Gestern wurde das Bundeslagebild zur Rauschgiftkriminalität 2020 vom Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, und der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig vorgestellt. Cannabis zählte auch im letzten Jahr wenig überraschend zur meist gehandelten und konsumierten illegalen Substanz, so Münch bei der Vorstellung des Berichts. Von den 2020 festgestellten 54.348 Handelsdelikten (+1,8 Prozent im Vergleich zu 2019) entfallen 31.961 auf Cannabisprodukte (+1,5 Prozent vgl. mit 2019), was einem Anteil von 58,8 Prozent entspricht. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 287.592 und somit geringfügig mehr (+1,1 Prozent) konsumnahe Rauschgiftdelikte als 2019 verzeichnet. Rund zwei Drittel aller konsumnahen Delikte standen im Zusammenhang mit Cannabis, so das Bundeslagebild des BKA. Somit drehten sich 2020 nicht nur die meisten konsumnahen Delikte um Cannabis, sondern auch die Handelsdelikte.
Auch die Covid-19-Einschränkungen hatten kaum Einfluss auf den Handel mit illegalen Substanzen:
“Die Vertriebs- und Bezugsmöglichkeiten des mittlerweile etablierten Online-Handels werden verstärkt genutzt, da der Post- und Paketversand im Vergleich zu anderen Transportmöglichkeiten von den Maßnahmen zum Schutz gegen das Coronavirus nicht betroffen ist”,
so das BKA in seiner Pressemitteilung.
Synthetische Cannabinoide
Neun Menschen starben 2020 nach dem Konsum von synthetischen Cannabinoiden. Insgesamt ist die Zahl der Drogentoten in Deutschland um 13,1 Prozent im Vergleich zu 2019 auf 1.581 Menschen gestiegen. Der größte Zuwachs der BtMG-relevanten Handelsdelikte war bei den Neuen Psychoaktiven Stoffen (NPS) zu verzeichnen. Die Zahl stieg gegenüber dem Vorjahr um 16,2 Prozent. “Neben NPS-Handelsdelikten nach dem BtMG wurden im Jahr 2020 in der PKS 718 Delikte gem. § 4 NpSG (Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz) registriert, was einen signifikanten Anstieg gegenüber dem Vorjahr bedeutet (+83,6 Prozent)”, so das BKA. Seit 2019 kam es zu einer Steigerung der sichergestellten Mengen von 195 kg auf mindestens 640 kg in 2020, die im NPS-Auswertungsprogramm des BKA untersucht wurden. Den mit Abstand größten Anteil der untersuchten NPS machen synthetische Cannabinoide mit rund zwei Dritteln aller Datensätze aus.
Ludwig nennt Legalisierungsdebatte eine “Lifestyledebatte”
Angesichts der immer weiter steigenden Zahlen zu Delikten rund um Cannabis sowie der besorgniserregenden Steigerungen bei Sicherstellungen von synthetischen Cannabinoiden hätte Daniela Ludwig sich natürlich auch substanziell zum Thema Cannabis äußern können. Stattdessen bezeichnete sie auf der Pressekonferenz die Debatte über eine Legalisierung als “Lifestyledebatte” und hielt Legalisierungsbefürwortern vor, durch eine Legalisierung nichts an kriminellen Strukturen ändern zu können. Das Interesse der Menschen in Deutschland an Cannabis ist offenbar ungebrochen. Dennoch reicht es der Drogenbeauftragten aus, die Diskussion über die Ungleichbehandlung von Millionen Menschen mit der Forderung nach mehr Prävention als unnötig abzutun.
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