Weitestgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit haben sich inzwischen große Teile der Fachwelt von der Drogenverbotspolitik abgewandt. Zu den Kritikern des heutigen Systems gehören die großen Drogenhilfeverbände, Polizeigewerkschaften und teilweise sogar staatlich finanzierte Stellen. Besonders auffällig wurde dies bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am 5. November 2014. Obwohl CDU und SPD die meisten Sachverständigen einladen durften, stimmten fast alle Sachverständigen der Forderung “Beabsichtigte und unbeabsichtigte Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts überprüfen” der Opposition aus Grünen und LINKEN zu.
Bemerkenswert ist hier, dass selbst die Haus-und-Hof-Sachverständigen der Bundesregierung, die sonst als einsame Prediger das System verteidigten, ihre Position langsam wandeln. Hatte die staatliche Drogenverbotspolitik im Laufe der Zeit ihre eigenen Experten ge- und erzogen, sind auch diese nicht länger bereit, sich zulasten jeder Fachlichkeit beliebig zu verbiegen.
So sagte Professor Rainer Thomasius in einem Interview:
Dennoch sind Sie dafür, dass die Staatsanwaltschaft Verfahren wegen geringer Mengen einstellt.
Da geht es um die Frage, wie wir mit denen verfahren, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen. Bisher regelt der §31a, dass die Staatsanwaltschaft Verfahren wegen geringer Mengen einstellen kann. Aus dieser „Kann-“ könnte eine „Muss“-Regelung werden, das würde Polizei und Gerichte entlasten und erwachsene Konsumenten entkriminalisieren.
Konkret unterstützte er in seiner Stellungnahme zur Anhörung die Forderung von Staatsanwalt Jörn Patzak. Dieser schlug in seiner Stellungnahme eine Änderung des § 31a BtMG vor:
Von der Verfolgung soll abgesehen werden, wenn sich die Tat auf bis zu 6 Gramm Haschisch oder Marihuana oder 1 bis 3 Cannabispflanzen (sic !), die ausschließlich dem Eigenkonsum dienen, bezieht, es sei denn die Tat
– wurde von einer Jugendlichen/einem Jugendlichen oder einer Heranwachsenden/einem Heranwachsenden, auf die/den Jugendstrafrecht Anwendung findet, begangen,
– könnte Anlass zur Nachahmung geben,
– wurde in Schulen, Jugendheimen, Kasernen, Justizvollzugsanstalten oder ähnlichen Einrichtungen begangen oder
– lässt nachteilige Auswirkungen auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs befürchten.
Auch wenn diese Forderungen nur die denkbar kleinsten Schritte hin zu einer echten Entkriminalisierung darstellen, ist es bemerkenswert, dass dies inzwischen der Mindestkonsens in der Fachwelt ist. Nun ist es an der Zeit für SPD und CDU, zumindest einmal Forderungen der eigenen Sachverständigen anzugehen.
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