Bundestagswahl 2009 – Bündnis 90/ Die Grüne

Bündnis 90/ Die Grünen zur Bundestagswahl 2009
“Der grüne neue Gesellschaftsvertrag”


Die Grünen wollen 2009 mit neuen Spitzenkandidaten zurück an die Macht. Teile der Partei würden dafür sogar ein Bündnis mit Union und FDP eingehen.

Logo von Bündnis 90/ Die Grünen

Bündnis 90/ Die Grünen mussten bei der letzten Bundestagswahl leichte Verluste (-0,4%) hinnehmen und wurden mit 8,1 Prozent nur viertstärkste Kraft. Da gleichzeitig auch die SPD an Stimmen verlor, mussten die Grünen mit der Oppositionsbank vorlieb nehmen.

Obwohl oder gerade weil die Grünen an politischer Macht verloren, bemühten sie sich in den vergangenen Jahren darum, drogenpolitische Initiativen zu lancieren und ein Gegengewicht zur einseitig auf Repression setzenden Großen Koalition zu bilden.

So brachten sie Kleine Anfragen in den Bundestag ein, die sich den gesundheitlichen Risiken durch verunreinigte Cannabisprodukte, der Fahruntüchtigkeit bei Cannabiskonsum und den Folgen der internationalen Drogenprohibition beschäftigten.

Außerdem stellte die Bundestagsfraktion einen Antrag für die Erleichterung des Zugangs zu Cannabis als Medizin und forderte im Januar 2009 die Erprobung von Cannabisfachgeschäften und die Entkriminalisierung des Eigenanbaus von Cannabis.

Kritiker sehen in den Vorstößen der Bündnisgrünen jedoch nur wenig mehr als eine Wahlkampfmasche. Sie verweisen darauf, dass den Grünen bereits 1998 und 2002 das Regieren wichtiger war als die “richtige” Drogenpolitik.

Zweifel an der Durchsetzungskraft grüner Forderungen kommen auch dadurch auf, dass Teile der Grünen mit dem Gedanken einer Jamaika-Koalition mit Union und FDP spielen. Grünenskeptiker verweisen auf die durchwachsenen Erfahrungen des schwarz-grünen Bündnisses in Hamburg und warnen insbesondere vor dem “Realoflügel” der Partei.

Dazu kommt, dass grüne Abgeordnete immer wieder Statements veröffentlichen, die deutlich erkennen lassen, dass es an Sachverstand mangelt.

Mit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, das den Besitz kleiner Mengen leichter Drogen straffrei stellt, ist die Forderung nach einer faktischen Legalisierung Realität geworden. – Jürgen Trittin

Klammert man die ungelösten Fragen der Koalitionsfindung aus, haben die Grünen das modernste und umfassendste drogenpolitische Programm aller aussichtsreichen Parteien. Sie wollen eine Abkehr vom rein repressiven “Kampf gegen Drogen” und plädieren für die Einführung sogenannter Drogenfachgeschäfte.

Wahlprogramm von Bündnis 90/ Die Grünen zur Bundestagswahl 2009 Wahlprogramm von Bündnis 90/ Die Grünen zur Bundestagswahl 2009 (PDF)

Aus dem Bundestagswahlprogramm von Bündnis 90/ Die Grünen 2009

Solidarische Gesundheitspolitik und Prävention statt Reparaturbetrieb

Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Umweltbelastungen, gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz, psychischer Stress, soziale Benachteiligungen und Diskriminierungen sind Ursachen vieler Erkrankungen. Deshalb muss auch in andere Politikfelder auf die Vermeidung von krankmachenden Faktoren hingewirkt werden. Und wir brauchen einen Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik: Weg vom Gesundheitswesen als bloßen Reparaturbetrieb hin zu einem Gesundheitswesen mit mehr Prävention und Gesundheitsförderung.

Je früher eine Krankheit erkannt und behandelt wird, umso besser. In der Gesundheitsprävention sind die Bedürfnisse und Lebenslagen sozial Benachteiligter besonders zu berücksichtigen, da sie von vielen der herkömmlichen Präventions- und Gesundheitsförderungsangebote nicht erreicht werden. Das wollen wir ändern. Wir wollen eine Prävention, die die Menschen in ihrem Alltag erreicht. Prävention von Anfang an muss ein wichtiger Bestandteil in Kindertagesstätten und Schulen, in den Familien, im Stadtteil, im Arbeitsleben und im Alter sein. Wir brauchen ein wirksames Präventionsgesetz, das die finanziellen Voraussetzungen dafür schafft, dass die vielen in den Kommunen bereits bestehenden Angebote der Gesundheitsförderung eine verlässliche Basis erhalten und sich bei einer guten Qualität weiterentwickeln können. An dieser Finanzierung müssen die Sozialversicherungen, aber auch die privaten Krankenkassen und die öffentliche Hand beteiligt werden.

Wende in der Drogenpolitik – für Prävention, Hilfe und Entkriminalisierung

Wir wollen eine rationale Drogenpolitik, die auf den Dreiklang aus Prävention, Hilfe und Entkriminalisierung setzt. Ein an der Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger orientierter Staat darf in deren Rechte nur eingreifen, wenn es zum Schutz der Grundrechte Dritter erforderlich und verhältnismäßig ist. Drogenpolitik muss zugleich der Entstehung von Abhängigkeiten und gesundheitlichen Schäden durch Prävention begegnen, Kinder- und Jugendliche schützen und Schwerstabhängige helfen. Die Politik der Kriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten führt in die Sackgasse. Schwerstabhängige brauchen Hilfe, keine Strafverfolgung.

Wir wollen die Therapie- und Hilfeangebote verbessern und dabei geschlechtsspezifische Unterschiede stärker berücksichtigen. Nur ein abgestimmtes Hilfe- und Beratungssystem – kombiniert mit präventiven Programmen – kann helfen, Abhängigkeiten langfristig erfolgreich zu verhindern. In eine verantwortliche Drogenpolitik müssen alle legalen Drogen wie zum Beispiel Alkohol und Tabak sowie die illegalen Drogen und die nicht-stoffgebundenen Süchte wie Glücksspiel gleichermaßen einbezogen werden. Der Jugendschutz muss in allen Bereichen, auch in der Werbung, konsequent durchgesetzt werden. Auch den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Passivrauchen wollen wir verbessern.

So vielfältig die Motive für Drogenkonsum sind, so unterschiedlich ist der Hilfebedarf für diejenigen Drogenkonsumentinnen und Drogenkonsumenten, die nicht mehr selbstbestimmt über Ihren Drogenkonsum entscheiden können. Dazu gehören die medizinisch kontrollierte Abgabe von Diamorphin (Heroin), Substitutionstherapien und Abstinenzangebote ebenso wie bedarfsgerechte psychosoziale Betreuungsangebote und Maßnahmen zur Schadensminderung wie Spritzentauschprogramme, Einrichtung von Drogenkonsumräumen und die Ermöglichung von Substanzanalysen (Drug-Checking- Programme).

Bei weichen Drogen wie Cannabis wollen wir unter Berücksichtigung des Jugendschutzes eine legale Abgabeform über lizenzierte Fachgeschäfte ermöglichen, weitere Erleichterungen für die medizinische Verwendung von Cannabis sowie vernünftige Regelungen und Grenzwerte im Bereich Cannabis und Straßenverkehr durchsetzen.

Auszug aus dem Wahlprogramm von Bündnis 90/ Die Grünen zur Bundestagswahl 2009

In ihrem drogenpolitischen Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009 gehen Bündnis 90/ Die Grünen weiter als alle anderen Parteien. Sie vertreten eine akzeptanzorientierte, präventionsgestützte Politik, die den (abhängigen) Menschen in den Mittelpunkt stellt und auch selbstbestimmten Drogenkonsum für möglich hält.

Mit den konkreten Forderungen nach einer leichteren medizinischen Verwendung von Cannabis, THC-Grenzwerten im Straßenverkehr, drugchecking und vor allem den Fachgeschäften für “weiche Drogen” haben die Grünen ein gutes Programm für Hanffreunde vorgelegt.


Renate Künast (Bündnis 90/ Die Grünen) Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl 2009
Renate Künast (Bündnis 90/ Die Grünen) – Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl 2009
Jürgen Trittin (Bündnis 90/ Die Grünen) - Spitzenkandidat zur Bundestagswahl 2009
Jürgen Trittin (Bündnis 90/ Die Grünen) – Spitzenkandidat zur Bundestagswahl 2009

Weiterführende Informationen

  • Webseite von Bündnis 90/ Die Grünen
  • Bundestagswahlprogramm von Bündnis 90/ Die Grünen zur Bundestagswahl 2009 (PDF)
  • Kontakt zu den Grünen
  • Einschätzung und Wahlempfehlung

    Die Grünen haben ein gutes Programm vorgelegt und einige sinnvolle Anfragen und Anträge ins Parlament gebracht. Eine öffentliche Debatte über Cannabis haben sie aber kaum angestoßen und es bleibt fraglich, ob sie das Thema in möglichen Koalitionsverhandlungen diesmal erfolgreicher vertreten.

    Je nach Verhandlungspartner haben die Grünen aber vermutlich bessere Chancen, ihre Vorstellungen wenigstens ansatzweise in die Realität umzusetzen, als die Linken, mit denen niemand koalieren will. Unter dem Strich landen die Grünen im DHV-Wahlranking knapp auf Platz 1 vor den Linken.