Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages zum Grünen Cannabiskontrollgesetz am 16.03.2016

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Stellungnahme des DHV zur Änderung des KCanG bzgl. Anbauclubs

Am Montag (03.06.2024) findet eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zu einer geplanten Änderung des Cannabisgesetzes statt. Es geht dabei um Verschärfungen der Regelungen für Anbauvereine. Damit soll eine sogenannte Protokollerklärung von Gesundheitsminister Lauterbach umgesetzt werden, die er vor der Abstimmung über das CanG im Bundesrat abgegeben hat.

Auf der Homepage des Bundestages ist der Entwurf für die Gesetzesänderung und die Liste der Sachverständigen zu sehen. Auch die noch zu erwartenden Stellungnahmen werden dort noch eingefügt.

Die Sitzung findet voraussichtlich von 13:30 bis 14:30 Uhr statt und wird hier live übertragen.

Georg Wurth wird für den DHV bei der Anhörung dabei sein. Hier dokumentieren wir seine Stellungnahme in voller Länge:

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinalcannabisgesetzes, BT-Drucksache 20/11366

Einige der vorliegenden Änderungsvorschläge werden dazu führen, dass weniger Anbauvereine gegründet werden und somit ein größerer Schwarzmarktanteil verbleiben wird, ohne dass die Vorschläge reale Vorteile mit sich bringen. Von folgenden Änderungen raten wir ab:

Verbot gebündelter Dienstleistungen

Zu den größten Hürden beim Aufbau eines Anbauvereins gehören die hohen Investitionskosten. Fachleute rechnen mit weit über 100.000 Euro an notwendigen Investitionen in Technik und sonstige Ausstattung bei Indoor-Anbau für 500 regelmäßig konsumierende Vereinsmitglieder. Es gibt nicht viele überzeugende Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen. Die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder können versuchen, für den Verein einen sechsstelligen Kredit aufzunehmen. Oder die einzelnen Mitglieder müssen eine Anmeldegebühr im vierstelligen Bereich einbringen. Beides sind wenig attraktive Modelle, die den Aufbau der Anbauvereine erheblich ausbremsen. Eine viel attraktivere Möglichkeit ist es, einen voll ausgestatteten Anbauraum zu mieten oder zu leasen. So kann die nötige Startinvestition über einen längeren Zeitraum auf Mitgliedsbeiträge bzw. auf den Verkaufspreis umgelegt werden. Neben der Lösung des Problems mit dem Startkapital hat dieser Weg außerdem den Vorteil, dass für die Ehrenamtler der Vereine der Managementaufwand auf ein Minimum reduziert wird. Der Anbau selbst kann wie vorgesehen vollständig nicht-kommerziell von den Mitgliedern des Vereins erledigt werden.

Ohne die Möglichkeit gebündelter Angebote müssten die Vereine viele verschiedene Verträge mit Lieferanten und Dienstleistern selbst aushandeln und vorfinanzieren. Manche Vereine werden diesen Weg bevorzugen, wenn sie sich die Investition leisten können und sich das notwendige Micro-Management zutrauen. Andere werden davor zurückschrecken und schlicht auf die Gründung eines Anbauvereins verzichten oder mit wenigen Mitgliedern und kleinem Anbau starten. Insofern stärkt das Verbot der gebündelten Dienstleistungen den Schwarzmarkt.

Die Nachteile dieses Verbots sind also offensichtlich. Das Ziel, wirtschaftliche, „kommerzielle“ Aktivitäten im Vorfeld des Anbaus zu verhindern, erscheint dagegen fragwürdig. Zunächst ist dieses Ziel selbst in Frage zu stellen, da es aus europarechtlicher Sicht unproblematisch ist, solange es nicht unmittelbar um den Anbau selbst geht. Von daher gibt es gar keinen Grund, vom üblichen Ziel abzuweichen, wirtschaftliche Aktivitäten und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Das Ziel, wirtschaftliche Aktivität im Umfeld der Anbauvereine zu verhindern, wird aber auch gar nicht erreicht durch das Verbot der Bündelung. Schließlich sind die Vereine ohnehin auf diverse externe Vertragspartner angewiesen. Sie brauchen Lieferanten für Technik und Ausstattung, Vermieter, Strom, Wärme, Beratung, Software, Samen, Elektriker etc., man könnte die Liste noch lange fortsetzen. Was daran „nicht-kommerziell“ und irgendwie besser sein soll, wenn die Vereine diese Dienstleistung und Lieferungen gezwungenermaßen alle einzeln anstatt gebündelt kaufen, erschließt sich nicht.

Unter dem Strich wird hier eine vollkommen sinnlose Hürde für die Vereine aufgebaut.

Verbot der Bündelung verschiedener Tätigkeiten bei Angestellten der Vereine

Ein so großes Projekt wie einen Anbauverein für 500 Mitglieder ehrenamtlich zu stemmen, ist eine große Herausforderung und wird in vielen Fällen scheitern. Es könnte sehr hilfreich sein, wenigstens eine Person zu haben, die sich Vollzeit auf das Projekt konzentrieren kann und „den Laden am Laufen hält“. Die Vereine werden sich keine Vielzahl an Angestellten leisten können und jemanden z.B. ausschließlich als Geschäftsführer einzustellen. Nach aktueller Rechtslage können die Vereine dieses Problem lösen, indem eine Vollzeit angestellte Person diverse Tätigkeiten verschiedener Bereiche erledigt: Verträge, Kommunikation, Mitgliederverwaltung, Buchhaltung, Koordination der Beteiligung der Mitglieder bei Anbau und Ausgabe von Cannabis, Meldungen an Behörden, Transport, Hausmeister-Arbeiten.

Auch hier erschließt sich nicht, welchen Sinn es haben soll, unterschiedliche Tätigkeiten aus verschiedenen Bereichen zwangsweise auf mehrere Teilzeit-Beschäftigte aufzuteilen, die Vereinsarbeit dann nur nebenbei erledigen, so dass am Ende möglicherweise niemand genug Durchblick und Zeit hat, den Verein stabil zu halten. Natürlich ist auch hier die Bündelung von Tätigkeiten zur Finanzierung einer hauptverantwortlichen Person nur eine von mehreren Optionen. Aber diese Option grundsätzlich zu verbieten, hat nichts damit zu tun, „Kommerz“ zu verhindern.

Verbot der Ansiedlung mehrerer Anbauvereine am gleichen Standort

Auch hier erschließt sich der Sinn dieser Einschränkung nicht, aber der Nachteil für die Anbauvereine ist offensichtlich. Dass diese Entscheidung den zuständigen Behörden mit vollem Ermessensspielraum überlassen wird, zeigt schon, dass die Einschränkung im Sinne des EU-Rechts nicht notwendig ist, weil dieses nur den Anbau selbst betrifft und nicht irgendwelche Vorbereitungsmaßnahmen oder Standort-Fragen eines nicht-kommerziellen Anbaus. Die Suche nach Standorten ist für Anbauvereine ohnehin schwierig durch die ebenfalls wenig sinnvollen vorgeschriebenen Abstände zu diversen Gebäuden. In urbanen Gebieten gibt es dadurch nur wenige Standorte, die in Frage kommen. Eine Bündelung von Vereinen an solchen Standorten ist also eine sinnvolle Option. Außerdem können sich dadurch Synergieeffekte ergeben. Das Verbot einer solchen Bündelung ist weder europarechtlich geboten noch ist die Verteilung auf mehrere auseinander liegende Standorte weniger „kommerziell“.

Nicht geringe Menge THC

In unserer Stellungnahme zum Kabinettsentwurf haben wir vorgeschlagen, auf den Verbrechenstatbestand per „nicht geringe Menge“ zu verzichten. Da diese Menge im Gesetzestext nicht konkret benannt wurde, war außerdem zu befürchten, dass die Gerichte am nicht mehr zeitgemäßen Wert von 7,5 Gramm THC festhalten werden, wenn man ihnen die Entscheidung überlässt. Mittlerweile gab es zwei Entscheidungen des BGH, die das Votum des Gesetzgebers im Begleittext ignoriert haben, dass die Definition der Menge per Gericht erhöht werden müsse. Nun sollte der Bundestag die nicht geringe Menge Cannabis selbst festlegen und mit Blick auf die legalen Besitzmengen erheblich höher ansetzen, wenn er schon unbedingt daran festhalten will.

Im Übrigen wird auch die weiterhin nicht definierte „geringe Menge“ nach § 35a KCanG die Gerichte beschäftigen bzw. wie gehabt zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen in den Bundesländern führen.

Wir könnten noch viele sinnvolle Änderungen des CanG vorschlagen, jetzt wo die erste Änderungsrunde eingeläutet wurde. Aber in Bezug auf die nicht geringe Menge hat der BGH mit seinen Urteilen neue Tatsachen geschaffen. Es besteht akuter Handlungsbedarf.

Georg Wurth
DHV-Geschäftsführer

Erklärung zu etwaigen finanziellen Interessenverknüpfungen in Bezug auf den Gegenstand der Beratungen: Das Budget des Deutschen Hanfverbands wird zu ca. 85 Prozent finanziert durch Mitgliedsbeiträge und Spenden von privaten Legalisierungsbefürwortern und zu ca. 15 Prozent von Sponsoren aus der Hanfbranche.


Kommentare

7 Antworten zu „Stellungnahme des DHV zur Änderung des KCanG bzgl. Anbauclubs“

  1. Ich möchte den CSC Berlin mit unterstützen bin dort auch Mitglied geworden , kann da eine Zusammenarbeit mit dem Hanfverband geschehen? ich will mich da einbringen in Zusammenhang mit der kontrollierten Legalisierung .
    Zum entstehen lassen eines CSC werden die Schwierigkeiten mehr werden darum sollten wir erst einmal einen richtig entstehen lassen und dann immer weiter besser machen. Steine werden wohl immer wieder uns in den weg geworfen werden.

  2. Pepe

    Ich schließe mich Alsdorfer Lunte e.V. an und halte die Stellungnahme für etwas unausgegoren. Vielleicht stecke ich nicht in dem Thema ausreichend drinnen, aber bei mir macht es nicht klick, wenn ich das lese. Den Entscheidern muss man doch etwas leicht Verdauliches vorlegen.

  3. Tanja

    Tatsächlich finde ich persönlich das gar nicht verkehrt das solche ” Farmen” nicht existieren sollen. Alleine schon wegen der Dokumentation des Transports und was dazu gehört. Bei solchen Farmen ist es halt am Ende so, dass diese den ” Profit” einfahren. Und auch würden nach meiner Meinung diese Farmen nicht dazu beitragen den Schwarzmarkt auszurotten. Da die Abnahmekosten schon zu hoch sind und der Verein jeweils nochmal selbstkosten aufschlagen muss, da die Kosten sich nicht nur rein auf den Anbau beziehen.
    Ordentlich durchkalkuliert kann das auch ohne solche Farmen funktionieren . Gerade weil die am Ende einfach immens kostenintensiv sind (haben selbst schon mal angefragt und uns dagegen entschieden). Etwas Geld muss man schon in die Hand nehmen oder eben die Gebühren bei Aufnahme oder ähnlichen höher ansetzen, specials im Vorverkauf oder ähnliches um auf den Betrag zu kommen den man braucht.
    Als Grüne im Herzen kann ich nichts verwerfliches daran finden den Kommerz weitestgehend ausgrenzen zu wollen. Zudem war schon zur Gesetzesgebung klar, das diese Form so nicht kommen wird, konnte man sich schon drauf einstellen

    1. André

      Dann warte mal ab. Das riesen Geschäft werden die großen Firmen schon machen. Ein ehemaliger Studienkollege arbeitet für ein großes Pharmaunternehmen, die bauen den Hanf in Dänemark an. Das wird so wie immer laufen, sobald die richtigen Leute ihr Geld verdienen, dann wird der Markt geöffnet. Habe gehört in Leipzig bauen die gerade eine zwei Fußballfelder große Halle, mit staatlicher Förderung, für den Anbau für Cannabis…

  4. Die Stellungnahme ist nicht sonderlich gut geworden.

    1) Anmeldegebühr ist dadurch nicht vierstellig, sondern dreistellig. 100.000/500 = 200 und selbst wenn wir eher mit 250.000€ rechnen für die 500 Mann, dann sind wir immernoch bei 500€.

    2) Die DAG/Growhubs mögen Europarechtlich unproblematisch sein, aber es ging bei der Legalisierung auch um den nicht kommerziellen Anbau von Cannabis. Diese Betreiber sind kommerziell. Sie sind zwar nicht die Cannabis-Vereine, aber in seiner Gesamtheit wird es nicht unkommerziell, nur weil Mitglieder eines Clubs dort anbauen. Selbst wenn die Clubs zum Selbstkostenpreis abgeben wurde der Profit durch die Growhubs schon abgetragen. Kommerz hat also in der Produktionskette stattgefunden.

    3) Verbot der Bündelung von Dienstleistungen ist natürlich nicht zielführend, aber insbesondere, weil es auf Personen abzielt und man juristische Personen nach belieben errichten kann. Es ist also sowieso nicht adequat um überhaupt das zu stoppen, was es verbieten will.

    4) Offerierst du keine Alternative. Die schnellste Alternative den Kommerz zu unterbinden wäre eine Erlaubnisrelevanz von einem vorliegenden realistischen Selbstkostenpreis und eine Bindung der Clubs auch für diesen abzugeben.

    Das hast du vielleicht nicht mitbekommen, aber ich hab’ mit genug anderen Cannabis Club Vorständen gesprochen und da geht es um monatliche 5-stellige Gehälter für sie. Konstrukte ein zusätzliches Gewerbe zu machen und dem eigenen Club das Anbauequipment zu leasen usw usf.

    Bei der Frage ob etwas Kommerz ist oder nicht muss man die gesamte Kostenkette betrachten – wenn man es ehrlich macht. Viele Clubs planen mit einem Abgabepreis der deutlich über dem Schwarzmarkt und höher als viele Sorten in der Apotheke ist. Da muss man ansetzen und dann wird es für die Goldgräber auch schnell uninteressant.

    1. Simon Kraushaar

      All die von dir geschilderten Sachverhalte sind richtig, aber wer zwingt einen eigentlich in eine solche Anbauvereinigung einzutreten? Niemand. Graswurzel-DIY Vereine nach der reinen Lehre sind natürlich gut aber viele Menschen wollen eigentlich in ein Geschäft gehen und Gras kaufen. Diese ganze Vereinsmeierei ist nicht für jeden etwas. Die “Kommerz-Klubs” bieten ein Ersatzangebot bis die Geschäfte realisiert werden. Das kann man aufgrund der CSC-Lehre schlecht finden, insgesamt ist es aber gut, wenn dadurch mehr legales Cannabis verfügbar ist. Und wenn die Preisschraube zu stark angezogen wird, werden die Leute diese Kommerz-Vereine wieder verlassen und z.B. in die günstigere Apotheke gehen. Im Endeffekt entsteht gerade bereits ein sehr diverser legaler Markt in Deutschland und auf diesem Markt stehen die verschiedenen Modelle in Konkurrenz zu einander. Und es wird bestimmt genug Menschen geben, die auch Lust auf einen echten CSC samt Mitgestaltung und Mitarbeit haben. Grüße Simon

  5. André

    Wir sind gerade in Gründung eines CSC. So wie die Gesetzeslage jetzt ist, wird sie weder den Schwarzmarkt trocken legen, noch bezweifle ich das je ein Club eine Anbaugenehmigung erhält. Das ist alles ganz großer Murks und wird so nicht funktionieren, leider.

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