Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Der Wahl-O-Mat liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen. Erkundigt euch bei Interesse auch über kleinere Parteien, wir betrachten hier nur die größeren! Auf abgeordnetenwatch.de könnt ihr euch über die Politiker eures Wahlkreises informieren und ihnen Fragen stellen. Informiert euch und geht wählen! Seid euch bewusst, dass die Möglichkeiten der Bundesländer begrenzt sind. Eine vollständige Legalisierung ist nur auf Bundesebene möglich. Die Bundesländer haben etwas Spielraum bei der “geringen Menge”, beim Führerscheinrecht, bei Modellprojekten und Drug-Checking.
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Was bisher geschah
Seit 2017 wurde Nordrhein-Westfalen von einer Schwarz-Gelben Koalition regiert. Diese löste damals die Rot-Grüne Koalition ab. Die umfragenstarke SPD landete somit in der Opposition zusammen mit Grünen und AfD. Die Linke verpasste knapp den Einzug in den Landtag.
Der derzeitige Koalitionsvertrag von CDU und FDP enthält keine konkreten Maßnahmen zur Cannabispolitik. Man findet zu den Themen Suchtberatung, Drogen- und Gesundheitsprävention im Themenbereich “Strafvollzug” folgenden Abschnitt: “Wir werden Drogenkonsum und -handel im Strafvollzug konsequent bekämpfen. Zu diesem Zweck werden wir künftig mehr Drogenspürhunde einsetzen und die Anzahl der Kontrollen erhöhen. Außerdem werden wir eine NRW-Initiative zur besseren Bekämpfung von Drogen im Strafvollzug in den Bundesrat einbringen.” Im Bereich “Prävention und Versorgungsstruktur” ist festgehalten: “Suchtkrankheiten zerstören soziale Bindungen und nehmen gerade jungen Menschen Lebenschancen. Die Prävention hat in unserer Drogenpolitik deshalb Vorrang. Wir setzen uns für wirksame Aufklärungsprogramme in der Kinder- und Jugendarbeit sowie in der Schule ein. Wir wollen allen Menschen umfassende Hilfe leisten, um zu einem drogen- und suchtfreien Leben zu finden, und werden entsprechende Programme weiter fördern.”.
Seit 2018 werden in Nordrhein-Westfalen mit dem Cannabis-Präventionsprogramm „Stark statt breit“, das von der Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung (GINKO) im Auftrag des Landes entwickelt wurde mit dem Ziel, “über die körperlichen und psychischen Risiken des Cannabiskonsums aufzuklären, die rechtlichen Folgen zu verdeutlichen und die Haltung zu Cannabis in Frage zu stellen.”
Derzeit gilt in Nordrhein-Westfalen eine Richtlinie, dass nach § 31a BtMG von der Strafverfolgung in der Regel abgesehen werden kann, wenn sich die Tat auf eine Menge von nicht mehr als als 10 Gramm Cannabis bezieht. Initiativen im Land zum Anheben der Geringen Menge oder zum Drug-Checking gab es nicht.
Wahlprognose
Laut der aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen ist einer Fortsetzung der bestehenden Koalition nicht möglich.
Die CDU liegt mit 30 Prozent in den Umfragewerten nur knapp vor der SPD, die mit 28 Prozent direkt folgt. Dahinter folgen Grüne mit 18 Prozent und FDP mit 7 Prozent. lRechnerisch möglich wären also eine Groko (Schwarz-Rot) Schwarz-Grün und wahrscheinlich auch Rot-Grün, auf jeden Fall eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Die Chancen auf eine Regierung ohne CDU-Beteiligung stehen nicht schlecht in NRW!
Im Gegensatz zur Linken mit nur 3 Prozent in den Umfragen wird es die AfD mit derzeit 7 Prozent wahrscheinlich wieder schaffen, die 5-Prozent-Hürde für den Einzug in den Landtag zu knacken.
In ihrem Wahlprogramm fordern die Grünen eine Drogen- und Suchtpolitik ohne Kriminalisierung und stattdessen Aufklärung, Hilfe und Schadensreduzierung. Dazu wollen sie Suchtberatungsstellen fördern und Hilfsangebote stärken. Sie sprechen sich gegen eine Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten aus, aber sehen keine Notwendigkeit die “Geringe Menge” bereits vor Umsetzung der Legalisierung hochzusetzen. Die geplante bundesweite Umsetzung der Cannabislegalisierung wollen die Grünen in Nordrhein-Westfalen zügig und aktiv begleiten. Drogenkonsumräume und Drug-Checking werden befürwortet. In der aktuellen Legislatur brachten die Grünen als Oppositionspartei einen Antrag für ein Modellprojekt zur kontrollierten Cannabis-Abgabe ein, der abgelehnt wurde. Für diese Partei können wir eine Wahlempfehlung geben.
Die FDP NRW unterstützt laut eigener Aussage die bundesweiten Bestrebungen einer Cannabislegalisierung. Drug-Checking-Programmen steht die Partei positiv gegenüber. Mehr als diese Lippenbekenntnisse findet man allerdings nicht im Programm. Besitzmeldungen an Führerscheinstellen hält die Partei für gerechtfertigt. Eine Erhöhung des THC-Grenzwertes von 1,0 ng auf 3,0 ng/ml Blutserum wird begrüßt, aber nicht gefordert. Dies gilt auch für eine Anhebung der “Geringen Menge” von 10 auf 15 Gramm Cannabis. Auf parlamentarischer Ebene gab es keine drogenpolitischen Initiativen der FDP, dies sei mit dem Koalitionspartner CDU nicht machbar gewesen. Eine “Ausweitung des Eigenanbaus” müsse “genau untersucht” werden. Wem bei der Legalisierung in erster Linie nur die Ermöglichung einer kontrollierten Cannabisabgabe in lizenzierten Geschäften wichtig ist, der kann sein Kreuz bei der FDP machen.
Die Linke in NRW positioniert sich klar als Legalize-Partei. Das drogenpolitische Wahlprogramm ist sehr ausführlich und progressiv. Sie fordert, den THC-Grenzwert auf 5,0 ng heraufzusetzen. Zur Umsetzung der Legalisierung fordert sie konkrete Schritte wie den Eigenanbau und Cannabis Social Clubs, ein Ende der Strafverfolgung, eine Bundesratsinitiative zur schnellen Legalisierung und schließlich staatlich regulierte Fachgeschäfte zum Verkauf kontrolliert angebauter Cannabis-Produkte. Substitutionsangebote sollen flächendeckend ausgebaut werden. In den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine macht die Linke deutlich, dass sie eine “Geringe Menge”-Regelung für alle gängigen Drogen befürwortet, und fordert eine sofortige Erhöhung bei Cannabis auf 15 Gramm. Dementsprechend soll auch die Polizei instruiert werden, konsequent von einer Verfolgung abzusehen. Diese soll auch keine Besitzmeldungen mehr an Führerscheinstellen machen. Die Linke legt das beste drogenpolitische Programm vor. Leider liegt sie in NRW derzeit nur bei 3 Prozent in den Umfragen und droht an der 5-Prozent-Hürde zu scheitern wie schon bei der letzten NRW-Wahl 2017.
Im Programm der SPD Nordrhein-Westfalen befindet sich zum Thema Drogenpolitik nur der Hinweis, dass man die geplante “Freigabe von Cannabis” mit einem flächendeckenden Präventions- und Jugendschutzprogramm begleiten wolle. Die Sozialdemokraten sprechen sich gegen den Eigenanbau aus. Den derzeitigen THC-Grenzwert im Straßenverkehr will man nicht anpassen. Bei den Wahlprüfsteinen wird deutlich, dass die SPD in NRW wesentlich repressiver aufgestellt ist als andere Landesverbände und der Bundesverband. Eine vorgezogene landesweite Entkriminalisierung durch Erhöhung der Geringen Menge mit klarer Einstellungsvorgabe wird als nicht nötig angesehen. Sollte die bundesweite Cannabislegalisierung scheitern, will die SPD auch keine kontrollierte Abgabe durch einen Modellversuch. Zumindest dem Drug-Checking steht man offen gegenüber. Im Bundesrat würde die Partei Legalisierungsvorhaben befürworten und begrüßt diese. Eine ernsthafte Empfehlung für die SPD können wir nicht aussprechen, aber sie ist immer noch eine bessere Wahl als die CDU.
Die CDU bleibt auch in Nordrhein-Westfalen bei ihrem repressiven Kurs und lehnt die “Legalisierung illegaler Drogen” ab, weil dies gesundheitliche Risiken berge und zu große Auswirkungen auf “Familie und Gesellschaft” habe. Sie setzt laut Wahlprogramm stattdessen auf weitere Strafverfolgungsmaßnahmen und trägt der Realität mit 4 Millionen Cannabiskonsumenten in Deutschland keine Rechnung. Damit zeigen die Christdemokraten, dass sie nicht verstanden haben, dass die Prohibition und nicht die Legalisierung die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schäden verursacht. Auf unsere Wahlprüfsteine gab es keine Antworten. Von der Wahl müssen wir abraten.
Die AfD setzt im Wahlprogramm Drogendelikte gleich mit Gewalt- und Sexualstraftaten und benutzt dies für ausländerfeindliche Hetze. Im Parlament waren sie im Bereich Drogenpolitik nicht aktiv und haben auch nicht auf unsere Wahlprüfsteine reagiert. Von der Wahl muss dringend abgeraten werden.
Die Grünen haben anderswo schon bessere Programme vorgelegt. Aber sie sind klar für Legalisierung, wollen im Bundesrat zustimmen und sie haben als einzige Partei im Parlament wenigstens einen progressiven, drogenpolitischen Antrag eingebracht – für ein Cannabis-Modellprojekt. Hier können wir eine Wahlempfehlung aussprechen.
Die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen fahren einen vergleichsweise repressiven Kurs in der Drogenpolitik. Im Gegensatz zu fast allen anderen Landesverbänden und dem Bundesverband lehnen sie sogar Cannabis-Modellprojekte ab. Zudem positioniert sich die SPD klar gegen den Eigenanbau und eine vernünftige Führerscheinregelung. Sie befürwortet aber letztlich die bundesweite Legalisierung und würde sie im Bundesrat unterstützen. Die SPD ist zwar immer noch eine bessere Wahl als die CDU, aber mit Skepsis zu betrachten. Eine klare Empfehlung können wir nicht geben.
Für Freunde einer liberalen Drogenpolitik, die auf Eigenanbau und faire Führerscheinregelungen setzen, ist die FDP in NRW nicht unbedingt die erste Wahl. Die Freien Demokraten sind in NRW beim drogenpolitischen Programm inhaltlich eher schwach aufgestellt. Auch die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine waren wenig überzeugend. Die geplante Legalisierung von Cannabis wird aber begrüßt und entsprechende Gesetzesvorhaben will die FDP im Bundesrat unterstützen. Wem nur die bundesweite Cannabis-Abgabe über lizenzierte Geschäfte wichtig ist, der kann sein Kreuz auch bei der FPD machen.
Die progressivsten und ausführlichsten Positionen zur Drogenpolitik hat in NRW die Linke mit klaren Forderungen zu fairen Führerscheinregelungen, Eigenanbau, Cannabis Social Clubs usw. Nach aktuellem Umfragetrend besteht leider das Risiko, dass sie die 5-Prozent-Hürde verpasst und eure Stimmen ggf. nicht im Parlament vertreten sein werden. Für die drogenpolitischen Inhalte geben wir der Linken aber eine klare Wahlempfehlung.
Abgeraten werden muss von der Wahl der CDU und der AfD. Beide Parteien verfolgen keinen humanen Kurs in der Drogenpolitik, sondern setzen auf verstärkte Strafverfolgungsmaßnahmen.
Sagt den Parteien eure Meinung!
Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!
Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:
LINKE, SPD, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”
AfD, CDU: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Bürgerschaftswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”
Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen: