Auf die kürzlich von der Linksfraktion im Bundestag gestellten Kleinen Anfrage mit dem Titel “Importgenehmigungen für medizinisches Cannabis und Ausschreibungsverfahren der Cannabisagentur” liegt nun die Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium vor. Der drogenpolitische Sprecher der Linken, Niema Movassat, wollte wissen, wie sich die Import- und Genehmigungszahlen entwickelten, wann mit dem Anbau in Deutschland zu rechnen sei und für welche Diagnosen die Kostenübernahme erfolgte.
Steigende Importanträge
Angesichts der sich rasant entwickelnden Nachfrage reichten insgesamt elf Antragssteller beim BfArM einen Antrag für eine Importerlaubnis für Cannabis zu medizinischen Zwecken nach § 3 BtMG ein. Laut Gesundheitsministerium wurden im Zeitraum von September 2017 bis März 2018 Importanträge im Umfang von über 2.100 Kilogramm medizinischem Cannabis genehmigt. Damit wurden schon allein im letzten halben Jahr mehr Importe von Cannabisblüten genehmigt, als die Bundesregierung für den Zeitraum ab 2021 pro Jahr an Bedarf geschätzt und zum Anbau ausgeschrieben hatte. Das Gesundheitsministerium hat den Bedarf massiv unterschätzt!
Und es stehen noch weitere Anträge vor ihrer Bearbeitung: Seit September 2017 haben die Importerlaubnisinhaber Anträge beim BfArM zur Erhöhung der Jahreshöchstmenge gestellt und dabei einen Bedarf von 10.900 kg angegeben, zwei weitere Anträge mit einem Volumen von 10.400 kg sind darüber hinaus in der Bearbeitung.
Es bleibt zu hoffen, dass das BfArM im Sinne der unter den Lieferengpässen leidenden Patienten entscheidet und diese Anträge schnellstmöglich bewilligt.
Zeitplan für deutschen Medizinalhanfanbau “offenbar in Gefahr”
Auch die Frage nach dem aktuellen Stand des Vergabeverfahrens zum Anbau in Deutschland ist Teil der LINKEN-Anfrage. Das Gesundheitsministerium legt bei der Beantwortung dieser Frage zwar Wert auf die Feststellung, dass das laufende Vergabeverfahren trotz des anhängigen Gerichtsverfahrens fortgeführt werden konnte. Allerdings räumt das Ministerium ein, dass das Gerichtsverfahren den Zeitplan zum Anbau “offenbar in Gefahr bringt.”
Solange das Gerichtsverfahren läuft, “ist vergaberechtlich zu beachten, dass eine Zuschlagserteilung noch nicht erfolgen kann”, so das Gesundheitsministerium weiter. Die nächste Anhörung zur Klage der Firma Lexamed gegen das Ausschreibungsverfahren findet am 28. März vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf statt.
Wenig belastbare Zahlen zu Begleiterhebungen
Aktuell liegen dem Gesundheitsministerium lediglich 398 Datensätze vor, die im Rahmen der im Gesetz vorgesehenen Begleiterhebung erhoben wurden. Dies liegt allerdings an der Cannabis-Begleiterhebungs-Verordnung, wonach Ärzte erst nach einem Jahr oder bei vorzeitigem Abbruch der Therapie die Daten der Patienten an das Ministerium weiterleiten. Der vorliegende Datensatz setzt sich also ausschließlich aus Patienten zusammen, die ihre Behandlung mit Medizinalhanf abbrachen.
Die Aussagekraft der bislang vorliegenden Zahlen ist somit sehr begrenzt, eine erste Grundtendenz lässt sich aber unter Umständen daraus ableiten. Laut Gesundheitsministerium hatten in 398 Fällen 272 Patienten eine Schmerzdiagnose. Im weiteren folgen die Diagnosen Anorexie (60 Fälle), Spastik (33 Fälle), Übelkeit und Erbrechen (24 Fälle), Ticstörungen (3 Fälle), Insomnie (3 Fälle), Colitis ulcerosa (2 Fälle) sowie ADHS (1) und sonstige Erkrankungen (5 Fälle).
Nur begrenzte Aussagekraft über die Versorgungssituation mit Cannabisarzneimitteln
Auch der im September 2017 vorgelegte Bericht des GKV-Spitzenverbands zur Versorgungssituation der Patienten ist Teil der Kleinen Anfrage. Die LINKE wollte wissen, welche Erkenntnisse der Bundesregierung vorliegen. Der GKV-Spitzenverband weist darauf hin, dass die übermittelten Angaben “nur eine begrenzte Aussagekraft haben”, da Detailangaben zu den Patientenanträgen nicht zentral erfasst werden.
Ende September lagen laut GKV rund 12.000 Anträge vor, von denen die Mehrheit wegen Schmerzdiagnosen gestellt wurden. Von diesen Anträgen wurden 6.800 genehmigt, was einer Genehmigungsquote von 57% entspricht. Eine Auflistung nach Bundesländern war laut GKV nicht möglich.
Medizinalhanf-Import aus Israel
Der DHV berichtete bereits Anfang Februar, dass Israels Premierminister Benjamin Netanjahu die notwendige Genehmigung zum Export von medizinischem Cannabis ausgesetzt hat. Die LINKE wollte nun wissen, wie der aktuelle Stand der Dinge bei der interministeriellen Kommission in Israel ist. Angesichts des anhaltenden Lieferengpasses setzten viele Patienten große Hoffnungen in Israels möglichen Cannabisexport. Laut Gesundheitsministerium steht trotz der Intervention Netanjahus eine endgültige Entscheidung der israelischen Regierung über den Export von Medizinalhanf noch aus. Die Israel Medical Cannabis Agency erwartet Ende des Monats den Abschlussbericht des National Economic Councils. Ob und wann ein möglicher Import von Medizinalhanf made in Israel möglich ist, geht nicht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums hervor.
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