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Cannabispatienten dürfen aktiv am Verkehr teilnehmen

Seit das Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis inkraft getreten ist, gibt es immer wieder Probleme für Patienten, die sich als Rezeptinhaber hinters Steuer setzen. Täglich berichten uns Patienten, die Cannabis als Medizin nutzen, dass sie im Rahmen von Verkehrskontrollen von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet werden, welche sie dann zu MPU oder fachärztlichen Gutachten auffordern. Doch eigentlich ist die Rechtslage ziemlich eindeutig – Cannabispatienten dürfen Auto fahren, wenn die verordnete Medikation die Verkehrsteilnahme nicht gefährdet. Das ist im Normalfall nach einer sechswöchigen Einschleichphase der Fall. Bei Patienten, die sich vor der Verordnung schon über einen längeren Zeitraum selbst therapiert haben und das auch im Rahmen der ärztlichen Anamnese erwähnen, kann diese Einschleichphase sogar wegfallen. Entscheidend ist das Vorab-Gespräch mit dem behandelten Arzt, nicht das mit der Polizei.

Gesetzliche Grundlage hierfür ist der §14 der Führerscheinverordnung. Da pflanzliches Cannabis aus der Apotheke rechtlich anderen, verschreibungspflichtigen Betäubungsmitteln wie zum Beispiel Ritalin, Valium oder Benzodiazepinen gleich gestellt ist, gelten hier auch die gleichen Regeln – ungeachtet der Darreichungsform. Handelt es sich um medizinisches Cannabis, darf die Fahreignung wie bei allen legal verordneten Drogen nur bei einem „missbräuchlichen Konsum“ angezweifelt werden. Der wiederum liegt nicht vor, solange ein Patient nur standardisiertes Apotheken-Cannabis genau nach Verordnung einnimmt.

Diese Rechtsauffassung kann auch anhand zwei aktueller Fälle dokumentiert werden.
 

Fall Eins: Führerschein trotz illegaler Therapie

Über diesen Fall berichteten wir bereits im vergangenen Jahr: Im saarländischen St. Wendel musste die Führescheinbehörde dem Widerspruch eines ADHS-Patienten stattgeben, der sich selbst mit illegalem Cannabis behandelt hatte und erst nach den repressiven Maßnahmen im Rahmen einer Verkehrskontrolle 2018 den Weg zum Arzt gesucht hatte. Seitdem bekommt er von seiner Ärztin medizinisches Cannabis verschrieben. Die bestätigte, dass er auch als illegaler Patient bereits verantwortungsvoll mit seinem Medikament umgegangen sei und es auch nicht missbräuchlich eingenommen habe. Zudem konnte der Patient ein Gutachten seines Betriebsarztes vorlegen, das ihm auch unter Einfluss von Cannabis die volle Fahrtauglichkeit attestierte. Nachdem der Führerscheinstelle klar war, dass sie die Fahrerlaubnis nicht aufgrund der einst illegalen Medikation einbehalten konnte, versuchte sie in einem letzten Verzweiflungsakt, dem Patienten eine missbräuchliche Anwendung nachzuweisen. Er wurde aufgrund der Blutwerte aus dem eingereichten Gutachten von der Führerscheinstelle verdächtigt, neben dem verordneten auch illegales Cannabis konsumiert zu haben. Nachdem die Behörde auch das nicht nachweisen konnte, musst sich der Rechtsausschuss des Kreises St.Wendel zum wiederholten Mal mit dem Thema auseinandersetzen. Der entschied dann schlussendlich, dass der Bescheid zum Entzug der Fahrerlaubnis ohne Anordnung zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung aufzuheben sei. Die eingereichten Gutachten von Haus- und Betriebsarzt belegten die Fahrtüchtigkeit ausreichend.

Fall Zwei: Diese drei Kriterien machen den Unterschied

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf aus dem Oktober 2019 (AZ 6 K 4574/18) gestattet einem Cannabispatienten die aktive Verkehrsteilnahme. Die Richter begründeten ihre Auffassung damit, dass Cannabispatienten, anders als Konsumenten der illegalen Substanz, ihrer Ansicht nach in der Lage sein können, Auto zu fahren. Die Frage der Fahreignung machten die Richter von drei Kriterien abhängig:

  • keine dauerhafte Einschränkung der Leistungsfähigkeit
  • dem verantwortungsvollen Umgang mit dem Medikament
  • die Einnahme darf nur streng nach ärztlicher Verordnung stattfinden

Die Richter sahen hier alle drei Kriterien als erfüllt an. Da ein Gutachten die Leistungsfähigkeit des Mannes unter Einfluss seiner Medikation bestätigt habe, stünde dem Anspruch des Patient auf die Fahrerlaubnis nichts im Wege.


Kommentare

23 Antworten zu „Cannabispatienten dürfen aktiv am Verkehr teilnehmen“

  1. Michael

    Guten Tag, ich bin seit Jahren Cannabis patient und muss deswegen eine Mpu machen. Ist diese mpu jetzt hinfällig, da cannabis zum 1.4.2024 kein BTM mehr ist ?

    1. Simon Kraushaar

      Eine MPU kann auch weiterhin von der Führerscheinstelle angeordnet werden, wenn die Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr angezweifelt wird (z.B. durch eine nicht ordnungsgemäße Einnahme des Medikaments). Die MPU wird dann unter deiner standardisierten Medikamenteneinnahme durchgeführt und dir bestätigt, dass du nach der Einnahme deines Medikaments noch sicher am Straßenverkehr teilnehmen kannst. Da macht es leider keinen Unterschied, ob Cannabis BtM ist oder nicht. Zumindest kannst du dir als Patient die teuren Vorbereitungskurse und Abstinenznachweise sparen. Grüße Simon

  2. Cello

    Hallo
    Ich habe im Jahre 2017 mein fs abgegeben müssen wegen thc .
    Jetzt bin ich seit 2 Jahren Cannabis Patient wegen chronischen Schmerzen ,nach dem ich den füherscheinsntrag abgeben habe, haben die mir gleich einen medizinisches Gutachten und psyologises gutachten aufgebrummt ,
    Ist das alles so richtig weil jemand der bei einer mpu Beratungsstelle arbeitet hat mir gesagt eigentlich bei Patienten sollte das medizinische Gutachten reichen ,
    Ist die Entscheidung von der fs Stelle nachvollziehbar

  3. Hans Lohe

    Beschluss VGH München
    Laut dem Beschluss 11 CS 20.203 des VGH München ist die Aufforderung zum Gutachten bzw. MPU nur aufgrund der Medikamenteneinnahme von BTM nicht rechtmäßig. In dem Fall ging es um Elvanse Adult, aber müsste das nicht auch für Cannabispatienten gelten?

  4. Ahi064

    Mpu wegen Cannabis mit Rezept
    Hallo,
    Ich bin aufgefordert eine Medizinisch Psychologisches Gutachten zu machen weil ich in einer Verkehrskontrolle zugegeben habe das ich unter Rezept konsumiere. Die Fragestellung im Brief war ob ich sicher ein Fahrzeug unter dauermedikation führer darf. Mein mpu Berater meinte das ich ohne absinenz dies nicht schaffen werde?? Wo ist mein Fehler ? Mein Führerschein brauch ich wegen meiner Arbeit 55km anders werde ich dort nicht hinkommen.
    Vll noch relevant zu wissen das ich als Jugendlicher mal zugegeben habe das ich auf einer Party geraucht habe. Damals war ich 15 jetzt 23.

    1. Sascha Waterkotte

      Hi Ahi,

      bei einer MPU mit medizinischer Fragestellung sollten die Abstinenznachweise eigentlich nicht zu erbringen sein. Für weiterführende Infos empfehlen wir dir unseren Mitgliederservice: https://hanfverband.de/nachrichten/blog/neu-fuehrerscheinberatung-fuer-dhv-unterstuetzer

      LG, Sascha [DHV]

  5. Leon

    Ärztliches Gutachten
    Guten Tag,
    Ich bin vor zwei Wochen in eine Polizeikontrolle geraten und musste Blut abgeben, vor Nervosität habe ich vergessen den Beamten zu sagen das ich ein rezept und Ärztliche Gutachten besitze darin steht das ich am tag 1-mehrmal am Tag konsumieren muss. Mein letzter joint war vor 3 stunden vor der kontrolle. Anwalt wurde eingeschalten und das Gutachten vom Artzt habe ich dem Anwalt auch zugeschickt.
    Kann ich mein Führerschein verlieren oder komme ich aus der sache wieder raus. Und darf ich weiter konsumieren oder solle ich es vermeiden bis das urteil fällt.

    1. Sascha Waterkotte

      Hi Leon,

      auch bei Patienten kann es zur Anordnung eines fachärztlichen Gutachtens oder einer MPU kommen. Was dir vielleicht helfen könnte ist das Gespräch mit einem Experten. Wir bieten unseren Mitgliedern den Kontakt zu unserem Führerscheinexperten Theo Pütz: http://hanfverband.de/index.php/nachrichten/blog/1435-neu-fuehrerscheinberatung-fuer-dhv-unterstuetzer

      Liebe Grüße, Sascha [DHV]

    2. Snake

      Hi Leon,
      Hi Leon,

      verwende bitte auf keinen Fall weiter das Wort “Joint”. Du hast dein medizinisches Cannabis “inhaliert” oder “konsumiert”. Die Bezeichnung Joint stellt dich auf die Stufe des Freizeitkonsumenten, was du nicht bist.
      Besorge dir einen Vaporizer, den du immer mitführst und halte uns auf dem laufenden.

      Viel Erfolg und lieben Gruß
      Snake

  6. Sara Deuschle

    Führerschein
    Mein Fahrlehrer schmeißt eine Therapie mit Cannabis in einen Topf mit Einnahme von Tilidin. Ich soll eim Gutachten erstellen lassen und wenn’s schlecht läuft muss ich sogar 3 Jahre warten bis ich den Führerschein überhaupt machen darf.

  7. Christian Rupp

    Große Probleme mit Führerscheinstelle
    Hallo Zusammen,
    Ich habe auch große Probleme jetzt mit der Führerscheinstelle hier im Rhein-Neckar-Kreis.
    Erst einmal um was es eigentlich geht.
    Ich wurde 2017 bei einer Polizeikontrolle positiv auf THC getestet, zu diesem zeitpunkt hatte ich noch kein Rezept dafür, hatte aber mit meinem Arzt schon über die Verschreibung gesprochen. 2-3 Tage nach der Kontrolle wurde mir dann auch das erste Rezept ausgestellt. Einige wochen Später bekam ich post von der Führerscheinstelle ich sollte meinen Führerschein abgeben. Dies kam ich nicht nach und verwieß auf das es aus medezinisch Gründen ist. Ich legte ein Atest meines Arztes der Stelle vor und es pasierte lange zeit nichts. Bis ich einen Brief erhalten habe ich sollte einer MPU zustimmen oder meinen Führerschein abgeben, also habe ich die einverständnis für die mpu unterzeichnet. Darauf hin setzte ich mich mit mehreren MPU stellen in Verbindung und alle sagten sie hätten noch nicht die Qualifikation für THC auf Rezept. nach mehmaligem monatlichen wartens kam dann ein Brief das eine Stelle die Qualifikation nun hätten und ich einen Termin machen sollte. Da ich harz 4 empfänger bin habe ich die 700 euro für den test nicht. Ich bin auch auf den Führerschein angewiesen, da ich zurzeit einen 2 Euro Job mache, der ideale Arbeitsbedinungen für mich und meine Krankheit bietet. Der Bedrieb Würde mir auch gerne einen Festanstellung bieten aber nur mit Führerschein. Nun ist mein Problem was soll ich weiterhin unternehmen um meinen Führerschein zu behalten.

    Danke für eure Ratschläge

    Chris

    1. Sascha Waterkotte

      Hi Christian,

      Wir empfehlen dir zum Klären dieser Fragen unseren Mitgliederservice: http://hanfverband.de/index.php/nachrichten/blog/1435-neu-fuehrerscheinberatung-fuer-dhv-unterstuetzer

      Eventuell kann dir unser Experte bei der Sache weiterhelfen.

      LG, Sascha [DHV]

  8. Daniel Haller

    Fahreignungstest
    Frage:
    Meint ihr es wäre hilfreich wenn ich bei der Fahrschule eine Fahrstunden nehmen würde und mir die Fahrtauglichkeit testen/ bestätigen lasse?

    1. Björn

      Ich denke das wird nichts
      Ich denke das wird nichts bringen. Deine “Fahreignung” kann nur verbindlich durch eine MPU festgestellt werden. Diese ist bei Btm Verstößen im Straßenverkehr gesetzlich vorgeschrieben. Ich hab das grad hinter mir. Mein Eindruck ist, dass es ein Netzwerk aus Führerscheinstelle, Begutachtungsstellen (Dekra, TÜV, Pima…) und MPU Vorbereitungsstellen gibt und die sich dort die unfreiwilligen “Kunden” zuschanzen, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Mir wurde immer gesagt dass es ohne Vorbereitung sehr wahrscheinlich nicht funktionieren würde. Die Vorbereitung besteht aus mehreren Sitzungen, idealerweise mit einem Verkehrspsychologen. Der Spaß kostet ca. 1000€, dann nochmal ca.700€ für die eigentliche MPU incl. Screening und um die 500€ für ein halbjährliches Drogenkontrollprogramm.
      Alles in Allem hat der neuerteilte Lappen 2500€ gekostet. Und am Ende steht ein Gutachten, in dem mir attestiert wird, dass ich meinen Cannabis Konsum aufgearbeitet habe und davon auszugehen ist, dass ich das nie wieder tun werde. Darauf hab ich mir erstmal ein stattliche Hörnchen gegönnt. Was für Parasiten…

      Für die Gutachter ist das eine sehr stabile Einnahmequelle. Was würden die ganzen Verkehrspsychologen nur ohne die Cannabiskonsumenten machen? Die meisten sind Kiffer, die wenigsten davon sind tatsächlich stoned gefahren. Ich persönlich hoffe sehr dass die Politik diesen Unsinn endlich abstellt. Was macht das auch für einen Sinn? Es gibt übrigens einen tollen Artikel über die MPU. Einfach mal googeln “die wollen dass man sie anlügt”. Glaub, das war die FAZ…

  9. Daniel Haller

    Fahreignungsprüfung
    Hallo,
    Nur kur,
    Bin wegen btmg Verstoß (Anbau Cannabis) zu 8 Monaten auf zwei Jahre bewährung verurteilt worden. Bin aber seit mehreren Monaten Patient.
    Wer hat sich jetzt gemeldet?! Die Führerscheinstelle.
    Bin mal gespannt welches Programm auf mich zu kommt.

    1. Snake

      Hallo Daniel,
      Hallo Daniel,

      woher weiß die Führerscheinstelle, dass du Patient bist???

      Oder haben die sich aufgrund deiner Verurteilung gemeldet!?

      Würdest du uns bitte auf dem Laufenden halten, was geschieht?

      LG Snake

  10. Krake

    Bin selber Patient und weiß
    Bin selber Patient und weiß noch , dsß ich vor 30 Jahren sehr gut und sicher durch den alltäglichen Verkehr, Autobahn, Grenze, Länderwechsel, Stadt, Land, alles eben gefahren bin.
    + 900 Enduro

  11. Krake

    Wann endlich wird das BtmG (
    Wann endlich wird das BtmG ( Betäübungsmittelgesetz ) in Deutschland geändert???
    Das jetzige ist seit Jahren Nicht Zeitgemäß und Verfassungswiedrig!!!

  12. Christoph Scholz

    Urteile bitte Weiterleiten
    Hi könntet ihr die Urteile bitte an die Führerscheinstelle der Stadt Heilbronn schicken danke

  13. Luke

    Keine einheitliche Regelung
    Hier meine persönliche Erfahrung zum Thema:
    https://www.leafly.de/lukes-leben-freie-fahrt-fuer-cannabispatienten/
    Allen anderen betroffenen Patienten noch viel Erfolg!

    1. Snake

      Danke Luke!
      [quote=Luke]Hier meine persönliche Erfahrung zum Thema:
      https://www.leafly.de/lukes-leben-freie-fahrt-fuer-cannabispatienten/
      Allen anderen betroffenen Patienten noch viel Erfolg![/quote]

      Vielen Dank für deine Geschichte, Luke! Als Cannabis Patientin weiß ich nicht, wie ich im Falle einer polizeilichen Kontrolle richtig reagieren soll.

      Einige Leute sagen, ich soll auf die Frage, ob ich Alkohol oder Drogen genommen habe sofort meine Papiere, Rezepte, Verordnungsplan und Patientenausweis vorzeigen. Andere wiederum sagen, ich soll direkt “lügen” und sagen, ich hätte nichts konsumiert, weil dann mit viel Glück von einem Urintest abgesehen wird.

      Ich bin nicht der Typ Mensch, der lügt. Ich bin nunmal auf meine Medizin angewiesen, warum sollte ich also nicht ehrlich sagen, dass ich Patientin bin?

      Sage ich die Wahrheit, könne es trotz mitgeführter Papieren zum Führerscheinverlust oder zur MPU kommen, was ich dringend vermeiden muss. Ich wohne auf dem Land, hier gibt es nicht weder Bus noch Bahn.

      Lieben Gruß
      Snake

      1. Luke

        Snake
        Hey Snake,
        kann ich absolut nachvollziehen, geht mir auch so in der Bayer. Provinz. Die Frage nach Drogenkonsum würde ich immer verneinen, da lügst du auch nicht, es geht schließlich um illegale Substanzen. Zum Rezept würde ich wieder erst was sagen, wenn sie auf einem Test (blut auf anordnung) bestehen. Ansonsten gilt: Immer freundlich, aber bestimmt auftreten und Rezept dabei haben. Liebe Grüße Luke

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