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Schwarzmarkt in Kanada bricht weiter ein – Ergebnisse des Canadian Cannabis Survey 2021

Der Canadia Cannabis Survey (CCS) stellt die Auswirkungen der Cannabislegalisierung in Kanada nach drei Jahren vor. Die Ergebnisse bieten auch spannende Antworten für die aktuelle deutsche Debatte rum um die Legalisierung und entkräften die Argumente der Kritiker.

Der CCS ist eine repräsentative Umfrage der kanadischen Regierung, welche die Auswirkungen des 2018 verabschiedeten Cannabis Acts untersucht und Rückschlüsse für die zukünftige Drogenpolitik bieten soll. Er wird seit 2017 jährlich durchgeführt und zeichnet zusammen mit dem National Cannabis Survey (NCS) von Statistics Canada ein umfangreiches Bild der Entwicklung seit der Legalisierung 2018.
Kanada war nach Uruguay das zweite Land, welches Cannabis legalisierte. Im Unterschied zu Uruguay, wo Cannabis ausschließlich über Apotheken zu staatlich festgesetzten Preisen verkauft werden darf, existiert in Kanada jedoch ein privater Markt mit lizenzierten Fachgeschäften, wie er auch von der Ampelkoalition in Deutschland angestrebt wird. Die Erfahrungen und Trends in Kanada nach vier Jahren sind daher auch sehr aufschlussreich für die aktuelle deutsche Debatte.  

Entwicklung der Konsumentenzahlen und Informiertheit der Bevölkerung zum Thema Cannabis


Insgesamt hat der Anteil der Bevölkerung, der im letzten Jahr Cannabis konsumiert hat, im Vergleich zum Vorjahr um ca. 1,7% abgenommen. Vor allem in der Gruppe der 16 bis 19-Jährigen fiel dieser Rückgang mit knapp 7% sehr deutlich aus. Mit 36,7% liegt der Wert zudem wieder deutlich unterhalb des Wertes von 2017 vor der Legalisierung (41,1%), nachdem dieser besonders 2019 angestiegen war. Der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen ist also seit der Legalisierung zurückgegangen!

Grundsätzlich lässt sich für Kanada feststellen, dass durchschnittlich mehr Männer als Frauen Cannabis konsumieren. Des Weiteren nutzen eher junge Menschen Cannabis als ältere, obwohl deren Anteil nach der Legalisierung am stärksten wuchs.
Mehr als 50% der befragten Konsumenten gaben 2021 zudem an, Cannabis höchsten 2 – 3 mal pro Monat zu nutzen (vergleichbar mit 2017). Der Anteil der täglichen Konsumenten lag bei 18,9% und somit ungefähr auf dem gleichen Niveau wie vor der Legalisierung 2017 (18,4%). Insgesamt scheint die Legalisierung keinen großen Einfluss auf die Konsumhäufigkeit der Befragten gehabt zu haben.

Große Unterschiede im Vergleich zu 2017 traten jedoch bezüglich der Informiertheit der Bevölkerung in puncto Cannabis zu Tage. Befragt, ob Cannabiskonsumenten eine Abhängigkeit entwickeln könnten, bejahten  dies 89%, also 12% mehr also noch 2017. In der Gruppe der 16 bis 19-Jährigen fiel dieser Anstieg sogar noch drastischer aus: Antworteten 2017 nur 74,5% mit Ja, so stieg dieser Wert 2021 auf 96,1%. Ähnliche Hinweise auf eine verbesserte Aufklärung bezüglich der möglichen Gefahren des Cannabiskonsums finden sich auch im Bereich der Verkehrssicherheit:

Auch die benötigte Zeit, um nach erfolgtem Cannabiskonsum durch Inhalation wieder sicher am Straßenverkehr teilnehmen zu können, konnte die Mehrheit (53%) der Befragten 2021 richtig einschätzen (Laut kanadischem Survey drei Stunden oder mehr). 2017 gelang dies nur 27% der Teilnehmer.
Eine größere Aufklärung ist weiterhin auch hinsichtlich “gesünderer” Konsumformen erkennbar. Das Rauchen als schädlichste Konsumform nahm im Vergleich zu 2017 um ca. 20% ab. Im gleich Zeitraum nahmen dagegen “gesündere” Konsumformen wie Essen (+21%) oder Trinken (+10%) deutlich zu.

Die Auswirkungen der Legalisierung auf den Schwarzmarkt

Als Ende 2018 die ersten Zahlen herauskamen, sahen sich viele Skeptiker der Legalisierung bestätigt: Die Kanadier kauften nur ca. 12% des Cannabis auf dem legalen Markt, der Schwarzmarkt dominierte weiterhin.
Allerdings nahm in den darauf folgenden Jahren der Umsatz des legalen Marktes beharrlich zu und übertraf den Schwarzmarkt im dritten Quartal 2020 erstmals. Ein Jahr später lässt sich feststellen, dass diese Entwicklung weiter anhält. Im vierten Quartal 2021 hat der legale Markt mit einem Umsatz von 1.224 Mrd. kanadischen Dollar (CAD) den Schwarzmarkt mit 660 Mio. CAD deutlich übertroffen. Trotz eines höheren Preisniveaus auf dem legalen Markt deutet sich ein weiterhin stabiler Trend weg vom Schwarzmarkt ab.

Die Befragten des CCS 2021 gaben mit 64% an, ihr Cannabis aus Fachgeschäften und legalen Online-Quellen zu beziehen. Nur 6% antworteten, Cannabis von Dealern oder anderen illegalen Quellen zu beziehen. Der Rest erwarb sein Cannabis ebenfalls legal, z.B. mittels Eigenanbau oder durch Freunde/ Bekannte.


Befragt nach den drei wichtigsten Gründen, wo die Kanadier ihr Cannabis kaufen, ergaben sich folgende Gewichtungen (1: sehr wichtig bis 3: weniger wichtig):
Neben dem Preis der Ware scheinen also vor allem kontrollierte Qualität, Versorgungssicherheit und die Verbraucherfreundlichkeit ausschlaggebend für die Kaufentscheidung zu sein. Kriterien, die den Kauf beim “Dealer um die Ecke” eher unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Auswirkungen der Legalisierung auf die Verkehrssicherheit

Ein gern ins Feld geführtes Argument der Legalisierungskritiker in Deutschland ist die Verminderung der allgemeinen Verkehrssicherheit “durch die Zulassung einer weiteren Droge neben Alkohol”. Vor allem in Polizeikreisen wird gern behauptet, dass eine Legalisierung zu einem sprunghaften Anstieg der Verkehrstoten führen würde.
Betrachtet man die Erfahrungen in Kanada, so zeichnet sich jedoch ein weit weniger dramatisches Bild ab. Die Anzahl der Verkehrstoten in Zusammenhang mit Drogen – Kanada unterscheidet statistisch nicht zwischen Cannabis und anderen Drogen – sank von 11 Toten 2017 auf 3 Verkehrstote 2020. Die Zahl der verletzten Personen stieg leicht an von 34 (2017) auf 38 (2020). Schwere Unfälle und Tote in Zusammenhang mit Cannabis sind entgegen der hiesigen Befürchtungen seitens der Polizei keinesfalls explosionsartig angestiegen.
Für ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein seitens der Konsumenten sprechen auch die Daten aus dem CCS. Gaben 2017 noch 39% der Befragten an, im letzten Jahr innerhalb von zwei Stunden nach Cannabiskonsum Auto gefahren zu sein, so lag dieser Wert 2021 nur noch bei 18,2%. Die Aufklärungskampagnen der kanadischen Regierung scheinen bisher erfolgreich zu sein.

Jugendschutz und Legalisierung

Der Verkauf von Cannabis an Minderjährige ist auch in Kanada verboten, die genauen Altersgrenzen variieren je nach Provinz zwischen 18 und 21 Jahren. Die offizielle Statistik weist für 2020 81 Fälle des illegalen Verkaufs von Cannabis an Minderjährige aus. Dies entspricht einer Rate 0,21% auf 100.000 Einwohner. Im Jahr zuvor waren noch 111 Fälle registriert worden. Auch die illegale nicht kommerzielle Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bewegt sich auf ähnlich niedrigem Niveau und lag für 2020 bei 102 registrierten Fällen.

Vor dem Hintergrund des schrumpfenden Schwarzmarkts und in Anbetracht der erhöhten Aufklärung und Risikowahrnehmung bei jungen Menschen, hat Kanada durch die Legalisierung nachweislich Fortschritte in puncto Jugendschutz gemacht und es geschafft, den Cannabiskonsum bei Jugendlichen zu verringern. Das gern benutzte Argument deutscher konsvervativer Politiker, die Legalisierung würde Cannabis verharmlosen und Jugendliche in die Sucht treiben, widerlegt das Beispiel Kanada mit seinem Mix aus Marktregulierung und Aufklärungsarbeit eindeutig.


Kommentare

11 Antworten zu „Schwarzmarkt in Kanada bricht weiter ein – Ergebnisse des Canadian Cannabis Survey 2021“

  1. Ludwig

    Grafik Schwarzmarkt zu legaler Markt
    Moinsen, wo kommt die Grafik (Schwarzmarkt vs. legaler Markt) her? Konnte diese Abbildung leider nicht im Original finden.
    Besten Dank

    1. Georg Wurth

      Selbstbau

      Ich glaube, die Grafiken hat Simon selbst erstellt auf Grundlage der verlinkten Datenquellen.

  2. Fahrer ohne Drogen verursachen statistisch mehr Unfälle
    Hab ich mich verrechnet? In Kanada gibt es im Jahr rund 1800 tödliche Verkehrsunfälle und bei nur drei hätten die Fahrer vielleicht Cannabis oder eine ändere Droge konsumiert. Bezogen auf den Anteil an Konsumenten in der Bevölkerung wäre Fahren unter Einfluss von Cannabis sicher als das Fahren ohne.

    1. Steffen Schaumburg

      Nicht ganz
      Du verwechselst “Personen, die jemals Cannabis nutzen” mit “Personen, die aktuell unter Cannabis-Einfluss stehen”. Die allermeisten Cannabis-Nutzer sind ja nicht rund um die Uhr breit 😉

  3. M. A. Haschberg

    Endlich mal verlässliche Zahlen.
    Es wurde höchste Zeit, dass man mal ausführliche und seriöse Zahlen zu diesem noch immer sehr umstrittenen Thema bekommt.
    Hoffentlich erreichen sie auch die Köpfe der vielen ignoranten Zweifler unter unseren Politikern, damit sie endlich mal kapieren, was für ein unnötiger, abscheulicher und unverhältnismäßiger Eingriff in die Persönlichkeit von Konsumenten eine Prohibition in Wahrheit ist.
    Am Cannabis ist bislang noch keiner gestorben, im Gegensatz zu vielen anderen legalen und illegalen Substanzen, mit denen unsere Gesellschaft ständig konfrontiert wird.

    1. Steffen Schaumburg

      a) Es sterben sehr wohl
      a) Es sterben sehr wohl Menschen an Cannabis. Es ist nur extrem extrem selten. Z.B. kommt es afaik, dass jemand soviel kifft, dass gekotzt wird, und daran kann man ersticken (natürlich ist das ein Argument für Regulierung/Legalisierung, denn mit reguliertem Handel kann man Aufklärung erzwingen, die beim Schwarzmarkt oftmals nicht angeboten wird). Darüber hinaus wird Cannabis oftmals mit Tabak kombiniert, was – nach den letzten Statistiken, die ich gesehen habe, ist aber zig Jahr her – nicht nur die Gefahr des Tabaks bietet, sondern das Cannabis scheint den Schaden des Tabaks noch zu erhöhen. Wobei natürlich auch dies, aus den gleichen Gründen, ein Argument für Regulierung/Legalisierung ist.

    2. Steffen Schaumburg

      Ups, hatte das b) vergessen:
      Ups, hatte das b) vergessen:
      Das ist eigentlich alles seit Jahrzehnten am Beispiel der Niederlande belegt. Nach den letzten Statistiken, die ich dazu gesehen habe*, kann man sogar in einem rein inländischen Vergleich beachtliche Effekte sehen: Die höchsten Konsumentenanteile mit dem jüngsten Anfangsalter fand man in den Bundesländern mit der strengstem Umsetzung der Prohibition…

      *=Ist aber lange her, evtl über 10 Jahre

  4. Peter Nuding

    Lauterbach
    Sag das mal jemandem dem Lauterbach. Der bei Thilo Jung meinte, das “Leute keine Koalitionsverträge lesen können” angesprochen auf dessen Inhalt bezüglich Legalisierung.
    So Sinngemäß, “Legalisierung, ja ja – aber wir haben icht gesagt wann wir damit anfangen wollen. Sondern nur, das wir das machen wollen und dann in 4 Jahren evaluieren wollen.”
    Völlig egal ob da noch eine Ampel regiert oder eine CDUCSU. SPD halt mal wieder – es ist einfach immer, immer, immer so mit der Verräterpartei: Wenn es ernst wird, kippen sie um. Mal wieder. Da wird dann, mal wieder, alles per Salamitaktik auf die lange Bank geschoben, weil es seit 30 Jahren immer “es gibt wichtigeres als Cannabislegalisierung” heißt.
    Völlig egal ob nach wie vor Leute hohe Geldstrafen zahlen müssen oder in den Knast gehen. Für nichts und wieder nichts. Nicht mal die Zwischenlösung Entkriminalisierung für Besitz bekommen die hin. Nicht in in 100 und nicht in 1000 Tagen.
    Ich feuer erst wenn die ersten sinnvollen Legalisierungsgesetze im Bundesanzeiger veröffentlicht sind. Alles andere ist Geschwätz. Ich messe an Taten. Nicht an Worten. Bei Politikern umso mehr. Stichwort “Wchnelle und unbürokratische Hilfe für die Flutopfer im Ahrtal”. Echt super wie dieses “schnell” und “unbürokratisch” da funktioniert. Vergesst mal nicht wer die GroKo mitgetragen hat.

  5. Peter Nuding

    Zahl der Verkehrstoten
    “…sank von 11 Toten 2017 auf 3 Verkehrstote 2020. Die Zahl der verletzten Personen stieg leicht an von 34 (2017) auf 38 (2020). ”

    Kann es sein dass die Zahlen der Verkehrstoten “in 1000” sind und diese Angabe in diesem Beitrag fehlt?

    1. Nein die Angaben sind so

      Nein die Angaben sind so korrekt. Nachzulesen beim NCS – Rubrik Justice.

  6. Ritchie

    Nette Studie!
    Schön das gesunder Menschenverstand und Logik auch Schwarz auf Weiß nachweisbar ist. Leider stehen rechtskonservative Dogmatiker nicht so auf Faktenlagen oder sogar Beweise.

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