Der Bund macht Druck für eine Vereinheitlichung der Eigenbedarfsregelungen. In einer öffentlichen Anhörung am Dienstag, den 29.05.12 wollen drei CDU-Senatoren darüber beraten, ob sie dem Ruf nach einer härteren Regelung in Berlin folgen wollen. Georg Wurth vom DHV wurde als Sachverständiger geladen.
Die Einladung zur Anhörung an die Abgeordneten in Berlin liegt offensichtlich mehreren Medien und einer Nachrichtenagentur vor und sie ist offensichtlich relativ gleichlautend mit der Einladung, die ich erhalten habe. Im Prinzip ist der komplette folgende Text in verschiedenen Medien zu finden, von daher kann ich wohl auch das Original zitieren:
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner sog. „Cannabis-Entscheidung“ vom 9. März 1994 im Hinblick auf die Eigenbedarfsgrenzen gem. § 31a BtMG eine einheitliche Einstellungspraxis in den Ländern gefordert. Auch der Strafrechtsausschuss der Justizministerkonferenz hat auf seiner Frühjahrstagung 2007 festgestellt, dass Anlass besteht, die Eigenbedarfsgrenzen in den Ländern einheitlich festzusetzen. Vor diesem Hintergrund haben die Länder – mit Ausnahme von Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – zwischenzeitlich einen einheitlichen Grenzwert von 6 Gramm bzw. drei Konsumeinheiten für Cannabisprodukte festgelegt. Mit dem derzeitigen Grenzwert von 15 Gramm nimmt das Land Berlin eine singuläre Position ein. Darauf hat mich mit Schreiben vom 20. April 2012 auch die Bundesjustizministerin Frau Leutheusser-Schnarrenberger hingewiesen.
Gemeinsam mit meinen Kollegen Frank Henkel (Senator für Inneres und Sport) und Mario Czaja (Senator für Gesundheit und Soziales) erwäge ich daher, die im Land Berlin geltende Eigenbedarfsgrenze für Cannabisprodukte herabzusenken. Um größtmöglichen Sachverstand in unsere Erwägungen einzubeziehen, möchten wir hierzu eine Expertenanhörung durchzuführen.
(…)
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heilmann
Senator
Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz
Die Anhörung findet statt
am Dienstag, den 29. Mai 2012,
von 10:00 – 13:00 Uhr
im Plenarsaal des Kammergerichts,
Elßholzstraße 30-33, in 10781 Berlin
Laut telefonischer Auskunft ist keine Anmeldung für Zuschauer nötig.
Wegen der Sicherheitsmaßnahmen wird aber um etwas früheres Erscheinen gebeten.
Ich könnte mir vorstellen, dass das ein paar Leute interessiert…
In einigen Medienberichten wird unterstellt, dass die CDU-Senatoren sich bereits für die Verschärfung entschieden haben. So titelt der Berliner Kurier “CDU will den Kiffern an den Kragen”, Welt online “CDU-Senatoren wollen Regelung für Cannabis-Konsumenten verschärfen” und der RBB “Berliner CDU plant Verschärfung von Cannabis-Regelung”. Die taz formuliert typisch flapsig: “Der Senat will Kiffern an die Tüte. Die CDU-Senatoren Frank Henkel (Inneres), Mario Czaja (Gesundheit) und Thomas Heilmann (Justiz) planen, den straffreien Eigenbedarf von Cannabis von 15 auf 6 Gramm zu senken.”
Allerdings wurde mir im Gespräch versichert, dass man ergebnisoffen an die Sache herangehen wolle. In der dpa-Meldung, die von Welt und Kurier abgedruckt wurde, heißt es: “Alle Beteiligten gingen ergebnisoffen in die Anhörung, ergänzte ein Sprecher.”
Das passt auch dazu, was uns die Berliner CDU letztes Jahr vor der Wahl auf unsere Wahlprüfsteine antwortete:
Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “geringen Menge” nach §31a BtmG? Planen Sie Änderungen?
Aus Gründen eines effektiven Rechtsstaates ist die Regelung in der jetzigen Fassung sinnvoll. So führt nicht jeder Besitz von Cannabis zu einer Strafverfolgung, sodass die Gerichte entlastet werden. Die jetzige Regelung ist hinreichend liberal und bedarf keiner Veränderung.
Aus eigenem Antrieb scheint die Berliner CDU das Fass jedenfalls nicht aufzumachen. Auch die SPD, Koalitionspartner der CDU in Berlin, hat sich damals gegen eine Änderung der Regelungen ausgesprochen, während alle anderen Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus die Regelungen sogar liberalisieren und überhaupt Cannabis legalisieren wollen. Grüne, Linke und Piraten dürften also ordentlich Gegenwind erzeugen. Die ersten Reaktionen gehen in diese Richtung.
Gleich mehrere SPD-Abgeordnete winken schon ab:
Auch Thomas Isenberg, Gesundheitsexperte der SPD, sieht „keinen Handlungsbedarf“. Die 15-Gramm-Regelung habe sich bewährt, der Koalitionsvertrag sehe eine Absenkung nicht vor. Es sei „zwingend notwendig“, dass die CDU-Senatoren die Entscheidung nicht unter sich ausmachten, sondern die SPD einbezögen, so Isenberg. – taz, s.o.
Auf Ablehnung stoßen Henkel und seine Kollegen auch beim Koalitionspartner SPD. “Die bisherige Freigrenze hat sich bewährt. Wir sehen daher keinen Handlungsbedarf”, sagte der rechtspolitische SPD-Sprecher Sven Kohlmeier. – RBB, s.o.
Dazu kam schnell Kritik von den Grünen:
Es sei zu begrüßen, dass sich die CDU „grundsätzlich zur Straffreigrenze bekennt“, so der Grüne Benedikt Lux. Die Absenkung aber sei unnötig. Im Gegenteil müsse die Straffreigrenze auch mehrmals zum Zuge kommen. „Polizei und Justiz müssen immer noch viel zu häufig kleine Kiffer jagen.“ – taz, s.o.
Die Linken veröffentlichten eine Presseerklärung:
Kein Zurück zu einer ideologisch begründeten repressiven Drogenpolitik
(…) In Berlin existiert bei der Verfolgung von Cannabis-Eigenbesitz die liberalste Freigrenze in Deutschland. Sie wurde auf Initiative der damaligen PDS in der ersten rot-roten Legislaturperiode festgelegt und setzt auf einen verantwortungsvollen Umgang mit sogenannten weichen Drogen statt auf die Bestrafung von Konsumentinnen und Konsumenten. Das entspricht drogenpolitischer Vernunft: Strafverfolgungsbehörden und Polizei wurden entlastet. Die Verschwendung von Ressourcen bei der Verfolgung von Delikten, bei denen selbst der Strafzweck zweifelhaft war, wurde beendet.
Unter einer SPD-CDU-Regierung droht Berlin nun die Rückkehr in eine provinzielle Repressionspolitik. (…)
Und auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kam Kritik:
Angesichts der Überlegungen sieht die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erheblich mehr Arbeit auf Polizisten zukommen. “Die Polizei kann den Kontroll- und Überwachungsdruck schon jetzt nicht aufrechterhalten”, sagte der Berliner GdP-Geschäftsführer, Klaus Eisenreich. – RBB, s.o.
Das ist besonders interessant, da außer mir laut telefonischer Auskunft bei der Anhörung vor allem Vertreter von Polizei und Justiz als Sachverständige anwesend sein werden.
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