Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Woche über ein Urteil informiert, das schon im Juni gefällt wurde und nun für viel Aufmerksamkeit und Ärger gesorgt hat. Dabei hat sich eigentlich nicht viel verändert. Händler und Konsumenten mussten auch vorher schon mit Strafverfahren rechnen.
Schon im März 2021 hatte der BGH geurteilt, dass der Verkauf von CBD-Blüten illegal sei, weil man sich laut einem Gutachten damit berauschen könne. Die Ausnahme vom Verbot für THC-armen Nutzhanf und diverse daraus hergestellte Produkte gelte deshalb nicht. Die damals Angeklagten von der Braunschweiger Hanfbar wurden nur deshalb nicht bestraft, weil ihnen ein möglicher Verbotsirrtum zugutegehalten wurde.
Im aktuellen Fall sei den Angeklagten das Missbrauchspotential jedoch bekannt gewesen. Die Haftstrafen, die das Landgericht Berlin ausgesprochen hatte, wurden vom BGH deshalb bestätigt. Außerdem ging es diesmal um Großhändler und das Gericht bestätigte, dass auch diese rechtswidrig handeln, wenn sie wissen, dass die Blüten unverarbeitet an Endkunden verkauft werden sollen. Auch der legale Verkauf der Nutzhanfblüten in anderen EU-Ländern spreche nicht gegen ein Verbot in Deutschland.
Man kann diese beiden BGH-Urteile und das zugrunde liegende Gutachten mit gutem Recht kritisieren. Die Richter hätten sicherlich auch anders agieren und urteilen können. Sie hätten z.B. ein zweites Gutachten einholen oder sich der Richtervorlage und der Meinung anschließen können, dass das Hanfverbot komplett verfassungswidrig ist. Oder sie hätten das “Missbrauchspotential” der CBD-Blüten nicht nur technisch prüfen sollen, sondern auch die Frage, ob wirtschaftliche Fragen den Missbrauch der Blüten in der Praxis ausschließen.
Diese Kritikpunkte ändern aber nichts an der repressiven Auslegung der Rechtslage durch das Gericht und die (alte) Bundesregierung, auf die wir mehrfach hingewiesen haben. Besonders der Hinweis war uns wichtig, dass Kunden, die CBD-Blüten kaufen, immer mit einem Strafverfahren rechnen müssen – schon allein, weil die Polizei die Art der Blüten bei einer Kontrolle vor Ort gar nicht feststellen kann. Hausdurchsuchungen gegen Händler wurden schon vor und nach dem ersten BGH-Urteil regelmäßig durchgeführt. Die Polizei kam nur bei Weitem nicht hinterher wegen der vielen Neueröffnungen von Shops, die CBD-Blüten verkaufen. In manchen Regionen dürfte die Verfolgung von rauschfreien Drogendelikten außerdem keine hohe Priorität haben, in anderen dafür umso mehr. Das führt wieder einmal zu einem regionalen Flickenteppich, Razzien hier, unbehelligter Verkauf von CBD-Blüten dort. Auch nach Bekanntwerden des aktuellen Urteils gab es wieder Polizeiaktionen, z.B. in Nürnberg. Möglicherweise müssen sich die Händler jetzt auf verstärkten Verfolgungsdruck einstellen.
Einige Händler und deren Anwälte hatten das erste BGH-Urteil vom letzten Jahr recht optimistisch interpretiert. Man müsse nur durch diverse Maßnahmen dafür sorgen, dass der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sei, etwa durch die Begrenzung der Verkaufsmengen oder Warnhinweise. Beide Urteile gehen aber gar nicht auf die Verkaufsumstände ein, sondern haben lediglich die Blüten selbst beurteilt. Laut Anlage 1 BtMG muss ein “Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen” sein, damit Produkte aus Nutzhanf legal sind. Diese Voraussetzung hat das Gericht den Blüten grundsätzlich abgesprochen. Eine ledigliche Reduzierung der Missbrauchswahrscheinlichkeit durch die Händler hilft da nicht weiter und hat bisher nach unserer Kenntnis in keinem Urteil bezüglich CBD-Blüten eine Rolle gespielt.
Das Problem ist weniger der BGH als vielmehr das Gesetz, das nicht eindeutig genug ist und offensichtlich eine repressive Auslegung zumindest zulässt. Anlage 1 BtMG muss entsprechend geändert werden, so dass nur noch auf den THC-Grenzwert für Nutzhanf abgestellt wird und nicht auf ein schwer zu definierendes Missbrauchspotential. Diese einfache Lösung hat der zuständige “Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel” schon im Oktober vorgeschlagen, worauf auch der Branchenverband Cannabiswirtschaft in seiner Pressemitteilung zum BGH-Urteil hinwies. Wir schließen uns dessen Aufforderung ausdrücklich an, dieses Problem schnell zu lösen! Die Ampel-Regierung hat die derzeitige Rechtslage nicht beschlossen. Aber sie ist dafür verantwortlich, dass sie noch nicht geändert wurde.
Angesichts der Weigerung der Ampel-Regierung, die Entkriminalisierung der Konsumenten schnell zu erledigen, weil man alles in einem umfassenden Paket regeln will, ist natürlich die Frage, ob wir auch beim Thema CBD-Blüten auf taube Ohren stoßen. Bisher sieht es sehr danach aus. Umso wichtiger wäre es, die komplette Legalisierung schnell auf die Schiene zu bringen. Auf die Frage, ob die Eckpunkte der Regierung für die Legalisierung von Cannabis wie angekündigt noch im Oktober kommen werden, antwortete der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert leider sehr ausweichend.
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