Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler kündigte im Interview mit der Welt an, dass die Regierung noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf zur Kostenübernahme für Cannabis durch die Krankenkassen in den Bundestag einbringen wird. Damit folgt sie scheinbar einer alten Forderung des Hanfverbands und des Selbsthilfenetzwerks Cannabis als Medizin.
Ob sie damit wirklich medizinische Cannabisblüten meint, oder nur präparierte Arzneimittel wie Sativex oder Dronabinol, ist bisher nicht eindeutig klar. Die bisherigen Statements sind sehr vage gehalten, niemand sollte sich zu früh freuen. Der DHV hat telefonisch beim Büro der Drogenbeauftragten nachgefragt, ob sich die aktuelle Ankündigung nur auf Präparate wie Sativex und Dronabinol, oder auch auf natürliche Cannabisblüten beziehen soll. Der Sprecher erklärte, diese Details würden erst im Laufe des Jahres gemeinsam mit dem Gesetzesentwurf festgelegt.
Wenn es zukünftig wirklich eine Kostenübernahme für medizinische Cannabisblüten geben sollte, wäre dies auf jeden Fall ein wichtiger Schritt hin zu einer ordentlichen medizinischen Versorgung der Patienten in Deutschland. Allerdings sollte sich die Bundesregierung dann auch fragen, ob der Anbau des Cannabis nicht besser direkt in Deutschland stattfinden sollte, um die Kosten für die Allgemeinheit zu senken. Momentan werden Cannabisblüten von der Firma Bedrocan aus den Niederlanden importiert, und in Deutschland zu Preisen zwischen 15€ und 25€ pro Gramm an die Patienten abgegeben.
Einigen Patienten würde aber auch eine Kostenübernahme nicht wirklich weiterhelfen. Die Firma Bedrocan bietet momentan ausschließlich 4 verschiedene Sorten an, und kann die hohe Nachfrage in ganz Europa kaum bedienen. So kommt es immer wieder zu Lieferengpässen. Viele Cannabispatienten schwören auch auf ganz spezielle Cannabissorten. Es gibt nämlich hunderte, wenn nicht tausende verschiedene Sorten mit unterschiedlichen Wirkstoffkompositionen und dementsprechend unterschiedlichen medizinischen Wirkungen. Daher wird die Forderung nach legalem Eigenanbau für Patienten in Zukunft weiter ein zentraler Aspekt unserer Arbeit sein.
Seitdem 2006 das Verfassungsgericht entschieden hatte, dass die Versorgung von Patienten mit einem notwendigen Medikament durchaus im öffentlichen Interesse liegt, und daher das Bundesinstitut für Arzneimittelrecht und Medizinprodukte (BfArM) im Jahr 2008 anfing, entsprechende Anträge auf die Verwendung von medizinischem Cannabis zu genehmigen, leiden alle Patienten, die nicht mit einer prall gefüllten Brieftasche gesegnet sind, unter mangelnder Versorgung und hohen Kosten. Trotz unzähliger juristischer Klagen und einer klar positiven Haltung der deutschen Bevölkerung, wies das Bundesgesundheitsministerium das ihm unterstellte BfArM an, Anträge auf Eigenanbau von Cannabis weiter konsequent abzulehnen. Mit Verweis auf die finanzielle Notlage der Patienten hatte ein Kölner Gericht letztes Jahr einigen Patienten das Recht auf Eigenanbau zugesprochen. Auch hiergegen hat die Bundesregierung Widerspruch eingelegt.
Georg Wurth, Vorsitzender des Deutschen Hanfverbands:
Kaum zu glauben, dass die Regierung jetzt ein Herz für Cannabispatienten entdeckt hat. Der Verdacht liegt nahe, dass mit der Erstattung durch die Krankenkassen der Eigenanbau verhindert werden soll. Die Erstattung durch die Krankenkassen ist richtig und wichtig. Aber jetzt werden wir sehen, ob die Regierung weiterhin die Weichen Richtung Pharma-Produkte stellt oder ob sie sich dem internationalen Trend anschließt und auch preiswerte natürliche Hanfblüten einbezieht.
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