Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.
Programm
Im Wahlprogramm der FDP ist zur Drogenpolitik leider fast gar nichts zu finden. Nur im Abschnitt Gesundheit findet sich der Satz: “Wir unterstützen das Vorhaben der neuen Bundesregierung, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften einzuführen.”, womit sich die Liberalen zumindest klar zur Legalisierung positionieren. Außerdem fordern sie etwas unspezifisch eine “moderne Drogenprävention und -beratung”.
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Auszug aus dem Programm
“Wir unterstützen das Vorhaben der neuen Bundesregierung, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften einzuführen.”
“Neben einer modernen Drogenprävention und -beratung sind insbesondere nicht-stoffgebundene Süchte (z. B. Internet- oder Spielsucht) stärker in den Fokus zu nehmen.”
Antworten auf Wahlprüfsteine
Bundesweite Vorhaben zur Cannabis-Legalisierung steht die FDP positiv gegenüber. Auch Drug-Checking wird als sinnvoll erachtet. Eine “Ausweitung des Eigenanbaus” müsse “genau untersucht” werden, da man Bezugsquellen mit Qualitätssicherung voraussetzt. Modellvorhaben zum jetzigen Zeitpunkt halten sie nicht für sinnvoll, denn dies “könnte die bundesrechtliche Umsetzung der kontrollierten Abgabe gefährden”. An der diskriminierenden Praxis von Besitzmeldungen an Führerscheinstellen will die FDP festhalten und hält diese für begründet, da Besitzdelikte auf “charakterliche Mängel” schließen lassen. Die Anhebung von 10 auf 15 Gramm bei der Regelung zur “Geringen Menge” würde die Partei “mitunter begrüßen”. In der kommenden Legislatur will die FDP im Bereich Drogenprävention und – beratung verstärkt “nicht-stoffgebundene Süchte (z. B. Internet- oder Spielsucht)” fokussieren.
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Frage 1
Die bundesweit geplante Cannabislegalisierung dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?
Antwort
Mit dem § 31a BtMG ist der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit gegeben worden, ein Verfahren wegen einer „geringen Menge“ einzustellen. Dies soll der Fall sein, „wenn die Schuld der Täterin oder des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und die Täterin oder der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge“ besitzt oder etwa angebaut hat. Es handelt es sich um eine Kann-Regelung, bei der die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit einer Einstellung hat. Die Entscheidung hierüber fällt sie je nach Einzelfall. In NRW gilt bereits eine Cannabis-Besitzmenge von 10 Gramm. Wir würden mitunter eine Cannabis-Besitzmenge von 15 Gramm begrüßen.
Frage 2
Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuchen für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?
Antwort
Wir setzen darauf, dass das Vorhaben der neuen Bundesregierung zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften erfolgreich umgesetzt wird. Eine Diskussion über Anträge von Kommunen oder Ländern zu Modellvorhaben könnte die bundesrechtliche Umsetzung der kontrollierten Abgabe gefährden. Deshalb wäre sie zum jetzigen Zeitpunkt aus unserer Sicht nicht sinnvoll.
Frage 3
Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?
Antwort
Wir wollen Modelle zum Drug-Checking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglichen und ausbauen. Drug-Checking kann insbesondere bei sogenannten „Partydrogen“ Risiken durch unbekannte Wirkstoffe, Verunreinigungen und Überdosierungen reduzieren, so den Gesundheitsschutz von Drogenkonsumierenden stärken und ihnen den Zugang zu einer Beratung erleichtern. Zudem wird ein besserer Einblick in den Drogenmarkt und die im Umlauf befindlichen Drogen ermöglicht. Bei Cannabis setzen wir aber vorrangig auf die kontrollierte Abgabe. Diese würde ein Drug-Checking aufgrund legaler Produkte, die hohe Qualitätsstandards erfüllen müssen, überflüssig machen.
Frage 4
Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?
Antwort
Grundsätzlich bedeutsam ist die Unterscheidung bei der strafrechtlichen Sanktionierung. In einer Entscheidung hat das BVerfG (v. 21.12.2004, Az. 1 BvR 2652/03) festgestellt, dass eine unterschiedliche Behandlung von Alkohol und (sonstigen) Drogen durchaus begründet ist. Der Umstand, dass sich bei einzelnen Drogen anders als beim Alkohol die Dosis-Wirkungs-Beziehung derzeit nicht quantifizieren ließe, sei so gewichtig, dass er die unterschiedliche Regelung sachlich rechtfertige. Der Wert von 1,0 ng/ml scheint jedoch zu gering zu sein. Die sog. Grenzwertkommission geht erst bei einer Blut-THC- Konzentration von 3,0 ng/ml von einer verwaltungsrechtlich relevanten Intoxikation aus. Es empfiehlt sich daher, ggf. einheitliche Werte für die verwaltungsbehördliche Anwendung rechtsverbindlich festzulegen, um in diesem Bereich Rechtssicherheit zu schaffen und die Konsumenten von THC nicht gegenüber den Konsumenten von Alkohol schlechter zu stellen.
Frage 5
Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?
Antwort
Richterinnen und Richter können die Fahrerlaubnis als strafrechtliche Nebenfolge beispielsweise dann entziehen, wenn BtM-Verstöße ohne jeglichen Bezug zum Straßenverkehr vorliegen, wie zum Beispiel die BtMG-Straftatbestände Besitz und Handeltreiben. Begründet wird der Entzug der Fahrerlaubnis damit, dass der Verurteilte aus Sicht des Gerichts zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet ist. Bei Betäubungsmitteldelikten, bei welchen kein Fahrzeug unter Drogeneinfluss geführt wird, kann das Delikt jedoch auf charakterliche Mängel schließen lassen. Auch dies kann den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigen. Es gilt also: selbst wenn die Ermittlungen im konkreten Fall kein Zusammenhang zwischen der Strafbarkeit und der Fahrerlaubnis begründen, kann in besonderen Fällen die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten über die Eignung zum Fahren von Kraftfahrzeugen einholen, § 14 FeVO. Dies betrifft Bundesrecht. Es wird nach dem Einzelfall entschieden.
Frage 6
Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)
Antwort
Wir haben die Haushaltsmittel zur Bekämpfung der Suchtgefahren seit dem Jahr 2020 um zwei Millionen Euro zur Erweiterung der Präventionsarbeit im Bereich der Wohnungslosen erhöht. Zusätzlich haben wir für dieses Jahr die Mittel um weitere zwei Millionen Euro zur Erweiterung der Präventionsarbeit im Bereich des Glücksspiels erhöht. Politische Initiativen wie z. B. Anträge erfordern aus Sicht der regierungstragenden Fraktionen eine Abstimmung der Koalitionspartner. Die Stimmabgabe erfolgt grundsätzlich im Einklang. Unter diesem Gesichtspunkt waren keine drogenpolitischen Initiativen mit dem Koalitionspartner möglich.
Frage 7
Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Antwort
Wir wollen die Umsetzung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene auf Landesebene begleiten und unterstützen. Wir wollen bei der Drogenprävention und -beratung insbesondere nicht-stoffgebundene Süchte (z. B. Internet- oder Spielsucht) stärker in den Fokus nehmen.
Frage 8
Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?
Antwort
Wir befürworten das Vorhaben der neuen Bundesregierung zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene und setzen uns für eine Zustimmung im Bundesrat einsetzen. Wir halten grundsätzlich den Bezug von Cannabis aus qualitätsgesicherten Quellen für sinnvoll. Eine Ausweitung des Eigenanbaus muss daher genau untersucht werden.
Bisherige parlamentarische Aktivität
Die FDP gibt an, dass “keine drogenpolitischen Initiativen mit dem Koalitionspartner möglich” gewesen seien.
Die FDP NRW unterstützt laut eigener Aussage die bundesweiten Bestrebungen einer Cannabislegalisierung. Drug-Checking-Programmen steht die Partei positiv gegenüber. Mehr als diese Lippenbekenntnisse findet man allerdings nicht im Programm. Besitzmeldungen an Führerscheinstellen hält die Partei für gerechtfertigt. Eine Erhöhung des THC-Grenzwertes von 1,0 ng auf 3,0 ng/ml Blutserum wird begrüßt, aber nicht gefordert. Dies gilt auch für eine Anhebung der “Geringen Menge” von 10 auf 15 Gramm Cannabis. Auf parlamentarischer Ebene gab es keine drogenpolitischen Initiativen der FDP, dies sei mit dem Koalitionspartner CDU nicht machbar gewesen. Eine “Ausweitung des Eigenanbaus” müsse “genau untersucht” werden. Wem bei der Legalisierung in erster Linie nur die Ermöglichung einer kontrollierten Cannabisabgabe in lizenzierten Geschäften wichtig ist, der kann sein Kreuz bei der FDP machen.