Wahlanalyse Landtagswahl im Saarland 2017

Am 26.03.2017 findet die Wahl zum Landtag im Saarland statt. Für alle Interessierten haben wir hierzu die Situation im Saarland und die Standpunkte der Parteien zum Thema Cannabis und Legalisierung analysiert und eine Zusammenfassung sowie ein Fazit erstellt.

Vorbemerkung

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht. Die Drogenpolitik einer Partei ist ein Maßstab dafür, wie viel Selbstbestimmung dem Einzelnen von staatlicher Seite eingeräumt wird oder auch nicht.

Weitere allgemeine Informationen zur  Landtagswahl im Saarland findet ihr auf  Wikipedia. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichsten Themen. Der Wahl-O-Mat enthält Positionen zum Cannabis-Eigenanbau.

Die aktuelle Situation im Saarland

Das Saarland wird seit 2012 von einer CDU-SPD Koalition regiert. Die CDU stellt dabei die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, das Ministerium für Inneres und Sport und das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie sind ebenfalls in CDU-Hand. Die Opposition besteht aus Bündnis90/Die Grünen, Die LINKE und Piraten. Die FDP ist derzeit nicht im saarländischem Landtag vertreten. Bei der letzten Wahl handelte sich um vorgezogenen Neuwahlen, nachdem das Experiment einer Jamaika-Koalition (CDU, FDP und Grüne) vorzeitig beendet wurde. Aufhänger der Koalitionsauflösung war ein BtM-Ermittlungsverfahren gegen den FDP Staatssekretär für Gesundheit, Sebastian Pini. 

Die DHV Wahlempfehlung für 2012 fiel eher nüchtern aus. Allein den Grünen hatten wir aufgrund ihres Programms und den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine ernsthafte drogenpolitische Kompetenzen zugetraut, auch wenn wir nichts Großes erwartet haben, da sich auch schon eine große Koalition abzeichnete. Von der schwarz-roten Koalition haben wir leider kaum Fortschritte erwartet. Erfreulich ist, dass die Oppositionsparteien einige Initiativen eingebracht haben. 

Zu Anfang der Legislaturperiode wurde bekannt, dass mehrere Cannabisplantagen von der Polizei im Saarland gefunden wurden. Die Piraten-Fraktion stellte daraufhin eine kleine Anfrage (Drucksache 15/633) um herauszufinden, wie groß die Plantagen waren und wieviele staatliche Mittel für die polizeiliche Ernte der Pflanzen ausgegeben wurde. Die Antwort der Landesregierung (Drucksache 15/667) vom November 2013 listete die Gesamtzahl der gefundenen “Plantagen” auf.  Dabei stellte sich heraus, dass 80 von 106 Cannabisplantagen, die die Polizei im Saarland im Jahr 2012 fand, aus weniger als 10 Pflanzen bestanden, 14 weitere Funde bestanden aus lediglich 10 bis 19 Pflanzen. Wie viel diese Einsätze kosteten, möchte die Regierung nicht wissen. Klar ist, dass es bei 80% aller Einsätze, bei denen weniger als 20 Pflanzen gefunden wurden, wohl kaum um gewerbsmäßige Pflanzer geht, sondern eher um Kleingärtner, die sich und gegebenenfalls einige ihrer Freunde selbst und nicht auf dem Schwarzmarkt versorgen möchten.

Im Dezember 2014 stellte die Piratenfraktion eine weitere Anfrage an die Landesregierung zur Ermittlung der Anzahl der Drogentoten (Drucksache 15/1183). Die Antwort der Landesregierung im Februar 2015 (Drucksache 15/1253) macht klar, dass gesundheitspolitisch Alkohol weiterhin das größere Problem ist; Cannabistote sind im Saarland – so wie sonst überall auch – keine zu verzeichnen. 

Anfang Februar 2015 gab es einen gemeinsamen Antrag aller drei Oppositionsfraktionen (Drucksache 15/249-NEU) in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, die Instrumente der Drogenpolitik wissenschaftlich überprüfen zu lassen. Der Antrag wurde jedoch von der Großen Koalition mit den üblichen ideologischen Argumenten abgelehnt

Ende Februar 2015 legte die Piratenfraktion gleich mit einer kleinen Anfrage zu “Verkehrssicherheit und berauschenden Mitteln” (Drucksache 15/1265) nach. Aus der Antwort der Landesregierung (Drucksache 15/1354) geht auch sehr deutlich hervor, dass Alkohol ein weit größeres Problem für die Verkehrssicherheit darstellt als andere berauschende Substanzen. Leider konnten keine belastbaren Zahlen vorgebracht werden, wie vielen Personen der Führerschein aufgrund von “fehlendem Trennvermögen” bei Cannabiskonsum entzogen worden ist. 

Im August 2015 initierten die Jugendorganisationen von SPD, LINKE und FPD eine Petitionskampagne mit dem Ziel, die Landesregierung zur Einrichtung eines Modellprojektes zu bewegen. 

Im Januar 2016 stellte die Piratenfraktion im Landtag einen Antrag (Drucksache 15/1654), der die Landesregierung aufforderte, sich für wissenschaftlich begleitete Modellprojekte zur legalen Abgabe von Cannabis einzusetzen und eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Lockerung des Betäubungsmittelrechts vorzunehmen. Der Antrag wurde abgelehnt. Auch der Antrag der Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN, die einen eigenen Antrag (Drucksache 15/1678) mit der selben Stoßrichtung einreichte, wurde abgelehnt. Der Antrag der Fraktion von Bündnis90/DIE GRÜNEN fand ebenso keine Mehrheit. 

Anlässlich des Weltdrogentags am 26. Juni 2016 haben die Fraktionen von Piraten und Bündnis90/DIE GRÜNEN eine Stellungnahme zur Liberalisierung der Drogenpolitik abgegeben. 

Ende September 2016 stellte die Piratenfraktion einen weiteren Antrag “Bessere Wege in der Drogenpolitik im Saarland beschreiten” (Drucksache 15/1958). In diesem Antrag waren Punkte zur Geringen Menge, Führerscheinrecht, Drugchecking und zur Überprüfung der derzeitigen Präventionsmaßnahmen enthalten. Auch dieser Antrag wurde von der großen Koalition abgelehnt. 

Die Fraktion von Bündnis90/DIE GRÜNEN legte im Oktober nochmal mit einem Antrag “Drogenpolitik liberaler gestalten – Aufklärungs- und Präventionsangebote verbessern” (Drucksache 15/1968) nach. Hier wurde die Landesregierung erneut zur Überprüfung ihrer drogenpolitischen Maßnahmen und zu einer Bundesratsinitiative zur Liberalisierung des Bettäubungsmittelrechtes aufgeffordert. Auch dieser Antrag fand keine Zustimmung der Regierungsfraktionen.

Insgesamt kann man sagen, dass die Piratenfraktion in Sachen Drogenpolitik am aktivsten war. Von der Fraktion DIE LINKE sind keine eigene parlamentarische Initiativen dokumentiert. 

Wahlprognosen

Laut der Wahlumfrage vom 7.03.2017 kommt die CDU auf 36% und die SPD auf 33%. DIE GRÜNEN müssen wie die FDP, die ebenfalls auf aktuell nur 4% kommt, hart um den Wiedereinzug in den Landtag kämpfen. Die LINKE ist voraussichtlich zweistellig wieder im Landtag vertreten, derzeit in den Umfragen liegt die Partei bei 12%. Die AfD könnte mit ca. 7% in den Landtag einziehen. Die Piraten kommen seit Mai 2016 nicht mehr über 1% in den Umfragen. 

Mögliche Koalitionen

Da eine Koalition von SPD und LINKE als unwahrscheinlich gilt, ist die Wahrscheinlichkeit für die Fortführung einer großen Koalition sehr hoch. Damit sind die Aussichten für Hanffreunde für die nächsten Jahren im Saarland weiterhin düster. 

Wahlprogramme der Parteien

Bereits in den Wahlprogrammen der Parteien finden sich Hinweise auf deren Haltung hinsichtlich einer möglichen Legalisierung von Cannabis. Die relevanten Auszüge aus den Wahlprogrammen sind hier aufgeführt.

  • BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN: Drogenpolitik: Prävention statt Verbote – Aufklärung statt Kriminalisierung

Wir Grüne stehen für eine aufgeklärte und verantwortungsvolle Drogen- und Suchtpolitik unter Beachtung eines strikten Jugendschutzes. Kinder und Jugendliche müssen nicht nur  über die Risiken von süchtig machenden Stoffen informiert, sondern auch in der Gesellschaft gestärkt werden und lernen, Nein zu sagen. Dafür ist ein enges Zusammenspiel zwischen  Schulen und Eltern nötig sowie geschultes Personal notwendig.

 Nikotin- und Alkoholprävention

Wir setzen uns weiterhin für einen konsequenten Vollzug des Nichtraucherschutzgesetzes  ein. Bestrebungen, den Nichtraucherschutz im Saarland aufzuweichen, lehnen wir strikt ab.  Wir brauchen zudem verstärkt Präventionsprojekte gegen übermäßigen Alkoholkonsum,  insbesondere bei Jugendlichen. Tabak- und Alkoholwerbung jeglicher Art wollen wir aus der Öffentlichkeit verbannen – denn der Gesundheitsschutz der Bevölkerung, insbesondere von Jugendlichen, hat für uns höchste Priorität. Räumliche und zeitliche Alkoholkonsum und -verkaufsverbote oder die Wiedereinführung von Sperrzeiten für die Gastronomie lehnen wir  hingegen ab.

 Cannabis – regulieren statt kriminalisieren

 Die bisherigen restriktiven Regelungen zum Umgang mit Cannabis führen zu Kriminalisierung und unkontrollierter Abgabe der Droge. Daher fordern wir ein Umdenken und unterstützen den Vorschlag unserer Bundestagsfraktion zur Einführung eines Cannabis-Kontrollgesetzes. Sollte sich auf Bundesebene in absehbarer Zeit die Gesetzeslage für den Erwerb, Besitz und Konsum von Cannabis nicht in unserem Sinne verbessern, setzen wir uns für einen Modellversuch im Saarland zur legalen Abgabe durch öffentlich-rechtliche Stellen unter Berücksichtigung des Jugend- und Verbraucherschutzes ein. Kurzfristig wollen wir die sogenannte „Geringe Menge“ für Cannabis nach dem Vorbild Bremens auf 15 Gramm festsetzen. Ebenso möchten wir die Therapiemöglichkeiten mit Cannabis innerhalb der medizinischen Anwendung positiv begleiten und weiter ausbauen. Eine Landesregierung unter grüner Beteiligung wird über ihre Mitwirkungsrechte an der Bundesgesetzgebung konkrete Verbesserungen für Cannabiskonsumentinnen und Cannabiskonsumenten initiieren bzw. befürworten. Insbesondere die Ungerechtigkeiten im Verkehrsrecht in Bezug auf Cannabiskonsum wollen wir abschaffen. 

Präventions- und Beratungskonzepte anbieten – Drogentote reduzieren

 Andere Suchterscheinungen, wie die Abhängigkeit von Computerspielen, Glücks- oder Wettspielen, stellen uns vor neue Herausforderungen. Wir wollen daher dafür sorgen, dass Präventions- und Beratungskonzepte gezielt entwickelt und angeboten werden. Für  Konsumentinnen und Konsumenten anderer Substanzen werden wir nach dem Vorbild anderer europäischer Länder Konzepte wie „Hilfe statt Strafe“ und „Drug-Checking“, also risikominimierende Maßnahmen wie Substanzanalysen, umsetzen, um die Betroffenen besser zu Prävention und Gesundheitsschutz beraten zu können. Deshalb setzen wir uns für den Ausbau örtlicher Präventionsangebote und insbesondere für die verstärkte Förderung des Drogenhilfezentrums ein. Die Zahl der Drogentoten im Saarland war im Jahr 2016 so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr, daher möchten wir die landesrechtlichen Voraussetzungen für die Einrichtung von Drogenkonsumräumen erweitern, die der Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige und Suchtkranke dienen.

  • SPD 

Die SPD Saar erwähnt in ihrem Regierungsprogramm werder Cannabis, Drogen, Rauschgift, Suchtprävention, noch sonst irgendetwas im gesundheitspolitischen Bereich, das auf Drogenpolitik hinweisen würde. 

Dafür zeigt sie sich als Law and Order Partei mit der Forderung, mehr Polizei in die Fläche zu bringen. Immerhin soll die Polizei sich vor allem auf die Wohnungseinbrüche konzentrieren. 

Erhöhung der Präsenz der Polizei in der Fläche. Die Polizei muss in den Dörfern und Städten wieder sichtbar sein. Dafür brauchen wir mehr Polizei auf der Straße. Überlegungen, Personal an weniger Standorten zu konzentrieren, erteilen wir eine klare Absage. Die Saarländerinnen und Saarländer dürfen darauf vertrauen, dass ihre Polizei da ist, wenn sie gebraucht wird. Prävention und Beratung vor Ort beugen vor: Wir wollen, dass die Polizei im altbewährten Sinne als „Dein Freund und Helfer“ berät. Daher schaffen wir Präventionsteams vor Ort, um Einbrecherbanden schon im Vorfeld durch geeignete Maßnahmen entgegenzutreten.

  • CDU: Zusammenhalt durch eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung

Suchtprävention: Wir werden aber auch die erfolgreichen Präventionsprogramme  im Hinblick auf neue, z.B. internetinduzierte Suchtphänomene sowie die Angebote  der Drogen- und Suchtberatung weiterentwickeln und verstärken. Die Neuausrichtung der Drogenpolitik soll fortgesetzt werden: zentral soll ein Hilfs- und Betreuungsangebot aufgebaut werden, das die bestehenden Strukturen verbinden und Hilfsangebote verbessert: der Druckraum soll für Substituierte geöffnet, die Vergabe von Naloxan zur Notfalltherapie geprüft und die vernetzte Zusammenarbeit mit den Substitutionsärzten weiterentwickelt werden.

  • Die LINKE 

Die LINKE leistet es sich, in ihrem Wahlprogramm kein drogenpolitisches Kapitel zu haben. Das Wort Drogen kommt nur im Zusammenhang mit der Obdachlosenhilfe vor. Die Worte “Cannabis”, “Suchtprävention” oder ähnliche finden sich nicht im Programm.

Wir wollen uns mit Obdachlosigkeit nicht abfinden und sind davon überzeugt, dass wir hier auch neue Wege gehen müssen. Bislang gibt es bei uns ein strikt abgestuftes Hilfesystem von Notunterkünften, Übergangs-wohnheimen, betreutem Wohnen bis hin zur eigenen Wohnung. Für jede Stufe müssen Obdachlose vorab bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dieser schrittweise Aufstieg scheitert aber häufig, Abstürze sind vorprogrammiert. DIE LINKE fordert daher ein Landesprogramm, das sich am erfolgreichen „Housing First“-Ansatz aus dem US-Bundesstaat Utah orientiert. Die Vermittlung von Obdachlosen in eigene Wohnungen soll dabei nicht mehr länger an Bedingungen wie erfolgreicher Drogen- oder Alkoholentzug oder Berufstätigkeit geknüpft werden. Die Erfahrungen auch in Bremen und in andere Staaten wie Australien, Finnland, Frankreich, Kanada und Österreich zeigen, dass dabei für den Staat insgesamt keine Mehrkosten entstehen: Mittel, die der Staat für Polizei- und Notein-sätze, Gefängniszeiten und Gesundheitskosten pro Obdachlosem im Schnitt zahlen muss, sind deutlich höher als die Kosten für die heutige Unterbringung inklusive der Beschäftigung von Sozialarbeitern.

Und an andererer Stelle zum Thema Sicherheit: 

Der Schutz der Bevölkerung ist eine der zentralen Aufgaben des Staates. DIE LINKE ist überzeugt, dass eine ausreichend personalisierte und motivierte Polizei einen Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit der Menschen im Saarland leisten kann. Die vermeintliche Gewährleistung öffentlicher Sicherheit durch unzulässige Einschränkungen von individuellen Grund- und Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger lehnen wir jedoch ab. In diesem Spannungsfeld wird öffentliche Sicherheit im Saarland zu diskutieren sein.

Prävention hat für DIE LINKE im Saarland einen hohen Stellenwert und ist wirkungsvoller als eine verstärkte Repression. Daher ist durch enges Zusammenwirken von Kommunen und Polizei eine kommunale Kriminalitätsprävention deutlich auszubauen.

Es ist nicht Aufgabe des Staates, Menschen einen gesunden Lebensstil zu verordnen. Seine Verantwortung liegt vielmehr darin, das nötige Wissen zu vermitteln, sich eigenverantwortlich zu verhalten. Dies gilt auch für die Drogenpolitik. Hier treffen sich Gesundheits- und Sicherheitspolitik. Gesellschaftliche Probleme mit Drogen entstehen primär nicht durch den Konsum, sondern durch deren illegale Beschaffung. Ziel der FDP ist es daher einerseits, die Beschaffungskriminalität einzudämmen und gleichzeitig den Abhängigen zu helfen, zu einem eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Leben zurückzufinden. Andererseits fordern die SaarLiberalen im Bereich des Cannabis-Konsums eine regulierte Legalisierung in lizensierten Geschäften.

  • AFD 

Die AfD hat in ihrem Programm nichts zum Thema Drogen, Cannabis, Sucht, Prävention oder Drogenkriminalität, Rauschgift oder ähnliches anzubieten. Selbst das Sicherheitskapitel befasst sich nur mit Grenzen, Flüchtlingen und Islamisten. 

Einleitung

Das Menschenbild der Piratenpartei erlaubt den Blick auf Rausch als festen Bestandteil menschlichen Verhaltens. Ein generelles Verbot von rauschwirksamen Substanzen lehnen wir ab. Information, Forschung und Aufklärung halten wir für die Säulen einer vernünftigen Drogenpolitik.

Die auf Prohibition abzielende repressive Drogenpolitik in Deutschland ist gescheitert. Sie kann nicht verhindern, dass auch weiterhin Drogen konsumiert werden, teilweise mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Problemen, die durch ein selbstschädigendes Suchtverhalten auftreten, soll durch Hilfe, Unterstützung und Beratung, aber nicht durch strafrechtliche Verfolgung entgegengewirkt werden. Die Prohibition führt dazu, dass Menschen mit problematischem Drogenkonsum aus Angst vor Strafverfolgung keine Hilfe bei entsprechenden Einrichtungen suchen und sich diesen nicht anvertrauen.

Konsumierende schützen, gesundheitliche Risiken minimieren

Wir wollen Konsumenten einen risikobewussten informierten Umgang mit Rauschmitteln vermitteln. Das Wissen um Inhaltsstoffe und Beimengungen ist eine der Grundlagen risikoarmen Drogengebrauchs. Häufig ist die Gefahr durch Verunreinigungen und Beimengungen größer als die, die vom Rausch auslösenden Stoff ausgeht. Wir setzen uns dafür ein, dass Konsumenten anonym und sicher vor Strafverfolgung die Inhaltsstoffe der Substanzen bei zugelassenen Stellen mit „Drugchecking“-Programmen überprüfen können, um so Gesundheitsgefährdungen durch Überdosierungen und Beimengungen vorzubeugen.
Ergebnisse der Substanzprüfungen durch die Prüfstellen, sowie der von den Sicherheitsbehörden durchgeführten Tests sollen veröffentlicht werden. Besonderes Augenmerk soll hierbei auf sogenannte „legal Highs“ gerichtet werden, deren Konsum mit erheblichen Risiken verbunden sein kann.

Präventionsarbeit: Problembewusstsein stärken, riskanten Konsum verhindern

Wir wollen Menschen dabei unterstützen, einen risikobewussten Umgang mit Rauschmitteln zu lernen. Neben dem selbstverständlichen Jugendschutz ist Aufklärung und Begleitung notwendig.

Flankierend wollen wir an saarländischen Schulen ein Unterrichtsmodul einführen, das den Gebrauch bewusstseinsverändernder Substanzen im historisch-kulturellen und psychosozialen Kontext erarbeitet. Ziel dieses Unterrichts wird es sein, mündigen Konsumenten Werkzeuge zur Selbstkontrolle aufzuzeigen. Diese Präventionsarbeit in Schulen kann jedoch nur dann gelingen, wenn vom Abstinenzdogma abgerückt wird.

Suchtarbeit

Wir fordern, die finanziellen Mittel des Landes für Hilfsangebote in der Suchthilfe deutlich aufzustocken, sowie niedrigschwellige Angebote, mehr Schutzräume in denen schwer Suchtkranke passende Hilfsangebote erhalten und mehr Fachpersonal. Die therapeutische Arbeit wird dabei bisher illegale/legale Rausch auslösende Substanzen und nicht stoffgebundene Süchte gleichberechtigt einschließen. Die finanziellen Mittel sollen im Jahresrhythmus den gewonnenen Erkenntnissen und den Entwicklungen angepasst werden.

Wir wollen alle Möglichkeiten, die das BtMG jetzt schon bietet, tatsächlich und im für das Saarland notwendigen Umfang anwenden.

Senkung der Kosten der Strafverfolgung

Das Bundesverfassungsgericht hat der Politik eine klare Vorgabe erteilt, was den Besitz geringer Mengen Cannabis betrifft. Wir wollen diese Vorgabe zur Entlastung der Strafverfolgungsbehörden umsetzen, um die so gewonnenen Kapazitäten in anderen Bereichen der Kriminalität einzusetzen.

Schritte auf dem Weg zur Cannabislegalisierung

Die saarländischen Piraten sehen die Legalisierung des Besitzes, Erwerbs und Anbaus von Cannabis als ersten Schritt auf dem Weg einer informierenden, eigenverantwortlichen und nicht repressiven Drogenpolitik. Für die gewerbliche Abgabe schlagen wir Formen des staatlich organisierten Anbaus bzw. des legalen Anbaus unter staatlicher Kontrolle mit Abgabestellen ähnlich der Tabak- und Alkoholabgabe mit Jugend- und Verbraucherschutz vor, in denen jeder Erwachsene Cannabis inklusive Beratung und Qualitätssicherung erhalten und konsumieren kann. Cannabis Social Clubs sind gemeinnützige offiziell eingetragene Vereine, in denen erwachsene Mitglieder den Anbau einer auf den erwarteten Bedarf der Mitglieder begrenzten Menge Cannabis für ihren Eigenbedarf organisieren.
Alle Saarländer sollen so bis zu 10 Pflanzen Cannabis anbauen, ernten und lagern dürfen. Die Ware wird geprüft und kann in den Verkehr gebracht werden. Jeder Kreis bekommt mindestens 2 Abgabestellen. Der Zugang zu natürlichem Cannabis oder extrahierten Konzentraten als Medizin soll den Patienten direkt und schnell ermöglicht werden. Wegen der chronischen Unterversorgung des Marktes für medizinisches Cannabis sollen Patienten mit ärztlicher Verschreibung schnellstmöglich straffrei zur Eigenversorgung anbauen dürfen, oder sich in Social Clubs organisieren, um ihre Versorgung zu sichern.
Solange der Konsum und Anbau illegal sind, übernehmen diese gemeinnützigen Vereine wichtige Präventionsarbeit durch Aufklärung über die Wirkweise, Konsumformen und mögliche negative Auswirkungen des Konsums und Besitzes der noch illegalen Droge.

Wahlprüfsteine

Der Deutsche Hanfverband hat auch zu dieser Wahl seine Wahlprüfsteine an die Parteien geschickt. Die eingegangenen Antworten der Parteien findet ihr hier:


Zusammenfassung

Im Saarland war man schon mal progressiver! Die Geringe Menge wurde 2007 von 12 auf 6 Gramm reduziert. Mit der Großen Koalition ist keine weitere Liberalisierung erfolgt. Von einer zu erwartenden Neuauflage dieser Koaltion ist auch nichts Weiteres zu erwarten. 

CDU: Die CDU hat als erste Partei unsere Wahlprüfsteine beantwortet. Allerdings positioniert sie sich gewohnt konservativ und sieht keinen Anlass zu einer Liberalisierung der Drogenpolitik: “Für die CDU steht die Gesundheit des Menschen im Vordergrund. Deshalb halten wir grundsätzlich am Ziel eines suchtfreien Lebens fest. Wir sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und  Legalisierung illegaler Drogen, denn dies wäre das falsche Signal. Vielmehr setzen wir auf Prävention, Suchtberatung und moderne Hilfestrukturen.” Immerhin ist das Thema im Wahlprogramm auch im Gesundheitskapitel gelandet. Die These der Einstiegsdroge wird in den Wahlprüfsteinen erneut bemüht. Eine Legalisierung von Cannabis hält die CDU Saar für verantwortungslos. 

SPD: Im Wahlprogramm der SPD finden sich keine Aussagen zu Drogenpolitik. Eine Antwort auf unsere Wahlprüfsteine kam noch kurz vor Veröffentlichung dieses Beitrags rein. Die SPD sieht Prohibition weiterhin als wichtiges generalpräventives Instrument, um Suchterkrankungen zu vermeiden. Die SPD-Fraktion kann sich mit Drugchecking anfreunden, ansonsten bleibt sie aber mit der CDU beim Status Quo. Die Landespartei diskutiert die Möglichkeit von Modellprojekten, hat aber noch keinen Beschluss gefasst.

Grüne: Im Grünen Wahlprogramm findet sich ein ausführliches Kapitel zu Drogenpolitik. In Sachen Cannabis stellt sich die Landespartei zunächst hinter das Cannabis-Kontrollgesetz. Auf Landesebene wollen sie mit einem Vorstoß zu einem Modellprojekt erst tätig werden, wenn absehbar ist, dass es damit auf Bundesebene nicht klappt. Kurzfristig wollen sie aber die Erhöhung der Geringen Menge auf 15 Gramm und die Ungerechtigkeit bei der Regelung zur Fahrerlaubnis angehen. In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine treten sie zudem für die Entkriminalisierung des Eigenanbaus und Drugchecking ein. Im Falle einer Regierungsbeteiligung wollen sich die Grünen auch für eine Bundesratsinitiative einsetzen. Es gab von den Grünen auch ein paar parlamentarische Initiativen zu dem Thema.

FDP: Die FPD hat in ihrem knappen 19-Seiten-Programm das Thema Drogenpolitik geschickt unter der Überschrifft der Selbstbestimmung untergebracht, eine klassisch liberale Position. Eine Antwort auf unsere Wahlprüfsteine haben wir nicht bekommen. Da die FDP in der vergehenden Legislaturperiode nicht im Parlament vertreten war, gibt es von ihnen auch keine Initiativen zu berichten. 

LINKE: Das eine LINKE Partei kein drogenpolitisches Kapitel im Wahlprogramm hat, ist mittlerweile eigentlich selten geworden. Parlamentarisch haben sie sich dem einen Antrag der Piraten und Grünen angeschlossen, sonst kam aber von der LINKEN Fraktion keine Initiative. Die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine fallen ausführlicher aus. Dort positioniert sich die LINKE für ein Recht auf Rausch und die Entkriminalisierung der Konsumenten. Bei der Frage der Geringen Menge tritt die Linke für eine Erhöhung auf 10 Gramm ein: “Bis zu einer Legalisierung und staatlicher Kontrolle ist es jedoch sinnvoll, Grenzwerte bei der Anzahl der Pflanzen und einer freien Menge bis zu 10g einzuhalten, sodass der Schwarzmarkthandel nicht allzu sehr zunimmt.”

Bezügliches eines Modellprojektes sieht die LINKE das Saarland als besonders geeignet an, um ein solches Projekt durchzuführen. Als Vorbild wird hier Colorado erwähnt. Die Linke positioniert sich für Drugchecking und problematisiert die geltenden Regelungen in Sachen Grenzwert für den Führerschein. Bei letzterem sieht die Partei allerdings erst nach einer Legalisierung Chancen für eine Verbesserung. Interessant ist, dass die LINKE im Saarland sich für eine Legalisierung eher an Colorado orientiert, während die meisten anderen Parteigliederungen sich nur für eine Legalisierung von Cannabis Social Clubs aussprechen. Eine Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik hat sich bei den LINKEN erst konstituiert. Leider merkt man den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine auch an, dass sich die drogenpolitische Kompetenz bei der LINKEN im Saarland erst im Aufbau befindet.

AfD: Die AfD hat uns keine Antworten auf die Wahlprüfsteine gegeben. Im Wahlprogramm ist auch nichts zu dem Thema zu finden. 

Piraten: Die Piraten im Saarland haben das ausführlichste drogenpolitische Programm mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Drogenmündigkeit. Sie waren mit ihren parlamentarischen Initiativen die drogepolitisch aktivste Fraktion in der 15. Legislaturperiode. Die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sind ebenso ausführlich und deutlich in Richtung Legalisierung und Drogenmündigkeit. Ein kleiner Fehler ist den Piraten aber unterlaufen, wenn sie behaupten, dass die Geringe Menge im Saarland bei 10 Gramm läge. In Sachen Eigenanbau setzen die Piraten ganz auf Cannabis Social Clubs. Diese werden auch als Übergangsmodell zu einer kompletten Legalisierung mit Vorbild Colorado gesehen. In Sachen Führerschein sind die Piraten im Landtag bereits tätig geworden. 

Fazit

Für Hanffreunde sind die Aussichten im Saarland trüb. Laut den derzeitigen Umfragen könnten die beiden Parteien, die sich in Sachen Drogenpolitik bislang hervorgetan haben, sogar aus dem Parlament fliegen. Im Falle der Piraten ist dies sehr wahrscheinlich. Damit wird dem nächsten Landtag die drogenpolitisch aktivste Oppositionsfraktion fehlen. Von CDU, SPD und AfD kann keine Liberalisierung erwartet werden. Alleine die LINKE bliebe als Oppositionspartei für Hanffreunde im Landtag vertreten. Bislang sind sie als solches aber noch nicht intensiv in Erscheinung getreten und es bleibt abzuwarten, ob sich in der Fraktion jemand findet, der sich des Themas annimmt.

Die Piraten haben am ehesten die Stimmen der Hanffreunde verdient. Wer taktisch wählen möchte, kann aber auch seine Stimme an Grüne oder FDP vergeben in der Hoffnung, dann zumindest eine zweite Oppositionsfraktion im Landtag zu haben, die sich des Themas annimmt.

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Dreizeiler wie:

LINKE, Piraten, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten fünf Jahre auch voranbringen!”

SPD, CDU: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Hier die passenden Email-Adressen der Parteizentralen:

FDP: 

Piratenpartei: 

Die LINKE: 

SPD: 

CDU: 

Grüne: 

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