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Säule 2 im Anmarsch – regionale Modellprojekte zur Cannabisabgabe in Fachgeschäften

Lange wurde gerätselt, ob nach dem Cannabisgesetz (CanG) zur Entkriminalisierung der Konsumenten und des Eigenanbaus das Versprechen für “Säule 2” von der Bundesregierung noch eingelöst wird – und ob es dafür ein eigenes Gesetz braucht. Nun legt ein Entwurf für eine “KCanWV” nahe, dass die Modellprojekte im Rahmen des bestehenden CanG realisiert werden sollen.

Konkret liegt uns ein Entwurf für eine Verordnung zur Stellungnahme vor. Kein Witz, das Ding heißt “Konsumcannabis-Wissenschafts-Zuständigkeitsverordnung (KCanWV)”.

Der einzige relevante Inhalt der Verordnung ist die Bestimmung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zur zuständigen Behörde nach § 2 (4) Konsumcannabisgesetz (KCanG). Dieser Paragraph wurde vor der Verabschiedung noch in das KCanG eingebaut. Er war im Kabinettsentwurf noch nicht enthalten und kann als “Forschungsklausel” interpretiert werden. Er klingt auch sehr ähnlich wie der Forschungsparagraph im BtMG (§ 3 BtMG).

Wer Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken besitzen, anbauen, herstellen, einführen, ausführen, erwerben, entgegennehmen, abgeben, weitergeben, Cannabinoide aus der Cannabispflanze extrahieren oder mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken Handel treiben will, bedarf einer Erlaubnis. […] Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft legt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die für die Erteilung der Erlaubnis nach Satz 1 und die für die Überwachung sowie für die Durchführung der in den Sätzen 3 bis 5 genannten Regelungen zuständige Bundesbehörde fest.

§ 2 (4) KCanG

Die Tatsache, dass dieser Paragraph noch in das KCanG eingefügt wurde, ließ es möglich erscheinen, dass es gar kein weiteres Gesetzesvorhaben für Säule 2 geben könnte, sondern dass die geplanten regionalen Modellprojekte auch über diesen Forschungsparagraphen laufen könnten. Legale Bezugsmöglichkeiten für Cannabis und die Verdrängung des Schwarzmarktes gehören zu den drängendsten Fragen in der öffentlichen Debatte. Nun möchte die Bundesregierung relativ schnell die zuständige Behörde nach § 2 (4) KCanG bestimmen, während keinerlei Bewegung bezüglich eines Gesetzesvorhabens für Säule 2 erkennbar ist. Das spricht sehr dafür, dass es tatsächlich ohne ein weiteres Gesetz vorwärts gehen soll.

BLE vs BfArM

Die Bestimmung der BLE als zuständige Behörde haben wir in unserer Stellungnahme begrüßt. Für Modellprojekte nach § 3 BtMG ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuständig, das alle früheren Anträge für Cannabis-Modellprojekte abgelehnt hat. Das BLE für zuständig zu erklären, könnte ein Zeichen für den nötigen pragmatischen Umgang mit den Modellprojekten sein. Das BLE ist außerdem eine untergeordnete Behörde des Landwirtschaftsministeriums und untersteht somit dem legalize-freundlichen Minister Cem Özdemir, während das BfArM eine Behörde des Gesundheitsministeriums ist.

Der größte Vorteil liegt allerdings darin, dass es so kein weiteres kompliziertes Gesetzesvorhaben braucht, das lange dauern würde und wieder diverse Hürden überwinden müsste. Auf diese Weise können möglicherweise schon in wenigen Monaten Anträge für Modellprojekte eingereicht und genehmigt werden. So könnte es noch während der aktuellen Legislaturperiode zumindest in einigen Städten Cannabis-Fachgeschäfte für Erwachsene geben.

Dass dieser Ansatz dem BLE einen großen Ermessensspielraum bei der Genehmigung der Projekte und bei den Detailvoraussetzungen für eine Genehmigung gibt, ist gleichzeitig ein Vorteil und ein Nachteil, je nachdem, wer an der Regierung und wer Landwirtschaftsminister ist. Derzeit ist das eine sehr simple Lösung, um schnell vorwärts zu kommen. Wenn nach der Wahl eine CDU-geführte Regierung an die Macht kommen sollte, wäre es für sie allerdings auch recht einfach, keine (weiteren) Modellprojekte zu genehmigen, ohne ein Gesetz rückabwickeln zu müssen.

Ein positive Überraschung ist dieser “move” auch deshalb, weil viele gar nicht mehr damit gerechnet hatten, dass überhaupt noch etwas in diese Richtung passiert in dieser Legislaturperiode. Nun könnte die KCanWV bereits im Mai oder Juni in Kraft treten. Interessierte Kommunen und Unternehmen können schonmal anfangen, ihre Anträge zu formulieren!


Kommentare

30 Antworten zu „Säule 2 im Anmarsch – regionale Modellprojekte zur Cannabisabgabe in Fachgeschäften“

  1. Heiermann

    Hi
    Wenn jemand der einen verantwortungsvollen Regierungsposten zum Wohle des Volkes inne hat und eine Legalisierung von Cannabis verhindern will ,
    damit den Jugendschutz unterbindet und kriminelle Dealer weiterhin unterstützt, haben in einer Regierungsverantwortung nicht verloren.
    Es ist genauso kriminell nicht gegen Dealer vorzugehen und Jugendliche
    mit gepanschten Drogen ihrem Schicksal zu überlassen.
    Unverantwortlich und skrupellos vor allen Dingen aus den reihen der CDU/CSU.
    Was für ein Dreckshaufen , nur keine Veränderungen die den Menschen und nicht nur der Industrie hilft.
    Ich kann nur schwer hoffen , das Die nicht mehr so schnell an die Regierung kommen. 16 Jahre Merkel haben Deutschland zur Bananenrepublik verkommen lassen.
    Schöne Grüße von H.H.

    1. robert

      selten sonen dreck gelesen. wenn man cannabis nicht legalisiert unterstützt man also dealer? das heißt, wer crystal und heroin nicht legalisiert auch? versteh mich nicht falsch ich befürworte die legalisierung.

      1. Simon Kraushaar

        Natürlich gilt die Logik auch für alle anderen illegalisierten Substanzen! Ohne einen legalen und regulierten Zugang zu Methamphetamin beispielsweise wird es wahrscheinlich auch zukünftig einen Schwarzmarkt samt all der Gefahren geben, die der Schwarzmarkt nun mal mitbringt (Verunreinigungen, stark schwankende Wirkstoffgehalte, Gewalt etc). Ob legaler Zugang immer offener Verkauf und Bewerbung von Substanzen bedeuten sollte, steht natürlich auf einem anderen Blatt!

      2. Jam

        Korrekt. So ist es. Prohibition führt grundsätzlich nicht zu weniger Konsum. Prohibition ist grundsätzlich die unterlegene Herangehensweise denn Sie zeigt keinerlei der gewünschte Wirkung

      3. Markus S.

        Diese Logik würde nur dann greifen, wenn Cannabis ebenso zerstörerisch wie Heroin wäre – doch das ist schlichtweg nicht der Fall. Cannabis und Heroin sind nicht vergleichbar, weder in ihren Auswirkungen noch in ihrem Abhängigkeitspotenzial. Während Heroin eine extrem gefährliche Substanz ist, die schnell zu starker körperlicher und psychischer Abhängigkeit führt, ist Cannabis weit weniger schädlich. Viele Studien zeigen, dass es bei moderatem Konsum selten zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden kommt.

        Die Legalisierung von Cannabis zielt darauf ab, den Konsum sicherer zu gestalten und den Schwarzmarkt auszutrocknen, wodurch jugendliche Konsumenten besser geschützt und die Qualität des Produkts kontrolliert werden kann. Gleichzeitig entlastet es Polizei und Justiz, die sich dann auf schwerwiegendere Delikte, wie den Handel mit wirklich gefährlichen Drogen, konzentrieren können.

        Ein Vergleich mit Heroin oder anderen härteren Drogen führt die Diskussion in die falsche Richtung. Hier geht es um eine differenzierte Betrachtung, die den Schutz der Bürger in den Vordergrund stellt – und nicht darum, gefährliche Substanzen zu verharmlosen.

  2. GG_Leben

    Hoffentlich kommt dis alles schnell ins Rollen.
    Ich bin ja weiterhin gezwungen, bei Bedarf, den Schwarzmarkt zu unterstützen. Bekommt man ja sonst nirgends was 😀

  3. Sarkus Möder

    Jaaaa Servus,

    bei uns in Bayern werd es keine so komischen Experimente geben. Mann kann doch ned einfach tausende Menschen mit Drogen versorgen. De Leid solln ein Bier trinken. Des is gesund. Stelln Sie sich mal vor plötzlich wäre der ganze englische Garten voll mit diesen langhaarigen Bombenlegern die dann auch noch überall Haschen. Nein Nein. Wie würds den ausschauen am Oktoberfest wenn da plötzlich alle Drogen nehmen würden. Da sind doch auch kleine Kinder. Des wäre ja absolut unverantwortlich.

    Wir in Bayern machen des nicht mit.

    1. Söder

      1 Bayern gehört nicht zu Deutschland 2 auf das Oktoberfest will keiner 3 Alkohol und Kinder ist verantwortungslos 4 Bier ist nicht gesund .

    2. Johny

      Auf dem Oktoberfest liegen jährlich wie viele Schnapsleichen? Noch eine interessante Frage dazu: wie viele Schritte schafft man vom Eingang ohne in Kotze zu latschen? Kiffen vor den Kindern ist nicht unbedingt das wahre aber Alkohol ist denke ich doch noch ne Ecke schlimmer wenn man daran denkt dass selbst ein 3 jähriger Erwachsener wirkt als ein Betrunkener.

    3. Anonymous

      Alkohol ist gut für die Gehirnentwicklung! Vor allem für 16 Jährige. Deshalb ist der Jugendschutz bei Alkohol auch nicht so wichtig!

      1. Anonymous

        Bester Kommentar,
        Ich finde die Biertrinker bzw. Alkoholkonsumenten immer so geil mit ihren Parolen!
        Mich würde mal interrssieren was die sagen würden wenn von heute auf morgen kein Bier mehr legal wäre und sie nur noch kiffen dürften…
        Ich wette, dann wären mindestens 50 prozent der Heuchler auch dabei !

    4. Anonymous

      Alkohol ist auch eine Droge. Vielleicht beschäftigst dich mal anständig mit dem Thema.

    5. Anonymous

      Ach is das herrlich. Die Schnapsleichen, die überall hinkotzen und sich gegenseitig einen vor die Mütze hauen sollen sich die Kinder ruhig anschauen. Diese Doppelmoral ist einfach so herrlich.

  4. Tom

    Mich würde interessieren, wieso der DHV die Verordnung derartig interpretiert.

    Aus meiner Sicht wird hiermit lediglich eine Regelungslücke geschlossen, da der Anbau von Hanf zu wissenschaftlichen, nicht-medizinischen Zwecken im CanG (bzw. MedCanG) nicht reguliert ist. Dementsprechend möchte man den Anbau von Hanf im Kontext nicht-medizinischer Forschung (bspw. Landwirtschaft, Agrarinstitute…) durch diese Rechtsverordnung ermöglichen…

    1. Simon Kraushaar

      Es wird keine Regelungslücke geschlossen. Alle Regelungen sind bereits im CanG in § 2 (4) enthalten aber es fehlte noch die verantwortliche Behörde. Unter diesen Regelungen ist zudem nicht nur der Anbau zu wissenschaftlichen Zwecken erwähnt sondern ebenfalls “besitzen, anbauen, herstellen, einführen, ausführen,
      erwerben, entgegennehmen, abgeben, weitergeben, Cannabinoide aus der Cannabispflanze extrahieren oder mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken Handel treiben will”. Das klingt doch sehr nach Modellprojekten.

      1. Tom

        Die zusätzliche Insertion der unterschiedlichen Umgangsarten im KCanG nach erfolgten Kabinettsbeschluss war erforderlich, weil diese Tätigkeiten nach MedCanG aufgrund einer nicht-medizinischen Zwecksetzung NICHT genehmigungsfähig gewesen wären. Das MedCanG definiert in den entsprechenden Definitions-Paragraphen lediglich medizinisch-wissenschaftliche Forschungs- oder Verwendungszwecke. Dementsprechend hätte – ohne entsprechende Ergänzung – keine Erlaubnis für nicht medizinische Forschung mit Cannabis erteilt werden können.

        Dieser Sachverhalt wurde übrigens auch von MdB öffentlich kundgetan und erläutert, Seil auch mir zunächst unklar war, warum diese Passage ergänzt wurde.

        LG
        Tom

  5. Das ist doch mal eine gute Nachricht. Gibtces schon Vorlagen für den Antrag beim BLE

  6. Der Ben

    Ich bin vorsichtig begeistert und auch ein wenig beeindruckt……
    Bin gespannt was in Bayern alles genehmigt wird.

    Da ich Niedersachse bin sehr ich dem aber einigermaßen entspannt mit positiver Vorfreude entgegen

  7. Barbara walter

    Was in Holland geht…warum nicht bei uns? Ok es is NL auch nicht alles green

  8. Carl

    Brot, Kuchen, Erfrischungsgetränke und Gummibärchen mit Canna sind tatsächlich überfällig. Vor allem die grünen, die roten schmecken auch so.

  9. Double D

    Ein Gesetzesmonster würde für die Zukunft und für Regierungswechsel keine schnellen Kehrtwenden zulassen. Dennoch lese ich erfreut über den weniger bürokratischen Weg.

    Eine spätere Verankerung im Gesetz zu begrüße ich trotzdem, damit willkürliche Entscheidungen nicht noch befeuert werden und wie gesagt eine Kehrtwende so schnell nicht umgesetzt werden könnte.

  10. Anonymous

    Ich fürchte in Bayern wird die Umsetzung schwierig… Das dürfte den Schwarzmarkt befördern …

  11. Manuel Schmidt

    Heißt das das auch coffee shops eröffnet werden können?

    1. FLX

      Wie kann man das bitte alles so DUMM gestalten wenn eine Stadt ausgewählt worden wäre hätte sich diese Vorbereiten können aber nein ….. schön bürokratisch!

    2. FraFra

      Nein, coffeeshops wird es sicher nicht geben. Vielleicht eher Mokkaabgabestellen, oder so ähnlich.

    3. Mika Raspovic

      Ja. Aber NOCH besser weil das Gras vom Staat / legalen Firmen kommt. (Wie z.B. DeMeCan 🤤)

  12. Adem-Davud Demir

    Sehr geehrte Damen und Herren, sehr gerne möchte ich an diesem Flugprojekt teilnehmen, bestehen bereits Muster Vorlagen für den Antrag KCanWV?

    Ich bitte um Rückmeldung

    Viele Grüße

    Biggi`s socialclub Heidenheim

    Vorstand: Adem-Davud Demir

  13. Sehr geehrte Damen und Herren,

    Wir haben ihren Artikel “Säule 2 im Anmarsch – regionale Modellprojekte zur Cannabisabgabe in Fachgeschäften” gelesen, darunter haben Sie folgenden Satz geschrieben.

    Nun könnte die KCanWV bereits im Mai oder Juni in Kraft treten. Interessierte Kommunen und Unternehmen können schonmal anfangen, ihre Anträge zu formulieren!

    Unsere Frage : Wo kann man sich eintragen lassen & welche weitere Portale (Informationen) müssen wir ständig im Blick halten ?

    Vielen Dank !

  14. Mboup

    Free .

  15. FraFra

    Dies ist eine erfrischend gute Nachricht! Pragmatismus, ist hier sehr zu begrüßen.
    Ich hatte tatsächlich mit einem weiteren Gesetzesmonster gerechnet.

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