Die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge und Dirk Heidenblut stellten am Mittwoch auf Instagram ein lang erwartetes internes Eckpunktepapier der SPD zur künftigen Legalisierung vor.
Bei dem vorgestellten Papier handelt es sich um eine Positionierung der an der Legalisierung beteiligten Berichterstatter aus den jeweiligen Ausschüssen. Es wurde nicht durch die gesamte Bundestagsfraktion beschlossen. Dennoch sind die präsentierten, aber leider nicht veröffentlichten Eckpunkte die bisher klarste Positionierung seitens der SPD in der politischen Debatte zur Legalisierung.
Mit Spannung wurde vor allem eine Aussage zum Eigenanbau erwartet. Die SPD hatte sich im Unterschied zu ihren Koalitionspartnern bisher nicht eindeutig positioniert. Die beiden Politiker verkündeten, dass man sich sowohl für den privaten als auch den gemeinschaftlichen Anbau in Cannabis Clubs ausspricht. Heidenblut verdeutlichte, dass er im besonderen Maße den gemeinschaftlichen, nicht kommerziellen Anbau für fördernswert erachtet. Denn dort sei eine höhere soziale Kontrolle vorhanden und zudem könne ein sinnvoller Jugendschutz gewährleistet werden. Daher könnten in Cannabis Clubs auch weniger Beschränkungen, z.B. in Hinblick auf die Pflanzenanzahl gelten, als dies beim privaten Anbau zu Hause der Fall sein sollte. Zudem fördern laut Heidenblut Cannabis Clubs eine soziale und solidarische Gemeinschaft.
Keine THC- Grenzwerte, aber gute Aufklärung und Beratung
Gegen etwaige THC-Obergrenzen, wie sie von einigen Vertretern aus dem Gesundheitsbereich gefordert wurden, bezogen die beiden Politiker klar Stellung und unterstrichen, dass dies nie eine Überlegung innerhalb der SPD gewesen sei. Vielmehr müsse sichergestellt werden, dass auf den zukünftigen Produkten der THC-Gehalt klar deklariert ist und beim Verkauf in den Fachgeschäften eine bestmögliche Beratung und gegebenenfalls auch Aufklärung stattfindet. Dies könne beim Onlinehandel nicht einwandfrei gewährleistet werden. Daher wurde dieser Vertriebsform seitens der SPD eine klare Absage erteilt.
In Bezug auf Edibles, also essbare Cannabisprodukte, wird es von der SPD keine Widerstände geben. Allerdings müsse laut Wegge dem Kinderschutz gesondert Rechnung getragen werden, indem eine kindersichere Verpackung für entsprechende Produkte vorgeschrieben werden sollte.
Fachgeschäfte oder Apotheken?
Wenn es nach der SPD geht, lautet die Antwort hier: beide. Die SPD hat grundsätzlich keine Einwände gegen eine Abgabe von Genusscannabis in Apotheken. Allerdings nannte Heidenblut einige Bedingungen dafür. Einerseits müssen die Apotheken ebenfalls eine Lizenz für den Verkauf von Genusscannabis erwerben und zudem auch alle Anforderungen des Jugendschutzes erfüllen. Besonders im Hinblick auf eine Zugangsbeschränkung für Minderjährige würde dies eine räumliche Trennung vom übrigen Kundenbereich in den Apotheken erfordern. Eine generelle Absage an Apotheken als Verkaufsorte will man aber anscheinend nicht erteilen, auch um den Zugang zu Cannabis im ländlichen Raum zu garantieren. Zudem werde auch in den Apotheken eine entsprechende Schulung oder Weiterbildung des Verkaufspersonals erwartet.
Um eine bestmögliche Beratung bei der Abgabe zu garantieren, plant die SPD verpflichtende Schulungen für Cannabisverkaufspersonal. Eine mehrjährige Ausbildung sei hierfür jedoch nicht notwendig.
Weiterhin sprachen sich beide für die Schaffung von Konsummöglichkeiten vor Ort aus. Allerdings sollte kein “doppelter Drogenkonsum” möglich sein und daher ein gleichzeitiger Ausschank von Alkohol unterbunden werden, wie es z.B. auch in den Niederlanden üblich ist.
Weitere rechtliche Regelungen
In puncto THC-Grenzwerte für die Teilnahme am Straßenverkehr und weitere Fragen rund um den Führerschein sieht die SPD den Koalitionspartner FDP, insbesondere deren Verkehrsminister Volker Wissing, in der Pflicht. Die dringend erforderlichen Neuregelungen fallen in sein Ressort und sollten bereits jetzt gesondert auf den Weg gebracht werden. Nur falls der Verkehrsminister keinerlei Aktivität zeige, könnte auch die Führerscheinfrage im Gesamtpaket des Legalisierungsgesetzes mitbehandelt werden.
Weiterhin werde eine Obergrenze für den Besitz in der Öffentlichkeit definiert. Eine genaue Zahl wurde nicht bekannt gegeben. Allerdings sprach Heidenblut von Mengen zwischen 30 und 50 Gramm. Geringfügige Verstöße gegen diese Obergrenze sollen zudem in Zukunft nur noch als Ordnungswidrigkeit behandelt und aus dem Strafrecht herausgenommen werden. Strafrechtlich relevant soll nach Maßgabe der SPD künftig nur der illegale Handel mit Cannabis bleiben.
Zudem müsse die Pflanze Cannabis wohl aus Anlage 1 BtMG herausgenommen werden. Allerdings seien hier auch noch Abwägungen in Bezug auf Cannabis als Medizin zu tätigen. Weiterhin stellt sich auch die Frage, was eine Herausnahme von Cannabis aus dem BtMG für den landwirtschaftlichen Anbau von Hanf als Nutzpflanze bedeutet und ob damit vielleicht sogar der unpraktische Grenzwert für Nutzhanf neu geregelt wird? Die genaue Abgrenzung zwischen Hanf als Nutzpflanze und Genussmittel dürfte spannend werden. Denn der Anbau des Genusscannabis soll auch in Deutschland stattfinden und deutlich weniger gesetzliche Anforderungen erfüllen müssen, als dies im Medizinalbereich der Fall ist. Zudem sollen Importe das Warenangebot auf dem hiesigen Markt ergänzen.
Führerschein
In puncto THC-Grenzwerte für die Teilnahme am Straßenverkehr und weitere Fragen rund um den Führerschein sieht die SPD den Koalitionspartner FDP, insbesondere deren Verkehrsminister Volker Wissing, in der Pflicht. Die dringend erforderlichen Neuregelungen fallen in sein Ressort und sollten bereits jetzt gesondert auf den Weg gebracht werden. Nur falls der Verkehrsminister keinerlei Aktivität zeige, könnte auch die Führerscheinfrage im Gesamtpaket des Legalisierungsgesetzes mitbehandelt werden.
Der Zeitplan für die Legalisierung
Hier soll möglichst der ausgegebene Fahrplan des Bundesgesundheitsministerium (BMG) eingehalten werden. Zunächst stellt das BMG unter der Federführung des Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert im Oktober ein Eckpunktepapier vor. Anschließend folgt ein Gesetzentwurf Ende Dezember. Anfang nächsten Jahres soll dieser dann in die parlamentarische Debatte und spätestens vor der Sommerpause 2023 zur Abstimmung im Bundestag. Im Falle einer Verabschiedung und einer Bestätigung durch den Bundesrat würde die Entkriminalisierung augenblicklich gelten. Auch der Eigenanbau würde mit der Verabschiedung des Gesetzes unverzüglich legal sein. Für den Aufbau der neuen Genussmittelbranche samt Produktion, Vertrieb und Verkauf in den Fachgeschäften würde allerdings noch mindestens ein halbes Jahr ins Land gehen.
Für eine erfolgreiche Legalisierung bedarf es wahrscheinlich auch der Zustimmung des Bundesrates. Die CDU, welche zur Zeit die Mehrheit im Bundesrat innehat, lehnt eine Cannabislegalisierung bisher strikt ab. Allerdings wäre die Entkriminalisierung und die Freigabe des Eigenanbaus von dieser Zustimmungspflicht nicht betroffen. Insofern bleibt es fraglich, ob die CDU als “Law and Order”-Partei wirklich ihre Blockadehaltung aufrechterhält und damit eine vollumfängliche Regulierung verhindert.
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