Aus den Anworten der Parteien auf unsere Wahlprüfsteine Cannabis und den Informationen aus den Parteiprogrammmen läßt sich die Zukunft der deutschen Drogenpolitik erahnen. Diese Seite informiert sie zusammenfassend über die Ergebnisse.
SPD
Die SPD ist wegen ihrer Hanfpolitik nicht zu empfehlen. Im Wahlprogramm werden Drogen nur nebulös als repressiv zu bekämpfende Phänomene genannt. Aufschlussreicher sind auch hier die Antworten auf die DHV- Wahlprüfsteine. Demnach stellt sich die SPD gegen jede Liberalisierung im Cannabisbereich. Die jetzige Situation wird für gut befunden und verteidigt. Auch in den Bereichen der “geringen Menge” und “Cannabis als Medizin” wird kein akuter Handlungsbedarf gesehen – außer Studien. Interessant ist allerdings, dass die SPD grundsätzlich THC-Grenzwerte im Straßenverkehr befürwortet.
Diese Antworten sind wie die gesamte Drogenpolitik der SPD stark geprägt von der Drogenbeauftragten Marion Caspers-Merk. So gab es seit 1998 niemanden in der SPD-Fraktion, der sich ernsthaft mit Drogenpolitik befasst hätte. Seit Caspers-Merk Drogenbeauftragte ist, verweist die Fraktion regelmäßig an sie, obwohl sie ja Kraft ihres Amtes eigentlich Regierungsvertreterin ist. Und die lässt keinen Zweifel an ihren Vorstellungen zum rechtlichen Status von Hanfgenussmitteln.
Caspers-Merk: Um eins klarzustellen: Cannabis ist illegal, und das Rauchen von Cannabis ist gesundheitsschädlich. Wer einen Joint raucht, nimmt – verglichen mit einer Zigarette – die vierfache Menge an Teer auf. Darüber hinaus kann es zu psychischer Abhängigkeit kommen. Diese Tatsachen sind Grundlage unserer Politik. Der Handel mit Cannabis wird mit aller Konsequenz verfolgt. Focus-Interview, 08. 12. 2002
Lediglich Einzelpersonen in den unteren Gliederungen der SPD und die JUSOS sprechen sich gelegentlich für eine Liberalisierung bei Hanf aus.
Auf Bundesebene gibt es bei der SPD neben Caspers-Merk nur noch einen weiteren relevanten Politiker, der sich zu Cannabis äußert, Innenminister Otto Schily.
Der bayrische Innenminister Günther Beckstein dankte Schily ausdrücklich, dass dieser die in Deutschland so konsequente Drogenpolitik auch gegenüber dem Ausland vertritt. In der Tat hält Schily seine Forderung an die benachbarten Niederlande aufrecht, man möge dort die so genannten Coffeeshops, die weiche Drogen frei anbieten, umgehend schließen. Ostthüringer Zeitung, 21/11/2003
Bei anderen Drogen ist die SPD zumindest fortschrittlicher ist als die CDU. So wurden gegen den Widerstand der Union Drogenkonsumräume und das Modellprojekt zur Heroinvergabe durchgesetzt. Die SPD sieht in Drogenkonsumenten insgesamt eher Kranke als Kriminelle. Anders als bei der CDU kann man davon ausgehen, dass die SPD keine wesentlichen Verschärfungen im Drogenbereich plant. Es soll nur alles so bleiben, wie es ist.
CDU/CSU
CDU und CSU sind aus Sicht von Hanffreunden eigentlich unwählbar – das schlimmste, was einem Kiffer passieren kann. In ihrem Wahlprogramm werden Drogen nur am Rande bzw. als Teil einer fürchterlichen Kriminalitäts- und Terror-Soße genannt, die es mit aller Gewalt zu bekämpfen gilt. Politiker der Unionsfraktionen sind bei dem Thema sehr aktiv und zwar immer dann, wenn es darum geht, gegen Drogen(konsumenten) oder Legalisierungstendenzen zu wettern. Das Gedankengut ist fest ideologisch verankert, dass selbstbestimmter Drogenkonsum nicht möglich sei und eine Legalisierung bzw. jede Form der Liberalisierung eine Gefahr für Jugendliche und kranke Abhängige. Teilweise kommen von diesen Leuten groteske Forderungen wie die Schließung der Grenzen zu den Niederlanden, regelmäßige DNA-Analysen und -Archivierung bei einfachen Drogenvergehen – oder die Senkung der Umsatzsteuer auf das Grundnahrungsmittel Bier!
Entsprechend dieser eindeutigen Einstellung ist in den südlichen unionsdominierten Ländern die Verfolgung von Cannabiskonsumenten am größten. Radikale Hausdurchsuchungen und Verurteilungen wegen Kleinstmengen sind in Bayern an der Tagesordnung.
Um dem ganzen noch eins draufzusetzen, hat Angela Merkel den bayrischen Innenminister und drogenpolitischen Hardliner Günther Beckstein als Experten für Innen- und Sicherheitspolitik in ihr Kompetenzteam berufen, was Spekulationen weckt, dass er als zukünftiger Innenminister Drogen bekämpfen wird.
Von der CDU/CSU-Fraktion geht am ehesten die Gefahr einer deutlichen Verschärfung der Drogenverfolgung nach der Wahl aus.
Innenminister Dr. Günther Beckstein warnt vor der Verharmlosung der von sogenannten weichen Drogen ausgehenden Gefahren: Cannabis ist nicht harmlos, wie manche falschen Propheten weismachen wollen. Haschisch und Marihuana haben nachweislich schädliche Auswirkungen auf Körper und Psyche. Die bayerische Polizei wird deshalb weiterhin konsequent alle Formen der Drogenkriminalität bekämpfen. PM vom 07.04.2004
Eine Legalisierung von Drogen wird es mit der CDU/CSU nicht geben. Drogenpolitik gehört zur Gesundheitspolitik und zielt auf Gesunderhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit – also Heilung der Drogenabhängigkeit ab. Wer nun propagiert, dass Drogenkonsum gestaltbar und in die Lebenswirklichkeit der Menschen integrierbar ist, gibt den Drogenabhängigen als heilbaren Patienten auf und verharmlost den Drogenkonsum in verhängnisvoller Weise. PM Gerlinde Kaupa, drogenpolitische Sprecherin CDU/CSU Fraktion, 19. Februar 2003
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen stehen seit vielen Jahren klar zur Legalisierung von Hanf. Das findet man auch regelmäßig in der einen oder anderen Formulierung in den Wahlprogrammen und ist mittlerweile ziemlich unumstritten. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Meinungen. Einige sind eher der Meinung, dass alle Drogenkonsumenten ein Defizit haben bzw. irgendwie krank sind. Immerhin wollen auch solche Grüne lieber helfen als kriminalisieren. Es gibt aber auch eine relevante Gruppe innerhalb der Grünen, die Drogenkonsum realistisch einschätzt und sich auch für Reformen einsetzt, die über Hanf hinausgehen. Es gibt auch entsprechende Arbeitsgruppen und Landesarbeitsgemeinschaften. Auch die Grüne Jugend steht dazu, den Markt für alle Drogen vernünftig regulieren zu wollen. In den Programmdebatten der Grünen wurden solche Vorschläge allerdings regelmäßig abgelehnt bzw. gar nicht befasst. Zumindest für Hanffreunde können die Grünen programmatisch aber ganz klar als Verbündete gewertet werden.
Die Grünen haben allerdings ein Umsetzungsproblem. Gerade in Sachen Hanf haben sich in den letzten 7 Jahren grüner Regierungsbeteiligung keinerlei Fortschritte ergeben, so dass sehr viele, die große Hoffnungen in die Grünen gesetzt haben, mittlerweile sehr frustriert sind. Der DHV hat die Grünen durch seinen Protestmailer damit konfrontiert. In ihrer Antwort gestehen die Grünen die Erfolglosigkeit auf dem Gebiet ein und machen die SPD für diesen Stillstand verantwortlich. Angesichts der SPD-Positionen klingt das zunächst glaubhaft. Allerdings muss man auch sagen, dass in der Grünen Fraktion niemand sitzt, der sich mit Drogenpolitik hauptsächlich beschäftigt. Drogenpolitisch aktive MdBs bearbeiten immer auch gleich den gesamten Gesundheits- oder Rechtsbereich. Es ist also niemand da, der fachlich perfekt im Thema ist und mit hoher Motivation daran arbeitet. Das ist allerdings auch bei allen anderen Parteien so – abgesehen von der relativ dünnen Personaldecke der Grünen Bundestagsfraktion. Aus Bundesländern mit Grüner Regierungsbeteiligung ist übrigens auch keine Initiative zur Liberalisierung bei Cannabis mehr ausgegangen, seit Schleswig-Holstein Mitte der 90er Jahre einen Modellversuch zum Verkauf von Cannabis in Apotheken beantragte.
Übrigens gibt es noch eine Stellungnahme der Grünen zum DHV-Protestmailer in Sachen Cannabis als Medizin.
FDP
Die Cannabispolitik der FDP ist von allen Parteien am wenigsten greifbar. Klar ist aber, dass die FDP gegen eine Legalisierung des Handels mit Cannabis ist. Im Wahlprogramm der FDP findet sich keinerlei Aussage zu Drogen. Auch hier kann man aber gut auf die Antworten auf die DHV-Wahlprüfsteine verweisen. Wie immer fordert die FDP auch hier eine Entbürokratisierung der Verfahren und plädiert damit zumindest auch für eine moderate Entkriminalisierung der Konsumenten. Immerhin hat die FDP auch zu den Fragen der Führerscheinregelungen, Cannabis als Medizin und Nutzhanf vernünftige Ansichten.
Auch in der praktischen Politik haben sich FDP-Politiker bei dem Thema immer zurückgehalten. Allerdings gibt es einzelne Landesverbände, die eine Legalisierung von Cannabis befürworten, z.B. Berlin. Zusammen mit den Jungen Liberalen (www.bekifft-ficken.de) versuchen sie, diese Position in den Parteiprogrammen zu verankern. Es könnte also sein, dass zur nächsten Wahl diese Einschätzung anders ausfällt.
Die Linkspartei.PDS
Bei der Linkspartei könnte man fast den Text über die Einschätzung der Grünen übernehmen, die beiden Parteien sind sich drogenpolitisch sehr ähnlich. Allerdings hat die Linkspartei im Gegensatz zu den Grünen bisher keine Aussagen zu Drogen im Entwurf des Wahlprogramms. Vielleicht ändert sich das noch, bis es verabschiedet wird. Aus den Antworten der Linkspartei auf die DHV-Wahlprüfsteine und anderen Papieren und Aussagen geht trotzdem ziemlich eindeutig hervor, dass die Linkspartei für eine Legalisierung von Cannabis ist. Darüber hinaus verlaufen die Diskussionen in der Linkspartei ähnlich wie bei den Grünen. Forderungen nach weitergehender Liberalisierung gibt es zwar – vor allem aus den Reihen der Jungendorganisation und von der Bundesarbeitsgemeinschaft Drogen bei der Linkspartei – sie finden aber keine Mehrheit. Programmatisch ist also kaum ein Unterschied auszumachen. Um eine weitergehende Kampagne junger Linksparteiler in Sachsen abzuwehren, berief sich die Linkspartei sogar noch vor kurzem selbst auf die Grünen:
“Die Linkspartei.PDS spricht sich wie auch die Grünen oder die Jusos für eine Entkriminalisierung so genannter weicher Drogen wie Cannabis und eine Drogenpolitik aus, die Betroffenen hilft statt sie zu kriminalisieren und Prävention forciert. Eine Freigabe harter Drogen entspricht nicht der Programmatik der Linkspartei.PDS.” 09.08.05
Auch die Frage, wie stark diese Programmatik letztendlich in die praktische Politik der Linkspartei einfließt, ist ähnlich kritisch zu bewerten wie bei den Grünen. Die Bundesländer, in denen die Linkspartei an der Regierung beteiligt ist, haben sich keinerlei Fortschritte ergeben. Einzige Ausnahme ist Berlin, wo auf Druck des DHV und der Opposition die “geringe Menge” zum Eigenverbrauch leicht erhöht wurde.
Ein Lichtblick ist, dass der bekannte Drogenreformer und Richter Wolfgang Neskovic für die Linkspartei in den Bundestag kommen wird. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob er sich auf Drogenpolitik konzentrieren wird, oder gleich den ganzen Rechtsbereich übernehmen wird.
Kommentare
4 Antworten zu „Bundestagswahl 2005 – Wahlprüfsteine Cannabis – Unsere Einschätzung der Parteien“
Der FDP Beitrag müsste evtl
Der FDP Beitrag müsste evtl bearbeitet werden nach den jüngsten Ereignissen 😉
Der FDP Beitrag müsste evtl
Der FDP Beitrag müsste evtl bearbeitet werden nach den jüngsten Ereignissen 😉
Das mit der FDP würd ich
Das mit der FDP würd ich nochmal überarbeiten nach den neusten Nachrichten
Das mit der FDP würd ich
Das mit der FDP würd ich nochmal überarbeiten nach den neusten Nachrichten