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Stellungnahme des DHV zum Gesetzentwurf gegen Telemedizin

Gesundheitsministerin Warken hat einen Referentenentwurf für eine Änderung des MedCanG vorgelegt, mit dem die Verschreibung von Cannabis auf Telemedizin-Plattformen sowie der Online-Versand von medizinischem Cannabis verboten werden sollen.

Den Referentenentwurf hat LTO hier veröffentlicht.

Im Folgenden veröffentlichen wir die Stellungnahme des DHV vom 01.08.2025 in voller Länge:

Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMG vom 18.06.2025 bzgl. Änderung des MedCanG

Der Gesetzentwurf sieht erhebliche Einschränkungen für Telemedizin und ein Verbot des Online-Versands von medizinischen Cannabisblüten vor:

  • Keine Online-Verschreibung von Cannabisblüten mehr, Rezepte nur noch von Ärzten vor Ort, bei Folgerezepten alle vier Quartale erneutes Vorsprechen bei Ärzten vor Ort
  • Versand von Cannabisblüten nicht mehr möglich, nur noch Abholung vor Ort in einer Apotheke

Rückschritt in vordigitale Zeiten

Die telemedizinische Verschreibung von Cannabismedikamenten und der Online-Versand waren auch schon vor dem MedCanG “in BtMG-Zeiten” möglich. Die geplanten Änderungen würden uns quasi beim Thema Cannabismedizin in vordigitale Zeiten zurückkatapultieren, während die Bundesregierung ansonsten beim erheblichen Rückstand in Sachen Digitalisierung aufholen will. Das fühlt sich nicht nur für Bürger und Patienten in Deutschland anachronistisch an, sondern dürfte auch im Ausland für Kopfschütteln sorgen. Kein Online-Versand von (Cannabis-)Medikamenten? Alles persönlich abholen? In Kanada und den USA wird man das kaum glauben können. Das erinnert an die Stärke der Apothekerlobby wie in Deutschland.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Diese Änderungen würden für einige Unternehmen der neuen, aufstrebenden Branche erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen und insbesondere auf Cannabis spezialisierten Online-Apotheken mit entsprechenden Arbeitsplatzverlusten die Geschäftsgrundlage entziehen.

Blüten vs. Extrakte?

Es erschließt sich nicht, warum die geplanten Regelungen nur für Cannabisblüten, aber nicht für Extrakte mit deutlich höherer THC-Konzentration gelten sollen. In der Begründung wird lediglich ausgeführt, dass der Import von Blüten erheblich zugenommen habe. Es liegt allerdings nahe, dass auch der Import von Extrakten vom ersten zum zweiten Halbjahr 2024 erheblich zugenommen haben dürfte. Dazu nennt das BMG aber keine Zahlen. Auch beim BfArM ist keine Information zur Entwicklung bei den Extrakten zu finden. Außerdem ist unklar, ob und in welchem Umfang nach der Einfuhr von Cannabisblüten innerhalb Deutschlands daraus Extrakte hergestellt und vertrieben werden. 

Ohne die Daten zur Einfuhr von Extrakten und Verarbeitung von Blüten zu Extrakten innerhalb Deutschlands ist eine objektive Betrachtung nicht möglich und eine einseitige Einschränkung für Blüten nicht nachvollziehbar. Wir sehen seit Jahren eine einseitig negative Darstellung der Blüten im Vergleich zu anderen Cannabismedikamenten, weil sie dem traditionellen Genussmittel Cannabis ähneln, obwohl die Blüten durch einfache Inhalation durchaus auch in der medizinischen Anwendung ihre Berechtigung haben.

Grundsätzlich war es zu erwarten, dass nach Inkrafttreten des MedCanG erheblich mehr Cannabismedikamente verschrieben und importiert werden. Aus unserer Sicht ist das im Sinne der Patientenversorgung und auch im Sinne der Verdrängung des Schwarzmarktes eine positive Entwicklung und kein Anlass für Alarmismus.

Auswirkungen für Patienten

Es war immer schon eines der größten Probleme für Patienten, Ärzte zu finden, die bereit waren, über eine Cannabisverschreibung überhaupt nachzudenken. Vielfach haben wir von verzweifelten Patienten gehört, die reihenweise Arztpraxen in ihrer Stadt abtelefoniert haben und überall eine Absage bekommen haben. Letztlich hat das für viele zum Gang auf den Schwarzmarkt geführt.

Daran hat sich auch nach Inkrafttreten des MedCanG nicht viel geändert. Immer noch haben viele Ärzte keinerlei Erfahrung oder Bereitschaft, Cannabis zu verschreiben. Ihnen fehlt einfach das Wissen bezüglich der Anwendung. Teilweise lehnen sie die Verschreibung aus ideologischen Gründen und wegen Fehlinformationen ab. Manche denken, man könne Cannabis nur für sehr schwerwiegende Krankheiten verschreiben, manche wissen gar nicht, dass dies auch auf Privatrezept möglich ist und ohne zuvor mit allen möglichen anderen Medikamenten austherapiert zu sein. Sie haben von hohen Regressansprüchen von Krankenkassen gegenüber Cannabis verschreibenden Ärzten gehört und fürchten, ebenfalls in diese Falle zu geraten. 

Insbesondere vor der ersten Verschreibung von Cannabis müssen Ärzte einen erheblichen Rechercheaufwand betreiben, da Cannabis eine außerordentlich große Anwendungsbreite hat und dazu noch extrem viele unterschiedliche Blüten- und Extraktsorten auf dem Markt sind, die tatsächlich eine unterschiedliche Wirkung entfalten. Dieser hohe Rechercheaufwand wird den Ärzten nicht entsprechend vergütet, so dass viele lieber die Finger davon lassen.

In dieser Situation war die zunehmende Verbreitung der Telemedizin ein Segen für viele Patienten, jedenfalls für diejenigen, die eine gewisse Online-Affinität mitbringen. Wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung vielen Patienten, die sich bisher notgedrungen auf dem Schwarzmarkt versorgen mussten, endlich einen legalen Zugang zu ihrer Medizin verschafft hat. Ein großer Teil des Zuwachses an Rezepten dürfte darauf zurückzuführen sein. 

Umgekehrt dürfte eine Abschaffung der Telemedizin für Cannabis wieder zu verstärktem Ärztehopping bei den Hausarztpraxen führen, die ohnehin chronisch überlastet sind, und zu einer erhöhten Nachfrage von Patienten auf dem Schwarzmarkt. Anderen dürfte die Gesetzesänderung den Zugang zu ihrer Medizin wieder vollständig entziehen. 

Spezialisierung notwendig

Wegen der Zurückhaltung der Hausärzte und ihres mangelnden Wissens über Cannabismedizin scheint eine Spezialisierung notwendig, wie sie bei Online-Plattformen und spezialisierten Versandapotheken möglich ist. Dort tätige Ärzte befassen sich sehr viel intensiver mit der Anwendung von medizinischem Cannabis und den vielen verschiedenen Sorten. Das gleiche gilt für die Versandapotheken.

Bei Hausärzten ist es oft so, dass die Patienten bereits viel recherchiert und teilweise schon positive Erfahrungen mit der Anwendung von Cannabis gemacht haben, so dass sie sich besser damit auskennen als die Ärzte selbst. Auch normale Apotheker dürften kaum in der Lage sein, tiefergehend über hunderte verschiedene Blütensorten und Extrakte zu informieren. Anders sieht das aus, wenn sich Ärzte und Apotheker auf das Thema spezialisieren, wie es bei Telemedizin und Online-Apotheken möglich ist.

Da sich viele Patienten bereits sehr gut auskennen, halten wir nicht bei jeder Verschreibung von Cannabis einen persönlichen Arztkontakt für notwendig. Falls dies politisch aber unbedingt gewünscht ist, sehen wir keinen Mehrwert darin, dass diese Arztkontakte ausschließlich in stationären Arztpraxen stattfinden müssen, zumal sich die persönlichen Hausärzte wie erläutert mit Cannabis häufig kaum auskennen. Insofern sollte die Online-Beratung und -verschreibung auf jeden Fall als Möglichkeit beibehalten werden.

Zwang zur stationären Apotheke ist zusätzliche Belastung 

Dass Cannabis ausschließlich in stationären Apotheken erhältlich sein soll, ist eine Belastung insbesondere für mobilitätseingeschränkte Patienten und im ländlichen Raum. Da Standard-Apotheken die verschriebene Cannabissorte üblicherweise nicht vorrätig haben dürften, ist in der Regel sogar für jedes Rezept mit zwei Apothekenbesuchen zu rechnen, einmal bestellen und einmal abholen. Das führt zu Belastungen für die Patienten, ggf. auch finanziell, und hat umweltschädliche Auswirkungen durch zusätzliche Fahrten.

Bessere Erstattung durch Krankenkassen notwendig

Dass die Zahl der Privatrezepte erheblich stärker angestiegen ist als die der Kassenrezepte, sieht die Bundesregierung als Anlass, die Verschreibungen per Privatrezept zu reduzieren. Aus unserer Sicht ist genau der umgekehrte Schluss angezeigt: Dieses Ungleichgewicht deutet auf die immer noch sehr strengen Regeln für die Erstattung durch die Krankenkassen hin – und auf die immer noch aktuelle und nachvollziehbare Angst von Ärzten vor Regressforderungen durch die Kassen.

Viele Patienten mit weniger schwerwiegenden Erkrankungen oder mit Erkrankungen, die  die Krankenkassen üblicherweise nicht akzeptieren für eine Cannabistherapie, haben keine Chance auf ein Kassenrezept, obwohl sie durch Cannabis eine positive medizinische Wirkung erfahren. Andere Patienten zahlen lieber selbst, anstatt bei einer Anwendung von Cannabis gegen Schmerzen zunächst diverse andere Arzneimittel ausprobieren zu müssen, darunter auch Opiate. 

Aus unserer Sicht ist es deshalb notwendig, die Erstattung von Cannabismedikamenten durch die gesetzlichen Krankenkassen zu verbessern.

Einschränkung nur für Cannabis?

Wenn solche Regelungen ausschließlich für Cannabis gelten sollen, erweckt das eher den Eindruck einer fortgesetzten Diskriminierung als einer sinnvollen Regulierung.

Auswirkungen für Konsumenten 

Auch wir gehen davon aus, dass ein Teil der zusätzlichen Privatrezepte seit dem MedCanG an Konsumenten geht, die Cannabis nicht in erster Linie aus medizinischen Gründen konsumieren, sondern als Genussmittel. Wie groß dieser Anteil am Zuwachs der Verschreibungen ist, ist allerdings nicht verifizierbar. 

Diese Frage ist offensichtlich nach entsprechender öffentlicher Debatte der Auslöser für diesen vorgelegten Referentenentwurf, auch wenn dies nicht ausdrücklich als Grund genannt wird. 

Auch wir halten Rezepte vom Arzt und Vertrieb über Apotheken nicht für den angemessenen Weg für die Versorgung von Cannabiskonsumenten. Aber angesichts mangelnder anderweitiger legaler Bezugswege ist es auch nicht verwunderlich, dass einige Konsumenten auf diese Art der Versorgung zurückgreifen. Nicht jeder hat die Möglichkeit, Cannabis selbst anzubauen. Erst recht hat nicht jeder die Möglichkeit, einem Anbauverein vor Ort beizutreten. Was dann bleibt, ist die Wahl zwischen Telemedizin und Schwarzmarkt. Und bei dieser Auswahl halten wir den Vertrieb über Apotheken immer noch für besser als den über den Schwarzmarkt. Das ist besser für alle Beteiligten, den Staat, die Wirtschaft, die Konsumenten. 

Wer an dieser Tendenz etwas ändern will, sollte nicht die Versorgung der Patienten verschlechtern, sondern die Versorgung der Konsumenten verbessern.

Fachgeschäfte und bessere Bedingungen für Anbauvereine

Zur legalen Versorgung der Konsumenten und um den Schwarzmarkt weiter zurückzudrängen, müssen wir endlich vorwärts kommen bei der Einführung von Cannabis-Fachgeschäften. Bei der BLE liegen Anträge von Städten wie Frankfurt, Hannover und Berlin auf EU-konforme Modellprojekte für kommunale Cannabis-Abgabe vor. Es wird Zeit, hier den nächsten Schritt zu gehen.

Gleichzeitig müssen die Bemühungen auf EU-Ebene intensiviert werden, die Rahmenbedingungen für die flächendeckende Regulierung des Marktes und damit die legale Versorgung von Cannabiskonsumenten zu schaffen.

Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie die Anbauvereine einerseits durch eine typisch deutsche bürokratische Überregulierung ausgebremst werden und wie andererseits kommunale und Landesbehörden Unklarheiten nutzen, um den Vereinen die Betriebsgenehmigung durch unerreichbare eigene Vorgaben oder durch baurechtliche Tricks zu verweigern. Hier besteht an vielen Stellen dringender Verbesserungsbedarf. 

Um nur ein Beispiel zu nennen, das sich im Zusammenhang mit der Telemedizin aufdrängt: Den Vereinen ist es nicht gestattet, Cannabis an Mitglieder auf dem Postweg zuzustellen, auch nicht mit persönlicher Übergabe, was ihnen einen erheblichen Wettbewerbsnachteil verschafft. Potenzielle Mitglieder, die relativ weit entfernt von der Abgabestelle wohnen, greifen so eher auf den Schwarzmarkt oder eben auf eine Online-Apotheke zurück. 

Wer gesunde Cannabiskonsumenten nicht auf dem Schwarzmarkt und auch nicht in der Apotheke sehen will, muss für konkurrenzfähige und flächendeckende Alternativen sorgen. 

Maßnahme zur Stärkung des Schwarzmarktes

Die Zunahme des per Rezept verschriebenen Cannabis wird nach aktuellen Daten eine Größenordnung von ca. 100 Tonnen Cannabis pro Jahr bzw. einer Milliarde Euro Umsatz  erreichen, ca. ein Viertel des gesamten Schwarzmarktes. Ein großer Teil davon droht auf den Schwarzmarkt zurückgeworfen zu werden, wenn das Gesetz wie geplant und ohne alternative legale Bezugswege für Cannabis verabschiedet wird. 

Das Problem ist nicht der “Missbrauch” von Online-Plattformen, sondern das Fehlen von Cannabis-Fachgeschäften. Wenn es die gäbe, wären normale Konsumenten auf medizinischen Plattformen kaum noch ein Thema.

Transparenz

Der Deutsche Hanfverband versteht sich seit der Gründung des Branchenverbandes der Cannabiswirtschaft (BvCW) im Sinne einer Bürgerrechtsbewegung ausschließlich als Interessenvertretung privater Legalisierungsbefürworter und Cannabiskonsumenten. Diese machen mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen ca. 80 Prozent unseres Budgets aus. Der Rest kommt von den verbliebenen Firmensponsoren, denen wir Werbeleistungen anbieten, aber keinerlei Lobbyarbeit oder sonstige branchenspezifische Dienstleistungen. Dies teilen wir interessierten Firmen auf unserer entsprechenden Informations- und Anmeldeseite auch so mit: “Wenn du dich für branchenspezifische Leistungen wie Beratung, Vernetzung oder Lobbyarbeit für bestimmte Marktregulierungen interessierst, beachte auch unseren Partner Branchenverband Cannabiswirschaft e.V.” Unter den Firmen, die unsere Arbeit dennoch unterstützen, sind auch einige Telemedizin-Anbieter, darunter auch unsere aktuell zwei Diamantsponsoren. Solche Firmen tragen mit ca. fünf Prozent zum Budget des DHV bei. Im Vergleich zu den Beiträgen privater Unterstützer, deren Interessen wir vertreten, sind die Beiträge dieser Unternehmen für die Aufrechterhaltung unseres Geschäftsbetriebs nicht notwendig.


Kommentare

15 Antworten zu „Stellungnahme des DHV zum Gesetzentwurf gegen Telemedizin“

  1. Bruno

    Das ist eine großartige Übersicht mit allen wesentlichen Argumenten!
    Hier ist eine Petition an den Bundestag, in der jeder ein kleines Zeichen für die Beibehaltung der Cannabisgesetzgebung leisten kann:
    https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2025/_07/_17/Petition_184070.html

  2. Der Gesetzentwurf von Gesundheitsministerin Warken, der die telemedizinische Verschreibung und den Online-Versand von medizinischem Cannabis verbieten soll, ist ein klarer Rückschritt. Er schränkt nicht nur die Versorgung von Patienten unnötig ein, sondern zeigt auch, dass die Politik die digitale Realität und die Bedürfnisse der Bürger ignoriert.

  3. Harald

    Als Patient(Krankenkasse) begrüße ich den Zuwachs an Telemedizin mit Privatrezepten, weil durch den hohen Umsatz auch die Verfügbarkeit und Sortenauswahl erheblich gestiegen ist. Ebenso wie die Bezugsmöglichkeiten über spezialisierte Versandapotheken !
    Nicht zu vergessen sind die um bis zu 75% gefallenen Preise für Medizinisches Cannabis
    (vorher 25-35€/g jetzt 6-12€/g) auch für die Krankenkassen.

    Bei einer Einschränkung der Telemedizin befürchte ich eine Reduzierung dieser Effekte und eine eingeschränkte/unzureichende Versorgungslage für langjährige Patienten, wie vor der Teillegalisierung.

  4. Tom

    Ich bin auch Autist
    Und mir hilft Cannabis auch sehr gut .
    Die Telemedizin und der Versand durch Apotheken ist für mich auch sehr hilfreich.

  5. Andreas

    Die persönliche Abholung vor Ort wird zum Glück nicht notwendig sein. Es wird lediglich der Postversand verboten. Die meisten Apotheken bieten jedoch auch Botenlieferung nach Hause an. Es muss also nicht zwangsläufig persönlich vor Ort abgeholt werdem.

    Ich denke in den größeren Städten werden die auf medizinisches Cannabis spezialisierten Apotheken ihren Lieferdienst entsprechend erweitern. Und auch auf dem Land wird der Lieferdienst häufig angeboten.

    Der Teil ist also nicht ganz so dramatisch wie angenommen. Insgesamt ist die Entwicklung jedoch ein Armutszeugnis für dieses Land.

    Apotheken haben übrigens einen Kontrahierungszwang. Wer ein Rezept hat, muss auch versorgt werden. Da darf sich keine Apotheke verweigern.

  6. Es ist mit Sorge zu beobachten, dass der Deutsche Hanfverband (DHV) in seiner Stellungnahme vom 01.08.2025 den Erhalt telemedizinischer Verschreibungswege für medizinisches Cannabis ausdrücklich befürwortet.

    Zwar ist nachvollziehbar, dass Patientinnen und Patienten durch Telemedizin einen niedrigschwelligen Zugang zu Cannabis-Medikation erhalten. In der Praxis führt dieses Modell jedoch dazu, dass eine Vielzahl von Personen, die lediglich einen Vorwand – etwa unspezifische Beschwerden oder vermeintliche ADHS-Symptome – anführen, mit hochpreisigen Cannabismedikamenten versorgt wird, deren Kosten im Ergebnis häufig von der Solidargemeinschaft getragen werden.

    Dies geschieht nicht primär im Interesse schwerkranker Patientinnen und Patienten, sondern eröffnet ein Geschäftsmodell für Anbieter wie Dr. Ansay & Co. sowie andere Telemedizin-Plattformen, die aus den gesetzlichen Spielräumen erhebliche Gewinne generieren. Damit werden in erster Linie ökonomische Interessen auf dem Rücken vulnerabler Verbraucher und der Steuerzahler bedient.

    Besonders problematisch ist, dass gleichzeitig die Cannabis Social Clubs (CSC), die einen gemeinschaftlich orientierten, nicht-kommerziellen und ausdrücklich legalen Zugang zu Cannabis schaffen sollen, durch eine überbordende Regulierung massiv eingeschränkt werden. Während CSCs an bau- und verwaltungsrechtlichen Hürden scheitern, profitieren Telemedizin-Unternehmen und Versandapotheken von einer faktischen Bevorzugung.

    Es ist daher befremdlich, dass der DHV sich in dieser Debatte faktisch an die Seite kommerzieller Telemedizinunternehmen stellt, anstatt klar für die Stärkung von gemeinwohlorientierten Strukturen wie den Cannabis Social Clubs einzutreten. Eine solche Positionierung wirft Fragen nach der Ausrichtung und Unabhängigkeit des Verbandes auf.

    Aus meiner Sicht ist klarzustellen: Die nachhaltige und faire Regulierung des Cannabismarktes darf nicht primär durch Schlupflöcher im medizinischen Bereich erfolgen, die letztlich den Schwarzmarkt lediglich durch einen „grauen Markt“ ersetzen. Vielmehr bedarf es konsequenter Förderung transparenter, legaler und gemeinwohlorientierter Strukturen – und einer klaren Absage an Geschäftsmodelle, die aus der Notlage Betroffener Kapital schlagen.

    1. Simon Kraushaar

      „In der Praxis führt dieses Modell jedoch dazu, dass eine Vielzahl von Personen, die lediglich einen Vorwand – etwa unspezifische Beschwerden oder vermeintliche ADHS-Symptome – anführen, mit hochpreisigen Cannabismedikamenten versorgt wird, deren Kosten im Ergebnis häufig von der Solidargemeinschaft getragen werden.“ – es handelt sich zu 99% um Selbstzahler (Privatrezepte) bei telemedizinischer Verschreibung. Es entstehen keine Kosten für die Solidargemeinschaft. Besonders in der Mobilität eingeschränkte Menschen profitieren von telemedizinscher Verschreibung und dem Versand von medizinischem Cannabis. Ein Verbot träfe diese vulnerable Gruppe am meisten.

      CSC sollten zudem keine medizinische Versorgung übernehmen, sondern die Genusskonsumenten bedienen. Wir fordern in der Stellungnahme explizit bessere Bedingungen für CSCs und Fachgeschäfte. Hast du die Stellungnahme überhaupt gelesen?

      Simon

    2. Martin Stauffer

      Es ist eher mit Sorge zu betrachten, dass die CDU-Gesundheitsministerin durch diesen restriktiven Gesetzentwurf versucht die Uhren zurückzudrehen und Konsumenten (sowohl Patienten wie auch Genusskonsumenten) damit wieder in die Illegalität zu drängen.

      Die unbelegt Behauptung, dass angeblichen hohen Kosten für die Solidargemeinschaft entstehen würden, ist absoluter Quatsch. In der Stellungnahme des DHV wird sogar explizit auf die „immer noch sehr strengen Regeln für die Erstattung durch die Krankenkassen“ hingewiesen.

      Im Gegenteil ist diese Hohe Zahl an Privatrezepten eher ein Indiz dafür, dass es wie von DHV hingewiesen beim CanG noch deutliche Defizite gibt und dringend eine gangbare Regelung für Fachgeschäfte gefunden werden muss.

      Sie behaupten, dass sich der DHV sich nicht für die Stärkung von gemeinwohlorientierten Strukturen wie Cannabis Social Clubs einsetzt, woran machen Sie Ihre Aussage fest? Ihr Behauptung ist faktisch falsch, denn im Gegenteil dazu wie Sie versuchen es hier darzustellen, schließt das eine das andere nicht aus. Mitnichten wirft dies Fragen nach der Ausrichtung und Unabhängigkeit des Verbandes auf.

      Beste Grüße

    3. Cypher

      Sehe ich leider genauso, mit dem aktuellen Modell werden die CSC‘s kaum entstehen und alles geht an die großen kapitalistischen Unternehmen welche sich unglaubliche Gewinne einverleiben…

      Sind wir doch ehrlich, die meisten online Apotheken haben nicht mal Kopfschmerztabletten im Sortiment. Diese Internet Seiten sind einfach nur schnell entstanden, um die Grauzone zu nutzen und so schnell wie möglich so viel wie möglich Geld zu genieren bis die Politik die GrauZone schließt. Das ist diesen Internet Firmen alles bereits bewusst gewesen, wo die eröffnet wurden.

      Jeder der hier behauptet es würde nicht um Geld gehen, sondern um Patientenversorgung bei der Xten schnell erstellten Verkaufsplattform, der verdrängt doch die Realität die diese „Unternehmen“ und ihre Besitzer nunmal antreibt – $$$ –

      Und jeder der sagt dort melden sich mit kurzen Fragebogen nur Patienten an, die Hilfe nötig haben, und nicht auch mind. 50% davon Genussraucher sind. Ich weis ja nicht; geht mal raus und unterhaltet euch mit den konsumierenden Menschen. Zum Beispiel am Spätie um die Ecke, ich lege meine Hand dafür ins Feuer dass ihr eure Meinung schnell wieder ändert.
      Warum sollten die Genussraucher diese Möglichkeit der Blüten Beschaffung nicht nutzen, da es ja keinerlei Hürden gibt.

      Ich bin der Meinung, ein online Fragebogen – am besten noch zum ankreuzen – ist nicht in Ordnung.
      Und da sind meine Bauchschmerzen schon sehr groß, mal einer Meinung mit der CDU Vertretung zu sein.

  7. Jenny

    Hallo, ich kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Ich kiff seit über 40 Jahren und ich hab immer gearbeitet und meinen Beitrag geleistet. Für mich ist der Feierabendjoint, wie ein Glas Rotwein am Abend. Wobei der Wein hier wohl die gefährlichere Droge ist. IMHO

  8. Thomas Gross

    bestens

  9. Vielen Dank für eure wahren Worte und euren Einsatz!

    Ein extra Danke für die Unterscheidung zwischen Fragebogen Rezept ohne Arztkontakt und einer ärztlichen Therapie per Videogespräch. Leider wird die Telemedizin zu oft undifferenziert betrachtet.

    Ich betreue einen Teil meiner chronisch-kranken Patienten bereits seit 2 Jahren (BtmG!) – diese Versorgung wäre mit dem aktuellen Gesetzesentwurf starken Einschränkungen unterworfen.

    Hoffen wir das die Vernunft am Ende siegt 🙏

  10. Jürgen Methner

    Hervorragende Stellungnahme!
    Seit ich (übrigens) von meinem Hausarzt ein privates Rezept bekomme, nutze ich die einfache und sichere online Bestellung bei der glücklicherweise steigenden Anzahl der Anbieter. Vorher habe ich im Monat 2 Packungen Tilidin N3 verschrieben bekommen. Das konnte ich zum Vorteil meiner Krankenkasse nun ganz weglassen. Hat mir eh nur Nebenwirkungen eingebracht. Ein komplett überflüssiger Gesetzentwurf, der es einmal mehr zeigt dass die Damen und Herren Politiker der CDU-CSU in diesen Angelegenheiten keinerlei Expertise mitbringen und weniger noch Weitsicht !!!

  11. Joe

    Klasse zusammengefaßt! Prima, weiter so. Wie gern ich jeden Monat für eure Top-Leistung Förderbeitrag zahle!

    1. Jonathan

      Ich hoffe sehr das das Gesetz nicht so geändert wird. Mir hilft cannabis sehr bei meiner reizfilterschwäche die ich als Autist habe

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