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Verfassungsbeschwerde Cannabis- Anbau / Der DHV im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Teuter


Meldung des DHV vom 21. 2. 2007

Am 02.01.2007 hat Rechtsanwalt Dr. Leo Teuter aus Frankfurt/ Main vor dem Bundesverfassungsgericht (BverfG) im Auftrag eines Mandanten aus dem hessischen Mainhausen eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, mit der er erreichen will, dass sein Mandant vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Genehmigung erhält, 20 Cannabispflanzen für die Deckung seines eigenen Bedarfs legal anzubauen und das produzierte Marihuana legal zu besitzen.
Im Gespräch mit dem DHV erklärt er seine Strategie und nimmt zu den Erfolgsaussichten der Beschwerde Stellung.

Der DHV im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Teuter

DHV: Guten Tag Herr Dr. Teuter! Seit Anfang des Jahres hört man immer wieder von einer Verfassungsbeschwerde “Cannabis- Anbau”. Was ist das?
Dr. Teuter: Ich hab am 02.01.2007 vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte eingelegt. Das BfArM verweigert meinem Mandanten seit 2001 die Genehmigung 20 weibliche Cannabispflanzen zum Zwecke des Eigenkonsums anzubauen und zu besitzen. Gegen diesen Fehler und die Gerichtsentscheidungen, die ihn bestätigen, wehren wir uns nun vor dem höchsten deutschen Gericht.

DHV: Nach unserem Kenntnisstand kommt eine solche Genehmigung nur in Frage, wenn sie im “Öffentlichen Interesse” liegt. Schwerstkranke kämpfen noch immer um eine Ausnahmegenehmigung, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bereits im Mai 2005 geurteilt hat, dass deren Gesundung bzw. die Linderung ihrer Leiden im öffentlichen Interesse liegt. Doch das BfArM weigert sich bisher, positive Bescheide auszustellen.Warum glauben Sie, dass Ihr gesunder Mandant mit seiner privaten Cannabisplantage mehr Erfolg haben wird?
Dr. Teuter: Das Originelle an unserer Verfassungsbeschwerde liegt gerade darin, den Anbau mit einem öffentlichen und nicht nur privaten Interesse zu begründen. Der von mir eingereiche Antrag dient der Stärkung und Stabilisierung der Normakzeptanz und der Normtreue der Bevölkerung. Er dient außerdem der Reduzierung der Kosten der Strafverfolgung und des Justizwesens, der Reduzierung von Kriminalität und Kriminalitätsangst und nicht zuletzt der Verbesserung der Volksgesundheit und damit einer Reduzierung der Kosten im Gesundheitswesen.
Es geht mir nicht darum, das BtMG abzuschaffen, sondern es nur anders aus zu legen. Im Vordergrund steht deshalb das Argument, dass das BtMG nicht wirklich den Cannabiskonsum verhindert und deshalb die damit verbundenen Risiken durch die Prohibition auch nicht gemindert werden, sondern nur unsinnig viel Geld zum Fenster hinausgeworfen wird.

DHV: Kritiker fürchten, dass sich das BverfG mit Ihren Argumenten erst gar nicht auseinandersetzen wird. Vielen ist noch der Antrag des Amtsrichters Andreas Müller im Gedächtnis. Manche Kommentatoren sprachen nach der Nichtzulassung gar von einer juristischen Ohrfeige für den Richter. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ihrer Verfassungsbeschwerde ein?
Dr. Teuter: Tatsächlich ist zu befürchten, dass das BVerfG sich nicht inhaltlich mit der Beschwerde befassen will und deshalb einen Nichtzulassungsbeschluss erlässt.
Das Prinzip lautet aber “steter Tropfen höhlt den Stein” und irgendwann wird sich die Vernunft durchsetzen. Wann dies der Fall ist, kann sicherlich niemand sagen. Gegenwärtig scheint mir die Zeit noch nicht reif zu sein. Im Vergleich mit dem Vorlagebeschluss des AG Bernau handelt es sich prozessual jedoch um eine andere Situation. Deshalb wird das BVerfG eine potentielle Ablehnung zumindest neu begründen müssen.

DHV: Wer sich öffentlich für die Freigabe von Cannabis einsetzt, steht schnell in der Schusslinie der Prohibitionisten. Wie wollen Sie sich wehren, wenn Ihnen zum Beispiel vorgeworfen wird, mit Ihrem Engagement Jugendliche zu gefährden und sie der Einstiegsdroge Cannabis schutzlos auszuliefern?
Dr. Teuter: Grundsätzlich bin ich an einer öffentlichen Diskussion über die Cannabis-Prohibition und alle Schritte dagegen interessiert und ich weiß, dass dies auch für meinen Mandanten gilt. Deshalb bin ich mit einer unterstützenden Veröffentlichung der Verfassungsbeschwerde durch den DHV einverstanden. Selbstverständlich wäre eine Unterstützung aus der “neutralen” Ecke besonders erfreulich, aber hier gilt es abzuwarten.
In der Tat sind mir Konsummuster von Jugendlichen bekannt, die nicht unproblematisch sind. Diesen Problemkonsumenten kann sinnvoll aber nur pädagogisch und nicht strafrechtlich begegnet werden.
Kritikern, die mir vorwerfen, den falschen Weg eingeschlagen zu haben, kann ich nur sagen, dass ich es als gesicherte Erkenntnis ansehe, dass es gar keinen “richtigen Weg” im Bereich des Strafrechts gibt. In meinem Antrag geht es auch nicht um ein subjektives Recht auf Rausch, sondern um die Rationalität der Maßnahmen der öffentlichen Hand, die im öffentlichen Interesse zu handeln hat. Ich glaube mit meinem Antrag nachgewiesen zu haben, dass es ein öffentliches Interesse an der Aufgabe der Cannabisprohibition gibt. Damit verliert das Verbot seine Rechtfertigung.

DHV: Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen viel Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht!


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Kommentare

Eine Antwort zu „Verfassungsbeschwerde Cannabis- Anbau / Der DHV im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Teuter“

  1. Anonymous

    RE: Verfassungsbeschwerde Cannabis- Anbau / Der DHV im Gespräch
    Das war vor vier Jahren :-*
    ich wollte nur diese Info dazu geben:
    http://www.bundestag.de/presse/hib/2011_07/2011_310/09.html

    “Im Bundestag notiert: Cannabis Umwelt/Antwort -27.07.2011

    Dass der Konsum von Alkohol legal und der von Cannabis illegal sei, begründet die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/6620) auf die Kleine Anfrage (17/6402) der Fraktion Die Linke mit der ”Haschisch-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 (BVerfGE 90). Darin heißt es, Alkohol habe gegenüber Cannabis eine ”Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten, denen z.B. auf Seiten der rauscherzeugenden Bestandteile und Produkte der Cannabispflanze nichts Vergleichbares entgegensteht“. Alkoholhaltige Substanzen dienten als ”Lebens-und Genussmittel“, die berauschende Wirkung des Alkohols sei bekannt und werde ”durch soziale Kontrolle überwiegend vermieden“.”

    :zzz

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