Fast ein Jahr ist es nun her, dass die neue rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen angekündigt hatte, die Verschärfung der Eigenbedarfsregelung durch die zwischenzeitliche CDU-FDP-Regierung zurückzunehmen. Jetzt ist es soweit: Ab 01.06. gilt wieder: 10 Gramm Cannabis. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Zur Erinnerung:
Viele vor allem schwarz regierte Bundesländer hatten in den Jahren 2006 und 2007 die “Eigenbedarfsregelungen” verschärft, das heißt vor allem, sie haben die “geringe Menge”, bis zu der Strafverfahren eingestellt werden können, verringert. So war es auch in NRW. Wie der DHV am 01.08.2007 berichtete, hatte die Rüttgers-Regierung die geringe Menge von 10 auf 6 Gramm verringert. Die Eigenbedarfsmengen für andere Drogen wurden gänzlich gestrichen, so dass es hier auch beim kleinsten Stäubchen keine Einstellung mehr geben sollte. Außerdem sollten bei Jugendlichen die Verfahren nur noch gegen Auflagen eingestellt werden können.
Nachdem nach der Wahl im letzten Jahr wieder Rot/Grün in NRW ans Ruder kam, hatten SPD und Grüne im Koalitionsvertrag angekündigt, die alte rot-grüne Regelung wieder einführen zu wollen. Daraufhin gab es zunächst einen Sturm der Entrüstung, als gäbe es jetzt Haschisch in der Schulmilch; Die Welt warf NRW-Justizminister Thomas Kutschaty “gnadenlose Liberalität” vor, der Focus titelte völlig unsinnig “Rot-Grün legalisiert Drogen”.
Angesichts dieser Hetze, an der sich CDU-Politiker natürlich tatkräftig beteiligten, war der Beschluss fast schon als mutig zu bezeichnen, obwohl ja kein Schritt über die Regelung hinausgegangen werden sollte, wie sie vor 10 Jahren auch schon gültig war. Dann passierte lange nichts.
Und nun ist es endlich soweit, die neue Verordnung ist fertig und soll schon diese Woche in Kraft treten. Seit der Verschärfungswelle von wenigen Jahren ist NRW damit das erste Bundesland, das die Verfolgung von Cannabiskonsumenten wieder etwas abschwächt. Schon deshalb wertet der DHV das Ergebnis als Erfolg, es ist ein Signal. Konkret bedeutet es, dass mehr Verfahren wegen kleiner Cannabismengen eingestellt werden. Mehr aber auch nicht, es gibt weiter auch dafür erstmal ein Strafverfahren, das die Staatsanwälte nun etwas häufiger wieder einstellen werden.
Im Detail fällt auf, dass die Verschärfung nicht einmal ganz zurückgenommen wurde. Die von Schwarz-Gelb eingeführte Regel, dass Verfahren bei Jugendlichen nur noch gegen Auflagen eingestellt werden dürfen (z.B. Präventionskurse), findet sich auch in der neuen, ab 01.06. geltenden Regelung. Damit zeigt sich Rot-Grün im Jahr 2011 repressiver als 10 Jahre zuvor. Außerdem ist die Einstellung bei einer geringen Menge Cannabis nur eine “kann-“, keine “muss-Regelung”, das heißt auch wenn keine Jugendlichen oder Handel im Spiel sind, kann es in Einzelfällen dazu kommen, dass Verfahren nicht eingestellt werden. Der stellvertretende Pressesprecher des NRW-Justizministeriums, Johannes Mocken, erläuterte dem DHV am Telefon, dass das zum Beispiel bei Cannabis mit hohen Wirkstoffkonzentrationen der Fall sein kann. Es könne durchaus sein, dass bei augenscheinlich guter Qualität mal eine THC-Analyse gemacht und das Verfahren dann ggf. nicht eingestellt wird.
Immerhin wurden aber die alten Grenzen für andere Drogen wieder eingeführt: je ein halbes Gramm bei Heroin, Kokain oder Amphetaminen.
Das ganze bleibt faktisch also eher ein laues Reförmchen. Da muss bei der nächsten Koalitionsverhandlung mit grüner Beteiligung in NRW auf jeden Fall noch mehr gehen.
Für dieses mal reiht sich der Deutsche Hanfverband aber ein in die Riege derer, die die Änderung als richtigen Schritt begrüßen, wie die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, die die Verfolgung von Cannabiskonsumenten für unnötig hält, oder wie die die Gewerkschaft der Polizei, die die Reform im Grunde begrüßt, aber für nicht weitgehend genug hält.
Info und Statement des NRW-Justizministeriums zum neuen Erlass
neue Richtlinien zur Anwendung des § 31a Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes in NRW vom 19.05.2011
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