Kürzlich mussten wir über erneute Lieferausfälle von Medizinal-Hanfblüten berichten, da seit Januar bei vier von fünf Sorten wieder erhebliche Engpässe herrschen. Anlass genug, der Sache genauer auf den Grund zu gehen. Die erste Anfrage bei Bedrocan ergab, dass die Firma derzeit alle fünf Sorten bevorratet und letzte Woche noch gar nicht wusste, dass es für deutsche Patienten derzeit eng ist. Der neue Lieferant Pedanios antworte sehr schnell und ausführlich auf die Anfrage, kannte den Grund der Lieferengpässe allerdings auch nicht im Detail.
“Durch den erstmaligen Import von Medizincannabisblüten im Dezember 2015 war Verfügbarkeit von Cannabisblüten durch die Pedanios GmbH gegeben. Diese Verfügbarkeit reduzierte sich ab dem 21. Januar nach und nach über die einzelnen Sorten. Heute [Anm.: am 4.2.2016] haben wir die letzte Einheit Bediol an ein Apotheke in Baden-Württemberg abgegeben. Insofern kann ich die Aussage, dass im Januar eine generelle Unterversorgung mit Medizincannabis in Deutschland bestand, inhaltlich nicht teilen. Jedoch teile ich die Aussage, dass nicht zu jedem Zeitpunkt alle Sorten durch die Pedanios GmbH vorgehalten werden konnten und tagesaktuell kein Medizincannabis durch die Pedanios GmbH an Apotheken geliefert werden kann. […]. Die Pedanios GmbH hat kein direktes Vertragsverhältnis zur Firma Bedrocan B.V. in den Niederlanden, sondern bezieht die Arzneimittel vom Bureau voor Medicinale Cannabis (BMC), einem Substitut des niederländischen Gesundheitsministeriums. Dort werden alle Anträge seitens ausländischer Arzneimittelgroßhändler für den Export z.B. nach Deutschland. Das BMC versendet auch physisch die Arzneimittel nach Deutschland. Voraussetzung hierfür ist eine gültige Einfuhrerlaubnis durch die Bundesopiumstelle,” hieß es auf Anfrage seitens der Firma.
Der andere Lieferant von Bedrocan, Arzmittelgroßhändler Fagron, antworte bislang gar nicht. Blieb also nur das Bureau voor Medicinale Cannabis (BMC) in den Niederlanden, das dem dortigen Gesundheitsministerium unterstellt ist. Das hat in seiner heutigen Antwort klar gestellt, weshalb deutsche Patienten wohl auch zukünftig mit Lieferschwierigkeiten zu rechnen haben:
” […]. Im Laufe der Jahre ist die Anzahl von Patienten in den Niederlanden und im Ausland langsam angestiegen. Eine erhöhte Nachfrage seit 2013 hat zum Aufbau einer zweiten Anbaulokalität durch die vom BMC beauftragten Produzenten geführt. Diese zweite Produktionsstätte öffnete ungefähr vor einem Jahr und konnte zur Verdreifachung der Produktion führen. Allerdings war es nicht möglich, den gewachsenen Bedarf vollumfänglich zu decken. Ein Anbauzyklus dauert ungefähr vier Monate, danach folgen die Analyse und der Verpackungsprozess. Derzeit ist genug Cannabis auf Lager, um den niederländischen sowie den Bedarf der meisten anderen Länder zu decken. Wir haben im vergangenen Jahr schon viel mehr nach Deutschland exportiert, aber wie Sie wissen, hat sich die Situation in Deutschland verändert und die Zahl der Patienten steigt schnell an. Die deutschen Behörden und der Anbieter Fagron stehen in engem Kontakt [mit uns], um über Lösungen zu reden. Für weiterreichende Informationen zu diesem Thema rate ich Ihnen, Ihre eigenen Behörden zu zu kontaktieren, da diese sich bezüglich der Import-Mengen und der aktuellen Entwicklung in Deutschland besser auskennen,” antwortete die Rechtsabteilung des BMC.
Da sich viele Inhaber einer Ausnahmegenehmigung aufgrund fehlender Kostenerstattung die benötigte Dosis ohnehin nicht leisten können, ist der derzeit offiziell festgestellte Bedarf wahrscheinlich sowieso nur ein Bruchteil dessen, was allein die rund 500 registrierten Patienten wirklich benötigen. Wenn es jetzt schon nicht reicht, werden die Probleme im Falle des Wegfalls der Ausnahmegenehmigungen und der angekündigten Kostenerstattung für Bestandspatienten noch größer. Sollte sich die Lage nicht innerhalb kurzer Zeit im Form einer Übergangslösung ändern, stehen den anerkannten Cannabis-Patienten noch schwierigere Zeiten bevor als ohnehin schon. So lange, bis eine noch zu gründende Cannabis-Agentur vielleicht irgendwann einmal in Deutschland eine eigene Produktion für die Patienten ermöglicht.
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