Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreise informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen!
Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge”, beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.
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Was bisher geschah / Koalitionsvertrag / drogenpolitischer Rückblick
Nachdem Winfried Kretschmann (GRÜNE) der erneute Wahlsieg gelang und er erneut Ministerpräsident wurde, bildete er die erste Koalition der GRÜNEN mit der CDU auf Landesebene, bei welcher die Union als Juniorpartner fungierte. Im Koalitionsvertrag vereinbarten GRÜNE und CDU, sich in der Justizministerkonferenz für eine bundeseinheitliche Regelung im Hinblick auf die geringe Menge bei Cannabis einsetzen, wobei die GRÜNEN für eine Lockerung waren. Gemäß des Koalitionspapiers folgt laut GRÜNE und CDU eine verantwortungsvolle Drogen- und Suchtpolitik dem Grundsatz Hilfe vor Strafe. Abhängigkeiten vorzubeugen und Kinder und Jugendliche vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen ist Teil des Koalitionsvertrages. Örtliche Präventionsangebote gegen Alkoholmissbrauch werden explizit thematisiert. Zudem wollten die beiden Parteien sich auch um nicht-stoffgebundene Süchte kümmern und sich im Bund gemeinsam mit anderen Bundesländern für wirksame und rechtssichere Regelungen im Glücksspielrecht einsetzen. In der Legislaturperiode gab es von den regierenden Parteien GRÜNE und CDU Anträge zur Entwicklung der Drogenkriminalität sowie den Kosten der Strafverfolgung bei Cannabiskonsumenten in Baden-Württemberg sowie zum wirtschaftlichen Potential von Nutzhanf.
Tatsächlich hat sich in Baden-Württemberg nichts zugunsten von Hanffreunden verändert. Das Bundesland gehört immer noch zu den repressivsten in Deutschland, es ist kein Unterschied zur früheren CDU-Regierung erkennbar. Schon 2014 hat der DHV in Stuttgart plakatiert “Auch die Grünen jagen Hanffreunde. Wie lange noch?” Sehr lange, wie es aussieht.
Wahlprognose
Laut der aktuellsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 05.03.2021 bauen die GRÜNEN ihren Vorsprung weiter aus und liegen demnach bei 35 Prozent. Die CDU verliert laut der Umfrage und landet nur noch bei 24 Prozent. Die AfD wäre mit 11 Prozent drittstärkste Partei. SPD und FDP kommen laut der Umfrage auf jeweils 10 Prozent der Stimmen. DIE LINKE würde mit nur drei Prozent den Einzug in das Parlament verpassen. Im Falle dieses Wahlausganges könnten GRÜNE und CDU ihre Koalition fortführen und Winfried Kretschmann zum dritten Mal hintereinander Ministerpräsident werden. Eine Ampel mit SPD und FDP wäre rechnerisch auch möglich, allerdings eher unwahrscheinlich.
Die GRÜNEN in Baden-Württemberg zeigen sich mit dem Verweis auf das Cannabiskontrollgesetz und vielen anderen tollen Programmpunkten zwar theoretisch sehr cannabisfreundlich, die anhaltende massive Kriminalisierung von Konsumenten auch bei geringen Mengen spricht aber nicht für die GRÜNEN. In anderen Bundesländern können sich Grüne auch in Regierungsbündnissen noch glaubhaft darauf berufen, dass die größeren Koalitionspartner ihre Vorstöße ausbremsen. Oder sie konnten auch als kleinere Koalitionspartner etwas erreichen. In BaWü waren die Grünen nun schon zum zweiten Mal Koch und nicht Kellner. Es ist zwar plausibel, dass die Grünen mit der CDU keine cannabispolitische Revolution ausrufen konnten. Aber dass das Bundesland weiterhin zu den repressivsten in Deutschland gehört und nicht der geringste Fortschritt erzielt werden konnte, ist nicht akzeptabel. Hier konnten sich gute Fachpolitiker aus dem Drogenbereich nicht gegen die Mächtigen der Partei durchsetzen. Die Grünen in BaWü werden in Sachen Cannabis zum Glaubwürdigkeitsproblem für die ganze Partei. Auch die Grünen jagen Hanffreunde. Wie lange noch?
Für Hanffreunde ist die CDU Baden-Württemberg wenig überraschend keine Option. Keine Pläne in der Drogenpolitik, lasche Reformbemühungen der Grünen hat die CDU abgeblockt. Und keine Antwort auf unsere Wahlprüfsteine ist auch eine Antwort.
Die SPD orientiert sich am Positionspapier der Bundestagsfraktion. Für die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg wäre die regulierte Abgabe von Cannabis für Erwachsene langfristig eine gute Sache. Aber das verrät sie uns nur auf Nachfrage. Die SPD BaWü gehört nicht zu den SPD-Landesverbänden, die die Legalisierung von Cannabis offiziell beschlossen haben.
Etwas lasch, wir sind nicht so richtig überzeugt. Die FDP ist vielleicht auch in Baden-Württemberg auf Legalisierungskurs, aber so richtig wollen die Liberalen nicht mit ihrer Meinung an die Öffentlichkeit. Die skeptische Haltung beim Drug-Checking und die Bevorzugung von Fertigarzneimitteln gegenüber Blüten dürften Hanffreunden missfallen.
DIE LINKE zeigt sich gewohnt progressiv als Legalisierungspartei und wäre daher eine mögliche Wahl für Hanffreunde. Allerdings dürfte es angesichts der Umfragewerte auch bei dieser Wahl schwierig werden, ins Parlament einzuziehen. Schade, dass unsere Wahlprüfsteine nicht beantwortet wurden, das hätte weitere Punkte bringen können.
Die AfD war bei der letzten Wahl drittstärkste Kraft und stärkste Oppositionspartei. Weder im Wahlprogramm, noch in den Wahlprüfsteinen hat die Partei Stellung bezogen. Wir haben keinen Anlass anzunehmen, dass die AfD in Baden-Württemberg von der sonstigen repressiven Linie der Partei abweicht. Deshalb können wir die AfD nicht zur Wahl empfehlen.
Baden-Württemberg ist ein trauriges Thema für Hanffreunde und die Grünen als Partei. Eine Wahlempfehlung fällt hier besonders schwer. Die Partei mit den besten inhaltlichen Positionen, Bündnis90/Die Grünen, hat bei der Umsetzung in den letzten beiden Legislaturperioden als mächtigste Partei und Regierungsführerin vollkommen dabei versagt, auch nur den kleinsten Fortschritt durchzusetzen. Inhaltlich die zweitbeste Partei, DIE LINKE, hat keine allzu großen Chancen, die 5-Prozent-Hürde zu schaffen. Vielleicht wollt ihr versuchen, die Linken mit euren Stimmen doch noch reinzubringen? Die FDP äußert sich so lauwarm, dass es keinen großen Spaß macht, sie zu empfehlen. Die SPD hat wenigstens auf Nachfrage einigermaßen vernünftige Positionen und könnte eine Alternative sein, während CDU und AfD nicht in Frage kommen.
Hier gilt mehr denn je: Wählt das aus eurer Sicht kleinste Übel und sagt den Parteien eure Meinung, damit sie wissen, was Wähler von ihnen wollen!
Sagt den Parteien eure Meinung!
Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!
Nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Wenn euch Cannabispolitik am Herzen liegt, solltet ihr den Parteien mitteilen, warum ihr sie gewählt oder nicht gewählt habt. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht eine kurze Nachricht wie:
LINKE, GRÜNE, FDP, SPD:
“Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”
AfD, CDU:
“Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”
Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: