Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages haben sich mit den Auswirkungen von Repression und Legalisierung auf die Zahl der Cannabiskonsumenten in ausgewählten Ländern befasst. Der Auftrag dazu kam entweder von CDU/CSU oder von der AfD. Das Ergebnis entzieht deren repressiver Drogenpolitik jede Grundlage.
Die Wissenschaftlichen Dienste unterstützen die Parlamentarier und Fachgremien im Bundestag bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit und erstellen aus bis zu 4,300 Anfragen jährlich individuell bestellte wissenschaftliche Auftragsarbeiten, beispielsweise einen Überblick über einen spezifischen Sachstand. Diese Analysen dienen vorrangig der fraktionsinternen Meinungsbildung und sie sollen Bundestagsabgeordneten dabei helfen, sich unabhängig und neutral zu informieren. Im vergangenen Jahr erhielt der Wissenschaftliche Dienst vom Fachbereich Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Auftrag, sich mit der Legalisierung von Cannabis, genauer gesagt den Auswirkungen auf die Zahl der Konsumenten in ausgewählten Ländern, näher zu befassen.
Auftragsgemäß sollte der Frage nachgegangen werden, “ob es bereits Daten oder Studien gibt, die einen Zusammenhang zwischen der Legalisierung von Cannabis und/oder anderen Drogen und der Anzahl der (Erst-)Konsumenten herstellen”. Hierzu wurden Studien aus Belgien, den Niederlanden, Kanada, Portugal, Uruguay und den USA bewertet und sowohl die Position von Legalisierungsgegnern, aber auch die Argumente der Befürworter einer liberalen Drogenpolitik erörtert.
So heißt es im Dokument vom 21. November 2019,
“dass die Verfolgung einer strikten Drogenpolitik wenig bis keinen Einfluss auf das Konsumverhalten hat”. Vielmehr “wiesen einige der Länder mit den strengsten gesetzlichen Regelungen einige der höchsten Prävalenzraten* im Hinblick auf den Drogenkonsum auf, während Länder, die eine Liberalisierungspolitik verfolgen, einige der niedrigsten Prävalenzraten aufwiesen”.
Noch interessanter: Wir haben bei den drogenpolitischen Sprechern von SPD, GRÜNEN, LINKEN und der FDP angefragt, ob die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes (Aktenzeichen: WD 9 -3000-072/19) von ihnen in Auftrag gegeben wurde. Alle vier befürworten die Legalisierung von Cannabis. Bei keiner dieser Parteien konnten wir den Auftraggeber ermitteln. Was das bedeutet, dürfte klar sein: Nach dem Ausschlussprinzip bleiben neben Fachgremien nur noch CDU/CSU oder die AfD als Auftraggeber übrig, die das Verbot von Cannabis und die Verfolgung der Konsumenten aufrecht erhalten wollen. Das erklärt, warum diese Untersuchung nicht in den Diskurs eingeflossen ist. Die Repressionspolitik ist nachweislich gescheitert, die von Prohibitionisten prophezeite Explosion der Konsumzahlen bei Jugendlichen und Erwachsenen in Ländern, in denen Cannabis entkriminalisiert oder legalisiert wurde, ist ausgeblieben. Eine bestellte Analyse, die praktisch alle Begründungen für ein Verbot entwertet und nicht zur eigenen Argumentationsschiene passt, wird von den Auftraggebern nicht in der Öffentlichkeit breit getreten, sondern soll in den Archiven der Homepage des Bundestags verstauben. Das zwanzigseitige Dossier ist jedenfalls höchst unangenehm für Befürworter des Verbots, stützen sie sich doch regelmäßig auf falschen Zahlen, die dann auch noch von diversen Medien unkritisch übernommen werden.
Auch wenn diese Ausarbeitung nicht zwangsläufig die Auffassung des Deutschen Bundestages, der Bundestagsverwaltung oder sonstiger Organe wiedergibt, ist diese Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes eine schallende Ohrfeige für alle Prohibitionsbefürworter, die nun von Wissenschaftlern des Bundestages dargelegt bekommen haben, dass ein “Weiter so!” der sinnlosen und existenzgefährdenden Verbotspolitik mit Blick auf die Entwicklungen im Ausland nicht haltbar ist.
Außerdem liegt damit eine weitere Analyse vor, die dem Verbot von Cannabis bescheinigt, zur Konsumreduzierung nicht geeignet und damit verfassungswidrig zu sein.
Die wichtigsten Punkte der Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags findet ihr in unserem Übersichtsartikel.
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