|

Schweizer Hanfinitiative – Chancen nutzen, Drogenpolitik aktiv gestalten


Meldung des DHV vom 21. 11. 2008

Wenn die Schweizer am 30.11.2008 über die Neuordnung des helvetischen Cannabisrechts entscheiden dürfen, schauen Millionen Europäer mit Hoffnung auf die Alpenrepublik.
Immerhin entscheiden die wahlberechtigten Eidgenossen über nicht weniger als eine Legalisierung des Konsums, Besitzes und Anbaus von Hanf als Rauschmittel.

Plakat der Hanfinitiative Plakat der Hanfinitiative

Ob es der Volksinitiative “Für eine vernünftige Hanf-Politk mit wirksamem Jugendschutz” indes gelingt, die Mehrheit der Schweizer davon zu überzeugen, dass ein legaler Hanfmarkt viele Probleme der Prohibitionspolitik quasi über Nacht lösen würde, steht auf Messers Schneide.

Umfrage sieht Cannabisgegner knapp vorne

Im Rahmen einer repräsentativen Befragung des Forschungsinstituts gfs.bern gaben Anfang November rund 50 Prozent der Befragten an, dass sie “nein” oder “eher nein” zur Initiative sagen würden. Lediglich 38 Prozent antworteten mit “ja” oder “eher ja” (Fehlerbereich +/-2,9 Prozent).

Zitat aus der SF Tagesschau vom 19.11.2008

Die Meinungen zum legalen Kiffen werden klar entlang des Links-rechts-Spektrums gebildet. Am klarsten gegen das Volksbegehren sind die SVP-Sympathisanten (70 Prozent Nein), es folgen FDP (59 Prozent Nein) und CVP (54 Prozent Nein). SP und Grüne stimmen der Vorlage mit 52 bzw. 64 Prozent zu. Zitat aus der SF Tagesschau vom 19.11.2008

Hoffnung macht den Befürwortern der Hanfinitiative die geringe erwartete Wahlbeteiligung von nur 41 Prozent. Sie hoffen darauf, dass anteilig deutlich mehr Befürworter als Initiativgegner ihre Stimme abgeben.

Hanf-Initiative will weitgehende Entkriminalisierung

Das besondere an der eidgenössischen Demokratie ist die Möglichkeit der Schweizer, selbst Gesetzesinitiativen vorzuschlagen und die Regierung per Volksentscheid zur Umsetzung zu zwingen.
Damit ein Vorschlag zur Abstimmung kommt, müssen sich mindestens 100.000 Wahlberechtigte für eine Abstimmung aussprechen.

Auch die Unterstützer der Hanfinitiative gingen auf die Straße und sammelten in der Zeit von Juni 2004 bis Januar 2006 mehr als 106.000 Unterschriften.

Nun dürfen die Schweizer entscheiden, ob die Bundesverfassung um einen Artikel 105a ergänzt wird.

Initiativtext “Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz”

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 105a (neu) Hanf

  1. Der Konsum psychoaktiver Substanzen der Hanfpflanze sowie ihr Besitz und Erwerb für den Eigenbedarf sind straffrei.
  2. Der Anbau von psychoaktivem Hanf für den Eigenbedarf ist straffrei.
  3. Der Bund erlässt Vorschriften über Anbau, Herstellung, Ein- und Ausfuhr von sowie Handel mit psychoaktiven Substanzen der Hanfpflanze.
  4. Der Bund stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass dem Jugendschutz angemessen Rechnung getragen wird. Werbung für psychoaktive Substanzen der Hanfpflanze sowie Werbung für den Umgang mit diesen Substanzen sind verboten.

Text der Volksinitative “Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz”

Annahme der Revision des Betäubungsmittelgesetzes erwartet

Selbst wenn die weitgehenden Forderungen der Hanfinitiative am Wahltag scheitern sollten, wird die Schweiz am 30. November höchstwahrscheinlich drogenpolitische Geschichte schreiben.
Die Wähler werden auf ihrem Stimmzettel nämlich zwei Vorschläge für ein neues Drogenstrafrecht finden.

Die ebenfalls zur Abstimmung stehende Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetMG), der die Meinungsforscher eine deutliche Zustimmung voraussagen, soll zweierlei leisten.

FDP-Ständerat und Präventivmediziner Felix Gutzwiller FDP-Ständerat Felix Gutzwiller

Wichtigste Neuregelung ist die gesetzliche Verankerung der Echtstoffabgabe von Heroin an Schwerstabhängige. Bisher läuft die Betreuung von rund 1300 langjährigen, schwer drogenabhängigen Patienten im Rahmen einer befristeten Dringlichkeitsentscheidung, die jedoch Ende 2009 ausläuft.

Scheitert die Revision, befürchten Suchtexperten quer durch alle politischen Gruppen ein Wiederaufblühen des illegalen Heroinhandels, einen markanten Anstieg der Beschaffungskriminalität und die Verwahrlosung von Kosumierenden so der Zürcher FDP-Ständerat und Präventivmediziner Felix Gutzwiller.

Parlamentarier wollen Cannabis als Medizin im BetMG verankern

Die wichtigsten Gründe für die Annahme der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes

  • Das Vier-Säulen Prinzip der Schweizer Drogenpolitik soll Eingang ins Gesetz finden. Es steht für eine ausgewogene, umfassende und erfolgreiche Drogen- und Suchtpolitik.
  • Die heroingestützte Behandlung, die sich als Therapieform für schwersüchtige Heroinabhängige als erfolgreich erwiesen hat, wird definitiv im Betäubungsmittelgesetz aufgenommen.
  • Die medizinische Anwendung von Cannabis wird ermöglicht. Heute besteht ein absolutes Verbot, Medikamente auf Hanfbasis verwenden zu können. Dabei bringt die Behandlung mit Hanf-Medikamenten vielen Patienten und Patientinnen Linderung.

Auszug aus dem Argumentarium des Schweizer Bundesamts für Gesundheit

Während die Festschreibung der 4-Säulen-Politik lediglich die bereits praktizierte Politik “legalisieren” soll, wären die Neuregelungen zu Heroinabgabe und Cannabis als Medizin echte Fortschritte.

Bisher ist es Schweizer Ärzten nicht möglich, Kranke mit natürlichem Cannabis zu behandeln. Selbst bei schwerstkranken Tumorpatienten ist für die Verwendung von Dronabinol eine Bewilligung durch das Bundesamt für Gesundheit nötig.

Zukünftig könnten Ärzte deutlich leichter zur Cannabismedizin greifen.

Zweimal “Ja” für eine vernünfige Drogenpolitik

Stimmzettel zu Hanfinitiative und BetMG-Revision

Die beiden unterschiedlichen Anträge haben für einige Verwirrung gesorgt. Teilweise wurde sogar verbreitet, dass man die BetMG-Revision ablehnen müsse, um die Hanfinitiative nicht zu gefährden.

Dabei haben die unterschiedlichen Anträge keinen Einfluss aufeinander.

Der DHV empfiehlt allen Schweizern, beide Anträge mit einem “Ja” zu unterstützen und fordert zu reger Beteiligung auf.

Mehr zum Thema

  • SF Tagesschau vom 19.11.2008 “Offenes Rennen um AHV-Initiative”
  • Aktuell gültige Fassung des Betäubungsmittelgesetzes (BetMG) der Schweiz
  • Diskussion über die anstehende Abstimmung im Schweizer Fernsehen “Drogenpolitik: Polemik um Sucht, Therapie und Abstinenz”
  • Im Internet werben Initiativgegner und Befürworter der Hanfinitiative um Unterstützung.

{Nachtrag vom 29.07.2010: Die Seite der Initiativgegner ist offline}


Kommentare

Eine Antwort zu „Schweizer Hanfinitiative – Chancen nutzen, Drogenpolitik aktiv gestalten“

  1. Finn Ehrat

    Man sollte sich an Beispielen
    Man sollte sich an Beispielen wie den USA ein Beispiel nehmen. Und eine Legalisierung bewilligen. Man sieht ja auch an unseren Nachbarn in Holland, dass diese nur wegen cannabis, auch auf lange Sicht, keine gesundheitlichen Nachteile aus ihrer Drogenpolitik ziehen.
    Warum sind so viele immer noch überzeugt, cannabis so strickt abzulehnen. Ich sehe keine Nachteile, so lange es nur für Erwachsene freigegeben wird. Persönlich konsumiere ich keine thc haltigen cannabis Produkte bin aber trotzdem ein starker befürworter!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert