In den USA stehen am 6. November wichtige Volksabstimmungen zu Cannabis an; hier das Feature zum US-Staat Arkansas, der nach der Abstimmung der erste Staat im Süden der USA werden könnte, in dem Marijuana als Medizin legal ist. Worum geht es genau und wie stehen die Chancen?
Der Drug War Chronicle ist eine sehr gute Informationsquelle für die Vorgänge in den USA. Hier eine gekürzte Übersetzung von dessen Arkansas-Feature:
“Die Initiative für medizinisches Marijuana in Arkansas steuert die Ziellinie an
von Phillip Smith, 2. Oktober 2012Medizinisches Marijuana hat in Teilen der USA Einzug gehalten. Von den Ausnahmen Idaho, Utah und Wyoming abgesehen ist der Westen Medizinisches-Marijuana-Land. Und auch der Nordosten tendiert in diese Richtung, wo sich Massachusetts wahrscheinlich am Wahltag einreihen wird. Im Mittelwesten ist Michigan der erste Staat, der medizinisches Marijuana akzeptiert.
Der Süden verbleibt als einzige Region des Landes ohne einen Medizinischen-Marijuana-Staat, aber das könnte sich durchaus am 6. November ändern, wenn die Wähler von Arkansas die Möglichkeit haben werden, einer Initiative zur Legalisierung von medizinischem Marijuana zuzustimmen.
Die Verordnung für medizinisches Marijuana in Arkansas (Thema 5 bei der Abstimmung), die von der “Organisation für mitfühlende Pflege in Arkansas” (Arkansans for Compassionate Care) zur Abstimmung vorgelegt wird, würde es Patienten, die an auf einer Liste festgelegten Krankheiten und Zuständen leiden, erlauben, medizinisches Marijuana auf ärztliche Empfehlung hin zu benutzen und zu besitzen, sofern sie sich bei der staatlichen Gesundheitsbehörde dafür registriert haben. Die Patienten würden das Marijuana dann von staatlich regulierten und nicht gewinnorientierten Apotheken erhalten. Nur die Patienten, die mehr als 5 Meilen von einer solchen Apotheke entfernt wohnen, dürften es selbst anbauen oder von einer Vertrauensperson anbauen lassen, wobei dies auf 6 Pflanzen pro Person beschränkt wäre.
Die Kampagne zählt auf das Mitgefühl der Einwohner von Arkansas, um im November erfolgreich zu sein, und hebt die Notlage von Patienten wie Emily Williams hervor, einer Ehefrau und Mutter, bei der 2010 ein Lymphom diagnostiziert wurde. Williams unterzog sich einer umfangreichen Chemotherapie, die zu extremer Übelkeit, Kopfschmerzen und einer allgemeinen Lethargie führte. Sie war wegen der Nebenwirkungen nicht mehr in der Lage zu essen, zu trinken oder irgendwelche Medikamente zu nehmen und die Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit und Brechreiz; A.d.Ü.), die ihr von ihrem Arzt verschrieben wurden, halfen auch nicht.
“Ich bekam eine intravenöse Medikation, Pillen, Pflaster und Tabletten, die sich unter der Zunge auflösten, aber nichts davon hat auch nur eines meiner Symptome gemildert”, sagte sie, um zu erklären, wie sie widerwillig zu medizinischem Marijuana kam. “Ich wusste, dass ich meine Familie einer Gefahr aussetzte. Wir hätten verhaftet werden oder unseren Besitz verlieren können, aber ich war am Sterben und nichts anderes hatte geholfen.”
Medizinisches Marijuana half. “Innerhalb von 10 Minuten waren meine Kopfschmerzen verschwunden, meine Nerven entspannten sich, der Schmerz in meinem Körper war weg und die Übelkeit war auch komplett weg, sie verschwand einfach total,” sagte sie. “Es erlaubt mir, ein normales Leben zu leben. Ich war wieder in der Lage mit meiner Familie zusammen zu essen und wieder aktiver zu sein.”
Aber das Risiko, das mit der Illegalität verbunden war, war zuviel für sie. Sie lehnte es aus Angst um ihre Familie während ihrer letzten Runde der Chemotherapie ab, es weiterhin zu benutzen, und bezahlte dann dafür den Preis. Die Antiemetika halfen weiterhin nicht, sie verlor 10 Pfund an Gewicht in einer Woche, und ihre Genesung wurde unnötigerweise hinausgezögert.
(…)
Die Kampagne baut auf Geschichten wie die von Williams, um aus einem Kopf-an-Kopf-Rennen am 6. November einen Sieg zu machen. Die einzige jüngere Umfrage zu der Initiative, einer “Talk Business-Hendrix College”-Umfrage im Juli, kam auf einen mühsamen Vorsprung von nur einem Prozentpunkt, 47% zu 46%, bei 7% Unentschlossenen, aber die Vertreter der Kampagne bekundeten, dass die Unterstützung seither zuzunehmen scheint.
“Ich vermute, dass sich die Zahlen ganz schön geändert haben,” sagte der Stratege der Kampagne Chris Kell. “Als wir erstmal die Unterschriften beisammen hatten, bekamen wir auch eine gehörige Portion an Aufmerksamkeit und es ist schwer, die Geschichten der Patienten zu ignorieren. Jetzt, da die Leute von der Initiative hören, besuchen sie die Webseite und wir werden weiterhin gehörig an ihren inneren Gefühlen zerren.”
“Es ist jetzt alles auf den letzten Anstoß zum Sieg ausgelegt”, sagte er.
(…)
Die letzte Hürde, die überwunden wurde, war eine Klage, die vom sozial-konservativen “Family Council Action Committee” eingereicht wurde, in welcher versucht wurde, die Maßnahme von der Wahl fernzuhalten, indem die Sprache der Abstimmung in Frage gestellt wurde. Der Oberste Gerichtshof hat die Klage letzte Woche allerdings abgewiesen.
“Es geht hier um die Legalisierung von Marijuana,” sagte der Kopf des “Family Council Action Committee” Jerry Cox der Ozark Times im August, als die Klage eingereicht wurde. “Es geht nur darum, es schrittweise zu legalisieren. Ich denke, man würde herausfinden, wenn man herumfragen würde, dass eine Menge derselben Leute, die das unterstützen, auch eine totale Legalisierung von Marijuana für alle Zwecke unterstützen. Ich glaube, ihre wahre Absicht ist es, Marijuana so legal erhältlich zu machen wie Tabak.”
Das “Marijuana Policy Project” hat zwar Geld zum Sammeln der Unterschriften beigetragen, um das Anliegen zur Wahl zu stellen, und half bei der gerichtlichen Auseinandersetzung, aber die Kampagne hält nun nach mehr Geld Ausschau, um vor der Wahl noch ein paar Werbespots in den Äther zu schicken.
“All das Geld, dem wir von verschiedenen Leuten entgegensahen, war an dieses Gerichtsverfahren geknüpft,” erklärte Kell. “Keiner wollte Geld geben, solange sie nicht sicher sein konnten, dass das Anliegen auch tatsächlich zur Wahl steht. Nun da das sicher ist, bedarf es einiger Anstrengung, noch genügend Geld zusammen zu bekommen, um damit hoffentlich noch eine bezahlte Medienkampagne in der letzten Woche zu machen.”
Falls sie eine bezahlte Medienkampagne hinbekommen sollten, sieht es so aus, als ob das die einzige wäre. Denn abgesehen vom “Family Council” ist organisierte Opposition rar.
“Wir haben bisher keine wirkliche Opposition auf Seiten der Vollzugskräfte gesehen und einige Leute vor Ort erzählen uns im Stillen, dass sie dafür seien und dass sie nicht gezwungen sein wollen, Menschen wegen einer kleinen Menge für medizinische Zwecke festzunehmen,” sagte Kell. “Die einzige organisierte Opposition selbst auf diesem geringen Niveau kommt von ein paar Leuten, die davon profitieren würden, wenn es illegal bliebe, Behandlungszentren und so was in der Art.”
(…)
“Arkansas ist politisch ein etwas seltsamer Staat.” sagte er. “Wir bekamen von konservativer Seite genau so viel Unterstützung wie von der liberalen. Die Leute könnten die Parteigrenzen überschreiten, um in großer Zahl dafür zu stimmen. Die Wähler hier sind ziemlich pragmatisch und gut informiert, wenn sie wählen. Ich denke, sie werden sich für das Mitgefühl entscheiden.”
In weniger als einen Monat werden wir sehen, ob Arkansas den Süden in Richtung des gelobten Landes des Medizinischen Marijuanas anführen wird.”
Übersetzung von Matthias Heyd
DHV-Meldung vom 21.09.12: NORML – Cannabis-Initiativen führen in Umfragen
Schreibe einen Kommentar