Wahlempfehlung Landtagswahl Thüringen 2014

Vorbemerkung
Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht. Die Drogenpolitik einer Partei ist ein Maßstab dafür, wie viel Selbstbestimmung dem Einzelnen von staatlicher Seite eingeräumt wird oder auch nicht.

1. Ausgangslage

Die letzte Landtagswahl fand am 30. August 2009 statt. Nach herben Verlusten für die CDU erklärte der amtierende Ministerpräsident Dieter Althaus am 03. September 2009 seinen Rücktritt. Nachfolgerin Christine Lieberknecht regiert mit einer Koalition aus CDU und SPD seit dem 30. Oktober 2009 das Land Thüringen.

ParteiErgebnisSitze im Landtag
CDU31,2 %30
Die Linke27,4 %27
SPD18,5 %18
FDP7,6 %7
GRÜNE6,2 %6

2. Prognose

Im Gegensatz zu der zeitgleich stattfindenden Landtagswahl in Brandenburg spielt das Thema Drogenpolitik in Thüringen eine größere Rolle. Vorab hatten sich Grüne und Linke für eine Legalisierung ausgesprochen, während die SPD bereits schon signalisiert hat, diesen Punkt nicht mit auf einen möglichen Koalitionsvertrag aufnehmen zu wollen.

Neben dem Fortführen der großen Koalition aus CDU und SPD ist Umfragen zufolge auch eine Koalition aus Linken und SPD, ggf. zusammen mit den Grünen denkbar. Bei einer möglichen rot-roten (grünen) Regierung könnte die Linke als stärkste Kraft zum ersten Mal einen Ministerpräsidenten stellen. Piraten und FDP werden wegen niedriger Werte in den Umfragen nicht mehr genannt, dafür wird die AfD wohl in den Landtag einziehen.

3. Parteien und ihre Standpunkte

Der Deutsche Hanfverband hat auch zu dieser Wahl seine Wahlprüfsteine an die Parteien geschickt:

  1. Halten Sie die Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?
  2. Wollen Sie die Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten generell eher mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
  3. Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs eher mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
  4. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “geringen Menge” nach §31a BtmG und planen Sie Änderungen?
  5. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene?
  6. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle von Drogen wie Cannabis?
  7. Halten Sie es für sinnvoll, dass Cannabiskonsumenten bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt werden oder setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung ein?
  8. Wollen Sie Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit vertreten?
  9. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Partei und Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode?
  10. Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?

4. Parteien

4.1 CDU

Mit ihrer Spitzenkandidatin Christine Lieberknecht setzt die CDU in Thüringen in ihrem Wahlprogramm weiterhin auf Repression:

“Wir wollen keine Lockerung der Drogenpolitik. Die Freigabe von Einstiegsdrogen lehnen wir ab.” (S. 63).

“Hier gibt es keine Unterscheidung in harte und weiche Drogen. Deshalb gehört zum Kampf gegen Crystal Meth auch das Nein zu Cannabis. Unser Ziel ist es, bereits den Erstkontakt mit Drogen zu verhindern.” (S.64).

Die Standpunkte sind klar und deshalb blieben unsere Wahlprüfsteine wohl auch unbeantwortet.

4.2  Die Linke

Spitzenkandidat und erster potenzieller Ministerpräsident der Linken ist Bodo Ramelow.

In ihrem Wahlprogramm setzt die Linke aus Thüringen auf eine selbstbestimmte Drogenpolitik:

“DIE LINKE. Thüringen setzt sich für eine gesundheitsorientierte, selbstbestimmte Drogenpolitik ein. Unter diesem Aspekt stehen alle Maßnahmen der Suchtprävention im Vordergrund unserer Bemühungen. Wir wollen die Entkriminalisierung des Drogengebrauchs vorantreiben, um einen effektiven Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz zu ermöglichen.” (S. 12).

Speziell zum Thema Cannabis:

“Wir stehen für die Einführung von nicht kommerziellen Cannabis-Klubs oder anderer regulierter Abgabeformen für den Cannabiskonsum.” (S. 13).

Das “L”-Wort ist in den Wahlprüfsteinen zu finden:

“In Thüringen gelten derzeit 6 Gramm als geringe Menge nach §31a BtmG. Auf dem Weg zur Legalisierung wird sich DIE LINKE. Thüringen auf eine Anhebung des derzeitigen Grenzwertes einsetzen.

Im Landtag beschränkte sich die Aktivität der LINKEN auf Anfragen.

Die Linke aus Thüringen war auch so freundlich, unsere Wahlprüfsteine zu beantworten. Hier der Link.

4.3 SPD

Schon im Vorfeld hatte Spitzenkandidatin Heike Taubert angekündigt, sie “würde alles dafür tun, dass wir eine Cannabis-Legalisierung nicht in einen Koalitionsvertrag aufnehmen, sollte es zu Verhandlungen mit Linken und Grünen kommen”.

In ihrem Wahlprogramm hält sich die SPD aus Thüringen in Sachen Drogenpolitik sehr bedeckt und beschränkt sich lediglich auf den Hinweis, dass “eine verstärkte Bekämpfung der Drogenkriminalität” (S. 46) stattfinden soll.

Unsere Wahlprüfsteine wurden auch nicht beantwortet.

4.4 FDP

Die FDP mit ihrem Spitzenkandidat Uwe Barth ignoriert das Thema Drogenpolitik in ihrem Wahlprogramm und antwortete auch nicht auf unsere Wahlprüfsteine.

4.5 Die Grünen

Die Grünen und ihre Spitzenkandidatin Anja Siegesmund setzen in ihrem Wahlprogramm auf “einen Dreiklang aus Prävention, Hilfe und Entkriminalisierung. Anstelle der gescheiterten repressiven Drogenpolitik bedarf es einer an den tatsächlichen gesundheitlichen Risiken orientierten Regulierung” (S. 39).

Auch die Legalisierung und Modellversuche werden offen gefordert:

“Die Prohibition, also die bisherige strafrechtliche Sanktionierung von Drogenkonsum, ist gescheitert. Deswegen müssen wir uns grundlegend umorientieren und Legalisierungskonzepte ins Auge fassen. […] Zudem haben wir vor, den Besitz und Konsum von Cannabis und anderen, nicht legalen psychotropen Substanzen zu entkriminalisieren und unterstützen die Einführung eines Pilotprojektes zur geregelten Abgabe von Cannabis in Apotheken.

Im Landtag beschränkte sich die Aktivität der LINKEN auf Anfragen.

Die Grünen aus Thüringen waren auch so freundlich, unsere Wahlprüfsteine zu beantworten. Hier der Link.

4.6. Piraten

In ihren Leitlinien setzen die Piraten Thüringen mit ihrer Spitzenkandidatin Alexandra Bernhardt sich dafür ein “perspektivisch bestimmte Drogen gänzlich aus dem strikten Verbot des BtMG herauszunehmen und reguliert freizugeben. Der Handel dieser freigegebenen Pflanzen, Produkte und Substanzen sollte unter staatlicher Kontrolle erfolgen; Gewinne sind sinnvoll in Information, Aufklärung, Suchtbehandlung usw. zu investieren. Der Besitz zum Zwecke des Eigenbedarfs und Konsums wird straffrei gestellt.”

5. Zusammenfassung und Wahlempfehlung

Im Gegensatz zu Brandenburg kann man in Thüringen sowohl Grüne als auch LINKE ausdrücklich für eine Wahl empfehlen. Beide Parteien haben sich über das Wahlprogramm hinaus mit dem Thema beschäftigt und sich klar positioniert.

Die chancenlosen Piraten haben leider nicht erkennen lassen, dass sie sich außer im Wahlprogramm mit Drogenpolitik beschäftigen.

Von einer Wahl der SPD als potenzielle Bremse in einer möglichen Koalition mit LINKEN und ggf. Grünen muss abgeraten werden. CDU und FDP scheiden wie so häufig eh aus.

Schlussbemerkung

Und nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss. Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat! Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! In Baden-Württemberg zeigt sich z.B. gerade, dass ein Wahlerfolg für die Grünen trotz eines guten Wahlprogramms noch lange keinen Fortschritt bedeuten muss. Um den Parteien klar zu machen, dass die Wähler gerade in Sachen Cannabis den Vollzug der Versprechungen erwarten, reicht ein Dreizeiler wie:

“Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung/Entkriminalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

Mögliche Adressaten für diesen Text sind auf den Webseiten der Landesverbände zu finden.

Damit auch die repressiven Parteien ihre Haltung überdenken, könnte der Text an sie z.B. so aussehen:

“Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Landtagswahl zu wählen, habe aber wegen Ihrer unklaren/repressiven Haltung in der Drogenpolitik davon Abstand genommen. Es würde mich freuen, wenn Sie sich beim nächsten Mal klar zur Frage der Verfolgung von Cannabiskonsumenten äußern und Ihre Haltung zur Legalisierung von Cannabis überdenken würden.”

Eine weitere gute Möglichkeit, mit den Parteien in Kontakt zu treten, ist die Plattform abgeordnetenwatch. Dort kann man beispielsweise den Abgeordneten seines Wahlkreises oder den Spitzenkandidaten der Parteien direkt persönlich eine Frage stellen.

Unser Ziel ist es, bereits den Erstkontakt mit Drogen zu

verhindern.