Seit Ende Februar können sich maltesische Bürger um eine Lizenz für den Betrieb eines Cannabis Social Clubs bewerben. Die dortige Regulierungsbehörde ARUC hat zeitgleich verbindliche Regelwerke veröffentlicht. Darin bestätigen sich die Befürchtungen, die wir schon im vorherigen Artikel über die ersten bekannt gewordenen Details hatten: Es werden sich nur wenige Interessenten für CSCs finden, die all diese Vorgaben erfüllen können.
Die vier neuen Direktiven sind deutlich detaillierter als die Vorabversion. Einige Angaben aus dem alten Papier, wie z.B. die Höhe der Registrierungsgebühr, fehlen allerdings in den bisher veröffentlichten Regelwerken. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass weitere Direktiven in nächster Zeit folgen werden.
Inhaltlich betreffen die vorgestellten Regelwerke vier verschiedene Bereiche: den Bewerbungsprozess, die technischen Standards und operativen Prozesse, die Regeln zu Harm Reduction sowie Vorgaben zu Immobilien. Die kompletten Regelwerke findet ihr hier.
Anforderungen an die genutzten Immobilien eines CSCs
Alle Immobilien, die für den Betrieb eines CSCs in Malta genutzt werden sollen, müssen von der ARUC genehmigt werden. Es ist ein Abstand von mindestens 250 m zu Schulen und Jugendeinrichtungen einzuhalten. Die Immobilien dürfen nicht als CSC erkennbar sein oder gar Werbung präsentieren. Die Öffnungszeiten sind auf den Zeitraum von 9 bis 21 Uhr begrenzt.
Der Anbau und die Ausgabe der Blüten müssen baulich voneinander getrennt sein. Für die Ausgabestelle und den Anbau müssen Betriebsgenehmigungen für “Einzelhandel” bzw. für “Industrie und Landwirtschaft” vorliegen. Ausnahmen können für ältere Gebäude (Baujahr vor 1967) gemacht werden. Die Einhaltung aller baulichen Vorgaben muss durch einen Architekt im Rahmen der Bewerbung bestätigt werden.
Weiterhin behält sich die Regulierungsbehörde das Recht vor, Lizenzbewerbungen abzulehnen, falls bereits zu viele CSCs in unmittelbarer Nachbarschaft existieren oder durch die Ansiedlung eines CSCs die “Annehmlichkeit” der Umgebung negativ beeinflusst wird.
Besonders die letzte Einschränkung öffnet willkürlichen Ablehnungen von CSCs Tür und Tor. Es wird also spannend sein, welche Orte für den Betrieb eines CSCs überhaupt noch in Frage kommen und wie attraktiv diese für den Betrieb eines CSCs sind.
Vorgaben zur Harm Reduction
Im offiziellen Sprachgebrauch firmieren CSCs in Malta unter der Bezeichnung “Cannabis Harm Reduction Associations” (CHRA), um die Wichtigkeit der Schadensminimierung im Umgang mit Cannabis zu unterstreichen. Die bisher veröffentlichten Vorgaben zur Harm Reduction sind jedoch sehr vage. Der Grundsatz “to minimise the negative health, social and legal impacts associated with the use of cannabis” soll in allen Prozessen des CSCs implementiert werden. Was das konkret bedeutet, wird allerdings nicht klar. Die ARUC kündigt weitere verpflichtende Programme in diesem Bereich an.
Erste konkrete Maßnahmen sind das Verbot der Festlegung einer Mindestabnahmemenge pro CSC-Mitglied und das Verbot einer Preisdifferenzierung zwischen Mitgliedern (z.B. nach Erwerbsstatus, Verbrauchsmenge oder dergleichen).
Weiterhin neu ist die Einführung einer THC-Obergrenze von 18% für die Abgabe an Mitglieder unter 21 Jahren. Zudem sollen die CSCs Mitglieder unter 21 Jahren ermuntern, kein Cannabis mit mehr als 15% THC zu konsumieren.
Kann das Verbot einer Mindestabnahme pro Mitglied noch überzeugen, so wirken die beiden anderen konkreten Maßnahmen eher kontraproduktiv. Denn sie machen CSCs für junge und einkommensschwache Personen unattraktiver und konterkarieren so den Grundgedanken des CSCs als “Cannabis Harm Reduction Association”.
Direktive zu den technischen Standards und operativen Prozessen
Das Regelwerk zu den Standards und Abläufen in CSCs ist das umfangreichste unter den bisher veröffentlichten Dokumenten. Es umfasst Unterkapitel zu den Standards Sauberkeit/ Hygiene, Sicherheit, Distribution, Anbau/ Verarbeitung, Abfallmanagement, Inventarisierung, Produkttestung und Verpackung.
Der Großteil der umfangreichen Standards erscheint für kommerzielle Unternehmen sinnvoll. Jedoch sind CSCs in Malta per Definition non-profit Organisationen und die Umsetzung der teilweise sehr kosten- und arbeitsintensiven Standards dürfte viele potentielle Interessenten von der Gründung eines CSCs abschrecken.
So schreiben die Regeln z.B. ein aufwändiges Luftfiltersystem für die Verarbeitungsräume vor, um zu verhindern, dass Gerüche, Partikel oder Mikroorganismen in die Umwelt gelangen. Zudem muss der Verarbeitungsraum vollklimatisiert sein (Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Der Transport der Blüten zwischen Anbau- und Abgabestelle muss durch ein lizenziertes und vertraglich gebundenes Sicherheitsunternehmen stattfinden und zusätzlich zuvor bei der ARUC angemeldet werden. Alle Personen, die mit fertigen Produkten hantieren, müssen von der ARUC genehmigt werden.
Ein umfangreiches Sicherheitssystem inklusive Kameras, Alarmanlage, Brandmeldeanlage und protokolliertem Zugang ist ebenfalls vorgeschrieben. Die Einhaltung der Sicherheitsstandards muss durch einen Fachmann alle drei Jahre und im Rahmen der Bewerbung bestätigt werden. Etwaige festgestellte Sicherheitsmängel müssen binnen einer Woche beseitigt werden.
Alle nicht genutzten Pflanzenteile sowie Flüssigkeiten, die mit Pflanzenteilen in Kontakt gekommen sind, gelten per Definition als “Sondermüll” und müssen von einem lizenzierten und vertraglich gebundenen Unternehmen entsorgt werden. Die Lagerung des “Sondermülls” hat in versiegelten Behältern an einem gesicherten Ort zu erfolgen. Vor der Entsorgung durch das Fachunternehmen ist die ARUC in Kenntnis zu setzen.
Für alle Pflanzenteile, Abfälle und fertige Produkte muss eine quartalsweise Inventarisierung stattfinden. Abweichungen beim Inventar, die nicht schlüssig erklärt werden können, ermächtigen die ARUC zum Entzug der Lizenz.
Die Anbaumethoden, Pflanzenanzahl und Sorten, Anbaufläche und das verwendete Equipment inklusive Nährstoffen müssen im Rahmen des Antrags auf eine Lizenz dargelegt werden. Jegliche Änderungen am Konzept sind der ARUC zur Genehmigung vorzulegen. Für den gesamten Anbau und Verarbeitungsprozess besteht eine detaillierte Dokumentationspflicht.
Jede Produktcharge muss durch eine dritte qualifizierte Person getestet werden auf die Einhaltung von Grenzwerten für organische und anorganische Verunreinigungen. Die Grenzwerte bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau wie die Grenzwerte für kommerzielle Erzeugnisse in den USA und Kanada.
Die Verpackung der abgegebenen Blüten muss kindersicher, durchsichtig bis milchig und nahezu “plain” sein. Auf Logos und auffällige Schriftarten, die vor allem Jugendliche und Kinder ansprechen, soll verzichtet werden. Die Verpackung ist der ARUC zur Genehmigung vorzulegen.
Bei diesen strengen Auflagen fehlen eigentlich nur die berühmten 24 cm Stahlbeton und die meisten maltesischen CSCs könnten in Deutschland medizinisches Cannabis produzieren. Wie dieses Modell im Rahmen eines nicht profitorientierten, basisdemokratischen Vereins funktionieren soll, bleibt fraglich. Selbst wenn die zukünftigen Lizenzgebühren für CSCs sehr moderat durch die ARUC gestaltet werden sollten, sind die finanziellen Kosten für den Betrieb und die Sicherstellung aller baulichen und operativen Standards erheblich und werden wahrscheinlich viele Interessierte abschrecken.
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