Wahlprüfsteine des Deutschen Hanfverband zur Landtagswahl 2014. Antworten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen vom 06.09.2014
1. Halten Sie die Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik? Nein. Die repressive Drogenpolitik ist gescheitert.
Sie hat dabei auch erhebliche negative Nebenwirkungen und behindert damit die Wirksamkeit der anderen Säulen der Drogenpolitik, zu denen die Prävention, die Therapie und die Schadensminderung zählen. Wer gesundheitsschädlichen Konsummustern wirklich sinnvoll begegnen will, muss akzeptierend an Konsumentinnen und Konsumenten herantreten und darf sie nicht kriminalisieren. Deshalb wollen wir die Sucht- und Dro genberatung finanziell erhalten und personell ausbauen, damit individuell auf die Menschen mit Suchtproblemen eingegangen werden kann. Wir werden die Aufklärung über die Suchtmittel im Schul- und Jugendbereich vorantreiben. Kinder und Jugendliche stark zu machen, ist die beste Drogenprävention.
2. Wollen Sie die Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten generell eher mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
Unser Ziel ist eine legale Regulierung aller psychoaktiven Substanzen und damit verbunden ein Ende der Kriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten. Auf dem Weg dahin wollen wir sowohl zunächst insbesondere den straffreien Anbau als auch Erwerb und Besitz zum Eigenverbrauch ermöglichen (vgl. BT-Drs. 17/9948).
3. Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs eher mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
Ein straffreier Anbau für den Eigenbedarf hätte aus unserer Sicht den Vorteil, dass die Konsumentinnen und Konsumenten nicht länger auf den Schwarzmarkt verwiesen wären. Vor diesem Hintergrund wollen wir auch den straffreien Anbau bis zu einer bestimmten Menge ermöglichen.
4. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “geringen Menge” nach §31a BtmG und planen Sie Änderungen?
Der Bund hat derzeit keinen Einfluss auf die Höhe der geringen Menge in den Bundesländern. Aktuell wird in der Justizministerkonferenz der Länder eine bundesweite Vereinheitlichung der geringen Menge diskutiert. Unabhängig davon, wie hoch diese Menge letztlich ausfällt, befürworten wir eine solche Vereinheitlichung aus rechtsstaatlichen Gründen. Das Bundesverfassungsgericht hat eine einheitliche Rechtsanwendung schon 1994 gefordert. Allerdings wäre eine solche Regelung nur ein Einstieg in eine Entkriminalisierung der Konsumentinnen und Konsumenten, denn zumindest der polizeiliche Verfolgungsdruck lässt sich damit nicht verringern. Als auf Bundesebene umzusetzende Regelung schlagen wir darüber hinausgehend vor, die Strafbarkeit für eine bestimmte Menge zum Eigenverbrauch abzuschaffen (vgl. BT-Drs. 17/9948). Solange keine einheitliche Rechtsanwendung besteht, setzen wir uns für die Erhöhung der “geringen Mengen” bei Cannabisprodukten auf 10 Gramm als einen ersten Schritt zur Entkriminalisierung ein.
5. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene?
Wir haben ein solches wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt bereits im Deutschen Bundestag vorgeschlagen. Es kann dazu beitragen, die Erkenntnisse über die Wirkungen einer kontrollierten Abgabe von Cannabis zu verbessern und auf diese Weise auch zu mehr Evidenz in der Drogenpolitik führen.
6. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle von Drogen wie Cannabis?
Wir befürworten das Drugchecking. Im Deutschen Bundestag hat unsere Bundestagsfraktion einen entsprechenden Antrag eingebracht (Drs. 17/2050). In wissenschaftlich begleiteten Projekten muss untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen dieses Instrument wirkt und für welche Substanzen Drugchecking am besten geeignet ist. Letztlich können mit einem solchen Instrument der Verbraucherschutz gestärkt und die gesundheitlichen Risiken des Drogengebrauchs verringert werden.
7. Halten Sie es für sinnvoll, dass Cannabiskonsumenten bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt werden oder setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung ein?
Wer unter dem Einfluss von Drogen wie zum Beispiel Alkohol oder Cannabis ein Fahrzeug fährt, muss mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen. Gleichwohl müssen einheitliche Regelungen gelten. Es kann nicht sein, dass das Fahrerlaubnisrecht dazu dient, eine prohibitive Drogenpolitik durchzusetzen.
8. Welchen Handlungsbedarf sehen sie beim Einsatz von Cannabis als Medizin?
Wir wollen den legalen Zugang zu Cannabismedikamenten erleichtern und so Patientinnen und Patienten den legalen Anbau und Bezug von Cannabis zu medizinischen Zwecken und mit ärztlichem Attest ermöglichen.
9. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von ihrer Partei und Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode?
Wir haben uns in einem Antrag für einen legalen Zugang zu Cannabismedikamenten eingesetzt und in einem weiteren Antrag das Drugchecking zum Thema gemacht. Auch haben wir die Entkriminalisierung der Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten sowie eine wissenschaftliche Evaluation der deutschen und internationalen Drogenpolitik gefordert. Zudem haben wir eine Reform der rechtlichen Regelungen der Substitutionsbehandlung beantragt. Zuletzt haben wir vor dem Hintergrund der EU-Tabakprodukterichtlinie eine stärkere Regulierung von Tabakprodukten sowie insbesondere ihrer Bewerbung gefordert und uns gegen die beabsichtigte Unterstellung der E-Zigaretten unter das Arzneimittelrecht ausgesprochen. Des Weiteren haben wir uns in parlamentarischen Initiativen kritisch mit den Plänen der Koalition zur Regelung von neuen psychoaktiven Substanzen, zum Glücksspiel sowie generell zur Drogen- und Suchtprävention befasst. Eine vollständige Darstellung unserer Initiativen ist hier aus Platzgründen nicht möglich, kann aber u. a. auf www.gruene-bundestag.de eingesehen werden. Auf Landesebene haben wir stets einen engen Kontakt zu den Drogenberatungszentren gehalten und es uns vor allem zur Aufgabe gemacht, aufzuklären. Zu diesem Zweck hat unsere grüne Landtagsfraktion mehrere Kleine Anfragen gestellt, wie die Anfragen „Crystal (Methamphetamin) in Thüringen“ (KA 5/3768), „Drogenpolitik in Thüringen“ (KA 5/3639) „Drogenkonsum in Thüringen“ (KA 5/3638) beispielhaft belegen.
10. Welche drogenpolitischen Initiativen plant ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?
Wie in unserem Wahlprogramm beschrieben, werden wir uns auch in der kommenden Wahlperiode für eine Entkriminalisierung der Konsumentinnen und Konsumenten, für Maßnahmen der Schadensminderung wie Drugchecking und Drogenkonsumräume und eine bessere Versorgung von Abhängigen einsetzen. Auch in der internationalen Drogenpolitik wollen wir auf eine menschenrechtsbasierte und gesundheitsorientierte Drogenpolitik, die Abkehr von der Prohibition und mehr Evidenz hinwirken. Generell wird es auch in der kommenden Wahlperiode darum gehen, Bündnispartner für eine Reform der Drogenpolitik zu gewinnen und eine gesellschaftliche Diskussion über die Folgen der repressiven Drogenpolitik anzustoßen. Weiterhin werden wir uns aktiv für Präventionsprojekte und neue Vernetzungsinitiativen im Bereich Konsum von Crystal (Methamphetamin) stark machen. Hier muss aus unserer Sicht die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Bildungseinrichtungen, Suchtberatungsstellen, Kranken- und Pflegekassen sowie Sozialarbeit allgemein verbessert werden.