Uruguays Präsident Mujica hat Detail-Regelungen zu dem im Dezember beschlossenen Gesetz der Cannabis-Regulierung unterschrieben. Viele Medien berichten über den in Uruguay jetzt amtlichen Graspreis von umgerechnet knapp 70 Cent pro Gramm, die Abgabe über Apotheken oder andere Details des Gesetzes, als seien sie erst gestern beschlossen und vom Präsidenten unterzeichnet worden. Tatsächlich hat der Präsident das Gesetz bereits am 23.12.2013 unterschrieben. Doch sowohl der niedrige Graspreis als auch die restlichen Regelungen sind Teil eines langen, politischen Prozesses, den unsere Medienlandschaft über zwei Jahre hinweg ignoriert hat. Zudem führen Schlagzeilen wie “Drogen in Uruguay- ein Staat im Rausch” in die Irre, weil die Details der Regelung nur unvollständig wiedergegeben oder gar Konsum, Verkauf, Anbau und Vorratshaltung vermischt werden. Julio Calzada, Drogenbeauftragter der Regierung Mujica und “Vater” der Re-Legalisierung, hatte mit einem Team von Fachleuten bereits im vergangenen Jahr alle Regelungen, die derzeit als brandheiße News durch die Medienlandschaft geistern, im Gesetzentwurf verankert, der bereits vor fünf Monaten von beiden Kammern des Parlaments verabschiedet wurde. Die Unterschrift des Präsidenten war eigentlich reine Formsache im Re-Legalisierungsprozess und hat die aktuelle Situation in keiner Weise beeinflusst oder gar verändert. Der relativ niedrige Graspreis orientiert sich am aktuellen Schwarzmarktpreis, dessen Strukturen mit marktwirtschaftlichen Mitteln zerstört werden sollen. Betrachtet man jedoch das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen, das in Uruguay bei 10376 Euro pro Jahr liegt, relativiert sich der aus europäischem Blickwinkel heraus betrachtete Spottpreis wieder ein wenig.
Die eigentliche Neuigkeit: Es gibt noch kein Gras
Eigentlich dachte man in Uruguay mit der Umsetzung zum jetzigen Zeitpunkt ein wenig weiter zu sein und das Inkrafttreten des Gesetzes zeitgleich mit der Implementierung eines Abgabesystems umzusetzen. Weil aber nicht einmal ansatzweise absehbar ist, wie und wo Uruguay das benötigte Gras her bekommen oder gar selbst produzieren soll, wurde der Verkaufsstart jetzt im Zuge der Unterschrift Mujicas für Dezember 2014 angekündigt, also de facto um ein paar Monate verschoben. Der Präsident hat sich also im Prinzip noch ein wenig Vorlauf gegönnt, weil er der Welt zum jetzigen Zeitpunkt noch kein funktionierendes System präsentieren konnte. Für Menschen mit ein wenig botanischem Grundwissen war auch diese Misere bereits absehbar, als 2013 angekündigt wurde, man wolle innerhalb weniger Monate den Anbau von den 18-22 Tonnen Binnen-Gras organisieren, die die “Urus” ersten Schätzungen zufolge jährlich wegrauchen.
Ursprünglich war geplant, Gras sowohl staatlich anzubauen als auch Ernten von Kleinstbauern anzukaufen. Allerdings sind diese Pläne ins Stocken geraten, weil die Umsetzung in die Praxis eben länger als nur vier Monate dauert. So war der anfangs angekündigte Termin im April 2014 wohl reines Wunschdenken. Auch die kurze Zeit favorisierte Variante, staatlich angebautes Cannabis aus Kanada zu importieren, bis man den Anbau selbst im Griff hat, wurde schnell wieder verworfen. Die Gretchenfrage, wo denn die vielen Tonnen Gras, das der Staat ab Dezember verkaufen möchte, denn herkommen sollen, bleibt weiterhin offen. Momentan wird über den Anbau auf Militärgelände spekuliert, weil dort keine zusätzlichen Kosten für die Sicherung der Felder entstünden.
Die Regelungen des Gesetzes im Detail:
- Jede/r über 18 darf bis zu 10 Gramm Cannabis pro Woche in der Apotheke kaufen
- Der Grammpreis liegt bei 1 US-Dollar/Gramm
- Der Staat organisiert und überwacht den kommerziellen Cannabis-Anbau sowie den Verkauf
- Kein Verkauf von Cannabisprodukten mit einem Wirkstoffgehalt von mehr als 15%
- Der private Anbau von bis zu sechs Pflanzen ist legal
- Der private Anbau beinhaltet eine legale Vorratshaltung von einem Pfund Hanfblüten (453 Gramm)
- Cannabis Social Clubs sind legal, dürfen jedoch nicht mehr als 45 Mitglieder und 99 Pflanzen haben
- Touristen dürfen kein Cannabis kaufen
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