Wahlanalyse zur Bundestagswahl am 26.09.2021

Natürlich sollten Drogen nicht alles im Leben sein und genauso ist auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Die diesjährige Bundestagswahl könnte jedoch eine Schicksalswahl werden, wenn es um das Thema Legalisierung geht. Der Wahl-O-Mat liefert (ab 02. September) einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen.

Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren!

Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen.

Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich! Also informiert euch und geht wählen!

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Was bisher geschah

Bei der letzten Bundestagswahl 2017 gewann die Union mit 32% die meisten Stimmen. In der aktuellen Regierungskoalition unter Kanzlerin Angela Merkel schloss sie sich mit der zweitstärksten Partei, der SPD, zur “GroKo” zusammen. Eine erneute Große Koalition ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Bislang hat keine der “erprobten” bisherigen Regierungskoalitionen laut den Umfragewerten eine Mehrheit. Im aktuellen Koalitionsvertrag findet sich zu den Themen Cannabis, Suchtberatung, Drogen oder Prävention nur die Aussage:

“Wir werden Drogenmissbrauch weiterhin bekämpfen und dabei auch unsere Maßnahmen zur Tabak- und Alkoholprävention gezielt ergänzen. Dabei ist uns das Wohl der Kinder von Suchtkranken besonders wichtig.”

Aus diesem etwas kryptisch formulierten, kurzen Abschnitt lässt sich keine einzige konkrete Maßnahme herauslesen, sondern lediglich das Ziel, weitere prohibitionistische Maßnahmen zu ergreifen, um den Konsum zu “bekämpfen”, was jedoch im Widerspruch zum Ziel einer besseren Prävention steht. Immerhin haben sich in der letzten Legislaturperiode bereits vier der sechs im Bundestag vertretenen Fraktionen für ein Ende der repressiven Cannabispolitik ausgesprochen. Die Entkriminalisierung hätte zumindest theoretisch bereits eine Mehrheit im Bundestag. Doch da die SPD keine Reformen in den Vertrag verhandelt hatte, sah sie sich durch den üblichen Koalitionszwang gebunden und konnte deshalb nicht mit der Opposition stimmen.

Wahlprognose

Laut derzeitigem Umfragetrend sind verschiedene Mehrheitskoalitionen möglich. Wahrscheinlich ist eine Koalition von Grüne und CDU/CSU. Ebenfalls denkbar wäre eine Kenia- (schwarz-rot-grün), Jamaica- (schwarz-gelb-grün) oder “Deutschland”-Koalition (schwarz-rot-gelb). Beste Chancen, dass unsere Regierung erste Schritte Richtung Legalisierung geht, gäbe es mit Rot-Rot-Grün, was im Hinblick auf die Umfragewerte jedoch bisher wenig realistisch erscheint. Für progressive Hanffreunde, die sich Fortschritt wünschen, ist besonders relevant, dass die Union endlich aus der Verantwortung genommen wird, wie beispielsweise bei einer möglichen Ampel-Koalition (rot-gelb-grün). Jegliche progressive Ideen wurden ausgebremst und sämtliche Anträge, Anfragen, Verbesserungsvorschläge und Alternativmodelle zum gescheiterten “Krieg gegen Drogen” wurden von CDU und CSU abgeschmettert, die an ihrem repressiven Kurs in der Drogenpolitik sogar bei Hanf festhalten. Aufgrund dessen hat sich in den letzten Jahren nicht viel bewegt. Darum ist es Zeit für einen Wandel!

Die Union bleibt ihrem Image treu und setzt auf “Stabilität”, unabhängig vom offensichtlichen Misserfolg beim Thema Drogenpolitik. Durch den Koalitionszwang konnten CDU und CSU ihre Blockadehaltung durchsetzen und jeden Fortschritt verhindern. Im gemeinsamen Programm lehnen sie “eine Legalisierung illegaler Drogen” explizit ab. Stattdessen setzen diese Parteien weiterhin auf Kriminalisierung und wollen den Fahndungsdruck erhöhen.

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Die Grünen haben ihren in der vergangenen Legislaturperiode erarbeiteten Entwurf eines Cannabis-Kontrollgesetzes in dieser Periode erneut eingebracht. Einzigartig detailliert skizzieren die Grünen darin, wie ein regulierter und kontrollierter Cannabismarkt in Deutschland aussehen könnte. Im Parlament haben sie zudem als Teil der Opposition diverse Anträge und Anfragen zu drogenpolitischen Themen eingereicht, darunter auch zu Nutzhanf und Cannabis als Medizin. Im Wahlprogramm setzen sie sich für eine verantwortungsvolle Drogen- und Suchtpolitik im Sinne von eigenverantwortlichem Umgang, Prävention und Regulierung anstelle von Repressionen ein.

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Die FDP hat in den vergangenen Jahren das wirtschaftliche Potenzial von Medizinalcannabis und Nutzhanf erkannt und zudem verstanden, dass die aktuelle repressive Drogenpolitik weder sinnvoll noch nachhaltig ist. Sie haben daher bei Cannabis einen deutlich liberaleren Kurs eingeschlagen in Richtung Legalisierung und Verbraucherschutz.

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Die SPD hat auf parlamentarischer Ebene keine progressiven drogenpolitischen Initiativen eingebracht und fuhr in der Koalition mit der CDU den Prohibitionskurs mit. Die SPD-Fraktion hat sich jedoch in einem Positionspapier für Modellprojekte und Entkriminalisierung ausgesprochen und auch das aktuelle Wahlprogramm lässt einen Wandel erhoffen.

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Auf parlamentarischer Ebene waren die Linken in der vergangenen Legislaturperiode aus der Opposition heraus sehr aktiv mit einigen guten Anträgen und Anfragen. Im Programm zur Bundestagswahl fordern sie legalen Besitz und Anbau zum Eigenbedarf. Dabei stehen sie auch Modellprojekten als Übergangslösung offen gegenüber. Ein klares Bekenntnis zu Cannabis-Fachgeschäften ist allerdings nicht zu finden.

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Die AfD behandelt in ihrem Programm das Thema Drogenpolitik und Cannabis nur knapp und oberflächlich unter dem Punkt “Cannabis nur in der Medizin”. In der vergangenen Legislaturperiode hat sich die Partei stets gegen fortschrittliche drogenpolitische Ansätze ausgesprochen und dabei durchgängig einen prohibitionistischen Ansatz verfolgt.

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Bei den Linken ist es umgekehrt: sie setzen in erster Linie auf Entkriminalisierung und Eigenanbau und lassen erst auf unsere Nachfrage durchblicken, dass es auch für sie wohl kaum ohne „kommerziellen Handel“ gehen wird.

Die Grünen sind den Konkurrenten in der Detailtiefe an Vorschlägen für eine verbraucherfreundliche Marktregulierung mit Cannabisfachgeschäften weit voraus, den Eigenanbau befürworten sie auf Nachfrage.

Bei den Linken ist es umgekehrt: sie setzen in erster Linie auf Entkriminalisierung und Eigenanbau und lassen erst auf unsere Nachfrage durchblicken, dass es auch für sie wohl kaum ohne „kommerziellen Handel“ gehen wird.

Die FDP will vor allem das wirtschaftliche Potential der Cannabislegalisierung nutzen, steht aber als einzige der drei Legalize-Parteien dem Eigenanbau und auch dem Drug-Checking skeptisch gegenüber.

Die FDP konnte auch bei der Anzahl und Bandbreite von Anträgen und Anfragen der letzten Jahre im Bundestag nicht ganz mit Linken und Grünen mithalten. Auch wer sich unter Drogenpolitik mehr als Cannabis vorstellt, sollte mal einen genaueren Blick in die Programme von Grünen und Linken werfen.

Die Sozialdemokraten fordern jetzt immerhin die Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten und Modellprojekte zur Cannabisabgabe. Das reicht aber nicht, um von uns das Prädikat „Legalize-Partei“ zu bekommen. Außerdem hat die SPD in den letzten Jahren brav die Repressionspolitik der Union mit getragen und zu verantworten. SPD wählen wäre unter dem Strich immer noch besser als gar nicht zu wählen.

Bei CDU und CSU herrscht absoluter Stillstand. Sie haben in Deutschland das repressive Weiter-So der letzten Jahre durchgesetzt. Die AfD strebt laut ihrem Programm Abstinenz als Ziel an und eine Begrenzung des Einsatzes von Cannabis als Medizin. Diese drei Parteien sind die letzten im Bundestag, die es immer noch richtig finden, die Polizei jedes Jahr mit hunderttausenden Strafverfahren wegen Cannabis zu beschäftigen. Unwählbar für Hanffreunde!

Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:

LINKE, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

SPD: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben/ nicht gegeben. Ich wünsche mir eine klarere Haltung der SPD für die Legalisierung von Cannabis.”

AfD, CDU, CSU: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Bürgerschaftswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: