Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.
Programm
Das Wahlprogramm der SPD beinhaltet nur folgenden kurzen Satz zum Thema Drogenpolitik: “Die vom Bund geplante Freigabe von Cannabis begleiten wir mit einem flächendeckenden Präventions- und Jugendschutzprogramm. Die Beratung von Suchtgefährdeten und deren Angehörigen sichern wir ab. Der Unterstützung von Familien und Kindern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.”
Antworten auf Wahlprüfsteine
Die SPD gibt an, dass sie die bundesweite Legalisierung mit einer kontrollierten Abgabe in lizenzierten Geschäften “flankierend begleiten” will. Sollte die Legalisierung scheitern, will man keine Modellprojekte für eine kontrollierte Abgabe, da dies im Gegensatz zur “Substituierung von harten Drogen” nicht medizinisch nötig sei. Die Partei positioniert sich klar gegen den privaten Eigenanbau mit der Begründung, dass hierbei der “Schutz vor verunreinigten […] Substanzen” nicht sichergestellt sei und dies im Widerspruch zu einer Abgabe in lizenzierten Geschäften stünde. Den THC-Grenzwert will sie nicht auf ein wissenschaftlich nachvollziehbares Niveau anheben, sondern bezeichnet eine Anhebung sogar als “Bagatellisierung von Rauschfahrten”. Die Praxis reiner Besitzmeldungen an Führerscheinstellen würde laut SPD mit der Legalisierung obsolet werden. Bundesweite Schritte für Modelle zum Drug-Checking will die Partei “konstruktiv mitbegleiten”.
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Frage 1
Die bundesweit geplante Cannabislegalisierung dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?
Antwort
2011 ist durch die SPD-geführte Landesregierung in NRW die Eigenbedarfsgrenze durch Verordnung wieder auf den Stand des Jahres 2007 angehoben worden; damit können Verfahren beim Besitz von kleinen Mengen für den Eigenbedarf seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt werden. In Anbetracht der geplanten Cannabislegalisierung sind weitere Änderungen nicht beabsichtigt.
Frage 2
Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuchen für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?
Antwort
Einen Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene sehen wir kritisch. Anders als bei der Substituierung von harten Drogen sehen wir vor allem keine medizinische Notwendigkeit für eine solche kontrollierte Abgabe.
Frage 3
Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?
Antwort
Das Drug Checking kann einen sinnvollen Beitrag zur Verbesserung der Situation um den Drogenkonsum leisten. Die Bundesregierung hat vereinbart, entsprechende Modelle zu ermöglichen und auszubauen. Die dazugehörigen Schritte werden wir auf der Bundesebene konstruktiv mitbegleiten.
Frage 4
Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?
Antwort
Es gibt kein Recht auf Rausch im Straßenverkehr – weder bei Alkohol noch bei Cannabis. Die Bagatellisierung von Rauschfahrten lehnt die NRW-SPD ab. Die damit einhergehenden Fremdgefährdungen im Straßenverkehr haben mit einem verantwortlichen Verhalten nichts zu tun. Wenn wir über eine Gleichbehandlung nachdenken würden, dann würden die Grenzen für den Alkoholkonsum nach unten angepasst und nicht eine Freigrenze für Cannabisfahrten eingeführt werden.
Frage 5
Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?
Antwort
Durch die von der Bundesregierung angestrebte und von der NRW-SPD unterstützte Legalisierung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften besteht in Zukunft kein Grund mehr für diese Praxis.
Frage 6
Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)
Antwort
Die Schwerpunkte in der Drogenpolitik werden durch den Bundesgesetzgeber gesetzt. Insofern gab es in der aktuellen Legislaturperiode keine Gesetzesinitiativen oder Anträge der SPD-Landtagsfraktion in diesem Bereich. Gleichwohl hat unsere Fraktion drogenpolitische Themen durch Anfragen und Berichtsanforderungen im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, im Innenausschuss, im Rechtsausschuss sowie im Plenum des Landtags unter verschiedenen Aspekten mehrfach thematisiert.
Frage 7
Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Antwort
Welche möglichen parlamentarischen Initiativen sich in der kommenden Legislaturperiode ergeben, hängt mit dem Ausgang der Landtagswahl am 15. Mai zusammen und welche politischen Mehrheiten sich im zukünftigen Landtag bilden lassen. Unabhängig davon haben sich die an der Bundesregierung beteiligten Parteien auf unterschiedliche drogenpolitische Initiativen geeinigt. Dazu gehört beispielsweise die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene. Diese bundespolitische Initiative werden wir auf der Landesebene konstruktiv und flankierend begleiten.
Frage 8
Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?
Antwort
Wir befürworten dieses Vorhaben der Bundesregierung und werden es im Falle einer Regierungsübernahme in NRW auch im Bundesrat unterstützen. Eine Legalisierung des privaten Eigenanbaus lehnen wir hingegen ab, da es zum Ziel einer kontrollierten Abgabe für den Eigenbedarf in lizensierten Geschäften im Widerspruch steht. Durch eine Legalisierung des privaten Eigenanbaus könnte insbesondere der Schutz vor verunreinigten bzw. gesundheitsgefährdenden Substanzen nicht mehr hinreichend gewährleistet.
Bisherige parlamentarische Aktivität
Seitens der SPD gab es im Landtag eine Nachfrage mit dem Tenor, die Drogenszene am Kölner Neumarkt verstärkt zu bekämpfen. Außerdem erfolgte eine Anfrage zu “Illegalen Rave-Partys in Köln”, insbesondere zu Maßnahmen der Landesregierung gegen “rechtsfreie Räume” und Drogenkonsum. Progressive drogenpolitische Initiativen gab es trotz der Rolle als Oppositionspartei nicht.
Im Gegenteil, die SPD stimmte sogar zusammen mit CDU, FDP und AfD gegen einen Antrag der Grünen auf ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene.
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Bericht auf Antrag der SPD vom 07.10.2021 über die Polizeikontrollen zur Bekämpfung von Drogenkriminalität
Anfrage und Antwort: Illegale Rave-Partys in Köln. Was tut die Landesregierung gegen rechtsfreie Räume, Drogenkonsum, Umweltzerstörung und für den Jugendschutz und das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung?, 20.10.2017
Im Programm der SPD Nordrhein-Westfalen befindet sich zum Thema Drogenpolitik nur der Hinweis, dass man die geplante “Freigabe von Cannabis” mit einem flächendeckenden Präventions- und Jugendschutzprogramm begleiten wolle. Die Sozialdemokraten sprechen sich gegen den Eigenanbau aus. Den derzeitigen THC-Grenzwert im Straßenverkehr will man nicht anpassen. Bei den Wahlprüfsteinen wird deutlich, dass die SPD in NRW wesentlich repressiver aufgestellt ist als andere Landesverbände und der Bundesverband. Eine vorgezogene landesweite Entkriminalisierung durch Erhöhung der Geringen Menge mit klarer Einstellungsvorgabe wird als nicht nötig angesehen. Sollte die bundesweite Cannabislegalisierung scheitern, will die SPD auch keine kontrollierte Abgabe durch einen Modellversuch. Zumindest dem Drug-Checking steht man offen gegenüber. Im Bundesrat würde die Partei Legalisierungsvorhaben befürworten und begrüßt diese. Eine ernsthafte Empfehlung für die SPD können wir nicht aussprechen, aber sie ist immer noch eine bessere Wahl als die CDU.