Der Deutsche Hanfverband engagiert sich intensiv für die rechtliche Klärung umstrittener Aspekte des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG). Ziel ist es, durch Präzedenzfälle dringend benötigte Rechtsklarheit zu schaffen.
Bisherige Themen sind: Bayern’s Anti-Cannabisgesetz, Stecklinge vs. Jungpflanzen, gemeinschaftlicher Eigenanbau mit mehreren volljährigen Personen im Haushalt, Schutz vor “Dritten”, Freizeitkonsum für Soldaten, sowie Führerschein-Fälle. Weiterhin suchen wir Verfahren aus dem Arbeitsrecht, Mietrecht sowie bzgl. der Abstandsregeln. Wenn du also selbst betroffen bist oder jemanden kennst, meld dich bei uns!
Die Finanzierung von solchen Prozessen als diesjähriger Schwerpunkt wird uns durch die Einnahmen aus der letzten Weihnachtsspendenaktion 2023/24 ermöglicht. Konkret bearbeiten wir derzeit bereits:
Bayerns Konsumverbot in öffentlichen Anlagen
Um gegen das rechtswidrige Konsumverbot in Parks und öffentlichen Anlagen in Bayern vorzugehen, erhebt der DHV einen Normenkontrollantrag und klagt gegen das Gesetz zum Schutz der Gesundheit (GSG). Wir wollen sicherstellen, dass die Freiheit der Konsumenten und Patienten nicht länger beschnitten wird.
Protagonisten in diesem Fall sind Emanuel Burghard und René Korcak von Bayrisch Kraut, die zudem auch aktiv sind in der DHV-Ortsgruppe München.
Geplant sind drei Verfahren:
- Normenkontrollantrag und Eilantrag gegen die Park-VO (VGH)
- Verfassungsbeschwerde gegen das GSG (BVerfG)
- Feststellungsklage gegen das GSG (VG)
Unser Anwalt für diese aufwendigen Prozesse ist David Werdermann. Er ist Spezialist für öffentliches Recht, Verfassungsrecht und Grünanlagenrechte.
Bayern Popularklage
Ein parteiübergreifendes Bündnis hat am 02.10.2024 eine Popularklage gegen das bayerische „Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz“ beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht. Zu den Klägern gehören die Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge (SPD), Kristine Lütke (FDP) und Ates Gürpinar (Linke) sowie DHV-Geschäftsführer Georg Wurth.
Erwähnenswert ist das an dieser Stelle, da die Initiative für diese Klage zwar maßgeblich von Carmen Wegge ausging, der DHV jedoch zuvor an einer genau solchen Popularklage gearbeitet hatte. Unser Anwalt hatte bereits mit der Recherche und Formulierung einer entsprechenden Klageschrift begonnen. Um Dopplungen zu vermeiden, haben wir uns dazu entschieden, die Arbeit daran einzustellen und stattdessen die bestehende Popularklage zu unterstützen.
Bundeswehr verbietet Soldaten Freizeitkonsum
Ein weiterer wichtiger Prozess dreht sich um das Konsumverbot für Soldaten außerhalb ihrer Dienstzeit und abseits militärischer Liegenschaften. Obwohl das KCanG den Freizeitkonsum von Cannabis für alle Erwachsenen in Deutschland grundsätzlich erlaubt, gelten für Soldatinnen und Soldaten laut Bundeswehr abweichende Regelungen. Verstöße können hier disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen.
Wir wollen rechtliche Klarheit schaffen und diese diskriminierenden Regelungen anfechten. Zudem möchten wir die öffentliche Debatte anregen und zeigen, dass es keinen Grund gibt, Cannabiskonsumenten im Vergleich zu Alkoholkonsumenten schlechter zu stellen.
Unser konkreter Plan sieht folgendermaßen aus:
- Auswahl der Soldaten als Beschwerdeführer und anschließende Anfragestellung auf den Wunsch nach Konsum bei der Dienststelle.
- Beschwerdeverfahren: Klage zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) oder auch Truppendienstgericht sowie mündliche Verhandlungen.
- Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Hier suchen wir weiterhin nach Soldaten, die sich von dieser Diskriminierung betroffen fühlen und sich aktiv engagieren möchten. Siehe dazu unseren Soldaten-Aufruf.
Unsere Anwältin Dr. Jessica Hamed hat bereits mehrere komplexe und verfassungsrechtlich bedeutsame Prozesse erfolgreich geführt und ist daher die ideale Besetzung für diesen anspruchsvollen Fall.
Stecklinge vs. Jungpflanzen
Von der DHV-Ortsgruppe Halle-Saalekreis wurden im Rahmen einer Kundgebung bei einer Verschenkaktion am 22.07.2024 insgesamt 117 Cannabis-Stecklinge (Vermehrungsmaterial) von der Polizei beschlagnahmt. Von der Staatsanwaltschaft werden diese nun als Cannabispflanzen bzw. -setzlinge bezeichnet. Siehe dazu auch die DHV-News # 429.
In diesem Verfahren soll geklärt werden, ob es sich bei den beschlagnahmten Pflanzen um Cannabispflanzen im Sinne von § 1 Nr. 8 KCanG oder um Stecklinge, also Vermehrungsmaterial nach § 1 Nr. 6/7 KCanG, handelt. Hier wird sich bislang oft sehr verbissen ausschließlich auf den engstirnigen Patzak/Fabricius-Kommentar zum KCanG (11. Aufl., § 1 KCanG, Rd.8) gestützt. Darin heißt es sinngemäß, dass der Steckling zum Setzling wird, sobald er in der Erde steckt, was vollkommen an der Realität vorbeigeht. Im KCanG kommt der Begriff des Setzlings außerdem gar nicht vor.
Die Frage hat grundlegende Bedeutung, weil es diverse andere Fälle von beschlagnahmten Stecklingen, insbesondere auch bei Händlern, gibt. Auch für den Eigenanbau ist eine Klarstellung entscheidend, denn die Obergrenze von drei Pflanzen gilt nicht für Stecklinge oder anderes Vermehrungsmaterial.
Unser Anwalt in diesem Fall ist Konstantin Grubwinkler, erfahrener Cannabis-Strafrechtler und bekannt durch seinen Youtube-Kanal.
Schutz vor Dritten
„Schutzmaßnahmen im privaten Raum: Cannabis und Vermehrungsmaterial sind am Wohnsitz und am gewöhnlichen Aufenthalt durch geeignete Maßnahmen vor dem Zugriff durch Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche, zu schützen“ (§ 10 KCanG).
Diese Regel wird von Polizei und Staatsanwaltschaft oft sehr streng ausgelegt, dass Pflanzen und Produkte vor dem Zugriff jedweder anderen Person zu schützen sind, nicht nur vor Kindern und Jugendlichen. Nach unserer Auffassung kann es jedoch neben Minderjährigen allenfalls um öffentlichen Zugang und um Personen außerhalb des eigenen Haushalts- und Bekanntenkreises gehen, nicht aber um Mitbewohner oder sogar Familienmitglieder/Ehepartner.
Die Frage, wer hier als „Dritte“ gilt, führt in der Praxis zu teils erheblichen Unsicherheiten, wie die folgenden Fälle zeigen.
Gemeinsamer Anbau auf 2er WG-Balkon
Lisa W. hatte in ihrer 2er WG in Bayern eine Hausdurchsuchung, bei der die Beamten auf dem Balkon sechs Cannabispflanzen fanden: Drei von ihr und drei von ihrem Mitbewohner, klar voneinander getrennt. Die Polizei beschlagnahmte alle sechs kurz vor der Ernte stehenden Pflanzen wegen “Verdachts auf Anbaugemeinschaft” und ein Strafbefehl wird wohl die Folge sein.
In der Praxis verlangen Behörden derzeit leider oft, dass Cannabispflanzen auch innerhalb eines Haushalts strikt vor „Dritten“ (hier dem eigenen Mitbewohner) geschützt werden müssten. Gegen diese überzogene Interpretation gehen wir rechtlich vor und wollen eine realitätsnahe Handhabung erreichen.
Unser Anwalt ist hierbei Moritz Hausmann, etablierter Strafrechtler mit Sitz in München und seit vielen Jahren für den DHV und dessen Mitglieder aktiv.
Gemeinsamer Anbau zweier Paare im gemeinsamen Hauskeller
Kevin K. und sein Freund betreiben gemeinsam mit ihren Partnerinnen einen legalen Cannabis-Eigenanbau im gemeinsamen Hauskeller und wurden bereits zweimal von der Polizei kontrolliert. Beim zweiten Mal wurden die Pflanzen beschlagnahmt, obwohl beim ersten Mal grünes Licht gegeben wurde. Die Töpfe waren mit Namensschildern bestückt, wodurch die Pflanzen den Personen eindeutig zugeordnet werden konnten.
Auch hier steckt die Frage nach “Stecklinge vs. Jungpflanzen” mit drin, da es laut Polizei 15 Cannabispflanzen gewesen sein sollen, was natürlich auch für vier Personen zu viele wären. Einige der als solche bezeichneten Pflanzen waren jedoch nach unserer Interpretation Stecklinge, weshalb die Anzahl pro Person passt.
Hauptsächlich soll hier aber geklärt werden, ob vier Personen ihre erlaubte Anzahl an Pflanzen zusammen anbauen dürfen oder ob das nur in voreinander abschließbaren Räumen möglich sein soll.
Unser Anwalt in diesem Fall ist Maximilian Eisenmann, der sich auf Rechtsfragen rund um Cannabis spezialisiert hat. Auf unserer Cannabis Normal! Konferenz 2024 hat er zum Thema “Rechtliche Rahmenbedingungen für Eigenanbau und Konsum” referiert.
Führerschein/MPU
Mit dem KCanG wurde auch die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) geändert, wodurch Cannabis in einem neu eingefügten § 13a Alkohol gleichgestellt wird. Ein einmaliger Verstoß oder der regelmäßige Konsum von Cannabis reichen demnach nicht mehr aus, um eine MPU anzuordnen. Stattdessen ist – analog zu Alkohol – eine Abhängigkeit oder ein Missbrauch von Cannabis erforderlich oder es müssen wiederholte Verkehrsverstöße unter THC-Einfluss vorliegen.
Trotz eindeutiger Regelungen ist in der Praxis eine regionale Willkür erkennbar, da Cannabis-Ersttäter je nach Führerscheinstelle sehr unterschiedlich behandelt werden. Details zu einigen Führerscheinstellen und Beispielfälle finden sich in der Deutschlandübersicht von ON MPU. Wir möchten mit den hier begleiteten Rechtsprozessen insbesondere dafür sorgen, dass die Führerscheinstellen, wie bei Alkohol, erst bei mehrfachem Verstoß MPUs anordnen, weshalb wir mehrere Fälle aus diesem Bereich angehen:
Fall 1
Jonny L. wurde bei einer Kontrolle nahe der tschechischen Grenze mit 6,3 ng/ml THC im Blutserum erwischt. Trotz erstmaligem Vergehen und niedrigem Wert wurde ihm von der Führerscheinstelle Bielefeld Cannabismissbrauch unterstellt und ein MPU-Verfahren auferlegt.
Dagegen gehen wir rechtlich vor und wollen die Frage klären, ob ihm als Ersttäter tatsächlich ein Missbrauch vorgeworfen und eine MPU aufgedrückt werden kann.
Unser Anwalt ist Maximilian Eisenmann, der schon viele Mandate zum Thema Cannabis und Straßenverkehr betreut hat.
Fall 2
Kevin H. wird als Ersttäter mit einem Befund von 10 ng/ml THC und 129 ng COOH im Blutserum Cannabismissbrauch vorgeworfen. Er hatte während der Fahrt und der Kontrolle nicht annähernd Kontrollverlust und dennoch wird die Führerscheinstelle Aachen wohl folglich eine MPU anordnen.
Aktueller Stand ist: Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wurde gestellt, diese wird voraussichtlich abgewehrt, wogegen wir dann rechtlich vorgehen können.
Unser Anwalt in diesem Fall ist Oliver Rabbat. Er ist der Spezialist für Rechtsfragen zu Cannabis im Straßenverkehr. Dazu ist er auch auf unserer Cannabis Normal! Konferenz 2024 unter dem Titel “Führerschein und Cannabis: Rechtliche Fragen” aufgetreten.
Fall 3
Dennis S. hat einen einmaligen Befund von 14 ng/ml THC und 138 ng/ml COOH, und ihm wurde daraufhin eine MPU angeordnet. Dennis ist Ersttäter, bisher ohne Vorstrafen oder Auffälligkeiten im Straßenverkehr.
Dass ihm als Ersttäter Cannabismissbrauch vorgeworfen wird, halten wir für fraglich. Auch die Argumentation der Führerscheinstelle Köln, dass man zukünftigen Cannabisfahrten vorzubeugen wolle, passt unserer Ansicht nach nicht zur neuen Rechtslage.
Primär soll also geklärt werden, ob bei einmaligem Verstoß ein Missbrauch vorgeworfen werden kann und ob man als Ersttäter den Anspruch hat, ohne MPU seinen Führerschein wiederzubekommen. Um diese Frage zu klären, klagen wir gegen die Stadt Köln.
Bearbeitender Anwalt ist auch hier Maximilian Eisenmann.
Hinweis und Aufruf
Der DHV hat in den letzten Monaten bereits über einhundert Anfragen zur Unterstützung von individuellen Rechtsfällen erhalten und bearbeitet. Es geht immer um Fälle, bei denen es um eine unklare Auslegung oder falsche Anwendung des CanG geht, teilweise auch um verfassungsrechtliche Fragen, also nicht um Standardfälle, bei denen es “nur” um eine eindeutige Anwendung der CanG-Regelungen geht. Aus Kapazitätsgründen können wir nicht alle Fälle von grundsätzlicher Bedeutung übernehmen und finanzieren, prüfen jedoch jeden sorgfältig und besprechen viele auch mit Anwälten. Einige Fälle mussten wir nach Akteneinsicht aufgrund zusätzlicher Informationen absagen, da die Sachlage dann doch anders war, als zunächst geschildert. Wenn du einen relevanten Fall hast, melde dich gern bei uns!
Besonders suchen wir noch Fälle aus dem Arbeits- und Mietrecht. Auch Fälle in Zusammenhang mit Abstandsregeln sind bislang selten gemeldet worden. Solltest du hier betroffen sein, freuen wir uns über deine Nachricht, aber bitte nur dann, wenn du der Meinung bist, dass das Gesetz nicht korrekt angewendet wurde (z.B. Bußgeld für Konsum innerhalb von 100 Metern Abstand, obwohl die betreffende Einrichtung gar nicht in Sichtweite war).
Wir suchen außerdem weiterhin Soldaten, die bereit sind, sich gegen das pauschale Freizeitkonsumverbot der Bundeswehr einzusetzen. Dies ist auch möglich, ohne in der Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten. Interessierte können sich für einen zunächst unverbindlichen Austausch an wenden.
Wenn du von ähnlichen Problemen betroffen bist, zögere nicht, uns deinen Fall zu schildern – gemeinsam können wir viel bewegen.
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