Landtagswahlen September 2006 – Berlin und Mecklenburg-Vorpommern


Einleitung

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Hanf legalisieren will oder nicht. Die Drogenpolitik verrät vielmehr Grundsätzliches darüber, ob eine Partei den Bürger eher als selbstbestimmtes Individuum sieht oder als lenkbares Schaf, das von der Obrigkeit vor bösen Einflüssen beschützt werden muss (und kann!). Wer selbst Drogen konsumiert, mag bei der Wahlentscheidung besonders auf die Drogenpolitik achten, denn dann wird man von den repressiven Parteien zum Kriminellen gestempelt mit möglicherweise drastischen Folgen.

Um in dem Punkt etwas Klarheit zu verschaffen, haben wir die drogenpolitischen Teile der Wahlprogramme der Parteien zusammengetragen und bewertet, dabei haben wir natürlich mal wieder insbesondere auf Cannabis geachtet und auf die Position der Parteien zu einer möglichen Liberalisierung oder Verschärfung der Strafverfolgung.


Landtagswahlen im September 2006

Am 17. September 2006 wird in Berlin und Mecklenburg- Vorpommern ein neues Landesparlament gewählt. Für jedes dieser Länder haben wir eine Seite mit Informationen über den aktuellen Stand der Drogenpolitik und einer Zusammenfassung der Wahlaussagen der Parteien zusammengestellt. Ein Klick auf ein Land führt Sie zu der entsprechenden Seite.

Zusammenfassung und Wahlempfehlung

Hier unsere Rangliste der Parteien:

1. Bündnis 90/Die Grünen

Die Grünen bleiben nach wie vor die erste Wahl für Hanffreunde.
Insbesondere die Berliner Grünen können wir uneingeschränkt zur Wahl empfehlen. Sie haben ein gutes und klares Wahlprogramm, haben sich in ihrer parlamentarischen Arbeit um das Thema Cannabis gekümmert und können sogar eine aktive Arbeitsgemeinschaft für Drogenpolitik vorweisen.
In Mecklenburg- Vorpommern ist das leider nicht so eindeutig. Hier verzichten die Grünen in ihrem Wahlprogramm auf die konkrete Forderung nach Legalisierung von Cannabis. Sie hatten auch keine Gelegenheit, ihre Haltung zu Hanf in der parlamentarischen Arbeit zu beweisen. Dennoch sind die Grünen auch im Norden die einzigen, die sich überhaupt kritisch zur “Kriminalisierung” äußern. Insofern sind sie aus drogenpolitischer Sicht auch hier die erste Wahl.

2. WASG

Die WASG schiebt sich in unserer Rangliste durch ihr brauchbares Wahlprogramm in Berlin vor die Linkspartei. Auch wenn die WASG ihre drogenpolitischen Vorhaben noch nicht in der Realität unter Beweis stellen konnte, verdient sie mit der klaren Forderung nach Coffeeshops und einem positiven Bezug auf bewussten Drogenkonsum den zweiten Platz.

3. Linke.PDS

Die Linkspartei muss sich in unserer Übersicht den dritten Platz mit der FDP teilen. Das ist ein herber Rückschlag. In früheren Wahlempfehlungen kamen die Linken schon nahe an die Grünen heran. Aber die Partei kann sich immer noch nicht zu einer klaren Linie durchringen.
Das wurde in der Diskussion in Berlin um Reformen der Cannabisregeln deutlich. So wundert es nicht, dass die Linken weder in Berlin noch in Mecklenburg-Vorpommern ein einziges Wort zu Drogenpolitik in ihre Programme schreiben.
Man kann den Linken nur zugute halten, dass sie – besonders in Berlin – viele Leute in ihren Reihen haben, die tendenziell eher hanffreundlich sind. Außerdem kann man in beiden Bundesländern von ihnen erwarten, dass sie zumindest keine Verschlechterungen vorantreiben oder mittragen. Das ist auch der einzige Grund warum sie trotz völliger Untätigkeit in Mecklenburg- Vorpommern dennoch auf diesem Listenplatz landen – die anderen sind schlimmer!

3. FDP

Die FDP kommt hier verhältnismäßig gut weg und ist erstmalig gleichauf mit der Linkspartei. Die FDP ist beim Thema Cannabislegalisierung regional sehr unterschiedlich positioniert.
Der Berliner Landesverband ist jedenfalls für eine Legalisierung und hat dies zumindest eine Zeit lang auch vorangetrieben. Allerdings sind diese Ambitionen eingeschlafen, seit der zuständige Abgeordnete Martin Matz die FDP-Fraktion verlassen hat. So findet sich auch im berliner Wahlprogramm der FDP keine Passage zu Drogenpolitik, sonst hätte sie die Linkspartei in unserer Rangliste eventuell überholen können.
In Mecklenburg- Vorpommern hat die FDP ein harmloses Programm formuliert, in dem mehr Prävention gefordert wird. Ansonsten glänzt sie dort wie die Linkspartei mit Untätigkeit. Es gilt derselbe Vorteil wie bei den Linken im Norden: schlimmer wird es mit denen hoffentlich nicht.

4. SPD

Die SPD bekommt den letzten Platz unserer Rangliste. Sie kann durchaus als Partei der Drogenrepression bezeichnet werden. Sie trägt die Verfolgung von Kiffern gerne mit. In Berlin hat sie immerhin widerwillig eine kleine Liberalisierung mitgetragen. Grundsätzliche Kritik an der Repression ist von ihr aber nicht zu erwarten. Je nach Koalitionspartner ist bei der SPD auch damit zu rechnen, dass sie Verschärfungen im Cannabisrecht aktiv mitgestaltet. Nur wer unbedingt eine der beiden großen Volksparteien wählen will, sollte sich für die SPD entscheiden.

ohne Nummer: CDU

Die CDU ist einfach eine für Hanffreunde unwählbare Partei der Verbote. Das einzige, was der Partei zu Drogen und Cannabis einfällt, ist der Ruf nach härterer Strafverfolgung und mehr Polizei. Unterirdisch!


Die DHV- Wahlempfehlung richtet sich ausschließlich nach den Aktivitäten der Parteien und ihren Aussagen in Wahlprogrammen bezüglich Drogenpolitik, insbesondere Cannabis.

Eine Entscheidungshilfe bei anderen Themen kann auch bei diesen Landtagswahlen wieder der Wahl-O-Mat sein, der auf unterhaltsame Art eine persönliche Wahlempfehlung erstellt.


Und nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss:
Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat! Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Die passenden Emailadressen haben wir auf den jeweiligen Landesseiten für Sie zur Verfügung gestellt. Es reicht ein Dreizeiler wie:

“Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

“Ich hätte mir vorstellen können, sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Natürlich lohnt sich eine solche Mail auch bei den Kandidaten des eigenen Wahlkreises. Schließlich kämpfen sie speziell auch um ihre Stimme. Wer in welchem Wahlkreis antritt erfährt man zum Beispiel unter www.Kandidatenwatch.de

Außerdem kann man auch in Parteien aktiv werden. Insbesondere Grüne und Linkspartei haben auch drogenpolitisch aktive Arbeitsgemeinschaften auf Bundesebene:


Von diesen Informationen gibt es eine Kurzversion als PDF, aber auch eine Komplettversion als PDF finden Sie auf unserem Server.

Wer noch mehr über die Drogenpolitik der Parteien erfahren möchte, sollte einen Blick in die “Wahlprüfsteine Cannabis zur Bundestagswahl 2005” werfen. In ihnen beantworteten die Parteien Fragen des DHV zur Cannabispolitik, die oft über den Inhalt von Wahlprogrammen hinausgehen.