Hier finden Sie die Antworten des Landesverband Saarland von Bündnis 90/Die Grünen auf unsere Wahlprüfsteine für die Landtagswahl im März 2017.
1. Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik? Halten Sie die Repression und Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?
Nein, wir Grüne stehen für eine aufgeklärte und verantwortungsvolle Drogen- und Suchtpolitik unter Beachtung eines strikten Jugendschutzes. Kinder und Jugendliche müssen nicht nur über die Risiken von süchtig machenden Stoffen informiert, sondern auch in der Gesellschaft gestärkt werden und lernen, nein zu sagen. Dafür ist ein enges Zusammenspiel zwischen Schulen und Eltern nötig sowie geschultes Personal notwendig. Repression und Kriminalisierung lehnen wir dabei ab.
2. Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
Wir wollen den Cannabiskonsum legalisieren. Die bisherigen restriktiven Regelungen zum Umgang mit Cannabis führen zu Kriminalisierung und unkontrollierter Abgabe der Droge.
3. Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen “geringe Mengen” für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “geringen Menge” nach §31a BtMG in Ihrem Bundesland und planen Sie Änderungen?
Ja. Kurzfristig wollen wir die sogenannte „Geringe Menge“ für Cannabis nach dem Vorbild Bremens auf 15 Gramm festsetzen.
4. Bremen will den Anbau von wenigen Cannabispflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs in die Verordnung zur “geringen Menge” aufnehmen. Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
Wir Grüne fordern klar eine Entkriminalisierung, wenn es um den Anbau von Cannabispflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs geht. Erwachsenen Privatpersonen sollen der Anbau und das Abernten von drei Cannabispflanzen zum Eigenbedarf erlaubt sein.
5. Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Veräußerung von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Veräußerung von Cannabis an Erwachsene?
Sollte sich auf Bundesebene in absehbarer Zeit die Gesetzeslage für den Erwerb, Besitz und Konsum von Cannabis nicht in unserem Sinne verbessern, setzen wir uns für einen Modellversuch im Saarland zur legalen Abgabe durch öffentlich-rechtliche Stellen unter Berücksichtigung des Jugend- und Verbraucherschutzes ein.
6. Welche Strategie schlagen Sie für die Bewältigung der Probleme an bekannten Drogenumschlagplätzen vor?
Wir sehen bei bekannten Drogenumschlagsplätzen vor allem den Kinder- und Jugendschutz in Gefahr. An Kriminalitätsschwerpunkten brauchen wir daher eine erhöhte Polizeipräsenz. Wir wollen außerdem den Einsatz von Streetworkerinnen und Streetworkern ausbauen, um den Betroffenen möglichst frühzeitig Hilfe anbieten zu können. Nur durch eine Verringerung der Nachfrage lässt sich das Angebot an Drogenumschlagplätzen langfristig reduzieren.
7. Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen des Cannabis für den Konsumenten nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von illegalen Substanzen wie Cannabis?
Wir setzen uns für eine Legalisierung von Substanzanalysen, dem sogenannten „Drug-Checking“ ein. Drug-Checking stellt für uns eine risikominimierende und sinnvolle Maßnahme dar, um die Betroffenen besser zu Prävention und Gesundheitsschutz beraten zu können.
8. Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt. Selbst ohne eine berauschte Teilnahme am Straßenverkehr kann Menschen, die Cannabis konsumieren, der Führerschein über das Verwaltungsrecht entzogen werden. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung mit Alkoholkonsum bei der Auslegung der Fahrerlaubnisverordnung ein?
Die Ungerechtigkeiten im Verkehrsrecht in Bezug auf Cannabiskonsum wollen wir abschaffen.
9. Viele drogenpolitische Maßnahmen betreffen eher Bundesrecht. Haben Sie vor, Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit zu vertreten?
Ja, eine Landesregierung unter grüner Beteiligung wird über ihre Mitwirkungsrechte an der Bundesgesetzgebung konkrete Verbesserungen für Cannabiskonsumentinnen und Cannabiskonsumenten initiieren bzw. befürworten.
10. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Landespartei und Landtagsfraktion in der aktuellen Legislaturperiode?
Wir haben uns immer wieder dafür eingesetzt, den Cannabiskonsum zu legalisieren und dem Schwarzmarkt die Grundlage zu entziehen. Zudem forderten wir, endlich Gegenmaßnahmen für die im Saarland alarmierende Zahl von Drogentoten auch wirklich zu ergreifen. Wir haben uns außerdem dafür ausgesprochen, das Notfall-Medikament Naloxon freizugeben und dafür im Saarland ein Modellprojekt zu starten. Wir müssen uns von der bisherigen Prohibitionspolitik in Bezug auf den Umgang mit Drogen verabschieden. Wir haben uns für den Ausbau örtlicher Präventionsangebote und insbesondere für die verstärkte Förderung des Drogenhilfezentrums eingesetzt.
11. Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?
Wir wollen unser Landtagswahlprogramm mit den hier dargestellten Maßnahmen in der kommenden Legislaturperiode umsetzen.
12. Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und teilweise erprobt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt derzeit rasant. Die Frage ist nicht mehr so sehr, ob wir legalisieren, sondern wie wir regulieren. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?
Wir brauchen kontrollierte und legale Zugangswege. Wir befürworten daher den Vorschlag unserer Bundestagsfraktion für ein Cannabiskontrollgesetz. Wir sprechen uns für eine generelle Entkriminalisierung des Cannabisbesitzes und -konsums unter der Voraussetzung eines funktionierenden Jugend- und Verbraucherschutzes aus. Das muss bedeuten, dass Cannabis ausschließlich über lizenzierte Fachgeschäfte vertrieben werden darf. Qualifiziertes Fachpersonal muss die Käufer außerdem über die Konsumrisiken aufklären. Darüber hinaus wollen wir den privaten Anbau und das Abernten von bis zu drei weiblichen, blühenden Cannabispflanzen für jeden Erwachsenen erlauben.