Über die Details des Cannabiskontrollgesetz, welches die Grünen dem Bundestag 2015 vorgestellt hatten, hat der DHV bereits umfassend informiert. So kam die Ablehnung durch die Regierungskoalition am vergangenen Freitag wenig überraschend. Niemand hatte ernsthaft erwartet, dass die Regierung im Handstreich Cannabis reguliert, weil die Opposition einen Vorschlag einreicht. Doch während der Debatte im Bundestag wurde vor allem klar, dass die jahrelang verhärteten Fronten langsam zu bröckeln scheinen.
Während sich Grüne und Linke in der Debatte für den Entwurf stark machten, mehren sich auch in der der SPD die Stimmen für eine grundsätzliche Evaluierung bisheriger drogenpolitischen Standpunkte. Burkhard Blienert warf der Union vor, sich Expertenargumenten zu verschließen, indem sie Modellprojekte und andere Lösungsansätze zur Konsumentensicherheit verweigere. Trotz aller Zweifel an der derzeitigen Drogenpolitik stimmte die Fraktion Blienerts gegen den Gesetzentwurf der Grünen. Selbst Dr. Georg Kipples von der CDU sagte, seine Fraktion sei grundsätzlich gesprächsbereit. Auch wenn seine Fraktion das Gesetz ablehne und manchmal so getan werde, als stünde der gesellschaftliche Friede auf der Kippe, wenn nicht jedem Bürger der Feierabend-Joint ermöglicht werde, habe es im Gesundheitsausschuss schon sehr sachliche Debatten gegeben.
Emmi Zeulner, die drogenpolitische Expertin der CSU, stellte die Eigenbedarfsregelung zumindest nicht grundsätzlich in Frage, indem sie den im Entwurf erwähnten 30 Gramm lediglich als “zu hoch” bezeichnete. Das Anerkennen einer Geringen Menge an sich ist angesichts der bisherigen drogenpolitischen Äußerungen ihrer Partei und der Geringen Menge Praxis in Bayern schon fast revolutionär. Aber angesichts der Behauptung, der Cannabiskonsum unter Colorados Jugendlichen steige, muss man bei den Christsozialen keine grundsätzliche Liberalisierungstendenzen fürchten.
Quellen für die Behauptung hat Frau Zeulner nicht angeführt, aber: Aktuelle Zahlen des Gesundheitsministerium in Colorado widersprechen denen Zeulners nicht nur, sondern gehen vom Gegenteil aus. Dem DHV waren vor kurzem schon einmal mit ähnlich geschönte Statistiken aufgefallen, die der Polizeipräsident in Münster heran gezogen hatte, um seine repressive Haltung gegenüber Cannabis zu rechtfertigen. Die unvollständigen Zahlen zu Colorados Konsum unter Jugendlichen stammen offensichtlich vom BKA, welches sie wiederum aus dem Jahresbericht der “Rocky Mountain High Intensity Drug Trafficking Area” (RMHIDTA) erhalten hatte, wie der Pressesprecher der Polizei Münster im April auf Anfrage mitteilte. Im Bericht der RMHIDTA werden nur die Zahlen und Studien zur Cannabis-Legalisierung erwähnt, die sie in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Der offizielle Bericht des Gesundheitsministeriums Colorados zu den Auswirkungen der Legalisierung seit 2013, aus dem die ursprünglichen Zahlen stammen, zieht ganz andere Schlussfolgerungen. So behauptet die RMHIDTA zum Beispiel, der Cannabis-Konsum von Jugendlichen habe zugenommen und liege über dem Bundesdurchschnitt. Doch die Gesundheitsbehörden des US-Bundesstaates hatten kurz zuvor bekannt gegeben, der Cannabiskonsum Jugendlicher sei leicht rückläufig und läge ganz knapp unter dem US-Bundesschnitt.
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