohnsitz.
    Bei uns in l‘Isla (Senglea) gibt es auch schon seit letztem Jahr einen legalen Cannabissamenhändler, vier Pflanzen pro Dachgarten sind erlaubt, was weit mehr als die erlaubte Menge produziert.
    Verkaufen ist nicht erlaubt, aber „teilen“.
    Zur Zeit ist das die progressivste Regelung in der EU (ausser vlt. Nederlands).
    Da könnt ihr in Deutschland nur von träumen!
    Am Rande, ich kiffe nicht.

    Viele Grüße aus Malta

    1. Nantke Garrelts

      Lieber PeterWolf,
      Lieber PeterWolf,

      ich bin Gesundheitsjournalistin und recherchiere gerade zu Cannabispolitik international. Hätten Sie Lust auf ein Gespräch? Mein Kontakt ist

      Mit besten Grüßen,

      Nantke Garrelts

  2. Eindeutig Überreguliert
    Selbst mir, ist das vollkommen Überreguliert. So wird der Vogel niemals fliegen.

  3. M.A.Haschberg

    Treffpunkt für Hanfkonsumenten.
    Cannabis Social Clubs an geeigneten Orten sollte es auch bei uns geben.
    Irgendwo müssen sich die Leute ja treffen, um ihr Hobby wie alle anderen auch unter Gleichgesinnten ausleben zu können.
    Zuhause müssen viele damit rechnen, dass irgendein Nachbar wegen angeblicher Belästigung durch starken Cannabisgeruch gleich ein ganzes SEK-Kommando einfallen läßt.
    Ich möchte eigens nochmals darauf hinweisen, dass es sich beim Hanf um eine uralte Kulturpflanze handelt, deren Umgang genauso toleriert werden muss, wie bei allen anderen, oft noch viel gefährlicheren legalen Substanzen auch.
    Wenn es schon haufenweise Sauffeste und Kneipen aller Art gibt, müssen auch solche Cannabisclubs, in denen weitaus Unspektakuläreres geschieht, ihre legale Daseinsberechtigung haben.

  4. Bringt das Thema in die Justizministerkonferenz im Frühjahr
    Seit dem 01. Januar 2023 hat das Land Berlin den Vorsitz der 94. Justizministerkonferenz (JuMiKo) von Bayern übernommen.
    Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder.
    https://www.berlin.de/sen/justva/jumiko/

  5. Bernd Schneider

    “Vor Entwicklungen wie in Malta gewarnt”
    Deutschland lacht hart und richtet auch heute 500 Existenzen zu Grunde.

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