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Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gescheitert”

Am 2. Juni hat die Global Commission on Drug Policy in New York einen Bericht zur Drogenpolitik vorgelegt. Das hochkarätig besetzte Expertengremium schreibt darin: “Der jahrzehntelange Krieg gegen die Drogen ist verloren und hat verheerende Folgen für Menschen rund um die Welt” und fordert Schluss mit Krimi! sowie eine Legalisierung des Drogenmarktes und eine Verbesserung der Behandlung von Abhängigen.

Vorausgegangen war die avaaz.org Onlinepetition “Beenden Sie den Drogenkrieg!” an der bis heute mehr als 600.000 Menschen teilgenommen haben. Auf der Seite der Petition ist aktuell zu lesen:

Geschafft! Letzte Woche übergab Avaaz-Direktor Ricken Patel über 500.000 Unterschriften direkt an UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon, führende Staats- und Regierungschefs und die Medien. Unser Aufruf wurde gehört: Während eines persönlichen Treffens versicherte uns Ban Ki-Moon, dass er eine UNO-Arbeitsgruppe schaffen wird, um einen neuen Ansatz bezüglich Drogen und dem organisierten Verbrechen zu entwickeln. Dies ist ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung, um den Drogenkrieg zu beenden, da das Augenmerk auf die öffentliche Gesundheit, Bildung und Prävention gerichtet werden soll. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass dieser sinnlose und brutale Krieg beendet wird. Bleiben Sie dran – wir werden Sie informieren wie wir gemeinsam den Druck aufrechterhalten können.

Die Kommission fordert in ihrer Pressemitteilung:

The Commission’s recommendations are summarized in the Executive Summary below this release. They include:
● End the criminalization, marginalization and stigmatization of people who use drugs but who do no harm to others.
● Encourage experimentation by governments with models of legal regulation of drugs (especially cannabis) to undermine the power of organized crime and safeguard the health and security of their citizens.
● Ensure that a variety of treatment modalities are available – including not just methadone and buprenorphine treatment but also the heroin-assisted treatment programs that have proven successful in many European countries and Canada.
● Apply human rights and harm reduction principles and policies both to people who use drugs as well as those involved in the lower ends of illegal drug markets such as farmers, couriers and petty sellers.

und endet mit den Worten: Break the taboo on debate and reform. The time for action is now.

Der Bericht der Kommission ist hier zu finden.

Unter den Mitgliedern der Global Commission on Drug Policy finden sich nicht nur die schon für ihre Positionen bekannten ehemaligen Präsidenten Ernesto Zedillo (Mexiko), César Gaviria (Kolumbien) und Fernando Henrique Cardoso (Brasilien). Mit George Papandreou, dem amtierenden griechischen Ministerpräsidenten, ist erstmals auch ein aktiver Politiker unter den Unterstützern, dazu kommen die international sehr renommierten Mitglieder Javier Solana (ehemaliger Generalsekretär des Rates der Europäischen Union) und Kofi Annan (ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen).

Das Medienecho

Der Bericht der Global Commission on Drug Policy wurde in einigen wichtigen deutschsprachigen Zeitungen und Medien erwähnt, unter anderem war in der Süddeutschen Zeitung, bei ZDF Heute und in der Pharmazeutischen Zeitung ein Hinweis zu finden.

Bemerkenswert ist die Financial Times Deutschland, die dem Bericht einen ganzen Leitartikel “Mit Legalisierung den Drogenhandel schwächen” und einen zusätzlichen Bericht “Kommission empfiehlt Legalisierung von Drogen” widmete. Die Redaktion der liberalen Zeitung macht keinen Hehl aus ihrer Zustimmung:

Der Abschlussbericht der Global Commission on Drug Policy zeigt deutlich, dass der weltweite Kampf gegen Rauschmittel versagt hat. Die einzige sinnvolle Lösung: Endlich den Schritt in die Legalität wagen. Das müssten die USA eigentlich am besten wissen. […] Die Idee hat nichts mit Träumerei oder linkem Idealismus zu tun. Es geht darum, ein globales Problem mit enormen politischen Auswirkungen anzugehen. […] Das klingt alles zu einfach? Stimmt. Allerdings scheitert die Legalisierung nicht an organisatorischer Machbarkeit, sondern an politischer. […] Die Amerikanern müssten es eigentlich besser wissen, spätestens seit der fehlgeschlagenen Prohibition. Das pauschale Alkoholverbot stärkte die dortige Mafia. Als es fiel, stieg der Konsum zwar zunächst etwas, verschob sich aber von Hochprozentigem zu Bier und Wein. Schwer vorstellbar, dass Heroin zur Volksdroge würde, nur weil es plötzlich legal zu haben ist. […] Der erste Schritt muss also sein, den bestehenden weltweiten Konsens zum Umgang mit Drogen aufzuweichen. Wenn die Ergebnisse der hochkarätig besetzten Global Commission on Drug Policy das nicht schaffen – was dann?

Die taz nennt den Bericht eine Schelte der internationalen Prominenz und berichtet zudem über eine Initiative des britische Unternehmers Richard Branson und rund 30 anderer Prominenter. “Sie forderten in einem offenen Brief an die Regierung bereits Konsequenzen. Der Musiker Sting, die Schauspielerin Judi Dench und andere Prominente forderten Premierminister David Cameron in dem Brief auf, seine Politik zu überdenken.” Der taz-Kommentar “Legalize it! – Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie Ausspricht” stammt aus der Feder von Mathias Bröckers, der unter anderem “Die Drogenlüge – Warum Drogenverbote den Terrorismus fördern und Ihrer Gesundheit schaden”.

Erfreulich ist auch, dass auch weniger bekannte Zeitungen über den Bericht schrieben. So hat die Stuttgarter Zeitung unter der Überschrift “Amerikas sinnlosester Krieg” einen ausführlichen Artikel inklusive einer Chronik des Krieges gegen Drogen veröffentlicht. Der Kommentar “Der Krieg gegen die Drogen produziert Gewalt” in der in der Badischen Zeitung endet mit dem Empfehlung, sich an der Schweiz zu orientieren:

Die Drogenpolitik müsse entkriminalisiert werden. Als Vorbild könne die Schweiz dienen. Dort wurde in einer schwierigen Phase die Hilfe in den Vordergrund gerückt, zugleich wagte das Land Schritte in Richtung Legalisierung und kontrollierter Abgabe. Mit Erfolg. Die Folge war eine sinkende Gewinnspanne für die Drogenkartelle.

Der Artikel “Legale Drogen für eine bessere Welt” in der Onlinezeitung The European kann als Fortsetzung eine Reihe von Gastbeiträgen zum Thema Drogenlegalisierung im letzten Jahr gesehen werden.

Politische Reaktionen auf den Bericht

Aus der Politik gab es bisher nur wenige Reaktionen. Der Grüne Tom Koenigs, Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestags begrüßte in einer Pressemitteilung den Bericht ausdrücklich. Angesichts der wenigen amtierenden Politiker in der Kommission forderte er:

“Amtierende Politiker haben in der Debatte über eine liberalere und rationalere Drogenpolitik viel zu lange geschwiegen. Doch gerade amtierende Politiker müssen den Mut haben, auch unpopuläre Themen anzusprechen, auch wenn sie damit zunächst auf Widerstand stoßen. […] Die Global Commission for Drug Policy hat hier einen Vorstoß gemacht – nun müssen amtierende Politiker folgen. Die Zeit zu handeln ist jetzt!”

Koenigs forderte bereits Ende letzten Jahres in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau ein Ende des Drogenkrieges und schrieb in einem umfangreichen Thesenpapier: “Der Drogenkrieg lässt sich nicht mit militärischen Mitteln gewinnen – wir müssen ihn mit Entkriminalisierung beenden”.

Michael Kleim, Pfarrer und Mitglied im Schildower Kreis, veröffentlichte eine bemerkenswerte Pressmitteilung mit der Überschrift “Schweigen bedeutet Zustimmung – Kirchen sollen Haltung zum Drogenkrieg korrigieren”:

Mit ihrem fortgesetzten Schweigen zu dieser Frage unterstützen Christen Menschenrechtsverletzungen und Unrecht. […] Mit der strafrechtlichen Verfolgung von Drogengebrauch widersprechen wir dem biblischen Menschenbild, weil wir ausgrenzen und kriminalisieren, statt zu integrieren und zu helfen.

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Kommentare

8 Antworten zu „Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gescheitert”“

  1. Anonymous

    RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    stimme abgeben dauert höchstens 20 sekunden,stoppt den drogenkrieg und erreicht somit die llegalisierung verbreitet den link!!!

    http://www.avaaz.org/de/end_the_war_on_drugs/?copy

  2. RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    http://twztwztwz.posterous.com/statement-by-cthe-czech-prime-minister-petr-n

    June 23, 2011
    Statement by cthe Czech Prime Minister Petr Nečas on the report by the Global Commission on Drug Policy

    15 June 2011 / Prague

    At the beginning of June 2011, the Global Commission on Drug Policy published a report which clearly shows that the so-called war on drugs is ineffective. Globally, anti-drug strategy has two pillars – so-called supply reduction (mainly through repressive and inspection measures) and demand reduction (measures leading to prevention and treatment). The war on drugs has been represented mainly by tougher and more expensive approaches focussed on wiping out the supply of drugs in the faith that this approach will be the key to decreasing the worldwide drug problem. But the opposite is true. Globally, the problem has grown significantly (for example, the number of current opiate users has increased by around 17 million users between 1998 and 2008).

    The report presents as examples of best practices certain European countries and Canada, which, through its approach, has confirmed that a balanced approach which favours measures leading toward decreasing demand for illegal drugs has a chance at success. It is an approach based on pragmatic drug policy, which leads the way toward the decriminalisation of those addicted to drugs, support for preventive programmes and the minimisation of risks connected with drug use (so-called harm reduction). At the same time, the report calls for amendments to legal regulation in relation to certain drugs.

    “I consider the report by the Global Commission on Drug Policy to be an important challenge by the heads of state and politicians who have signed it,” Czech Prime Minister Petr Nečas said. “Above all, anti-drug policy should be based on effective and economically efficient preventive and treatment measures, not on the criminalisation of people who suffer from drug addiction but are not causing harm to others. Czech anti-drug policy is basically going in the right direction, but we must not be afraid to promote more effective types of solutions and to be inspired by other states as well.”

    “I’m glad the prime minister of the Czech Republic has commented positively on the Global Commission’s report, which has been signed by numerous important world leaders,” said Jindřích Vobořil, the national anti-drug coordinator. “To call for a change in policy direction toward effective prevention and treatment is certainly not new in its content, but primarily by who signed this report at this time. It would appear that changes in current legal regulation is necessary in certain segments of drug policy, which of course does not mean endless legalisation. A paradoxical example of the current insufficient status of legal regulation is on one hand today’s phenomenon of the uncontrolled sale of new synthetic drugs in so-called “Amsterdam shops,” where these drugs are legally sold without any controls as collector’s items due to holes in legislation. On the other hand, there is a legislative ban on the usage of cannabis and cannabis products for medicinal purposes with the risk of criminal prosecution of patients,” Vobořil added.

  3. RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    [quote name=”Willy”]Nebenbei: Wie sieht es aus mit den Antworten der Union und der SPD? Es interessiert mich brennend![/quote]

    Die FDP nicht zu vergessen! 🙂
    Diese Woche schaffe ich hoffentlich die CDU, bin mir aber nicht sicher, da ein paar Projektgeschichten anstehen. Dafür habe ich dann die nächsten 3 Wochen genug Zeit, alle restlichen Antworten zu veröffentlichen, denke ich.

  4. Anonymous

    RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    Gebt endlich alle Drogen frei!

    Warum soll ich mir Belehrungen über Cannabis anhören von Leuten, die selbst nie konsumiert haben und ideologisch verbohrt sind?

    Frau Dyckmans weiß nicht, was gut für mich ist. Ich weiß es besser.

    In diesem Land kann man an jeder Ecke Alkohol kaufen und sich theoretisch innerhalb weniger Stunden tot saufen.

    Die meisten Menschen tun das aber nicht, weil ihnen ihre Gesundheit etwas wert ist.

    Warum werde ich kriminalisiert, wenn ich mich nach einer längeren Arbeits- und Stressphase mal mit einem Haschkakao belohnen will? Was ist dabei?

  5. Anonymous

    RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    8)
    Hallo liebe Gras Freunde,
    wie viele schon mitbekommen haben
    erreicht man mit Facebook viele Anhänger
    für alle Aktivitäten.
    Warum nicht auch mit der Legalisierung von Cannabis?
    Alle die meiner Meinung sind können mich ja mal anschreiben 😉

    Eine Stimme kann nichts bewirken aber Tausende schon mehr 😉

    Ein altes Sprichwort zum Schluss:
    Eine Mücke kann kein Elefanten vertreiben aber ein ganzer Schwarm kann es dazu bringen sich in Bewegung zu setzen.

  6. Anonymous

    RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    HOFFENTLICH BEGINNT DER WANDEL BALD!
    8)

  7. RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    SEHR interessant:

    Ex US Präsident und Friedensnobelpreisträge Jimmy Carter zum “War on drugs”:

    http://www.nytimes.com/2011/06/17/opinion/17carter.html?_r=3&ref=opinion

  8. Anonymous

    RE: Internationale Kommission: “Der Kampf gegen Drogen ist gesc
    Ein Lichtblick, der hoffentlich 10 von 620 Bundestagsmandatsträgern die Sicht erhellen möge.

    Nebenbei: Wie sieht es aus mit den Antworten der Union und der SPD? Es interessiert mich brennend!

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