Das Team um Dr. Mira Lehberger und Prof. Dr. Kai Sparke vom Fachbereich Gartenbauökonomie der Hochschule Geisenheim hat im Dezember 2024 eine wissenschaftliche Studie zum Eigenanbau durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie liegen jetzt vor und geben erste Einblicke zu Verbreitung, Art und Weise des Anbaus und der generellen Meinung der Befragten zu den rechtlichen Regelungen des privaten Eigenanbaus in Deutschland.
Im Rahmen der Studie wurden 1.500 Erwachsene im Dezember 2024 online befragt. Die Teilnehmenden der Studie wurden so aus einem vorhandenen Panel ausgewählt, dass alle Altersgruppen und Herkunftsregionen (sowohl Bundesländer als auch Stadt/Land) repräsentiert sind. Die Teilnehmenden waren ungefähr zu gleichen Teilen männlich bzw. weiblich.
Akzeptanz der Regelungen zum privaten Anbau und vermutete Auswirkungen
47% der Befragten befürworteten den legalen Eigenanbau, 34,6% lehnten die Reform ab und 18,5% waren unentschlossen. In der Gruppe der Personen, die selbst Cannabis konsumieren, waren die Zustimmungswerte erwartbar höher als in der Gruppe der Nichtkonsumenten.
Der Aussage “Die Legalisierung des privaten Anbaus von Cannabis verringert die illegalen Aktivitäten in Deutschland” stimmten 46,3% zu. 27,1% waren unentschlossen und 26,6% verneinten die Aussage. Auch hier beantworteten Personen, die selbst Cannabis anbauen, die Aussage signifikant positiver.
44% der Befragten sahen den legalen Eigenanbau zudem als Möglichkeit für eine bessere Kontrolle der Qualität (egal 29,7%, negativ 24,5%) und 41,1% sahen in der Legalisierung des Eigenanbaus eine Chance für mehr Nachhaltigkeit im Anbau (egal 34,2%, negativ 26,6%). Die jeweilige Einschätzung war auch hier positiver in der Gruppe, die konsumierte bzw. selbst anbaute.
Zahlen zum privaten Eigenanbau in Deutschland
Etwa jeder zehnte Befragte gab an, bereits einmal Cannabis angebaut zu haben. Von den restlichen ca. 90% konnten sich 11% vorstellen, in Zukunft selbst einmal Cannabis anzubauen.
Personen, die bereits Erfahrungen im Anbau von Cannabis hatten, waren tendenziell männlich (58,5%) und im Durchschnitt jünger als Personen ohne Anbauerfahrung (41 Jahre vs 51 Jahre).
41,5% der Personen mit Anbauerfahrung gaben an, dass sie oft bzw. sehr oft Cannabis anbauen. 25,8% taten dies gelegentlich und 32,8% nur selten oder sehr selten. Personen, die regelmäßiger Cannabis konsumierten, bauten tendenziell auch häufiger selbst an.
Im Hinblick auf den Anbauort existiert eine relative Parität zwischen Indoor- und Outdooranbau. Im Median gaben die Befragten an, drei Pflanzen anzubauen. Jeder Vierte gab an, mehr als die drei gesetzlich erlaubten Pflanzen zu kultivieren. Auch hinsichtlich der Erntemengen sind Abweichungen zu den gesetzlichen Vorgaben festzustellen. Die Erntemenge pro Pflanze lag zwischen 0 und 600 g bei einem Median von 25 g pro Pflanze. Die Autoren der Studie schlussfolgern daraus, dass ungefähr 60% der Hobbyananbauenden mehr als die gesetzlich erlaubten 50 g ernten. Diese Überschüsse müssen laut Gesetz entsorgt werden.
Mehr als 50% der Befragten sind zufrieden mit ihrer Erntemenge und der Qualität ihrer Ernte. Diese Werte sind laut den Autoren vergleichbar mit Ergebnissen aus Studien zum Eigenanbau von Nahrungsmitteln.

Als größte Problemfelder beim Eigenanbau nannten die Befragten folgendes:
- Umgebungsbedingungen (z.B. Licht, Wetter, Temperatur)
- Pflege und Wachstum (z.B. Düngung, Bewässerung)
- Ausstattung und Kosten (z.B. Kosten aller Art, Saatgut, Beleuchtung)
- Pflanzenkrankheiten (z.B. Schädlinge, Pilze)
- andere negative Auswirkungen (z.B. Zeitaufwand, Geruch, Nachbarn, Polizei)
Das Zubehör und Saatgut für den Anbau wurden sowohl im Internet als auch vor Ort im Geschäft gekauft. Am häufigsten wurde jedoch der spezialisierte Online-Handel genutzt.

Die Anbaukosten betrugen im Median pro Pflanze 30 € und 1 € pro Gramm Cannabis und liegen somit deutlich unter den Preisen von Cannabis auf dem Schwarzmarkt oder Medizinalcannabis in Apotheken.
Die Anschaffungskosten für Technik lagen im Median bei 50 €. Jedoch dürfte dies dem erheblichen Anteil an Personen geschuldet sein, die im Freiland Cannabis anbauen und somit auf Technik größtenteils verzichten können. Knapp 21% der Befragten gaben an, zwischen 300 und 1000 € für Technik investiert zu haben.
Eigenanbau in Deutschland – ein vielfältiges Hobby für alle Bevölkerungsschichten
Auch wenn die Autoren der Studie darauf hinweisen, dass die Ergebnisse aufgrund der Erhebungsmethode nicht als repräsentativ eingeschätzt werden können, ergeben sich interessante Einblicke in das bisherige Dunkelfeld des privaten Cannabisanbaus in Deutschland.
Erstens: Der klassische Klischee-Cannabis-Gärtner existiert nicht: Es bauen Männer wie Frauen Cannabis an. Es sind alle Altersgruppen vertreten und es wird überall, egal ob Stadt oder Land, Cannabis privat angebaut.
Zweitens: Eine jeweils einfache Mehrheit der Befragten sieht die Legalisierung des privaten Eingenanbaus von Cannabis positiv und denkt, dass dies illegale Aktivitäten in Deutschland verringert. Damit ist die Akzeptanz des Eigenanbaus relativ hoch und seine Einschätzung hinsichtlich der Auswirkungen seitens der Befragten nach weniger als einem Jahr erstaunlich positiv. Die Zustimmungswerte (zum Eigenanbau) liegen damit etwas unter denen aus unserer repräsentativen infratest dimap Umfrage, die ebenfalls im Dezember 2024 durchgeführt wurde.
Drittens: Die Mehrheit der befragten Hobbygärtner ist zudem zufrieden mit der Qualität und Quantität der eigenen Ernte. Die Kosten für selbst erzeugtes Cannabis sind gering.
Viertens: Die meisten Hobbygärtner ernten jedoch mehr, als sie laut Gesetz zu Hause lagern dürften und kommen somit in die prekäre Lage, einen Teil ihres mühsam und mit Aufwand selbst erzeugten Cannabis entsorgen zu müssen, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Die Leiterin der Studie Dr. Mira Lehberger fasst dies folgendermaßen zusammen:

Quelle: HS Geisenheim
„Die Daten deuten darauf hin, dass die gesetzlichen Regelungen derzeit nicht gut mit der Realität im Hobbyanbau übereinstimmen bzw. es vielerorts leicht zu Gesetzesübertretungen kommen kann.“
Politische Schlussfolgerungen
Es wäre daher zu begrüßen, wenn sich die neue Bundesregierung an dieser Realität orientieren und die gesetzlichen Vorgaben zum privaten Eigenanbau anpassen würde, damit der durchschnittliche Hobbygärtner nicht ständig am Rande der Legalität operiert.
Es wäre z.B. sinnvoll, die Obergrenze für die Lagerung am Wohnort deutlich anzuheben bzw. im besten Fall gänzlich abzuschaffen, da die Obergrenze momentan weder die gärtnerischen Gegebenheiten (durchschnittlicher Ertrag pro Pflanze) berücksichtigt, noch sinnvoll zu kontrollieren ist. Eine weitere dem Ziel der Eindämmung des Schwarzmarktes zuträgliche Ergänzung des KCanG wäre, dass Überschüsse aus dem privaten Eigenanbau an Erwachsene legal verschenkt werden können, ähnlich wie es mit privat erzeugten Lebensmitteln üblich ist. So könnte durch kleine gesetzliche Änderungen die Erfolgsgeschichte des privaten Eigenanbaus in Deutschland noch ausgebaut werden!
Schreibe einen Kommentar