Die Regulierung von Cannabis wird seit Monaten heiß diskutiert. Ein Hauptgrund dafür waren und sind zahlreiche Initiativen auf lokaler Ebene. Egal ob auf privater Basis von Aktiven initialisiert oder von Piraten, Grünen oder Linken in die Parlamente gebracht, haben sich seit 2013 zahlreiche Stadtparlamente, Kreistage und Ausschüsse mit der Cannabis-Frage beschäftigt. Meist sind die guten Ideen an den bestehenden Mehrheiten von CDU und SPD wie in Köln gescheitert, aber anderswo ist man auch schon einen Schritt weiter:
Berlin:
Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat Ende Juni 2015 den einzigen aktuellen Antrag für ein Coffeeshop-Modellprojekt beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) gestellt. Unter Federführung der Grünen Bezirksbürgermeisterin Herrmann wird das Projekt von allen Parteien (Grüne, Piraten, SPD, Linke) mit Ausnahme der CDU in der Bezirksverordnetenversammlung unterstützt. Den genauen Wortlaut des Antrags findet man hier. Bislang ist über den Antrag seitens der Bundesopiumstelle nicht entschieden worden, doch nicht nur die Initiatoren rechnen mit einer Ablehnung. In diesem Falle könnte der Bezirk vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um das Modellprojekt einzuklagen.
Frankfurt/Main
Die Initiative der Grünen im Magistrat für ein Modellprojekt hatte im vergangenen Jahr eine große Cannabis-Fachtagung der Stadt Frankfurt/Main zur Folge. Die Grüne Gesundheitsmagisträtin Rosemarie Heilig konnte sich allerdings in der CDU-geführten Koalition im Rathaus nicht durchsetzen, eine Antragsstellung für ein Modellprojekt scheiterte trotz Unterstützung der im Frankfurter Magistrat oppositionellen SPD an der starren Haltung des Koalitionspartners, der Frankfurter CDU. Bislang einziges messbares Ergebnis der Diskussion ist eine Beratungsstelle für Cannabis als Medizin, die die Stadt in diesem Jahr ins Leben gerufen hat.
Hamburg
Hier ist die “ergebnisoffene Prüfung eines Antrags” im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD vereinbart. Lange nicht so konkret wie in Bremen, doch auch Hamburg muss demnächst liefern, sofern sich SPD und Grüne an ihre Vereinbarung halten.
Bremen
Das erste SPD-geführte Land seit fast 20 Jahren, das einen Antrag für ein Regulierungs-Modellprojekt ausarbeiten und stellen möchte. Auf Initiative der Grünen ist das Bremer Cannabis-Modellprojekt Bestandteil des Koalitionsvertrags. Auch hier gibt es einige Stimmen aus der SPD, die eine Abgabe über Apotheken fordert. Einen fertig ausgearbeiteter Antrag für einen wie auch immer gearteten Modellversuch liegt auch in Bremen bislang nicht vor.
Düsseldorf
Am 19.8.2015 hat die Hauptstadt des größten deutschen Bundeslandes für ein Coffeeshop-Modellprojekt gestimmt. Ein entsprechender Antrag wurde mit Stimmen von Grünen, SPD, FDP und Linkspartei angenommen, nur die CDU stimmte dagegen. In Düsseldorf soll ein ähnlicher Antrag wie der aus Friedrichhain-Kreuzberg folgen, wobei man sich über die Form der Abgabe noch nicht einig zu sein scheint. Auch in der Landeshauptstadt gibt es derzeit Stimmen, die einen Verkauf von Cannabis über Apotheken vorschlagen. Die Apothekerkammer ist von der Idee, in naher Zukunft Gras zu verkaufen, allerdings gar nicht begeistert.
Münster
Mit den Stimmen von Grünen, SPD, Piraten, ÖDP, Linken und FDP beschloss der städtische Sozialausschuss am 26.8.2015, die Ausarbeitung eines Antrags für einen Cannabis-Modellversuch zu prüfen. Am 16.September wird der Rat der Stadt Münster diesen Plan aller Voraussicht nach absegnen, am 09. September stimmte bereits der Haupt- und Finanzausschuss dem Prüfauftrag zu. Der direkt gewählte CDU-Bürgermeister Markus Lewe hat sich, anders als das städtische Parlament, grundsätzlich gegen ein solches Vorhaben ausgesprochen.
Schleswig-Holstein
Vielleicht ist es ein wenig anachronistisch, Schleswig-Holstein zu erwähnen. Doch die Pionierrolle, die eine SPD-Ministerpräsidentin damals innehatte, darf nicht unerwähnt bleiben. Bereits 1997 hatte Schleswig-Holstein unter Ministerpräsidentin Heide Simonis einen Antrag für ein Modellprojekt zur Cannabisabgabe über Apotheken gestellt. Es sah vor, dass Erwachsene maximal fünf Gramm Gras in Apotheken kaufen durften und wurde vom damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer kategorisch abgelehnt. Kurz darauf ist die SPD in der Cannabis-Frage umgeschwenkt.
Vorläufiges Fazit
Von den zahlreichen Initiativen, die im Laufe der letzten beiden Jahre von Parteien oder Bürgern eingereicht wurden, haben bislang sechs die erste parlamentarische Hürde genommen: Sie verfügen über lokale Mehrheiten, wobei hier Bremen als erstes Bundesland seit fast zwei Jahrzehnten sicher hervor sticht. Einen fertig ausgearbeiteten Antrag, der auch der Bundesopiumstelle vorliegt, gibt es bislang nur in Friedrichshain.Kreuzberg. Die restlichen vier Kommunen sowie Bremen und Hamburg müssen ihre Hausarbeiten jetzt schnell erledigen. Doch auch viele Anträge, die im Rahmen der bundesweiten Debatte keine Mehrheiten finden konnten, waren wichtige Denkanstöße für so manchen Politiker vor Ort.
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